Outsourcing-Vertrag verlängert

DLR führt neue Strafzahlungen ein

27.01.2010 von Joachim Hackmann
Je mehr die Produktivität der Mitarbeiter am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter einem IT-Ausfall leidet, desto höhere Pönalen drohen dem Dienstleister.
Auch der Hochleistungsrechner des DLR wird vom Outsourcing-Partner T-Systems betrieben.

Der neue Provider ist der alte, doch die Rahmenbedingungen haben sich geändert. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat einen europaweit ausgeschriebenen Outsourcing-Auftrag erneut an T-Systems Solutions for Research (SfR) vergeben. Das Volumen des für die Jahre 2010 bis 2015 abgeschlossenen Vertrags beträgt rund 125 Millionen Euro. Das Forschungszentrum bezieht bereits seit 1999 IT-Services von der T-Systems-Tochter. Anfangs wurde die SfR als Joint Venture betrieben. Ende 2008 übergab das DLR seine 25-Prozent-Beteiligung wie geplant der T-Systems.

T-Systems SfR verantwortet weite Teile der DLR-IT. Dazu zählen etwa die lokalen Datennetze an 13 Standorten, das Weitverkehrsnetz und die Telefonanlagen. Zudem betreut die Telekom-Tochter die Arbeitsplatzrechner und alle zentralen Dienste wie Speichersysteme, Mail-Services, die Internet-Plattform, das Extra- und Intranet sowie die betriebswirtschaftlichen IT-Systeme. Auch der Betrieb von Hochleistungsrechnern und der entsprechenden IT-Infrastruktur zählen zu den Aufgaben.

Hans-Joachim Popp, CIO des DLR: "Neuausschreibungen bieten immer einen guten Anlass, das Leistungsspektrum anzupassen."
Foto: Joachim Wendler

"Neuausschreibungen bieten immer einen guten Anlass, das Leistungsspektrum anzupassen", erläutert Hans-Joachim Popp, CIO des DLR. "Wir haben etwa die Desktop-Vielfalt schlanker gestaltet. Zudem werden die mobilen Endgeräte, die mittlerweile 60 Prozent der Neuanschaffungen ausmachen, besser unterstützt." Insgesamt habe das DLR infolge von Volumensteigerungen, sinkenden Marktpreisen und neuen Techniken die Stückkosten vieler Leistungen deutlich senken können.

Pönalen steigen je nach Produktivitätsverlust

Herzstück des neuen Abkommens ist jedoch eine neue Pönalen-Regelung, die es in der zwischen DLR und T-Systems vereinbarten Form bislang im Markt nicht gibt. Die Höhe der Strafzahlungen bei Ausfall von IT-Systemen orientieren sich nicht wie üblich an den Einnahmen, die der Dienstleister mit den monierten Betriebsdiensten erzielt, sondern am Produktivitätsverlust der betroffenen DLR-Mitarbeiter. Um die Folgen eines IT-Ausfalls besser bewerten zu können, hat das IT-Management des DLR zusammen mit den Fachbereichen die IT-Dienste nach ihrer Kritikalität für die Arbeit der Nutzer gewichtet. Je stärker ein Ausfall oder Qualitätsverlust die Nutzer in ihrer Arbeit behindert, desto schmerzhafter sind die Strafen. So können beispielsweise relativ günstig betriebene IT-Services hohe Pönalen für den Provider zur Folge haben, wenn die DLR-Forscher nicht auf notwendige Ressourcen zugreifen können.

