Drahtloser Zugriff auf Unternehmensdaten

07.03.2002 von Wolfgang Miedl
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mit der zunehmenden Verbreitung von mobilen Endgeräten wächst in Unternehmen das Interesse an der Integration dieser Produkte in die eigene IT. Microsoft und Lotus bieten hierfür neuerdings komplette Lösungen mit Servern und Tools, um Messaging und Groupware auch auf Mobilgeräten betreiben zu können.

Mit dem PDA-Boom der letzten Jahre kommen auch auf Unternehmen neue Herausforderungen zu. Wurden die Palms in der Anfangsphase noch als Privatvergnügen technikverliebter Mitarbeiter gesehen, erkennen immer mehr Unternehmen den Nutzen und wollen die Handhelds in die Firmen-IT einbinden. Vor allem Mobilfunktechniken schaffen neue Möglichkeiten: Außendienstmitarbeiter können vom PDA oder auch Notebook unterwegs auf Anwendungen zugreifen, die allmählich Anwender findenden Smartphones erlauben zumindest den ortsunabhängigen Zugriff auf PIM (Personal Information Manager)-Systeme mit Terminplaner und Adressverwaltung.

Quelle: Extended Systems

Um diese universelle Vernetzung zu erreichen, bedarf es einer Reihe von neuen Carrier-Dienstleistungen, Gateways und Softwareprodukten zur Integration. IDC belegt die wachsende Nachfrage mit einer Studie: Von einem Umsatzvolumen von neun Milliarden Dollar im vergangenen Jahr soll dieser Markt rund um die mobile IT bis 2004 auf 25 Milliarden Dollar anwachsen.

Microsofts Mobile Information Server 2002

Die großen Anbieter reagieren zunehmend auf die wachsende Nachfrage. Soeben hat beispielsweise Microsoft den "Mobile Information Server 2002" (MIS) herausgebracht. Das Produkt bündelt eine Reihe teils bekannter, teils neuer Komponenten, die vor allem die Integration von Handhelds sowie das Bereitstellen von Unternehmensanwendungen und Daten über Mobilfunkgeräte ermöglichen sollen.

Eine Schlüsselfunktion des MIS ist "Server Activesync". Damit ist es erstmals möglich, PDAs mit dem Kleinrechner-Betriebssystem "Pocket PC 2002" direkt mit dem "Exchange Server" zu synchronisieren. Bisher hatte Microsoft lediglich die Desktop-Variante "Activesync" angeboten. Unternehmen, die einen zentralen Abgleich von E-Mails, Terminen und Adressdaten wünschten, mussten auf Produkte von Drittanbietern wie Extended Systems oder Pumatech ausweichen.

Ein wichtiger Aspekt ist die Einbindung der Mobilfunk-Carrier in die Übertragungskette. Um einen möglichst nahtlosen Datenfluss innerhalb der Exchange/ Outlook-Plattform zu gewährleisten, bieten die Redmonder nun neben der Enterprise- auch eine Carrier Edition (CE) des Mobile Information Server an. Zwar ist eine mobile Außenanbindung laut Microsoft auch ohne diese spezielle Mobilfunkvariante möglich, jedoch bietet letztere zuverlässige Push-Optionen auf SMS-Basis, Formatierungskontrollen für die jeweiligen Endgeräte und eine Garantie für die Auslieferung von Nachrichten.

Outlook wird ortsunabhängig

Die Reichweite des Mail- und PIM-Clients Outlook (PIM = Personal Information Management) soll der neue "Outlook Mobile Access" (OMA) erweitern. War bisher der Zugriff von außen auf den "Exchange Server" über den Web-Browser mit "Outlook Web Access" möglich, kann nun der Echtzeitzugriff über verschiedene Protokolle erfolgen. Dabei vermögen zum einen das in Pocket PCs integrierte "Pocket Outlook" sowie die kommenden Smartphone-Derivate mit OMA zu synchronisieren, zum anderen können Anwender mit WAP-fähigen Endgeräten direkt auf die persönlichen Outlook-Konten am Firmen-Server zugreifen.

Um Sicherheit bei der Datenübertragung zu gewährleisten, setzt Microsoft auf verschiedene Maßnahmen. Jeglicher Datenverkehr außerhalb des Unternehmens läuft über die Firewall des "Internet Security and Acceleration Server" (ISA). Die Verbindung zu Carriern wird über ein Virtual Private Network (VPN) mit Ipsec-Verschlüsselung abgewickelt. Die Endgeräte kommunizieren beim Einsatz des "Pocket Internet Explorer" (Pocket PC, Smartphone) sowie des "Mobile Explorer" (Handys) über SSL-Verbindungen (SSL = Secure Sockets Layer).

