Doppelkern-Duell: AMD Turion 64 X2 gegen Intel Core Duo

30.08.2006 von Thomas Rau
Der mobile Doppelkern-Prozessor von AMD fordert Marktführer Intel und die Centrino-Duo-Plattform heraus. Mit Erfolg? Unsere Tests verraten es Ihnen.

Vor rund sechs Monate stellte Intel die Centrino-Duo-Plattform und den Prozessor Core Duo vor und hievte damit auch Notebooks auf Doppelkern-Niveau. Jetzt kontert AMD mit dem Doppelkerner Turion 64 X2, den die Firma im Mai vorstellte: Nun gibt es endlich eine größere Anzahl Notebooks, in denen AMDs Dual-Core-CPU arbeitet – Grund genug für uns, die beiden derzeit leistungsfähigsten Notebook-Prozessoren miteinander zu vergleichen.

Von groß bis klein - die Hersteller setzen den Turion 64 X2 in allen Notebook-Formaten ein: In 17-Zoll-Geräten wie dem Asus A7TC oder dem MSI Megabook L735, in Standard-Mobilrechnern mit 15,4-Zoll-Display wie dem Asus A6M, dem Acer Aspire 5102WLMi oder dem Fujitsu-Siemens Amilo Pa1510. Selbst in Business-Notebooks taucht AMDs Doppelkerner auf: HP verkauft das NX6325 (15-Zoll-Display) mit Turion 64 X2. MSI beweist mit dem Megabook S271 (12-Zoll-Display), dass der Turion 64 X2 auch in einem Sub-Notebook Platz findet.

Aus der großen Auswahl haben wir das Asus A6T und das MSI Megabook S271 herausgepickt und vergleichen sie mit der direkten Centrino-Konkurrenz Asus A6Ja und MSI Megabook S262.

Die technischen Daten

Auf dem Papier ähneln sich der Doppelkerner von AMD und Intels Core Duo. Beide verfügen über zwei Rechenkerne und unterstützen maximal Arbeitsspeicher im Format DDR2-667 – bei passender Konfiguration auch im Zwei-Kanal-Modus.

Außerdem besitzen beide Notebook-Prozessoren eine Virtualisierungs-Technik, die den Einsatz mehrerer Betriebssysteme auf einem Rechner erleichtern soll: Bei AMD heißt sie I/O Virtualization Technology (Codename: „Pacifica“), Intel nennt sie Virtualization Technology (Codename „Vanderpool“).

Mit AMD Digital Media Xpress und Intel Digital Media Boost haben die Marketing-Abteilungen beider Hersteller auch ähnliche Namen für die verbesserte Multimedialeistung der Doppelkern-Prozessoren erfunden.

Selbst was das Stromsparen angeht, liegen der Turion 64 X2 und der Core Duo eng zusammen – zumindest auf dem Papier. Beide können durch Power Now (AMD) und Enhanced Speed Step (Intel) Taktrate und Spannung schrittweise an die Auslastung des Systems anpassen: Der Turion 64 X2 taktet dabei bis auf 800 MHz herunter, der Core Duo läuft minimal mit 1 GHz. Die maximale Verlustleistung (TDP) geben beide Hersteller mit 31 Watt an – beim Turion 64 X2 verbrauchen aber die beiden höhergetakteten Modellen maximal 33 beziehungsweise 35 Watt (siehe Tabelle).

Übersicht: AMD Turion 64 X2

Modell

Taktrate

L2-Cache

TDP

TL-50

1,6 GHz

2x 256 KB

31 Watt

TL-52

1,6 GHz

2x 512 KB

31 Watt

TL-56

1,8 GHz

2x 512 KB

33 Watt

TL-60

2,0 GHz

2x 512 KB

35 Watt

Meist arbeitet der Prozessor aber nicht mit vollem Dampf, sondern befindet sich in verschiedenen Ruhe- und Schlafzuständen. AMD gibt an, dass der Turion 64 X2 dabei weniger Strom verbraucht als der Core Duo: Mit 0,85 Watt soll er beispielsweise schon im Deeper-Sleep-Modus sparsamer sein der Core Duo im neuen Modus „Enhanced Deeper Sleep“ (1,8 Watt).

Zwei entscheidende Unterschiede gibt es allerdings zwischen den Doppelkern-Konkurrenten: Der Turion 64 X2 unterstützt wie alle aktuellen AMD-Prozessoren 64-Bit-Erweiterungen, der Core Duo kann das nicht.

