Zusammenstreichen des Gründungszuschusses

Dürre Zeiten für Gründer

29.06.2011 von Michael Schweizer
Die Bundesregierung streicht den Gründungszuschuss zusammen. Überzeugte Selbständige aus der IT raten: Nicht abschrecken lassen.

Das erste Dreivierteljahr hatte ich keine Krankenversicherung", erinnert sich Yves Vogl. Als 22-Jähriger IT-Autodidakt hatte der Dortmunder sich 2004 selbständig gemacht. Sein Kerngeschäft verlagerte sich mit der Zeit vom Shared Hosting zum Server-Management, außerdem entwickelte er Anwendungen. Ein Jahr, nachdem er sich krankenversichern konnte, deckten Vogls Einnahmen seine laufenden Grundkosten. Nach insgesamt zweieinhalb bis drei Jahren "merkte ich: Ich kann mir auch mal etwas leisten und etwas zurücklegen. Seither geht es ständig aufwärts." Dazu trägt auch der iPhone- und iPad-Boom bei: In etwa 70 Prozent seiner Arbeitszeit entwickelt Vogl jetzt Anwendungen für iOS. Seine Gründung ist das, was er beruflich will: "Ich würde mich auf jeden Fall wieder selbständig machen. Das ist für mich das Richtige."

Schwierige Anfangszeit

Viele Gründer müsen zu Beginn eine längere Durststrecke durchhalten. Bisher half da oft der Gründungszuschuss, den die Bundesregierung nun zusammenstreicht.
Foto: Shutterstock, Asaf Eliason

Für die schwierige Anfangszeit hätte er Existenzgründungszuschuss beantragen können und höchstwahrscheinlich bekommen. Als Ich-AG, wie der nie offizielle, aber gängige Begriff lautete, hätte er im ersten Förderjahr monatlich 600, im zweiten 360 und im dritten Jahr 240 Euro erhalten. Auf sechs Monate beschränkt, in dieser Zeit aber wesentlich einträglicher war eine zweite Förderform, das Überbrückungsgeld in Höhe von Arbeitslosengeld 1 (Alg 1) plus 300 Euro. Es blieb auf Gründer beschränkt, die Anspruch auf Alg 1 hatten sowie einen Business-Plan für drei Jahre und dazu ein Gutachten einer fachkundigen Stelle, zum Beispiel eines Berufsverbands, vorgelegt hatten.

