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Die Überlebenden der New Economy

13.02.2003 von Stephan Schambach
Einige Firmen trotzten dem New-Economy-Abschwung und existieren noch heute. Nicht zuletzt deshalb, weil sie Management-Tugenden der Old Economy verinnerlichten, haben das Mobilfunk-portal Jamba!, der E-Commerce-Pionier Intershop sowie der Web-Dienstleister GFT überlebt.

Nicht in Berlin, München oder Hamburg, sondern im beschaulichen St. Georgen mitten im Schwarzwald liegt die Zentrale der GFT Technologies AG. Zu Zeiten des Internet-Booms zählte die Company zu den Vorzeigeunternehmen unter den Internet-Dienstleistern, die coole Websites bauten. Inzwischen geht es den Kunden nicht mehr um ansehnliche Web-Auftritte. Heute kommt es ihnen auf solide E-Business-Lösungen oder „Digital Solutions“ an, wie Ulrich Dietz, Vorsitzender des Vorstands der Aktiengesellschaft, zu sagen pflegt. Während viele Web-Agenturen zwar viel vom Design, aber wenig von IT-Systemen verstanden, arbeiteten bei GFT schon früh Kreative und Softwarespezialisten Hand in Hand. „Wer es schafft, beides unter einen Hut zu bringen, kann auch momentan ganz interessante Geschäfte machen“, beschreibt Dietz die Situation der Branche. Ins Klischee der Internet-Szene passte der Manager nie: Der Vollblutunternehmer (Hobbies: GFT, Familie, Literatur) setzte frühzeitig auf das Internet-Busi-ness, noch bevor Heerscharen an Venture-Capital-Gebern und Business Angels ausschwärmten. So zog das Unternehmen bereits 1995 ein Java-Entwicklungszentrum in Irland hoch.

Sein berufliches Ziel hat Dietz seit der Firmengründung vor 15 Jahren nicht aus den Augen ver-loren: Ein Unternehmen aufbauen, das Bestand hat. Doch das ist kein leichter Job in diesen Zeiten. Auch die GFT musste einen harten Konsolidierungskurs einschlagen. Firmen, Mittelständler zumal, haben es in Deutschland generell schwer: „Ein Land muss Unternehmer wollen, doch hierzulande haben Firmenchefs ein schlechtes Image.“

Wie der Arbeitsplatz von Dietz liegt auch Stephan Schambachs Wirkstätte nicht in einer schil-lernden Metropole, sondern über den Dächern von Jena. Von einem Büroturm aus leitet er die Geschicke der Intershop AG. Die „Intershops“ der DDR, die gegen harte Währung Konsumgüter feilboten, waren der Namensgeber für das weltweit erste Web-Shop-Programm, das Schambach, damals 19-jähriger Physikstudent, 1994 auf den Markt brachte. Der provokante Name war eine kreative Antwort auf den Geldmangel und sparte die erste Marketing-Million. Der E-Commerce-Pionier aus dem Osten Deutschlands hatte den richtigen Riecher für Software und baute das eigenen Angaben zufolge weltweit erste elektronische Warenkorbsystem nebst elektronischem Produktkatalog.

Ausbau zum Softwarekonzern Nun steht Schambach vor der nächsten Herausforderung: Seit einigen Monaten kämpft der einstige Börsenliebling Intershop ums Überleben. „Rückblickend hatten wir nicht die richtigen Systeme etabliert, um auch mit einem Abschwung fertig zu werden.“ Im Gegensatz zu manchen Chefs anderer Internet-Firmen habe er jedoch nicht das Geld eingesammelt und sich aus dem Geschäft verabschiedet. „Wir haben uns zusammengesetzt und die Firma komplett neu entwickelt.“ Einige sehr gute IT-Manager habe man für Intershop gewinnen können: „Die kämen nicht, wenn alles aussichtslos wäre.“ Der Firmengründer hat noch viel vor, denn er will das Unternehmen zu einem weltweit führenden Softwarekonzern ausbauen, was, so Schambach, in Deutschland alles andere als leicht ist. Zu seinen Vorbildern zählen nicht etwa namhafte Personen der IT-Branchen, sondern Michail Gorbatschow und Martin Luther - auch sie mussten sich bekanntlich gegen eine Übermacht durchsetzen.

Doch auch Schambach selbst hat Vorbildfunktion: Die Brüder Alexander, Marc und Oliver Sam-wer hatten den Intershop-Boss 1998 im Silicon Valley aufgesucht, als sie sich nach einem lukrativen Geschäftsmodell für das Web umschauten. Nach ihrer USA-Tour gründeten sie Anfang 1999 das Online-Auktionshaus Alando.de in Berlin und etablierten es als eines der bekanntesten Internet-Companies. Sechs Monate später schluckte die amerikanische Konkurrent Ebay das Berliner Startup, das fortan unter Ebay.de firmierte. Nach der Übernahme entwickelten die Brüder das Versteigerungssystem weiter, auch mobile Anwender sollten mitbieten können. Die Gebotsabgabe per Handy war die Keimzelle für die nächste Firmengrün-dung: Die drei kehrten Ebay.de den Rücken und stampften das mobile Portal Jamba aus dem Boden, von dem sich zahlreiche Mobilfunknutzer Klingeltöne, Spieler, Screensaver und Vorlagen für Bildmitteilungen herunterladen.

Eingespieltes Dreierteam Unternehmer wollten die drei, Alexander, Marc und Oliver, schon immer werden: „Schon im Teenager-Alter stand für uns fest, dass wir eine Firma gründen werden, wir wussten bloß noch nicht, wann und wo“, erinnert sich Alexander Samwer. Im Dreierteam kümmert er sich um die Kommunikation nach außen, Produktentwicklung sowie Partnerschaften. Marc befasst sich mit Rechtlichem und Marketing, während Oliver das Business Development und Finanzen regelt.

So richtig ärgern kann sich der Firmengründer Alexander Samwer über die hiesigen Behörden: „Als wir Tag und Nacht arbeiteten, um Jamba auf die Beine zu stellen, kam ein Amt zu uns und bemängelte, wir hätten eine halbe Toilette zu wenig.“ Und obwohl Jamba! noch Mitarbeiter benötige, sei das Arbeitsamt bisher keine Hilfe gewesen.