Kleiderordnung und Weisungsrecht

Dürfen Chefs die Unterwäsche vorschreiben?

14.03.2014 von Christian Salzbrunn
In einem arbeitsrechtlich relevanten Urteil ging es um die Frage, wie weit das Weisungsrecht für das Aussehen von Mitarbeitern gehen darf und wann Grund- und Persönlichkeitsrechte verletzt werden.

In vielen Branchen ist es üblich, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitern mit Kundenkontakt bestimmte Vorgaben zu ihrem äußeren Erscheinungsbild machen. Oftmals geht es nur darum, dass eine einheitliche Firmenkleidung als Erkennungszeichen vorgegeben wird oder dass ein der Branche angemessenes gepflegtes Äußeres gewährleistet werden soll.

Ordentliches Erscheinungsbild: In bestimmten Fällen hat der Arbeitgeber eine Mitspracherecht bei der Auswahl der Unterwäsche seiner Mitarbeiter.
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Zunehmend aber versuchen Arbeitgeber gegenüber ihren Mitarbeitern auch weitere Details vorzuschreiben, wie die Farbe und die Länge von Fingernägeln, die Farbe der Unterwäsche oder die Farbe der Haare etc. Da solche Vorgaben das Persönlichkeitsrecht der einzelnen Mitarbeiter tangieren, sind solche Regelungsbereiche nicht selten Gegenstand von arbeitsgerichtlichen Verfahren zwischen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite.

So steht es im Gesetz

Grundsätzlich kann ein Arbeitgeber Regelungen zu einer Kleider- oder Trageordnung in seinem Unternehmen über das ihm zustehende Direktions- bzw. Weisungsrecht gem. § 106 Gewerbeordnung (GewO) einführen. Dabei hat er billiges Ermessen auszuüben, was bedeutet, dass der Arbeitgeber die Grundrechte seiner Mitarbeiter und hier vor allem die bestehenden Persönlichkeitsrechte beachten muss.

Er muss also darauf achten, dass die jeweiligen Bestimmungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Diese müssen im Hinblick auf den mit einer solchen Vorgabe verfolgten Zweck geeignet, erforderlich und angemessen sein. Besteht in einem Unternehmen ein Betriebsrat, so hat dieser bei der Einführung einer Kleider- oder Trageordnung über den § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein Mitbestimmungsrecht. Eine ohne die Zustimmung des Betriebsrats erlassene Kleider- oder Trageordnung ist rechtsunwirksam.

Anweisungen für weibliche und männliche Mitarbeiter

Streitig sind natürlich oftmals die Details, also die genaue Reichweite dieses Weisungsrechts. Das LAG Köln hatte vor ein paar Jahren (18.8.2010) hierüber zu entscheiden. Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Sicherheitsunternehmen, welches unter anderem im Auftrag der Bundespolizei die Kontrollen der Flugpassagiere am Köln-Bonner Flughafen durchführte, vereinbarte mit dem Gesamtbetriebsrat gegenüber den Mitarbeiterinnen folgende Anordnungen:
"Das Tragen von BHs, Bustiers bzw. eines Unterhemdes ist vorgeschrieben."
"Diese Unterwäsche ist in Weiß oder in Hautfarbe ohne Muster / Beschriftungen / Embleme etc. zu tragen beziehungsweise andersfarbige Unterwäsche darf in keiner Form durchscheinen."
"Feinstrumpfhosen sowie Socken dürfen keinerlei Muster, Nähte oder Laufmaschen aufweisen. Grundsätzlich sind Socken oder Feinstrumpfhosen zu tragen."
"Fingernägel dürfen in maximaler Länge von 0,5 cm über der Fingerkuppe getragen werden."
"Fingernägel dürfen nur einfarbig lackiert sein."

Für die männlichen Mitarbeiter wurden folgende Anordnungen erlassen:
"Grundsätzlich sind Haare immer sauber, niemals ungewaschen oder fettig wirkend zu tragen."
"Eine gründliche Komplettgesichtsrasur bei Dienstantritt ist Voraussetzung; alternativ ist ein gepflegter Bart gestattet."
"Bei Haarfärbungen sind lediglich natürlich wirkende Haarfarben gestattet."
"Das Tragen von künstlichen Haaren oder Einflechtungen ist grundsätzlich nicht gestattet, wenn es die Natürlichkeit der Haarpracht beeinträchtigt."

