SAP ERP und SAP Business One

Die zwei Schicht-ERP-Architektur bei DeLaval

30.07.2013 von Andreas Schaffry
DeLaval integriert kleine Vertriebseinheiten über SAP Business One in seine zentrale SAP-ERP-Lösung. Auftragsabwicklung und internes Bestellwesen werden gestrafft, Compliance-Anforderungen besser erfüllt.
"Wir haben über SAP Business One kleine Vertriebs- und Servicefilialen an das SAP ERP-Mutterschiff angebunden und so Prozesse harmonisiert und manuelle Tätigkeiten reduziert", sagt Konstantin Reidel, IT-Architect Information Services bei DeLaval Services.
Foto: DeLaval

Die ursprünglich 1883 von Gustaf de Laval, dem Erfinder des Cream Separator - einer Zentrifuge zum Abscheiden des Rahms bei Milch -, gegründete Firma DeLaval ist heute ein international in mehr als einhundert Ländern agierender Konzern. Das Unternehmen, das zur Tetra-Laval-Gruppe gehört, hat 16 Produktionsstätten sowie 50 Vertriebsgesellschaften und lokale Vertriebsorganisationen.

"Für unser weltweit agierendes Unternehmen werden durchgängige Abläufe auf der Grundlage moderner Informationstechnologie immer unverzichtbarer", weiß Konstantin Reidel, IT-Architect Information Services bei DeLaval Services GmbH. Ein wichtiger Bestandteil in der Geschäftsstrategie von DeLaval ist daher, die Betriebsabläufe standortübergreifend zu standardisieren und zu harmonisieren sowie bestimmte Prozesse, wie etwa die Exportabwicklung, zu zentralisieren. Dadurch sollen Geschäftsrisiken minimiert und Compliance-Richtlinien besser erfüllt werden. Zur Risikominimierung soll auch die Trennung von Verantwortlichkeiten und Befugnissen beitragen.

Two-Tier-ERP-Strategie umgesetzt

Dazu werden die in der Zentrale definierten Prozesse als Standard sukzessive in den Töchtern etabliert - soweit rechtlich möglich. IT-technisch setzt DeLaval dieses Vorhaben auf Basis einer Two-Tier-ERP-Strategie um. Größere Gesellschaften werden in den zentralen SAP-ERP-Mandanten integriert, der im Rechenzentrum in Hamburg betrieben wird. Laut Konstantin Reidel wäre in kleinen Vertriebs- und Serviceeinheiten, die zwischen fünf und 40 Mitarbeiter beschäftigen, der Rollout von SAP ERP in puncto Lokalisierung, Customizing und die Einrichtung von Werken und Buchungskreisen zu komplex und zu teuer gewesen.

Die Verantwortlichen prüften daher Produkte verschiedener Softwarehersteller, darunter auch SAP Business One. "Wir haben uns für SAP Business One entschieden, weil wir diese Lösung aufgrund unserer Integrationsanforderungen im eigenen Rechenzentrum und damit nahe an unserem ‚ERP-Mutterschiff‘ betreiben können", erklärt Reidel. Die SAP-Lösungen sind über die Middleware "SAP B1i" miteinander verknüpft. SAP Business One hat zudem eine bedienerfreundliche Oberfläche, sodass der Umgang mit der Software in zwei Tagen erlernt werden kann; ein nicht unwichtiger Aspekt, da in den kleinen Verkaufsgesellschaften die Mitarbeiter häufig wechseln.

Das Produktsortiment von DeLaval reicht vom Melken über die Milchkühlung bis zur Fütterung und Entmistung. Das Bild zeigt ein automatisches DeLaval-Melkkarussell.
Foto: DeLaval

Insbesondere laufen die Geschäftsprozesse zwischen der Zentrale und den kleineren Gesellschaften jetzt IT-gestützt und weitgehend papierlos. Ordert zum Beispiel in Kolumbien ein Farmbetrieb in der kolumbianischen Verkaufsniederlassung von DeLaval eine Komplettlösung, die von Melkständen, über Futteranlagen bis hin zum Kühlsystem reicht, erfassen die Mitarbeiter dort diesen Kundenauftrag wie auch alle anderen nun mit SAP Business One.

30 Minuten schneller pro Bestellvorgang

Ist der Auftrag als Verkaufsbeleg angelegt, können die Auftragsdaten direkt in den Beschaffungsbeleg übernommen werden, wenn sie im lokalen Bestand nicht vorhanden sind. Dieser wird nach Freigabe, die manuell in SAP Business One erfolgt, automatisch an das zentrale SAP-ERP-System der DeLaval Services GmbH, den globalen Logistik- und IT Dienstleister der DeLaval-Gruppe in Glinde bei Hamburg übermittelt und dort verbucht. Im Zentrallager wird eine Bestellung ausgelöst und die Auslieferung der bestellten Melksysteme veranlasst. In diesem Fall können die georderten Produkte sofort von Deutschland nach Kolumbien geliefert werden. In der DeLaval-Zentrale wird anhand der Bestelldaten zudem der voraussichtliche Liefertermin ermittelt und systemgestützt an die kolumbianische Verkaufseinheit übermittelt.

