KMUs haben Nachholbedarf

E-Business-Standards sind wichtig

17.02.2010
Unternehmen, die Geschäfte über digitale Netze anwickeln, sollten dafür Standards nutzen. Das tun bislang nur wenige.
Quelle: P. Hires/Fotolia
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Knapp die Hälfte aller deutschen Unternehmen wickelt heute ihre Einkaufs-, Vertriebs- oder Logistikprozesse über elektronische Netze ab. Sie tauschen dabei mit ihren Geschäftspartnern zum Beispiel Produkt- und Katalogdaten aus, verkaufen Produkte über Online-Shops oder übermitteln elektronische Bestellungen, Lieferdaten und Rechnungen.

E-Business-Standards spielen dabei eine wichtige Rolle: Sie stellen sicher, dass die Informationen einheitlich im richtigen Format, an der richtigen Stelle, zur richtigen Zeit zur Verfügung stehen und legen exakt fest, wie Daten zwischen den beteiligten Systemen ausgetauscht werden. Sie bilden damit die Grundlage für effiziente elektronische Prozesse.

Dennoch nutzen in Deutschland derzeit nur etwa ein Drittel aller Unternehmen mit elektronischen Geschäftsprozessen E-Business-Standards wie GTIN, eCl@ss oder Edifact, bemängeln die Marktforscher von Berlecon Research. Gut ein Zehntel plant dies innerhalb der kommenden zwei Jahre. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Erhebung, die Berlecon im Auftrag des BMWi-Projektes Prozeus unter rund 1000 deutsche Unternehmen betrieben hat.

Die geringe Verbreitung mag unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass das Thema "E-Business-Standards" nach trockener technischer Materie klingt. Die Befragung hat jedoch gezeigt, dass Unternehmen, die sich dem Thema intensiv widmen, handfeste Vorteile für das Business realisieren können: Fast 80 Prozent der Unternehmen, die Standards einsetzen, haben dadurch ihre Geschäftsprozesse beschleunigt und zwei Drittel ihre Datenqualität verbessert. Mehr als die Hälfte der Unternehmen befinden sich nach eigener Einschätzung durch den Standardeinsatz in einer besseren Wettbewerbssituation. Grund genug also, sich stärker mit E-Business-Standards auseinander zu setzen.

Kleine Unternehmen haben Nachholbedarf

Vor allem kleinere Unternehmen behandeln das Thema häufig noch stiefmütterlich und vergeben damit zahlreiche Chancen, die Standards bieten. So liegt der Anteil der kleinen Unternehmen, die im E-Business aktiv sind und mit Standards arbeiten, bei gerade einmal 16 Prozent. Dagegen nutzen fast die Hälfte der mittelständischen Firmen entsprechende Werkzeuge, unter den großen Unternehmen tun dies zwei von drei. Gerade KMUs (kleine und mittlere Unternehmen) führen Standards oft erst dann ein, wenn der Druck von außen wächst, also wenn etwa ihre großen Geschäftspartner danach verlangen. Über die Vorteile des Standardeinsatzes für ihre eigenen Prozesse sind sie häufig nur unzureichend informiert - das belegen die Umfrageergebnisse.

Die Angebote sind schwer zu durchschauen

Vor allem die große Vielfalt der verfügbaren E-Business-Standards ist für Unternehmen kaum überschaubar - und das gilt durchaus auch für die großen Unternehmen. Hinzu kommen zahlreichen Abwandlungen von Standards, so genannte Dialekte und Derivate. Diese sind zwar teilweise erforderlich, um branchen- und prozessspezifische Aspekte beim Datenaustausch zu berücksichtigen, führen aber zu einer immer größeren Heterogenität der Standardlandschaft.

Kosten-Nutzen-Rechnung bereitet Probleme

Die Befragungsergebnisse und unsere zahlreichen Interviews mit Experten zeigen darüber hinaus, dass es Unternehmen häufig schwer fällt, den Aufwand und die Investitionen im Hinblick auf den Standardeinsatz im Vorfeld richtig einzuschätzen. So geht der Einführung von E-Business-Standards beispielsweise häufig eine umfassende Aufbereitung der eigenen Produktstammdatenbasis voraus - der hierfür notwendige personelle und finanzielle Aufwand ist nicht zu unterschätzen. Ein unklares Kosten-Nutzen-Verhältnis ist daher für knapp die Hälfte der Unternehmen, die bisher keine Standards einsetzen, ein wesentliches Argument gegen den Standardeinsatz.

Für die Verbreitung von Standards ist es damit offensichtlich essenziell, Unternehmen bei der Auswahl des geeigneten Standards zu unterstützen und ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen sie realistische Kosten-Nutzen- bzw. RoI-Analysen (Return on Investment) durchführen können. Hier können Initiativen wie "Prozeus" und das "Netzwerk elektronischer Geschäftsverkehr" helfen.

Aber auch die Dienstleister sind gefragt, um den Unternehmen unter die Arme zu greifen. Denn viele Anwender wollen und können sich gar nicht mit allen Details der E-Business-Techniken und des Standardeinsatzes befassen. Hier müssen die Service-Provider nicht nur beraten, sondern auch Aufgaben wie die Netzanbindung (im EDI-Umfeld), Datenpflege und Konvertierung (als Clearing-Häuser) und den Betrieb gesamter E-Business-Lösungen im One-To-Many-Modell über das Internet übernehmen.

Sie können Unternehmen auch aufzeigen, wie langfristig angelegte Standardisierungsprojekte schrittweise anhand kleinerer Teilprojekte umgesetzt werden können. Denn gerade kleine Unternehmen - auch das belegen die Umfrage-Ergebnisse - schrecken häufig vor der Einführung von Standards zurück, weil umfassende Standardisierungsprojekte vielfach als zu komplex und aufwendig empfunden werden. Das Thema E-Business-Standards sollte also verstärkt auf die Agenda von Kleinen und mittleren Unternehmen und ihren IT- Partnern rücken, rät Berlecon. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sie - zumindest was den automatisierten Datenaustausch im E-Business anbelangt - hinter ihren großen Wettbewerbern zurückbleiben. (jha)