Die häufigsten Kleidungsfehler von Männern
Farben und Muster
Ein kariertes Sakko mit Pünktchen-Hemd? Very stylish - wenn Sie in der Modebranche arbeiten. Merken Sie sich in puncto Farben und Muster: "weniger ist mehr". Eine weitere Faustregel lautet: das Muster der Krawatte sollte stärker sein als das des Hemdes.
Das Sakko
Hier hat sich jemand redlich bemüht, immerhin hat der Herr ein Sakko angezogen. Die schlechte Nachricht ist jedoch: Das T-Shirt geht gar nicht! Ein Hemd wäre hier angebrachter. Übrigens: Jeans und Sakko gelten nicht als "Business casual". Dann lieber zur Cordhose greifen.
Im Stehen ...
... sollte das Sakko NIE offen sein.
Die Ärmellänge
Wo wir schon beim Sakko sind: Die Ärmel sollten nicht länger als Hemdsärmel sein. Achten Sie darauf, dass die Ärmel des Hemdes immer ein bis zwei Zentimeter länger sind als die des Sakkos.
Die Hemdtasche
Sind Sie Handwerker? Oder warum stopfen Sie sich die Hemdtasche so voll? Die Hemdtasche ist reine Zierde und sollte nicht benutzt werden. Weder der persönliche Stift noch das dicke Handy oder die Zigarettenschachtel gehören hier hinein.
Die Armbanduhr
Achten Sie auf Ihre Wirkung: Eine teure Markenuhr kann zwar ein schönes Smalltalk-Thema sein, aber eben nur "kann". Dafür sollte man den Gesprächspartner und seine Interessen gut kennen. Die Uhr kann (genau wie bestimmte Autos) auch Neid auslösen. Beim Erstkontakt also am besten eine dezente Variante wählen.
Das Uhrenarmband
Gummiarmbänder mögen modisch sein, sind aber im Business-Umfeld nicht angebracht. Greifen Sie lieber zum klassischen Lederarmband. Merke: An den Uhren sollte man nicht das Hobby ablesen können. Taucheruhren mit Kautschukarmbändern bitte nur in der Freizeit, nicht zum Anzug.
Die Schuhe
Nichts ruiniert Ihr Outfit schneller, als ein stilloser oder vernachlässigter Schuh. Achten Sie auf jeden Fall auch auf die Sohle! Eine abgelatschte Gummisohle wie hier im Bild runiniert den Gesamteindruck. Faustregel: Ein Schuh zum Anzug hat immer eine Ledersohle.
Schwarz und Braun
An diese Farbkombination sollten Sie sich nur wagen, wenn Sie gebürtiger Italiener sind. Die kriegen das tatsächlich elegant hin. Für alle anderen gilt: Schwarz und Braun passen leider gar nicht zusammen. Was dagegen schon geht: Braune Schuhe zu dunkelblauen, grauen oder beigefarbenen Anzügen.
Die Socken
Achten Sie auf die Details: Zum einen sollten Sie Ihre Socken immer auf den Anzug abstimmen, zum anderen müssen die Socken lang genug sein. Nackte Waden und weiße Socken sind nur im Sport erlaubt.
Krawattenlänge
So schlampig wie auf dem Bild geht gar nicht. Achten Sie also beim Krawattenbinden auf die richtige Länge.
Die Krawatte
Bravo, so sieht es doch gleich viel eleganter aus. Die Krawatte reicht bis zur Gürtelschließe, so soll es sein.
Der Bart
Lässig und leger? Überlegen Sie, welchen Eindruck Sie im Geschäftsleben hinterlassen wollen. Nicht jedem steht der Bart so gut wie George Clooney.

Die Rolle des Betriebsrats

Der Betriebsrat am Standort Köln-Bonner Flughafen war bei dem Abschluss der vorstehenden Anordnungen nicht mit involviert worden und setzte sich hiergegen vor Gericht zur Wehr. Er monierte in dem Verfahren die Verletzung von Persönlichkeitsrechten der Mitarbeiter.