Gründung
Geld und Rat für Gründer
Der High-Tech Gründerfonds investiert in junge, innovative Technologieunternehmen mit Standort in Deutschland. Besteht die Geschäftsidee den vierstufigen Auswahlprozess, stellt der Fonds das notwendige Startkapital bereit und unterstützt die Gründer bei der Weichenstellung für ihren Unternehmensaufbau. Der High-Tech Gründerfonds wurde auf Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) 2005 eingerichtet. Neben dem BMWi und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beteiligen sich auch BASF, Deutsche Telekom, Siemens sowie Daimler, Robert Bosch und Carl Zeiss. Der Public-Private-Partnership-Fonds hat ein Volumen von 272 Millionen Euro. Im Regelfall gibt es 500.000 Euro für eine offene Beteiligung von 15 Prozent am finanzierten Unternehmen. Maximal werden Gründer derzeit mit einer Million Euro gefördert. Ziel der Seed-Finanzierung ist es, die Techniken und Ideen der Startups mindestens bis zum Prototypen (Proof of Concept) oder bis zur Markteinführung (Proof of Market) zu bringen. <br /><br /> Kontakt/Infos: <a href="http://www.high-tech-gruenderfonds.de" target="_blank">www.high-tech-gruenderfonds.de</a>
Rechtstipps
Die KfW-Bankengruppe bietet unter www.gruendungsstarter.de jungen Unternehmern kostenlose Hilfe in Sachen Recht und Verwaltung. Interessenten können ihr Profil an bis zu drei angeschlossene Berater verschicken. Auf dieser Basis erhalten sie ein individuell abgestimmtes Beratungsergebnis, das beispielsweise alle relevanten Rechtsvorschriften sowie eine Liste der einzuholenden Genehmigungen und erforderlichen Anmeldungen enthält. Darüber hinaus bekommt man die Kontaktdaten der regionalen Ansprechpartner. Mittlerweile stehen den hilfesuchenden Gründern über 1200 Experten für Gründungs- und Unternehmensfragen zur Seite. Neben der Rechtsberatung vergibt die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau Darlehen an Existenzgründer und Freiberufler. <br /><br /> Kontakt/Infos: <a href="http://www.gruendungsstarter.de" target="_blank">www.gruendungsstarter.de</a> <br /><br />Kontakt/Infos: <a href="http://www.kfw.de" target="_blank">www.kfw.de</a>
Förderprogramme im Überblick
Wer sich auf die Suche nach öffentlichen Fördermitteln begibt, verliert schnell den Durchblick. Damit Interessenten die passende Hilfe finden, bietet die Bundesregierung mit der Förderdatenbank des Bundes im Internet einen umfassenden Überblick über die Förderprogramme der Länder, des Bundes und der Europäischen Union. Neben grundlegenden Informationen zur Finanzierung gibt es hier Basisdaten zu den wichtigsten Förderbereichen. Ein Förderassistent sowie eine Schnellsuche unterstützen die Jungunternehmer dabei, das richtige Förderprogramm für ihre Firma aufzuspüren. Darüber hinaus betreibt das Bundesministerium ein Portal für Gründer (www.existenzgruender.de), auf dem Informationen zur Vorbereitung und zum Start des eigenen Unternehmens angeboten werden.<br /><br />Kontakt/Infos: <a href="http://www.foerderdatenbank.de" target="_blank">www.foerderdatenbank.de</a>. <br /><br />Kontakt/Infos: <a href="http://www.existenzgruender.de" target="_blank">www.existenzgruender.de</a>
Kapital suchen und finden
Informationen, wo Gründer möglicherweise Geld auftreiben können, gibt es auch beim Bundesverband der Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK). Interessierte Jungunternehmer können ihre Rahmendaten in eine Suchmaske eingeben, um einen passenden Finanzierungspartner unter den Verbandsmitgliedern zu finden. In Online-Formularen können Gründer Beteiligungsvorschläge machen. Tipps, wie man einen Business-Plan erarbeitet, und Hinweise auf öffentliche Förderangebote für Beteiligungskapital runden den Verbandsauftritt im Internet ab. Unter www.wir-investieren.de bieten die Kapitalgeber Existenzgründern darüber hinaus Informationen zum Thema Private Equity sowie über die hierzulande aktiven Fonds-Gesellschaften..<br /><br />Kontakt/Infos: <a href="http://www.bvkap.de" target="_blank">www.bvkap.de</a> <br /><br />Kontakt/Infos: <a href="http://www.wir-investieren.de" target="_blank">www.wir-investieren.de</a>
Aus der Uni zur Gründung
