Lizenz zum Geldverschwenden

Drucker - die Kostenlawine rollt

02.12.2011 von Martin Bayer
Nach wie vor verschwenden die meisten Firmen beim Drucken eine Menge Geld. Doch obwohl das Problem seit vielen Jahren bekannt ist, tun sich die Verantwortlichen mit Lösungen immer noch schwer.
Foto: Fotolia / Mike Kiev

Kosten senken - diese Maßgabe hat in aller Regel oberste Priorität, wenn es in Unternehmen um das Thema Drucken geht. Neu ist das allerdings nicht. Schon seit Jahren kämpfen die Verantwortlichen darum, ihre Printing-Ausgaben in den Griff zu bekommen - bislang allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Ein Blick in die Unternehmen zeigt, dass nach wie vor viele Druckerparks wenig effizient wirtschaften, die Mitarbeiter sinnlos Papier verschwenden und mit überteuertem Zubehör viel Geld verschwendet wird.

Die Gründe für die Misswirtschaft sind vielfältig. Eine Printer-Umfrage, die Dokulife Consulting & Research im Auftrag des Druckerherstellers Brother im Mai vorgestellt hat, kommt zu dem Ergebnis, dass nicht einmal ein Drittel aller Unternehmen eine langfristig dokumentierte und vorab geplante Druckerstrategie verfolgt. Ein Grund dafür ist, dass sich in den Unternehmen - auch in den großen - niemand für das Thema verantwortlich fühlt. Rund zwei Drittel der Befragten gaben an, es würden sich alle in der IT irgendwie ein wenig darum kümmern.

Das Mittel der Wahl vieler IT-Verantwortlicher in Sachen Druckkosten sparen war in der Vergangenheit die Konsolidierung der Infrastrukturen. Die Modelllandschaft wurde vereinheitlicht beziehungsweise Arbeitsplatzgeräte wurden durch zentrale Etagendrucker ersetzt. Gebracht hat das aus Sicht der Experten von Dokulife jedoch wenig. Der Grund: Die Maßnahmen laufen den Anwenderwünschen zuwider. Wie schon in Umfragen der vergangenen Jahre festgestellt wurde, wollen die Nutzer Drucker nahe am Arbeitsplatz. Die Folge: Die Anwender hebeln die Maßnahmen einfach aus. Laut Oliver Jendro, Senior Consultant bei Dokulife, scheitern viele Konsolidierungsstrategien. Eingesparte Arbeitplatzgeräte würden unter dem Radar der IT aus Büromaterialbudgets einzelner Abteilungen wiederbeschafft, die Einsparstrategie durch Konsolidierung damit teilweise konterkariert.

Druckverhalten muss sich ändern

"Projekte zur Umstellung der Druckerlandschaft von dezentralen Bürodruckern auf zentrale Stockwerksdrucker haben den Papierbedarf kaum reduziert", ergänzt Martin Böhn, Senior Analyst von Business Application Research Center (Barc). Den einge-sparten Kosten beispielsweise bei der Wartung ständen nun die Kosten für die verlorene Arbeitszeit infolge der Gänge zum Drucker gegenüber.

Zahlen, Daten und Fakten rund um das Drucken

- Fast 34 Milliarden Euro haben deutsche Unternehmen im vergangenen Jahr für das Drucken ausgegeben, hat das britische Wirtschaftsinstitut CEBR ermittelt. Das ist mehr als der deutsche Verteidigungsetat (31 Milliarden Euro).

- Einer Studie von IDC zufolge beziehen sich 30 Prozent aller Helpdesk-Anfragen auf Druckerprobleme.

- Büroangestellte drucken täglich 31 Seiten aus, so eine Untersuchung von Doxense. Davon landeten fast die Hälfte sofort oder spätestens zum Feierabend im Papierkorb.

- Im Rahmen einer Gartner-Umfrage gab die Mehrheit der Tablet- und iPad-Nutzer an, ihnen falle das Lesen auf dem Display ihres mobilen Begleiters leichter beziehungsweise ähnlich leicht wie das Lesen von gedruckten Texten. Vor allem jüngere Menschen scheinen sich mehr und mehr mit dem Lesen am Bildschirm anzufreunden.

- Einer IDC-Studie zufolge erfassen ein Drittel aller Unternehmen ihre Dokumentenkosten nie beziehungsweise nur sehr unregelmäßig.

- Laut der Studie "Bürowelten der Zukunft" von Kyocera und dem Fraunhofer-Institut glauben je 44 Prozent der Befragten, dass ein papierloses Büro möglich beziehungsweise unmöglich ist.

Im Mittelpunkt einer Druckerstrategie, die mehr Effizienz und weniger Kosten zum Ziel hat, muss aus Sicht der Experten deshalb der Anwender und sein Druckverhalten stehen. "Die Mitarbeiter nutzen Papier aus Gewohnheit", sagt Böhn. Ausdrucke seien zudem oft die Schnittstelle, wenn es um den Austausch von Informationen aus unterschiedlichen Systemen geht. Der Barc-Analyst plädiert deshalb für ein übergreifendes Informations-Management in Form eines Enterprise-Content-Management-Systems (ECM). Das könne ein Anreiz für die Mitarbeiter sein, papierarm zu arbeiten. Entscheidend seien jedoch die Vorteile für die einzelnen Mitarbeiter, beispielsweise verbesserte Suchfunktionen oder ein vereinfachter Zugriff auf bestimmte Informationen. "Wird eine solche Unterstützung nicht realisiert, verändert sich kaum etwas."