Mobile Anwendungen

Bei der Entwicklung von mobilen Anwendungen setzt Microsoft ganz auf seine neue IDE (Integrated Development Environment) Visual Studio .NET. Das darin enthaltene "Mobile Internet Toolkit" ermöglicht das Erstellen von mobilen Anwendungen. Mit Hilfe der Server-seitigen Steuerelemente "Web Forms" können auf der Basis der ASP.NET-Technik (ASP = Active Server Pages) geräteunabhängige Formularanwendungen in Visual Basic und C# geschrieben werden. Interessant dürften für viele Unternehmen Bundling-Angebote mit dem MIS sein, wie sie etwa Hewlett-Packard und Compaq anbieten. Ein Compaq Proliant mit MIS 2002 sowie zehn Ipaq-PDAs inklusive der Installation durch Compaq Global Services kosten in den USA inklusive drahtloser Netzwerkanbindung 25.000 Dollar. HP bietet eine Pilotversion mit MIS 2002, Active Directory, Exchange und ISA über 60 Tage inklusive HP-Server, Jornada-PDAs und

WLAN-Anbindung für 50.000 bis 100.000 Dollar zum Test an. Der Preis hängt von den Anwendungen ab, die implementiert werden sollen.

Auch Lotus hat bereits im letzten Jahr für seine Notes/Domino-Plattform eine Reihe von Erweiterungen für mobile drahtlose Lösungen vorgestellt. Die Bedürfnisse von Unternehmen sollen dabei mit den Produktreihen "Domino Everyplace Server", "Mobile Notes", "Sametime Everyplace" und "Easy Sync Pro" befriedigt werden. Domino Everyplace umfasst eine Reihe von Komponenten, die je nach Bedarf einzeln oder komplett zum Einsatz kommen. "Everyplace Enterprise" dient zum einen dem Synchronisieren von Domino und mobilen Endgeräten - wahlweise übers Netz oder drahtlos. Der zweite Fokus liegt im Anpassen bestehender oder im Entwickeln neuer Anwendungen für mobile Geräte mit dem Mobile Domino Designer.

Mobiles Lotus Notes

Als bevorzugte Zielplattformen gibt Lotus dabei PDAs und Smartphones mit Palm OS, Pocket PC und Symbian OS (früher Epoc) an. Für diese drei Systeme gibt es auch spezielle Notes-Clients, die beim Zugriff auf Domino-Anwendungen vergleichbare Funktionen wie der Desktop-Notes-Client bieten sollen. Sowohl für die genannten Mobil-Clients als auch für den mobilen Zugriff als solchen auf Domino-Anwendungen über WAP- oder Web-Browser hat Lotus den Begriff "Mobile Notes" eingeführt.

"Domino Everyplace Access", ein weiterer Lotus-Baustein, stellt Funktionen für drahtlosen Unternehmenszugriff auf Notes-Mail, PIM und Anwendungen auf Basis von WAP bereit. Als Vorteile führt Lotus unter anderem den Zugriff über eine einheitliche Benutzer-Schnittstelle, zentrale Administration, integrierte Verzeichnisdienste und Sicherheits-Features wie SSL und Wireless Transport Layer Security (WTLS) an. Instant-Messaging-Funktionen, die sowohl Desktop- als auch Mobilanwendern zur Verfügung stehen, können mit "Sametime Everyplace" bereitgestellt werden. Als Push-Komponente ist "Domino Everyplace SMS" gedacht. Damit können Mails, Nachrichten oder automatische Anwendungsalarme an Notes-Anwender versendet werden.

Universelles Synchronisieren

Sowohl Microsoft als auch Lotus decken mit ihren Mobilprodukten eine breite Palette an Anwendungsszenarien ab. Während Lotus vor allem die breite Anwenderschicht seiner Notes/Domino-Plattform im Visier hat, versucht Microsoft, die Reichweite seiner Outlook-Klientel zu erhöhen. Vor dem Hintergrund der Ausweitung seiner Endgerätestrategie auf Smartpones und der zunehmenden Vernetzung von PDAs schieben die Redmonder nun in gewisser Weise einen noch fehlenden Baustein nach, der ein universelles, ortsunabhängiges Synchronisieren von PIM-Daten ermöglichen soll.