Home-Office

Die Tücken der flexiblen Arbeit

16.03.2014 von Hans Königes
Mitarbeiter erwarten flexible Arbeitsmöglichkeiten, Firmen bieten sie auch bereitwillig an, allerdings gibt es noch Missverständnisse in der Umsetzung.

Unternehmen müssen heute neue Impulse setzen, um Arbeitszeiten und Arbeitsumfelder attraktiver zu machen", fordert Tim Weitzel, Professor am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Universität Bamberg. Er ist Studienleiter der beiden Untersuchungen "Recruiting Trends 2014" und "Bewerbungspraxis 2014", die vom Karriereportal Monster in Auftrag gegeben wurden. Das Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS) der Universitäten Bamberg und Frankfurt am Main, für das Weitzel auch arbeitet, befragte Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu Entwicklungen im Arbeitsmarkt und im Bewerberverhalten.

Beschwerden wegen Home Office

"Die Studien zeigen, dass Bewerber eine flexible Arbeitszeitgestaltung fordern und Arbeitgeber dies als eine der Schlüsselherausforderungen einstufen", bilanziert der Professor. Die gute Nachricht dabei: Nahezu die Hälfte der befragten Unternehmen macht die Arbeit im heimischen Büro möglich, 41,4 Prozent wollen darüber hinaus zukünftig vermehrt entsprechende Regelungen anbieten. "Die Arbeitgeberseite hat die Zeichen der Zeit erkannt", schlussfolgert Weitzel.

Arbeitgeber
Klare Vereinbarungen treffen
Flexible Arbeitsmodelle erfordern klare Vereinbarungen. Nur wenn die Rahmenbedingungen transparent und Erwartungen eindeutig formuliert sind, kann daraus eine vertrauensvolle neue Arbeitskultur entstehen.
Nutzung freistellen
Nicht für jeden Mitarbeiter eignet sich Arbeiten im Home-Office: Jedem Mitarbeiter sollte freigestellt sein, diese Angebote im Unternehmen zu nutzen.
Mitarbeitern vertrauen
Als Arbeitgeber sollte man seinen Mitarbeitern vertrauen und "loslassen" können.
Mitarbeiterleistung messen
Die Leistung von Mitarbeitern muss objektiv definiert und gemessen werden.
Führung nicht vernachlässigen
Aus den Augen, aber nicht aus dem Sinn: Auch Mitarbeiter ohne permanente Anwesenheit brauchen Führung.
Fürsorgepflicht ernst nehmen
Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern. Diese gelten auch und insbesondere für flexible Arbeitsplatzmodelle.
Neue Meetingkulturen schaffen
Bei aller Flexibilität: Neue Meetingkulturen erleichtern effiziente und effektive Arbeitsprozesse innerhalb der Teams.
Gemeinschaftsgefühl stärken
Den direkten Austausch fördern, sich gegenseitig schätzen - und so die Zusammenarbeit und das Gemeinschaftsgefühl stärken.
Mitarbeiter willkommen heißen
Mitarbeiter müssen sich im Unternehmen willkommen fühlen und haben ein Anrecht auf einen Arbeitsplatz.
Unternehmenskultur überprüfen
Neue Arbeitsstrukturen können nur erfolgreich sein, wenn sie mit der Unternehmenskultur, der Philosophie und den Unternehmenszielen vereinbar sind.

Eine große Mehrheit (85,5 Prozent) der Bewerber begrüßt es, wenn Arbeitgeber Home-Office-Regelungen vorsehen. Doch weniger als die Hälfte der Befragten (44,1 Prozent) nimmt bisher solche Möglichkeiten in Anspruch. Interessant sind die teils widersprüchlichen Aussagen zum Home Office. So denkt jeder sechste Studienteilnehmer (16,5 Prozent), dass sich sein eigenes Arbeitspensum erhöht, wenn die Kollegen im Home Office tätig sind.