Mit dem Exist-Gründerstipendium unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gemeinsam mit dem Europäischen Sozialfonds Gründerinnen und Gründer aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die ihre Gründungsidee in einen Business-Plan übertragen möchten. Dabei sollte es sich um technologisch-innovative Gründungsvorhaben mit guten wirtschaftlichen Erfolgsaussichten handeln. Die Existenzgründer erhalten je nach Studienabschluss bis zu 2500 Euro monatlich für den Lebensunterhalt. Für Sachausgaben und Coaching schießt der Bund insgesamt bis zu 15.000 Euro zu. Die maximale Förderungsdauer beträgt ein Jahr. <br /><br /> Kontakt/Infos: <a href="http://www.exist.de" target="_blank">www.exist.de</a>
Engel helfen bei der Gründung
Im Business Angels Netzwerk Deutschland (Band) haben sich vermögende und unternehmerisch orientierte Personen organisiert, die sich mit Kapital, Know-how und ihrem persönlichen Netzwerk in junge, innovative wachstumsstarke Unternehmen einbringen. Im Gegenzug erhalten sie Anteile an der Gründung. Die Business Angels lassen sich ihr Engagement nicht bezahlen. Sie profitieren von der späteren Veräußerung ihrer Firmenanteile, die dann, wenn alles nach Wunsch verläuft, an Wert gewonnen haben. Daher sollte bereits vor einer Beteiligungsentscheidung über Exit-Strategien diskutiert werden. Investiert wird überwiegend in die Seed- oder Startup-Phase junger Unternehmen. Der Business-Plan sollte bereits in den Grundzügen stehen. Die Kapitalunterstützung beträgt in der Regel zwischen 50.000 und einer Million Euro und wird meist über vier bis sieben Jahre gewährt. <br /><br /> Kontakt/Infos: <a href="http://www.business-angels.de" target="_blank">www.business-angels.de</a>
Forum für Gründer und Mentoren
Das Gründer- und Mentorennetzwerk Forum Kiedrich will wachstumsorientierte Unternehmensgründungen mit Fokus auf der Entwicklung und Nutzung innovativer Technologien mit erfahrenen Mentoren und Business Angels zusammenbringen. Dabei werden Existenzgründer in sämtlichen Phasen des Unternehmensstarts unterstützt. Das Netzwerk versteht sich als Ort der Begegnung und Kommunikation. Mentoren und Business Angels sind Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung, die Unternehmensgründer mit ihrem Erfahrungsschatz, fachspezifischen Kenntnissen und Kontakten sowie finanzieller Beteiligung unterstützen. Im Gegenzug sollen auch die Unterstützer vom gesamten Netzwerk mit seiner Vielfalt der gegründeten Unternehmen und umgesetzten Geschäftsideen profitieren. <br /><br /> Kontakt/Infos: <a href="http://www.forum-kiedrich.de" target="_blank">www.forum-kiedrich.de</a>
Austauschprogramm für Jungunternehmer
Mit "Erasmus für Jungunternehmer" bietet die EU ein europäisches Austauschprogramm für alle, die planen, eine eigene Firma auf die Beine zu stellen. Jungunternehmer bekommen die Möglichkeit, bis zu sechs Monate im Betrieb eines erfahrenen Unternehmers aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat zu arbeiten. Dort sollen sie Know-how und Praxiserfahrung zur Gründung und Entwicklung eines kleinen oder mittelständischen Betriebs sammeln können. Die teilnehmenden Unternehmen profitieren im Gegenzug von der für sie kostenlosen Mitwirkung sowie den neuen Ideen eines unvoreingenommenen externen Mitarbeiters. Die EU will mit der Initiative Unternehmen den Zugang zu neuen Märkten und die Suche nach neuen Geschäftspartnern erleichtern sowie die Vernetzung innerhalb der Union verbessern. Wer an dem Programm teilnehmen möchte, kann finanzielle Zuschüsse für Reise- und Aufenthaltskosten beantragen. <br /><br /> Kontakt/Infos: <a href="http://www.erasmus-entrepreneurs.eu" target="_blank">www.erasmus-entrepreneurs.eu</a>
Self-Check Selbständigkeit
Der Berufsverband Selbständige in der Informatik (BVSI) hat ein Starterpaket für IT-Existenzgründer geschnürt. Im Rahmen eines Patenschaftsmodells erhalten Jungunternehmer einen Check-up in puncto Selbständigkeit. Das Paket beinhaltet Beratung zu den Themen Recht und Steuern, Existenzgründung sowie Marketing. Die Experten stehen den Gründern drei Monate beratend zur Seite. Fragen, Antworten und Rat werden per Telefon und E-Mail ausgetauscht. Wer von dem Angebot profitieren will, muss jedoch Mitglied in dem Verband werden. <br /><br /> Kontakt/Infos: <a href="http://www.bvsi.de" target="_blank">www.bvsi.de</a>