Diese kann dem Kunden somit sehr genau sagen, wann er die bestellten Melksysteme erhält. Seitdem die kolumbianische Vertriebstochter über SAP Business One mit der SAP-Lösung in der Zentrale verbunden ist, laufen dort auch interne Geschäftsprozesse durchgängig und weitgehend ohne manuelle Eingriffe. Somit sind Betriebsabläufe wie die Auftragsabwicklung oder die Bestellung und Auslieferung der Produkte als auch Rechnungsstellung und -versand sowie der Zahlungseingang transparent und nachvollziehbar. "Allein durch das elektronische Bestellwesen sparen wir heute bei jedem internen Bestellvorgang rund 30 Minuten ein. Hochgerechnet auf einen Monat macht das viele Arbeitsstunden aus", verdeutlicht Konstantin Reidel.

Außer Kolumbien sind mit Indien, Südafrika der Türkei und der Ukraine aktuell vier weitere Verkaufsfilialen über SAP Business One an SAP ERP angebunden; rund 100 Endanwender arbeiten derzeit mit der Lösung, die über ein Template in den kleinen Verkaufstöchtern etabliert wird. Darin sind Print-Layouts und Nummernkreise bereits vordefiniert. In der Anwendung werden dann noch Lokalisierungseinstellungen vorgenommen und diese, falls erforderlich, den legalen Anforderungen vor Ort angepasst. Demnächst steht der Go-Live in Südkorea an.

300.000 Materialstämme direkt abgleichen

"Durch den Rollout von SAP Business One stellen wir zudem sicher, dass auch die Mitarbeiter in den kleinen Filialen nur die Prozesse ausführen, zu denen die sie gemäß ihrer Rolle berechtigt sind", erklärt Konstantin Reidel. Dadurch werden Compliance-Anforderungen besser erfüllt. Außerdem bestellen und verkaufen die per SAP Business One angeschlossenen Vertriebsbüros ausschließlich Produkte und Materialien, die auch lieferbar sind, da ihre Materialstammdaten stets auf dem aktuellen Stand sind. Setzt die Zentrale den Status für ein Produkt oder ein Material in SAP ERP auf auslaufend, ist diese Information binnen weniger Minuten in den Filialen verfügbar.

Früher mussten die Artikelnummern umständlich und zeitaufwendig mit der Zentrale abgeglichen werden. Die erforderlichen Daten wurden anhand von Excel-Listen mit dem lokalen IT-System von Hand übertragen. Bei Bestellabwicklungen, die aus 500 oder mehr Einzelpositionen bei Projektgeschäften bestehen konnten, war dies eine signifikante Fehlerquelle.

"Es kam vor, dass die Filialen noch veraltete Artikelnummern führten, obwohl die Teile nicht mehr lieferbar waren und damit nicht beschafft werden konnten", verdeutlicht Konstantin Reidel. DeLaval führt im Hauptkatalog des SAP-Systems rund 300.000 Materialstammdaten. Damit in den Verkaufs- und Service-Filialen die Stammdaten schlank bleiben, war es nötig nur die Informationen zu den Produkten in eine Gesellschaft zu replizieren, die diese auch tatsächlich verkauft und betreut.

Dafür nutzt DeLaval eine IDOC-Schnittstelle in Verbindung mit der Abonnement-Funktion aus dem "eCatalog" des SAP-Partners coresystems, dessen Zusatzlösung "coresuite country package" ebenfalls eingesetzt wird.

Absätze besser planen

Auch die Geschäftsleitung profitiert von der Anbindung der Filialen. Die in SAP Business One erfassten Finanz- und Logistikkennzahlen fließen per SQL-Schnittstelle direkt in das zentrale SAP NetWeaver Business Warehouse und können täglich ausgewertet werden. Per Drilldown lassen sich die Umsätze für jedes Produkt genau analysieren.

Somit werden Markttrends schnell erkannt und Absätze lassen sich besser planen. "Davor übermittelten die Filialen ihre Kennzahlen für das Finanz-Reporting einmal im Monat", erinnert sich Reidel. Zugleich lassen sich durch ein Bestands-Reporting jetzt auch die Bedarfe der Filialen wesentlich genauer vorhersagen und so die Wiederbeschaffungsprozesse in den Zentrallägern besser steuern.