Die Richter des LAG Köln stellten in ihrer Urteilsbegründung zunächst grundsätzlich fest, dass Mitarbeiter die Freiheit hätten, so am Arbeitsplatz zu erscheinen, wie es den persönlichen Wünschen und Bedürfnissen entspreche. Einschränkungen von Seiten des Arbeitgebers seien daher nach § 75 Abs. 1 und 2 BetrVG nur dann gerechtfertigt, wenn sie für die Erreichung eines legitimen Anliegens des Arbeitgebers geeignet, erforderlich und angemessen seien, also mit anderen Worten dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen.

Fingernägel und Haare

Demzufolge sah das LAG Köln in der Gewährleistung eines einheitlichen Erscheinungsbildes der Mitarbeiter zwar ein anerkennenswertes legitimes Ziel. Dieses würde aber in erster Linie bereits durch eine einheitliche Dienstkleidung erreicht. Darüber hinausgehende Anordnungen müssten daher eine besondere Bedeutung haben, um jeweils rechtswirksam zu sein.

Insoweit hielten die Richter die Vorgabe des Arbeitgebers, die Fingernägel nur einfarbig zu lackieren, als unverhältnismäßig, denn diese Anordnung sei im Ergebnis nicht geeignet, ein einheitliches Erscheinungsbild zu gewährleisten. Denn hier spiele die Farbe der Fingernägel nach Ansicht der Richter nur eine untergeordnete Rolle.

Gleichermaßen kippten die Richter auch die Regelung für die männlichen Mitarbeiter im Hinblick auf die Färbung ihrer Haare und das Tragen von Toupets. Insoweit wiesen sie darauf hin, dass die Mitarbeiter ohnehin unterschiedliche Frisuren und Haarfarben hätten, so dass mit dieser Regelung ein einheitliches Erscheinungsbild nicht gefördert werden könnte. Außerdem greife das Verbot eines Toupets viel zur sehr in das Selbstwertgefühl und damit in das Persönlichkeitsrecht von Männern ein, welche unter einem frühen Haarverlust leiden.

Unterwäsche und Rasur

Demgegenüber bestätigen jedoch die Richter die Regelung zur Länge der Fingernägel, da es auch dazu diene, die Verletzungsgefahr von Flugpassagieren bei der Kontrolle zu vermeiden. Auch die Pflicht zum Tragen von Unterwäsche und die Festlegung der Farbe sowie das Verbot von Mustern auf der Unterwäsche wurde von Seiten der Richter im Hinblick auf ein ordentliches Erscheinungsbild und auf die Langlebigkeit der im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Dienstkleidung für wirksam erachtet.

Mit Bezug auf die Vorgaben zur Rasur sowie zu einer gepflegten Haarfrisur bei den Männern wiesen die Richter ebenfalls auf die Notwendigkeit eines angemessenen Erscheinungsbilds hin und betonten, dass es sich hierbei ohnehin nur um Selbstverständlichkeiten handele, die keine außergewöhnlichen Maßnahmen abverlangten (LAG Köln, Beschluss vom 18.08.2010, Az.: 3 TaBV 15/10).

Mit dem vorstehenden Beschluss haben die Richter des LAG Köln deutlich gemacht, dass die Frage der Zulässigkeit von solchen Anordnungen über das Erscheinungsbild von Mitarbeitern immer eine Frage des Einzelfalls ist. Jede einzelne Anordnung muss hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit betrachtet werden, eine pauschale Sichtweise verbietet sich. Denn was für das eine Unternehmen unzulässig ist, kann für das andere Unternehmen gerechtfertigt sein.