Auch bei der Cache-Architektur gehen AMD und Intel unterschiedliche Wege: Beim Turion 64 X2 besitzt jeder Kern einen eigenen L2-Cache, der je nach Modell 256 oder 512 KB beträgt. Beim Core Duo nutzen beide Kerne einen gemeinsamen, deutlich größeren L2-Cache von 2 MB.

Welche Architektur besser ist, kommt auf die Anwendungen an, die der Prozessor gerade abarbeitet: Bei Programmen, die nur einen Core nutzen, gibt der gemeinsame, größere Cache des Core Duo mehr her, da sich ein Kern die 2 MB alleine unter den Nagel reißen kann, während sich beim Turion 64 X2 ein Kern mit maximal 512 KB bedienen kann.

AMD behauptet aber, den Nachteil des kleineren Prozessor-Cache durch einen schnelleren Zugriff auf den Arbeitsspeicher ausgleichen zu können: Beim Turion 64 X2 ist der Speichercontroller in der CPU integriert, während der Core Duo das RAM über den langsameren Front-Side-Bus kontaktiert.

Der Turion 64 X2 sitzt im neuen Sockel S1 mit 638 Pins: Der Prozessor ist laut Hersteller AMD deutlich kleiner als seine bisherigen Mobil-CPUs – daher soll er sich auch problemlos in kleinen und leichten Notebooks einsetzen lassen.

Anders als Intel mit Centrino(-Duo) bietet AMD den Notebook-Herstellern kein Paket aus Prozessor, Chipsatz und WLAN-Modul an – nach der Übernahme von ATI wird sich dies aber ändern.

Bei den Chipsätzen setzt AMD auf Partner wie ATI und Nvidia. Die WLAN-Module kommen von Airgo, Atheros, Broadcom oder Ralink. Übrigens soll der Turion 64 X2 auch schon mit WLAN-Modulen zusammenspielen, die den Entwurf des neuen Standards 802.11n unterstützen: Allerdings setzt noch kein Hersteller Draft-11n-Module ein, während sich im Centrino-Lager immerhin schon Dell daran wagt.

Geschwindigkeit

Der Leistungs-Benchmark Sysmark 2004SE, mit dem wir Notebooks testen, enthält keine Programme, die von Doppelkern-Prozessoren profitieren. Allerdings führt er mehrere Anwendungen gleichzeitig aus (Multi-Tasking) – ein Notebook mit Doppelkern-Prozessor rechnet schon da rund 20 bis 30 Prozent schneller als ein gleich getakteter Einkern-Mobilrechner.

Das gilt auch für den Turion 64 X2: Das Asus A6T und das MSI Megabook S271 liegen bei gleichem Arbeitstakt über 30 Prozent beziehungsweise über 20 Prozent vor Notebooks mit einem Turion 64. Selbst das schnellste Turion-64-Notebook, das wir bisher getestet haben, das HP Pavilion DV5189 (Turion 64 ML-40, 2,2 GHz) kommt mit 149 Punkten im Sysmark 2004SE nicht am MSI Megabook S271 mit einem Turion 64 X2 TL-50 (1,06 GHz) vorbei.

Im Duell mit dem Doppelkerner von Intel ziehen die AMD-Notebooks knapp den Kürzeren: Das Asus A6T ist zwar genauso schnell wie das Dell Inspiron 9400 mit Core Duo T2300 – doch das Dell-Notebook besitzt nur halb soviel Arbeitsspeicher. Bei gleichen Bedingungen – nämlich 1 GB RAM – sind die Centrino-Duo-Notebooks mit dem T2300 um zehn bis 20 Prozent schneller. Noch höher fällt der Rückstand bei Anwendungen auf, die besonders vom größeren L2-Cache des Core Duo profitieren wie Adobe Premiere oder Photoshop.

Notebook

Prozessor / Arbeitsspeicher

Punkte Sysmark 2004SE

Asus A6T

Turion 64 X2 TL-52 / 1 GB

165

Asus A6Ja

Core Duo T2300 / 1 GB

189

MSI Megabook S271

Turion 64 X2 TL-50 / 1 GB

154

Dell Inspiron 9400

Core Duo T2300 / 512 MB

165

Akkulaufzeit

Der Prozessor trägt nur einen Bruchteil zum Stromverbrauch eines Notebooks bei – rund zehn bis 15 Prozent. Andere Stromfresser wie Display, Chipsatz, Grafikkarte und Festplatte spielen eine ähnlich wichtige oder noch größere Rolle.