Das raten CIOs Outsourcing-Anwendern
Reinhard Eschbach, Thomas Cook: Transparenz ist das A und O
„Jeder Dienstleister ist nur so gut, wie ihn der Auftraggeber steuert. Outsourcing darf keine Black Box sein: Ich will verstehen, was der Provider macht, und kontrollieren, ob dies in Einklang mit meinen Zielen steht. Die Transparenz der Kosten – sowohl meiner eigenen als auch derjenigen des Providers – halte ich für wichtig. Eine Open- Book-Policy schafft nicht nur Vertrauen, sie ist auch effizienter, weil beide Seiten wissen, welche Hebel sie ansetzen können.“
Ralf Stalinski, Cognis: Akzeptanz beim User schaffen
„Wer auslagert, sollte im Vorfeld eine Art Inventur machen, um einen Überblick darüber zu haben, welche Services in den einzelnen Ländern erbracht werden. Erschwert wird Outsourcing vor allem durch die Kluft zwischen der User-Akzeptanz und der Erwartung des Managements. Es ist ja kein Geheimnis, dass Endanwender eine Standardisierung zunächst als Einschränkung empfinden. Hier ist die interne Kommunikation gefordert, die Belegschaft muss die Vorteile der Maßnahmen nachvollziehen können. “
Walter Friedl, Vistec: Know-how auf Augenhöhe
„Meine goldene Regel lautet: Auf Kundenseite muss es eine Instanz mit mindestens gleichem Know-how geben wie auf der Provider-Seite. Ich habe dafür einen IT-Service-Delivery-Manager für alle Infrastrukturthemen und eine SAP-Managerin für die Applikationen abgestellt. Beide sind dafür zuständig, dass der eingekaufte Service bei unseren Anwendern verlässlich und in guter Qualität ankommt.“
Dirk Ostermann, RAG: Prozesse zerschlagen
„Ganz wichtig: Sie müssen Prozesse zerschlagen. Sowohl im Eigenbetrieb als auch bei einer internen Auslagerung in eine Tochtergesellschaft schwingen sich Abläufe und Kommunikationswege zwischen Nutzer und IT ein, die nicht immer effizient sind. Die Lethargie und die Das-habenwir- schon-immer-so-gemacht-Einstellung müssen Sie durchbrechen. In dieser Phase ist Führung durch Kommunikation gefragt, denn für alle Betroffenen ändert sich viel.“
Carsten Stockmann, Mayflower: Beziehung weiterentwickeln
„Outsourcing ist ein Prozess, den man permanent weiterentwickeln sollte. Das Mühsame und Qualvolle besteht dann darin, die Beziehung so zu gestalten, dass sie auch tatsächlich Vorteile bringt. Das heißt, es geht nicht mehr um die Technik – die hat man ja ausgelagert –, sondern darum, Verbesserungen auf der Geschäftsprozess-Ebene zu erreichen.“
Udo Haarhaus, Dynamit Nobel: Ziele müssen klar sein
„Man muss sich als Auftraggeber über seine Outsourcing-Ziele im Klaren sein. Der Anbieter will das Projekt natürlich unbedingt an Land ziehen. Der Anwender will in der Regel seine Kosten senken. Da herrscht auf beiden Seiten eine gewisse Gier. Aber wenn der Auftraggeber nicht exakt hinterfragt, wie und wo sein Provider die Einsparungen erzielen will, gehen die Partner leicht von unterschiedlichen Annahmen aus.“
Martin Limpert, Preh GmbH: Hoheit über Prozesswissen sichern
„Die wichtigste Motivation für unsere Outsourcing- Aktivitäten war die Konzentration auf unsere Kernkompetenzen. Hohe Anforderungen etwa an die 7x24- Stunden-Verfügbarkeit der SAP-Systeme können wir intern nicht gewährleisten. Damit wir den reibungslosen IT-Betrieb für unsere Fachabteilungen sicherstellen können, haben wir die Hoheit über das Prozesswissen und das SAP-Wissen im Hause behalten.“

Die Zahlungen errechnen sich aus der Summe der ausgefallenen Dienste, der Ausfallzeit und der Zahl der betroffenen Mitarbeiter. "Damit haben wir die Gewissheit, dass auch einfache Dienste, mit denen der Dienstleister wenig Einnahmen erzielt, die aber für die Zuverlässigkeit des IT-Umgebung wichtig sind, besonders intensiv kontrolliert werden", schildert Popp den Vorteil der Vereinbarung. "In den traditionellen Pönalenvereinbarungen spiegeln die Strafzahlungen nicht die Kritikalität der IT-Dienste wider." Mit dem ausgeschriebenen Modell haben sich einige, insbesondere große Dienstleister schwergetan, da es eine neue Form der Risikobewertung erfordert. "Wir sind sehr froh, dass sich unser bisheriger Dienstleister auf unsere Forderungen eingelassen hat", betont Popp.