Theoretisch begrüßt die Mehrheit der Arbeitnehmer Home-Office-Möglichkeiten. Aber in der Praxis sieht es oft ganz anders aus...
Foto: godfer - Fotolia.com

Jeder Vierte (24,9 Prozent) fürchtet, in den eigenen vier Wänden mehr zu arbeiten als sonst. Darüber hinaus verbinden die Studienteilnehmer mit der Heimarbeit Nachteile wie schlechteren Informationsaustausch (55,6 Prozent), sinkende Produktivität im jeweiligen Team (28,6 Prozent) oder eine geringere Zufriedenheit der Beteiligten insgesamt (24,2 Prozent).

Mehr als sechs von zehn der befragten Unternehmen sehen die Inanspruchnahme von Home Offices als große Herausforderung für die interne Zusammenarbeit. In etwa jedem zehnten Unternehmen kommt es häufig zu Beschwerden von Mitarbeitern, die befürchten, mehr Aufgaben erledigen zu müssen als die Kollegen, die daheim arbeiten. (hk)

Arbeitnehmer
Nach Feierabend abschalten
Feierabend und Ferien gelten auch bei flexiblen Arbeitsplatzmodellen.
Eignung prüfen
Eigene Eignung für flexible Arbeitsmodelle kritisch überprüfen.
Selbstbewusstsein entwickeln
Auch bei flexiblen Arbeitsplatzmodellen hat der Arbeitgeber keinen Anspruch auf ständige Rufbereitschaft.
Verantwortung übernehmen
Der Mitarbeiter übernimmt mehr unternehmerisches Denken und sollte sich seiner Verantwortung gegenüber dem Arbeitgeber bewusst sein.
Klare Ziele setzen
Flexible Arbeitsmodelle sind kein Abstellgleis, aber sie erfordern mehr Durchsetzungswillen und Präsenz, um sich weiter zu entwickeln.
Richtig kommunizieren
Die eigenen Aufgaben, Prozesse und Termine klar kommunizieren.
Arbeitsrhythmus neu definieren
Den eigenen Rhythmus finden: Der Arbeitsrhythmus sollte an die eigene Produktivität und die persönlichen Bedürfnisse angepasst werden, ohne dabei die Prozesse im Team zu missachten.
Mit Kollegen austauschen
Networking ist Pflicht: Die virtuelle Präsenz entbindet den Mitarbeiter nicht von seinen Aufgaben als Teammitglied, dazu zählen nicht nur die reinen Jobkriterien, sondern auch die Sozialkompetenz.
Sorgfältig arbeiten
Gerade bei virtuellen Teams ist professionelles Wissensmanagement mit einem eindeutigen Ablagesystem Pflicht.
Sich selbst managen
Flexible Arbeitszeit und Arbeitsplatzmodelle verlangen ein hohes Maß an Selbstorganisation, das nicht jeder aufbringt.

Kernergebnisse der Studien

- Personalbedarf: Die Hälfte der deutschen Unternehmen geht in diesem Jahr von steigenden Mitarbeiterzahlen aus.

- Besetzbarkeit: Bei der Suche nach qualifizierten Bewerbern rechnen die Unternehmen weiterhin mit Schwierigkeiten. Gemäß ihrer Prognose werden 35,8 Prozent der vakanten Stellen im Jahr 2014 nur schwer besetzbar sein und rund sechs Prozent aufgrund eines Mangels an geeigneten Kandidaten unbesetzt bleiben.

- Internet-Stellenbörsen beliebtester externer Rekrutierungskanal: Mehr als sieben von zehn Stellenanzeigen werden hier veröffentlicht. Zusätzlich schreiben die Unternehmen 91,2 Prozent ihrer Vakanzen auf den eigenen Websites aus.

- Mobil: Bereits rund sechs von zehn Unternehmen erachten die Ansprache von Kandidaten über Smartphones und Tablet-PCs als sinnvoll, 24,3 Prozent haben ihre Karriere-Website mobil optimiert, und etwa jedes zehnte Unternehmen bietet Apps für die Stellensuche an.

- Social: Die Mehrzahl der befragten Unternehmen (64,8 Prozent und damit 14,8 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr) beurteilt den Einsatz von Social Media als positiv. Inzwischen hat schon ein Viertel eine explizite Strategie für die Personalbeschaffung über soziale Plattformen. 48,1 Prozent der Befragten beschäftigen sogar spezielle Mitarbeiter für die Social-Media-Recruiting-Kanäle.