Telekom veranstaltet Ideenwettbewerb
Die Deutsche Telekom hat im Sommer vergangenen Jahres das "Entrepreneurs Program" in ihren T-Labs aufgelegt. Firmengründer können sich hier mit ihren Geschäftsideen bewerben und werden – sofern die Idee für gut befunden wird – bis zu eineinhalb Jahre lang mit Rat und Tat unterstützt, bis das jeweilige Produkt reif für den Markt ist und das Unternehmen ausgegründet werden kann. Pro Idee investiert der Konzern zwischen 100.000 und 500.000 Euro. Eine Jury aus Telekom-Managern und externen Experten bewertet in einem zweistufigen Auswahlverfahren die eingebrachten Ideen und wählt die Projekte aus, die bis zur Marktreife gefördert werden. Neben Kapital und der notwendigen Infrastruktur bekommen die Gründer Mentoren zur Seite gestellt, die den Entwicklungsprozess begleiten und fördern. <br /><br /> Kontakt/Infos: <a href="http://www.laboratories.telekom.com" target="_blank">www.laboratories.telekom.com</a>
"Unternimm was", fordert Microsoft
Auch der Softwarekonzern Microsoft fördert junge Unternehmer. Im Rahmen der Hightech-Gründerinitiative "Unternimm was." veranstaltet der Konzern Business-Plan-Wettbewerbe und arbeitet eng mit Gründerzentren und Investoren zusammen. Die Netzwerkpartner stehen den ausgewählten Existenzgründern und Hightech-Startups als Ansprechpartner von der ersten Planung der Geschäftsidee bis zum Entwurf des Business-Plans beratend zur Seite. Ziel ist es, das Wachstum der Gründungen zu beschleunigen und die entsprechenden Produkte technisch weiterzuentwickeln. Ergänzt wird die Microsoft-Initiative durch das globale Programm "BizSpark". Damit sollen Startups, die softwarebasierende Produkte beziehungsweise via Internet angebotene softwarebasierende Services entwickeln, Microsoft-Software, Entwicklungswerkzeuge sowie Plattformtechnologien kostengünstiger nutzen können. <br /><br /> Kontakt/Infos: <a href="http://www.microsoft.com/germany/gruender" target="_blank">www.microsoft.com/germany/gruender</a>
Hightech-Cluster Cyberforum
Um die Gründerszene hierzulande in Schwung zu bringen, bilden sich mehr und mehr Netzwerke, die Startups dabei unter die Arme greifen, sich auf eine solide Basis zu stellen. Im Cyber-Forum rund um Karlsruhe haben sich mittlerweile über 800 Unternehmen organisiert. Ziel ist, Erfahrungen, Ideen und Business-Wissen auszutauschen, zu diskutieren und umzusetzen. Unternehmen sollen dabei in jeder Phase ihrer Entwicklung von den Impulsen und dem breit gefächerten Angebot profitieren können. Für Gründer werden Seminare, Beratungen und Patenschaften angeboten. Außerdem gibt es Initiativen wie beispielsweise einen Leihpool mit technischem Equipment, den sich die jungen Unternehmen teilen, um Investitionsaufwände möglichst gering zu halten. <br /><br /> Kontakt/Infos: <a href="http://www.cyberforum.de" target="_blank">www.cyberforum.de</a>
Im Wettbewerb zum Business Plan
Die evobis-Organisation veranstaltet jährlich den Münchener Business Plan Wettbewerb (MBPW). Über drei Stufen hinweg können Teilnehmer mit Unterstützung von Experten einen vollständigen Business-Plan mit Finanzplanung entwickeln. Mit jeder Stufe steigen die Anforderungen an Inhalt und Umfang des Plans. Im Laufe des Wettbewerbs sollen innovative und potenzialträchtige Geschäftsideen aufgespürt, entwickelt und zu tragfähigen Konzepten ausgearbeitet werden. In jeder Stufe erhalten die Teilnehmer Feedback und eine Bewertung durch die Juroren. Darüber hinaus bietet der MBPW Seminare, Kurse und Workshops an, um grundlegende Kenntnisse für das Erarbeiten und Schreiben des Business-Plans zu vermitteln. Neben dem Wettbewerb und dem Coaching haben sich die Initiatoren auch zum Ziel gesetzt, den Jungunternehmern Zugang zu Gründungs- und Wachstumskapital zu ermöglichen. Die Gründer sollen bei der Ansprache von Investoren unterstützt werden. <br /><br /> Kontakt/Infos: <a href="http://www.evobis.de/" target="_blank">www.evobis.de</a>