Grundsätzlich zeichnet sich aber eine Tendenz dahingehend ab, dass Regelungen mit Bezug auf die Kleidung des Mitarbeiters (bis hin zur Unterwäsche) eher verhältnismäßig sein werden, als Regelungen, die den Körper selbst betreffen, wie die Farbe der Haare oder die Farbe der Fingernägel. (oe)

Sommerhitze und Dresscode-Sünden
Endlich Sommer!
Barfuss, bauchfrei, Bermuda oder Birkenstock sind auch bei 30 Grad im Büro ein Fauxpax. Klicken Sie sich durch die größten Sommer-Sünden in Sachen Kleidung.
Dazu Knigge-Expertin Christina Tabernig:
Der Ranghöchste beziehungsweise der Gastgeber entscheidet, wann das Sakko auszuziehen ist. Auf einer Hochzeit ist das der Bräutigam oder wie beim Weißwurstfrühstück Joachim Sauer, Ehemann von Kanzlerin Angela Merkel, der stellvertretend für die Gastgeberin auch sein Sakko ausgezogen hatte. Und US-Präsident Barack Obama folgte diesem Beispiel gern.
Das Sakko bleibt an ...
... solange der Vorgesetzte nicht abgelegt und Erleichterung angeboten hat. Frauen müssen den Blazer nicht ablegen, vielleicht tragen sie ja nur ein leichtes Shirt darunter.
Männer in Bermudas oder Shorts ...
... sollten sich in deutschen Büros nicht blicken lassen, auch wenn das Thermometer auf 30 Grad und mehr klettert. Dazu die Faustregel von Knigge-Expertin Tabernig: "Alles, was am Strand nicht auffällt, hat im Büro nichts zu suchen."
Mit Sandalen ...
... oder Birkenstocks ...
... sollte kein Mann im Sommer ins Büro gehen. Mit weißen Tennissocken übrigens auch nicht.
Auch Flipflops ...
... sind nur in der Freizeit erlaubt, wenngleich sie auch bequem und luftig sind.
Auf Socken ...
... können Männer nur in der Mittagspause im Park verzichten, aber niemals im Büro Slipper oder Schuhe ohne Socken tragen.
Es geht auch ohne Sakko und Krawatte ...
... oder mit Kurzarmhemd. Letzeres aber nur ohne Krawatee und Sakko tragen.
Vertriebler und Berater ...
... müssen dagegen in der Regel das Sakko auch im Sommer anziehen. Ihre oberste Richtschnur ist immer der Kunde beziehungsweise die Kleidung in dessen Untenrehmen.
Luftige Sommerkleider ...
... können Frauen im Job gern anziehen, wenn denn die Rocklänge stimmt. Eine Handbreit oberhalb des Knies ist erlaubt, alles andere geht zu weit.
Auch mit Spaghetti-Trägern ...
... und nackten Schultern sollte Frau sich zurückhalten. Freie Schultern gehören nicht ins Büro. Auch beim klassischen Etuikleid muss ein Blazer oder Jäckchen darüber getragen werden.
Dicke Gürtel ...
... sind auch nicht für den Einsatz im Büro vorgesehen.
Bauchfrei, Cut-Outs und Hotpants ...
... taugen für die Disco oder den Strand, sind aber kein Outfit fürs Büro.
In Sachen Schuhe ...
... haben Business-Frauen eine größere Auswahl als ihre männlichen Kollegen.
Geschlossene Schuhe statt offener Sandalen ...
... heißt die Devise für Business-Frauen im Sommer. Rot lackierte Fussnägel lenken den Blick vom Wesentlichen ab. Auch Feinstrumpfhosen sind im Sommer ein Muss.
Slingpumps sind eine Alternative
Noch nie gehört? Das sind Sandalen, die vorne geschlossen und hinten offen sind.
Große Schweißflecken ...
... kommen bei bestimmten Farben (lindgrün, khaki) noch deutlicher heraus. Diese Farben sollte man meiden.
Wenn das Deo versagt und der Schweiß siegt, ...
... kann man das dem schwitzenden Kollegen unter vier Augen und im freundlich-verständnisvollen Ton sagen. Vielleicht fällt ihm selbst der Schweißgeruch ja gar nicht mehr auf.
Eis in der Mittagspause ...
... hilft über so manchen heißen Bürotag hinweg. Was aber, wenn man einen Eisfleck auf der Bluse hat? Wenn Sie keine Sofortlösung wie Reinigungstücher oder Wasser zur Verfügung haben, müssen Sie damit leben.