Gesucht: Output-Manager

Papier bleibt gefragt: Wie schätzen Sie den Bedarf an Bürokommunikationspapier (DIN A4, für Druckgeräte) in Zukunft ein? n = 262; Angaben in Prozent;
Foto: Aki GmbH

"Unternehmen brauchen in der hauseigenen IT keine Druckeradministratoren, sondern Output-Manager", stellt Dokulife-Berater Jendro fest. Deren Aufgabe sei es nicht, Papierstaus zu beseitigen oder Toner nachzufüllen. Das könnten Dienstleister wesentlich effizienter. Output-Manager sollten sich vielmehr mit dem gesamten Prozess rund um die Dokumentenerstellung beschäftigen: "Das bedruckte Papier ist nur das letzte Teilstück dieses Prozesses."

Mit dieser Sichtweise tun sich die Unternehmen jedoch noch schwer. Laut einer Untersuchung von IDC vom Herbst vergangenen Jahres setzen nicht einmal ein Viertel der rund 300 befragten Unternehmen sowohl Lösungen für das Print- wie für das Dokumenten-Management ein. Der Nutzen scheint hingegen außer Frage zu stehen. Mehr als die Hälfte der Befragtensieht Dokumenten-Management als Mittel, dokumentenintensive Prozesse zumindest teilweise zu optimieren. Fast ein Drittel glaubt sogar an ein erhebliches Verbesserungspotenzial.

Dafür ist aus Sicht von IDC-Analyst Matthias Kraus jedoch eine funktionierende Zusammenarbeit zwischen IT und den Fachabteilungen erforderlich. Doch daran scheint es zu hapern. Vier von zehn Befragten beklagen, dass die IT die Anforderungen aus den Fachbereichen nur mangelhaft kenne. Mentalitäts- und Sprachunterschiede (28 Prozent) sowie unterschiedliche Ziele (27 Prozent) seien weitere Faktoren, die sich negativ auf die Zusammenarbeit auswirkten.

Ziel ist Dokumenten-Management

Kraus erkennt dennoch einen Trend in Richtung Dokumenten-Management und empfiehlt den Unternehmen eine stufenweise Implementierung. Zunächst sollten die Geräteinfrastruktur optimiert und die Kosten gesenkt werden. Im nächsten Schritt könnten im Zuge eines Dokumenten-Managements das Druckvolumen verringert und Prozesse gestrafft werden.

Von der Vision des papierlosen Büros haben sich die meisten Experten indes verabschiedet. Allerdings steht unsere Arbeitswelt und damit auch die Art und Weise, wie mit dem Drucken umgegangen wird, vor einschneidenden Veränderungen, hat eine Untersuchung von Kyocera ergeben, die der Druckerhersteller gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation initiiert hat. Für die Studie "Bürowelten der Zukunft" wurden Experten aus Politik und Wirtschaft, Forscher sowie Endanwender befragt.

Das Büro von morgen ist flexibel

Das Büro der Gegenwart als Raum für die tägliche Arbeit werde über kurz oder lang verschwinden, ist ein Ergebnis der Umfrage. Vor allem der Faktor Flexibilität bestimme das Büro von morgen, glaubt Stefan Rief, Leiter des Competence Center Workspace Innovation bei Fraunhofer: "Alle Büro- und Wissensarbeiter werden zumindest teilweise auch von zu Hause aus arbeiten." Die festen Strukturen, in der Arbeit heute stattfindet, würden aufgebrochen.

Das hat Folgen für das Drucken. Die Cloud beziehungsweise Cloud-basierende "Points of Print" werden nach Meinung einiger Experten die Zukunft des Dokumenten-Managements bestimmen. Anwender erhielten damit die Möglichkeit, Dokumente an öffentlichen Druckstationen auf der ganzen Welt auszudrucken. Grundsätzlich werde Papier aber auch im Büro der Zukunft eine Rolle spielen. Welche das sein wird, ist jedoch umstritten. Experten spekulieren schon über die Entwicklung einer Art Superpapier, das wiederverwendbar und fast unzerstörbar sein soll. Aus welchem Rohstoff dieses Papier bestehen soll, wird die Forschung ergeben. Jedenfalls werden es keine Holzfasern mehr sein. "Sicher scheint, dass Experten und Anwender auch in der fernen Zukunft noch ein intuitives, haptisches und einfaches Trägermedium in ihren Händen halten wollen", sagt Rief von Fraunhofer.

Insgesamt würden die Unternehmen in Zukunft wesentlich stärker auf Aspekte wie Nachhaltigkeit und ihren "Carbon Footprint" achten. "Ökologische Aspekte werden fester Bestandteil bei der Gestaltung von Büro- und Wissensarbeit sein", ist Rief überzeugt. "Das Büro der Zukunft ist grün", lautet das einhellige Credo von Experten und Anwendern.