Was das neue Gesetz bringt

Beide Förderformen wurden zum 1. August 2006 abgeschafft und durch den Gründungszuschuss ersetzt. Der soll nun seinerseits geändert werden.

Das "Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt", dem Kabinett vorgestellt von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, soll am 1. April 2012 in Kraft treten, der auf den Gründungszuschuss bezogene Teil aber schon am 1. November 2011. Der Bundestag soll das Gesetz noch vor der Sommerpause, also spätestens am 8. Juli, beschließen. Die wichtigsten Änderungen sind:

Den Gründungszuschuss gibt es nur noch als Ermessensleistung. Auch wer einen überzeugenden Business-Plan und ein positives Gutachten einer fachkundigen Stelle vorweist, hat auf den Zuschuss keinen Rechtsanspruch mehr, sondern kann abgelehnt werden.

Wer Gründungszuschuss beantragt, muss zum Antragstermin noch 150 Tage Restanspruch auf Arbeitslosengeld 1 haben, bisher waren es 90 Tage. Das kann sehr knapp werden. Wem sechs Monate lang Alg 1 zustehen, der muss bereits nach einem Monat seine Gründung in dokumentierbarer Form vorbereitet haben. Im alten wie im neuen Gesetz sind Arbeitslosengeld und Gründungszuschuss alternativ. Wer Gründungszuschuss bezieht, bekommt ab Förderbeginn das Alg 1 nicht mehr, auf das er sonst noch Anspruch hätte.

Bisher bekamen geförderte Gründer neun Monate lang Zuschuss in Höhe ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld 1 plus 300 Euro und dann weitere sechs Monate lang je 300 Euro. Ab 1. November soll es den höheren Betrag nur noch sechs Monate lang geben und dann neun Monate je 300 Euro. Ein Hauptverdiener mit Kind kommt damit insgesamt auf maximal 18.042 statt 24.815 Euro, ein Alleinstehender auf höchstens 14.889 statt 20.084 Euro.

Diese Zahlen klingen nicht so dramatisch. Eine Gründung, der mit 24.000 Euro geholfen ist, dürfte es auch mit 18.000 Euro schaffen. Die Brisanz liegt vielmehr darin, dass viele Gründer überhaupt keinen Zuschuss mehr bekommen werden. Bis zum Jahr 2015 soll die Bundesagentur für Arbeit 7,5 Milliarden Euro einsparen. Die Hauptlast sollen die Gründer tragen. Für Gründungszuschüsse standen bisher 1,8 Milliarden Euro pro Jahr bereit. Dieses Budget soll um 74 Prozent gekürzt werden. Bundesagentur-Chef Frank-Jürgen Weise, ein Kritiker des geplanten Gesetzes, rechnet damit, dass sechs von zehn Antragstellern aus rein finanziellen Gründen abgelehnt werden müssen. Die Beamten in den Agenturen vor Ort, die solche Ablehnungen begründen müssen, werden von Antragstellern, die die formalen Voraussetzungen für den Gründungszuschuss erfüllen, wohl vor allem die Business-Pläne bemängeln.

