Dritte GPL-Version in Arbeit

29.03.2005
Open-Source-Institutionen arbeiten an einer neuen General Public License.

Seit rund 14 Jahren gibt es die General Public License (GPL), jetzt ist eine Neufassung unumgänglich geworden. Ihr Initiator, die Free Software Foundation (FSF), arbeitet gemeinsam mit der Open Source Initiative, zuständig für die Genehmigung von Open-Source-Lizenzen, an einer reformierten dritten Version. Bei dieser Gelegenheit soll der inzwischen undurchschaubare Dschungel der Lizenzen für quelloffene Software radikal gelichtet werden.

Reform ist überfällig

Die erste GPL erschien im Juni 1988, erwies sich aber bald als ungeeignet. Daraufhin wurde drei Jahre später, im Juni 1991, eine zweite Version veröffentlicht, die bis heute gültig ist. Als ihr "Vater" gilt der Juraprofessor Eben Moglen, Rechtsvertreter der Free Software Foundation. Er ist auch jetzt einer der wichtigsten Beteiligten, die mit dem Entwurf der kommenden dritten GPL-Version befasst sind.

Die Reform ist überfällig, da die GPL den technischen Entwicklungen der IT nicht mehr entspricht. So kann GPL-lizenzierte Software eigentlich nicht mit proprietärer verknüpft werden, ohne deren Offenlegung zu erzwingen. Unter anderem bei der Nutzung von Web-Services tritt diese Situation aber des Öfteren ein. In der Folge wird die GPL in der Praxis einfach ignoriert. Auch die wesentlich liberalere Lesser GPL (LGPL), deren aktuelle Version 2.1 schon seit sechs Jahren besteht, genügt heutigen Anforderungen nicht mehr.

Doch Moglen und die FSF sind nicht die einzigen Einflussfaktoren bei dem Reformvorhaben. Genauso wichtig ist die Open Source Initiative (OSI), die seit 1998 als Non-Profit-Organisation Open-Source-Lizenzen auf der Grundlage einer zehn Punkte umfassenden Definition zertifiziert. In ihr sind auch Vertreter der IT-Industrie aktiv und bringen deren Interessen ins Spiel. Das unterschiedlich ausgebildete Bedürfnis der Industrie nach mehr oder weniger starkem Schutz ihrer Open-Source-Beiträge hat dazu geführt, dass die OSI bis heute 56 Open-Source-Lizenzformen ihren Segen gegeben hat. Und das ist ein Problem, dem die Organisation hofft, mit der GPL 3 begegnen zu können.

Zunehmend sind die OSI-genehmigten Lizenzen, beispielsweise die junge "Common Development and Distribution License" (CDDL) von Sun, nur noch für juristisch Geschulte verständlich. Die Vielfalt behindert Entwickler bei der Arbeit, weil sie sich bei der Integration von Software in größere Programme zunächst mit der Lizenzlektüre beschäftigen müssen. Eric Raymond, Gründer und bis Ende letzten Jahres Präsident der OSI, fordert inzwischen eine restriktive Vergabe neuer Lizenzen: "Alle bis auf ein Dutzend dieser Lizenzen sind unnütz. Sie werden von unausgelasteten Rechtsabteilungen in Unternehmen ausgetüftelt und dann in lediglich einem Projekt genutzt."

Lizenzvielfalt reduzieren

Zustimmung erfährt Raymond von Larry Rosen, einem prominenten, auf Urheberrecht spezialisierten Anwalt und Open-Source-Fürsprecher. Auch in der Industrie, die für die Vielfalt der Lizenzformen verantwortlich ist, gibt es mittlerweile ein Umdenken. In jüngster Zeit haben sich besonders Martin Fink, oberster Linux-Manager bei Hewlett-Packard, und sein Gegenpart bei Computer Associates, Sam Greenblatt, vehement für Einschränkungen stark gemacht.

Kontroverse Diskussion

Der inzwischen wieder zurückgetretene OSI-Präsident Russ Nelson hatte eine Erweiterung der Open-Source-Definition um drei Punkte gefordert, die verständliche und vielfältig verwendbare Lizenzen erzwingen sollten. Seine Vorschläge waren allerdings auf Kritik gestoßen, weil sie eigentlich das Verfahren und die Regeln der Zertifizierung betreffen. Nelsons Nachfolger, Michael Tiemann von Red Hat, ist nur Interimspräsident der OSI und vorrangig mit deren Reorganisation beschäftigt. Das behindert die Arbeiten an der GPL 3.

FSF-Jurist Moglen leitet nun eine Gruppe von Anwälten zur Formulierung der Neuversion. Nach seiner Auskunft ist ein Entwurf frühestens Ende dieses Jahres zu erwarten. Der wird dann mindestens ein halbes Jahr von Open-Source-Interessierten und der Community diskutiert. Schon heute gibt es Befürchtungen, eine Aufweichung der GPL 2 könne eine Abspaltung (Forking) der radikaleren Teile der Open-Source-Bewegung zur Folge haben. Eine Verabschiedung der GPL 3 ist laut Moglen nicht vor Sommer nächsten Jahres möglich. (ls)