Das Asus A6T erreichte im Akkutest eine Laufzeit von 2:46 Stunden. Der Gesamtverbrauch des Notebooks lag bei rund 26 Watt. Der direkte Centrino-Konkurrent Asus A6Ja schnitt deutlich schlechter ab: 2:16 Stunden Laufzeit, 31 Watt Verbrauch. Allerdings macht das A6Ja im Akkutest eine extrem schlechte Figur: Normalerweise verbrauchen Centrino-Duo-Notebooks mit der Grafikkarte Nvidia Geforce Go 7600, die im A6T und im A6Ja steckt, zwischen 21 und 23 Watt.

Beim MSI Megabook fällt der Verbrauchstest deutlich zu Gunsten der Centrino-Duo-Variante aus: Das Modell S271 mit Turion 64 X2 lief 3:16 Stunden und verbrauchte 20 Watt. Die baugleiche Centrino-Variante Megabook S262 schaffte 4:02 Stunden bei einem Verbrauch von 15,8 Watt.

Auch die Messung des Betriebsgeräuschs belegt, dass sich der Turion 64 X2 im kleinen Gehäuse des Megabook weniger wohl fühlt als der Centrino Duo: Bereits im Leerlauf blies der Lüfter im AMD-Notebook deutlich hörbar - unter voller Last maßen wir störende 2,8 Sone.

Update!: Für einen Nachtest schickte uns MSI ein aktualisiertes Bios (Version 1.15 vom 20.6.2006). Damit lief der Lüfter im Megabook S271 deutlich leiser: Ohne Last maßen wir 0,6 Sone, unter voller Last maximal 1,4 Sone - damit lag er auf dem Niveau des Centrino-Duo-Modells.

Bei den Asus-Notebooks nervte der Lüfter unter voller Last mit 1,1 (Turion-Variante A6T) beziehungsweise 0,9 Sone (Centrino-Duo-Modell A6Ja) kaum. Im Turion-Modell springt er allerdings viel öfter an – auch wenn das Notebook nichts tut.

Fazit

Mit dem Turion 64 X2 rückt AMD näher an Intel heran. Bei gleicher Konfiguration sind Mobilrechner mit dem Doppelkerner von AMD zwar etwas langsamer als Centrino-Duo-Notebooks: Im Alltag fällt der Unterschied von zehn bis 15 Prozent aber kaum auf, außer wenn Sie überwiegend Programme verwenden, die vom großen L2-Cache des Core Duo profitieren.

Bei Notebooks mit 15,4- oder 17-Zoll-Display liegen Turion 64 X2 und Core Duo auch in punkto Akkulaufzeit und Stromverbrauch etwa gleichauf. Wer in diesem Format auf eine lange Akkulaufzeit Wert legt, sollte zu einem Modell mit integrierter Grafiklösung greifen – ob der Prozessor von AMD oder Intel kommt, ist dann eher zweitrangig.

Der Test des Megabook S271 zeigt, dass sich der Turion 64 X2 für ultra-mobile Notebooks weniger eignet. Hier präsentierte sich die Centrino-Duo-Konkurrenz viel sparsamer – mit Core Duo war die Akkulaufzeit rund eine dreiviertel Stunde länger. Gegen Intels Stromspar-Stars – die (Ultra-)Low-Voltage-Varianten des Core Duo - ist der Turion 64 X2 vollkommen chancenlos.

Da man die Mobil-Prozessoren von AMD kaum in hochwertigen Buisness-Notebooks findet, entsteht der Eindruck, als seien Turion-Notebooks deutlich günstiger als Mobilrechner mit Centrino-Duo. Bei gleicher Konfiguration beträgt der Preisunterschied aber nur rund 50 bis 80 Euro zugunsten der Turion-X2-Modelle.

Der Turion 64 X2 macht das Rennen um die beste Notebook-CPU also wieder spannender – allerdings nur für kurze Zeit. Für August sind bereits die ersten Notebooks mit dem Core-Duo-Nachfolger Core 2 Duo („Merom“) angekündigt – dann dürfte Intel der Konkurrenz wieder deutlich enteilen.

Ausführliche Testberichte:

Asus A6Ja

Asus A6T

Dell Inspiron 9400

MSI Megabook S262

MSI Megabook S271