Ursula von der Leyen argumentiert, bisher seien zu viele "Notgründungen" gefördert worden. 120.000 Selbständige bezögen Hartz-IV-Leistungen. Allerdings gibt es in Deutschland etwa vier Millionen Selbständige. Prozentual finden sich unter ihnen also viel weniger Hartz-IV-Bezieher als in der Gesamtbevölkerung, wo es letztes Jahr 6,48 Millionen waren. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg verglich in seinem "Sachstandsbericht der Evaluation" (Kurzfassung "IAB-Kurzbericht 11/2011") 3000 Arbeitslose, die Existenzgründungszuschuss oder Überbrückungsgeld erhalten hatten, mit 3000 Nichtgeförderten. 28 Monate nach Förderbeginn waren etwa 70 Prozent der Geförderten noch selbständig. Unter den Geförderten waren 20 bis 30 Prozent weniger registrierte Arbeitslose als unter den Nichtgeförderten, und sie verdienten mehr. Auch nach fünf Jahren zeigte der Gruppenvergleich, dass die Förderung insgesamt erfolgreich war. Mit dem Gründungszuschuss wurden nach Angaben des IAB im Jahr 2010 etwa 146.500 Gründer gefördert. Außer ihren eigenen schufen sie, in Vollzeitäquivalenten gerechnet, ungefähr 102.500 weitere Arbeitsplätze.

Mit dem neuen Gesetz will von der Leyen auch "Mitnahmeeffekten" begegnen. Gemeint sind Zuschüsse, die den Empfängern zustanden, die sie aber nicht gebraucht hätten. Bisher ist es außerdem möglich, neun Monate lang Arbeitslosengeld 1 zu bekommen - der Höchstanspruch sind zwölf Monate - und dann noch Gründungszuschuss. Diese neun Monate reduzieren sich durch die neue Restanspruchspflicht von 150 Tagen auf sieben.

"Ich hatte von Anfang an so viel Arbeit, dass ich keinerlei Zuschuss beantragt habe", sagt Christian Koch, der in München Computer- und Netzwerkservice und PC-Troubleshooting betreibt. Koch kennt sich mit allen gängigen Betriebssystemen aus, aber er ist Linux-Enthusiast. Zu seinen Kunden zählen Arztpraxen, die die Linux-basierende Praxissoftware des Herstellers Apris installieren wollen oder schon laufen haben. Temperamentvoll informiert Koch den Journalisten über die Vorzüge des offenen Betriebssystems. Freiberufler, die genug verdienen, pflegen ihre Arbeit zu mögen. Epidemische Meetings, Zielgespräche und Betriebsausflüge empfinden sie nicht als verlockend. Koch geht es wie Yves Vogl: "Ich möchte selbständig bleiben."

