Veränderungsprozesse gestalten

Digitalisierung funktioniert nicht Top down

07.04.2020 von Hans Königes
Maria Bartschat arbeitet freiberuflich als Projektleiterin und setzt Digitalisierungsprojekte um. Für sie ist die menschliche Komponente der Schlüssel zum Erfolg in jedem Veränderungsprozess.
Im Interview erklärt Freiberuflerin Maria Bartschat, wie Sie Teams erfolgreich auf agile Methoden einschwört.
Foto: FrankHH - shutterstock.com

Warum haben Sie sich selbständig gemacht?

Bartschat: Ich arbeite seit vorigem Jahr als Freiberuflerin. Vorher war ich schon mehrere Jahre in verschiedenen Rollen projektbasiert tätig und habe interdisziplinäre Teams geleitet. Der Schritt in die Selbständigkeit hat sich logisch daraus ergeben. Als Freelancer habe ich die Möglichkeit, viele verschiedene Unternehmen, Projekte und Teams in kurzer Zeit kennenzulernen. Und ich kann von außen häufig einfacher Veränderung beeinflußen, als es für festangestellte Mitarbeiter der Fall ist. Mein zentraler Antrieb ist es, das Projekt erfolgreich abzuschließen, ohne dass Zeit "totgeschlagen" wird oder man politische Spielchen mitspielen muss. Mit der externen Perspektive erspart ein Freelancer in diesem Fall den Unternehmen viel Zeit und Geld.

Maria Bartschat: "Wenn die Veränderung nachhaltig funktionieren soll, dann kann das nicht Top-Down entschieden werden, sondern muss unabhängig von etablierten Hierarchien in interdisziplinären Teams passieren."
Foto: Malt

Aufgrund Ihrer Projekterfahrungen in verschiedenen Organisationen und Digitalisierungsprojekte - welche Note geben Sie der deutschen Wirtschaft bezüglich ihrer digitalen Transformation?

Bartschat: Was mich freut, ist das zunehmende Bewusstsein, dass sich etwas verändern muss, wenn wir als Land international konkurrenzfähig bleiben wollen. Was mir in verschiedenen Projekten auffällt, ist die große Vorsicht, mit der Digitalprojekte angegangen werden. Bei der Auswahl neuer Software wird zum Beispiel viel Zeit darauf verwendet, die richtigen Auswahlkriterien zu finden. Häufig wird dabei darauf geachtet, alte Strukturen und Arbeitsweisen eins zu eins in der neuen Software abbilden zu können, anstatt die Prozesse und Arbeitsweisen mutig zu überdenken.

Aus meiner Sicht spielt bei Software das Thema Usability eine extrem wichtige Rolle, die noch zu wenig beachtet wird. Das ist vielleicht als Schulnote eine 3+. Technologisch ist das in Deutschland meist kein Problem, aber kulturell wird in den Unternehmen zu langsam und risikoavers über die Digitalisierung nachgedacht. Die Mitarbeiter zum Umdenken zu bewegen, ist aus meiner Sicht die zentrale Aufgabe.

Welche Empfehlung geben Sie Ihren Kunden in solchen Fällen? Was ist für die Transformation Ihrer Meinung nach besonders wichtig?

Bartschat: Wenn die Veränderung nachhaltig funktionieren soll, dann kann das nicht Top-Down entschieden werden, sondern muss unabhängig von etablierten Hierarchien in interdisziplinären Teams passieren. Mitarbeiter, die der Veränderung kritisch gegenüberstehen, sollten ebenso gehört werden, wie diejenigen, die positiv voran gehen. Ich finde es wichtig, den weniger digital-affinen Mitarbeitern das fehlende Wissen zum Beispiel durch Coachings zu vermitteln und sie so mitzunehmen.

Woher kommen Ihre Kunden?

Bartschat: Es ist eine Kombination aus bestehenden Kunden, und ich nutze auch gerne rein digitale Kanäle. Häufig ergeben sich neue Aufträge durch die Weiterempfehlung von meinen zufriedenen Kunden oder Kollegen aus dem Netzwerk. Ich nutze aber auch Freelancer-Plattformen wie etwa Malt. Die Plattform wurde mir von Kollegen empfohlen. Ich habe schnell Kontakt zu den Leuten hinter den Kulissen bei Malt gehabt. Die menschliche Komponente stimmt, das ist mir wichtig.

Freelancer-Markt 2020: Jobs und IT-Projekte für Freiberufler
Gefragte Jobs und IT-Projekte für Freiberufler
Der Fachkräftemangel spielt freiberuflich tätigen IT-Spezialisten weiter in die Karten. Die Plattform freelancermap hat über eine Million Suchanfragen ausgewertet und die für 2020 die wichtigsten Jobs und IT-Trends für Selbstständige ermittelt.
Fachkräftemangel
Um eine Position in Festanstellung neu zu besetzen, benötigt ein Unternehmen laut Bitkom im Schnitt sechs Monate Zeit. Selbständige IT-Spezialisten lassen sich deutlich schneller rekrutieren - meist schon innerhalb eines Monats.
Künstliche Intelligenz
Nach Machine Learning schreiben Selbständige der künstlichen Intelligenz (KI) großes Innovationspotenzial zu.
Cloud-Services
Spezialisten für Cloud-Services werden deutlich stärker nachgefragt. Hier wuchs die Nachfrage 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 65 Prozent.
Sicherheit
Nach dem Blockchain-Hype rückt nun das Thema IT-Sicherheit besonders stark in den Fokus der Selbständigen.
Python
Nach dem großen Python-Boom 2018 gewinnt die Programmiersprache weiter an Bedeutung, auch wenn die freelancermap-Suchanfragen mit einem Wachstum um 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr (119 Prozent) etwas rückläufig sind.
Javascript
Unter freiberuflich tätigen IT-Spezialisten gilt Javascript derzeit als Top-Skill. Die Programmiersprache erfreut sich großer Popularität und wird beinahe doppelt so häufig gesucht wie noch 2018. Mit einer Steigerung um 95 Prozent verdoppelte sich das Anfragenvolumen 2019 damit fast.
Java
Experten standen 2018 dem neuen Lizenzmodell und Release-Zyklus von Oracle kritisch gegenüber, aber Java-Kenntnis zählt weiterhin zu den wichtigsten Kompetenzen für Selbständige. Die Programmiersprache erlebte dieses Jahr einen regelrechten Boom. Die Nachfrage wuchs um 115 Prozent - Tendenz steigend.
Agiles Projektmanagement
Agiles Projektmanagement in Form von Scrum wird die Tech-Branche im kommenden Jahr dominieren.
Product Owner
Product Owner beanspruchen den ersten Platz unter den Top Jobs. Sie sind für die Entstehung und Umsetzung eines Produkts durch Entwicklerteams sowie für die Optimierung und den wirtschaftlichen Erfolg zuständig.
Scrum Master
Auch Scrum Master sind besonders häufig gesucht. Sie verantworten die Einhaltung der Scrum-Regeln sowie die Optimierung des agilen Projektmanagements im Unternehmen.
Data Scientist
Data Scientists sind stark gefragt, weil sie maßgeblich die Geschäftsmodelle der Zukunft beeinflussen. Sie führen die in einem Unternehmen vorhandenen Datenquellen zusammen und konzipieren darauf aufbauend Strategien und Ideen für die zukünftige Führung der Firma.