Gründer
Wer sind die wichtigsten Gründer in der deutschen IT?
Die COMPUTERWOCHE präsentiert eine Auswahl der Gründer, die die hiesige IT-Szene jahrelang prägten.
August-Wilhelm Scheer, IDS Scheer
Solche Multitalente gibt es wenige: Scheer arbeitete sehr erfolgreich als Wissenschaftler, gründete ein florierendes Beratungs- und Softwarehaus, heute mischt er sich als Bitkom-Präsident mutig in Politik- und Standortdiskussionen ein. Seine Leidenschaft gilt dem Saxophon-Spiel.
Lars Hinrichs, Xing
Der Sohn einer Hamburger Unternehmerfamilie ist der wohl erfolgreichste Web-Gründer der letzten Jahre. Unter anderem wurde er als "Young Global Leader" vom World Economic Forum ausgezeichnet. Sein Online-Netzwerk für Business-Kontakte Xing fand weltweit Nachahmer.
Dietmar Hopp, SAP,
trieb den Aufstieg der SAP von der kleinen Softwareschmiede zum Weltmarktführer für betriebswirtschaftliche Anwendungssoftware voran. Der 70-Jährige lenkte die Firma von 1988 bis 1998 als Vorstandschef. Als Mäzen unterstützt er auch seinen Jugendverein TSG 1899 Hoffenheim.
Andreas von Bechtolsheim, Sun Microsystems,
entwarf als Student in Stanford einen leistungsstarken Tischcomputer, den er mit Kommilitonen vermarkten wollte. 1982 war Sun geboren, später einer der größten Server-Hersteller. Der Milliardär investiert in Startups und gehört zu den ersten und wichtigsten Geldgebern von Google.
Ernst Denert, sd&m
Der 67-jährige Honorarprofessor der TU München gründete eines der erfolgreichsten Softwarehäuser, sd&m. Software-Engineering ist seine Leidenschaft. 2001 initiierte er die legendäre Software-Pioneer-Konferenz, auf der er die weltweit wichtigsten Entwicklergrößen versammelte.
Winfried Materna, Materna
So wünscht man sich einen Unternehmer: Seit 30 Jahren führt der promovierte Informatiker erfolgreich sein Beratungshaus, engagiert sich in der Region (sieben Jahre Präsident der IHK Dortmund) und ist Mitglied in diversen kulturellen und sozialen Einrichtungen im Ruhrgebiet.
Klaus Christian Plönzke, IT-Unternehmer
Mit dem Start seines EDV-Studios im Jahre 1969 gehörte er zu den IT-Gründern der ersten Stunde - und zu den erfolgreichsten. Noch heute gibt er im Rahmen des von ihm initiierten "Forums Kiedrich" sein Wissen an den Nachwuchs weiter und ist an zahlreichen Startups beteiligt.
Georg Nemetschek, Nemetschek AG,
setzte als einer der ersten Computerprogramme für Konstruktion und Planung ein. Sein 1963 gegründetes Ingenieurbüro baute er zu einem der größten Hersteller für Konstruktionssoftware in Europa aus. Der 76-Jährige lehrte als Professor an der Fachhochschule München.
Ulrich Dietz, GFT,
verkörpert das Bild des klassischen Mittelständlers: engagiert in Unternehmen und Verbänden, risikobereit, klare Ansagen. Der 52-jährige Maschinenbauingenieur gründete 1987 seine GFT, die heute über 1100 Mitarbeiter beschäftigt - ein Gründer aus dem Lehrbuch.
Leopold Stiefel, Media Markt
Vom Radioverkäufer zum Chef der größten Elektrokette Europas: Als Mitgründer des Media Marktes schrieb Stiefel bis 2006 eine der schillernsten Erfolgsgeschichten, auch wenn die Banken seine Idee des großflächigen Elektromarkts auf der grünen Wiese belächelten.
Peter Schnell, Software AG
320.000 Zugriffe pro Sekunde verkraftet Adabas, bis heute die schnellste kommerziell verfügbare Datenbank. Basierend auf dem Konzept des Physikers war sie das erste Produkt der 1969 von Schnell mit gegründeten Software AG. Seit 1992 engagiert er sich als einer der größten Stifter des Landes.
Hans Zehetmaier, msg systems,
steuert als Gründer seit mehr als 30 Jahren das IT-Beratungs- und Systemintegrationshaus. Er baute auf finanzielle Unabhängigkeit und organisches Wachstum und entwickelte msg systems zu einem der wichtigsten IT-Dienstleister mit einem Umsatz von 364 Millionen Euro und 2900 Mitarbeitern.

"Ich kenne viele glückliche Gründer"

Andreas Lutz: "Die Politik hat Vorurteile gegenüber Gründern, die aus der Arbeitslosigkeit kommen."
Foto: Andreas Lutz

Andreas Lutz und seine Kollegen von gruendungszuschuss.de betreiben Seminare für Gründer. Lutz hat dazu auch Bücher geschrieben.

CW: Wenn es keinen Rechtsanspruch auf Gründungszuschuss mehr gibt, werden Notgründer abgeschreckt, die mit unternehmerischer Selbständigkeit nicht zurechtkommen. Was ist daran schlecht?

LUTZ: Eine Ermessensleistung ist nicht grundsätzlich vom Übel. Hier ist sie es, weil gleichzeitig die Mittel für den Gründungszuschuss um 74 Prozent gekürzt werden sollen. Das Verfahren wird dadurch zur Farce. Wenn im Februar das Budget aufgebraucht ist, bekommen Gründer bis Dezember keinen Zuschuss, auch wenn ihre Pläne noch so überzeugend sind. Die Beamten in den Arbeitsagenturen, die sich dann irgendwelche Ablehnungsgründe einfallen lassen müssen, tun mir leid.

CW: Braucht ein Einzelgründer, der eine gute Idee hat, überhaupt finanzielle Hilfe vom Staat?

LUTZ: Ja, weil es normal ist, am Anfang noch nicht genug Aufträge zu haben. Arbeitslosen, die über eine Gründung nachdenken, ist Planungssicherheit sehr wichtig. Die wird jetzt in drei Punkten eingeschränkt: Man muss sich schneller für die Gründung entscheiden; der Teil des Zuschusses, von dem man leben kann, erstreckt sich nur noch auf sechs Monate statt auf neun; wenn man Pech hat, kriegt man gar nichts.

CW: Geht es Gründungswilligen nur ums Geld?

LUTZ: Nein, der Gründungszuschuss in der bisherigen Form unterstützt auch einen Kulturwandel. Ich kenne viele glückliche Gründer, die zuvor ihre Anstellung verloren haben und sich jetzt viel wohler fühlen als im festen Job. Die wollen nicht mehr zurück. Das ist in Deutschland, wo man über eine zu niedrige Selbständigenquote klagt, doch eine gute Entwicklung. Manche kündigen sogar von sich aus.

CW: Sollten Unternehmer ihr Risiko nicht selbst tragen?

LUTZ: Erfolgreiche Integration lohnt sich auch wirtschaftlich. Migranten, die keine feste Stelle finden, stellen als Selbständige fest, dass plötzlich nicht mehr auf ihren Namen geachtet wird, sondern auf ihre Arbeit. Vergleichbares gilt für Frauen mit Kindern und für Ältere.

CW: Warum soll dann vor allem an den Gründern gespart werden?

LUTZ: Erstens rechnet die Ministerin mit relativ wenig Gegenwehr, weil Gründen eine Durchgangsstation ist. Zweitens haben viele Entscheidungsträger in CDU und FDP, aber auch bei den Kammern, Vorurteile gegen Kleingründungen aus der Arbeitslosigkeit. Der erwähnte Kulturwandel, die Tatsache, dass hier die neuen Jobs entstehen, ist leider nicht überall angekommen.

Künftig noch wichtiger: Der Business-Plan

Wenn die Beamten der Arbeitsagenturen ab 1. November 2011 viele Anträge auf Gründungszuschüsse ablehnen müssen, werden sie in den eingereichten Business-Plänen nach Schwächen suchen. So bereiten sich Antragsteller am besten vor:

Seien Sie konkret: Überlegen Sie, was Sie wissen müssten, um den Geschäftsplan von jemandem zu beurteilen, den Sie nicht persönlich kennen. Das gehört dann auch in Ihren Antrag: Welche Leistungen wollen Sie erbringen? Warum können Sie das? Wer braucht Ihre Leistungen? Was können Sie pro Stunde oder pro Auftrag in Rechnung stellen? Wie viele Aufträge benötigen Sie pro Monat? Woher bekommen Sie diese?

Erklären Sie Ihre Branche: Gründungszuschüsse sind zum Beispiel begehrt bei Maßschneidern, Fußpflegern, Ingenieuren und Karatetrainern. Beschreiben Sie Ihr Geschäftsfeld so, dass auch jemand, der zunächst keine Ahnung davon hat, Ihr Vorhaben versteht. IT-Experten sind hier im Vorteil: Sie werden gebraucht; die Einstiegsinvestitionen etwa für einen PC-Notdienst sind niedriger als für einen Friseursalon; die durchsetzbaren Stundensätze sind höher als für viele andere Selbständige.

Seien Sie selbständig, nicht scheinselbständig: Scheinselbständigkeit dürfen die Arbeitsagenturen weder nach der geltenden noch nach der geplanten Regelung unterstützen. Gefahr, so eingestuft zu werden, laufen Sie vor allem, wenn Sie nur für den einen Auftraggeber arbeiten wollen, bei dem Sie vorher fest angestellt waren. Jeder weitere Auftraggeber und auch jeder andere wahrheitsgemäße Hinweis, dass Sie Ihre Leistungen unabhängig und in eigener Regie vermarkten, verbessert Ihre Chancen, als echter Selbständiger gefördert zu werden.