Die Automobilproduktion ist weitgehend automatisiert. Ohne IT würde die Fertigung stillstehen. Die IT wird entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Fahrzeugs gebraucht: von der digitalen Produktentwicklung über Crash-Tests bis hin zur Logistik, sei es nun Just in Time oder Just in Sequence. Audi setzt bei Crash-Simulationen einen Verband aus 320 Rechnern ein - und Erik Gregg und seine Kollegen aus dem IT-Support sind dafür zuständig, dass auch dieser Computer- Cluster reibungslos läuft.
Gregg, 33 Jahre, hat Informatik studiert und ist seit September 2004 bei Audi in Ingolstadt verantwortlich für den Basisservice von Servern und Workstations. "Ich habe schon im stillen Kämmerlein programmiert", erzählt der Computerfachmann. Doch das war ihm zu eintönig. Der Support ist seine Welt, hat er festgestellt, weil "ich mit den unterschiedlichsten Leuten zu den verschiedensten Themen zu tun habe". Dass die meisten ungeduldig sind, trägt er mit Humor.
Erst den Anwender beruhigen
Audi hat seinen Support vorbildlich organisiert: Über eine einheitliche Rufnummer wird ein Single Point of Contact erreicht. In diesem Helpdesk werden Serviceanfragen zentral aufgenommen, und die Mitarbeiter versuchen, gleich zu helfen. Gelingt das nicht, wird der Fall an Spezialisten im zweiten oder dritten Support-Level weitergeleitet. Gregg arbeitet im zweiten Support-Level und koordiniert ein Team aus drei Audi-Kollegen und fünf Mitarbeitern externer Dienstleister. "Wir werden angerufen, wenn das Netz nicht funktioniert, der Web-Browser nicht geht oder die Festplatte kaputt ist. Zwischen 20 und 30 Aufträge haben wir täglich, wir priorisieren sie nach ihrer Dringlichkeit."
Häufig müsse man als Erstes psychologisch wirken und beruhigen, damit die Sache nicht eskaliert. Im zweiten Schritt wird sachlich gefragt, was eigentlich nicht funktioniert. Gregg hat festgestellt, dass die Verwertbarkeit der Antwort davon abhängt, welchen Beruf der Anrufer hat: "Ingenieure sind häufig Hobby-Informatiker und wissen manchmal ganz genau, wo das Problem liegt. Kollegen aus dem Kaufmännischen sind deutlich unpräziser, was die Eingrenzung des Problems betrifft."
600 Mitarbeiter im Support
Gregg ist mit seinem Team für die Standorte Ingolstadt, Neckarsulm und Györ in Ungarn zuständig. Das macht einen Radius von weit über 1000 Kilometern. "Wir loggen uns auf den Linux- oder Unix-Rechnern ein und lösen online, was digital zu lösen ist", erzählt der Supportprofi. Bei defekter Hardware geht das selbstverständlich nicht, dann muss vor Ort repariert werden - entweder von IT-Kollegen dort, oder einer aus dem Team reist an.
Gegenwärtig beschäftigt Audi rund 200 eigene Mitarbeiter im IT-Service, insgesamt sind es 600. Deren Aufgaben variieren unabhängig vom Status je nach Sourcing-Level. Das kann ein einzelnes Projekt, ein akuter Fall oder die komplette Übernahme der Services sein. Einige interne Mitarbeiter koordinieren externe Dienstleister, ähnlich wie das auch Gregg macht. Der Automobilbauer erwartet ein geringes Wachstum der Mitarbeiterzahl im IT-Service und eine inhaltliche Weiterentwicklung der Aufgaben. Das eine bedingt dabei das andere: Neue und zusätzliche Technologien wie Virtualisierung, mobile Services, Übernahme von konzernweiten Serviceaufgaben im Volkswagen-Konzern sind einige Beispiele dafür. An der wesentlichen Aufgabe der Servicemitarbeiter wird sich allerdings nichts ändern: Das ist die Sicherstellung des IT-Betriebs. Und der ist mit rund 1,15 Millionen produzierten Autos pro Jahr nicht zu unterschätzen. Audi hat rund 60.000 Mitarbeiter.
Supporter müssen zuhören können
"Der Support hat eine sehr hohe Bedeutung für Unternehmen, in denen die IT eine wichtige Rolle spielt", sagt Anette Weisbecker. Sie leitet am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation alle Aktivitäten im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik. Rein organisatorisch sollte der Support Teil des IT-Service-Mangements sein. Es sollte einheitliche Rufnummern für den First-Level-Support als zentrale Anlaufstelle mit Helpdesk geben und für Fachthemen einen Second- und Third-Level-Support. "Das ist gängige Praxis, und Aufbau und Arbeitsweise dieser Stellen entscheiden darüber, wie rasch Anwendern geholfen werden kann."
Nach Meinung von Weisbecker sollten im Helpdesk kundenorientierte Mitarbeiter sitzen, die gut mit Menschen umgehen, zuhören und die richtigen Fragen stellen können. Sie brauchen zudem organisatorische Fähigkeiten und technisches Verständnis. Mit zunehmendem Level steigt der Anspruch an spezielles IT-Wissen. Hier seien häufig Experten für bestimmte Hardware-, Software- oder Infrastrukturthemen gefragt. Welche Leistungen geboten werden, lässt sich in einem Servicekatalog übersichtlich darstellen. So arbeiten Anwender und Servicekräfte einfacher zusammen.
"Weil es die Anwender mit immer mehr Anwendungen zu tun haben, ändert sich die Tätigkeit von Supportmitarbeitern in Richtung Handhabung von Software und Zusammenspiel unterschiedlicher Applikationen", beobachtet die Fraunhofer-IT-Managerin. Weisbecker glaubt, dass sich die Beschäftigten im Support in Richtung Anwendungsberatung weiterentwickeln müssen, was ein tieferes Fachwissen voraussetzt. Eine Verlagerung des Service in Billiglohnländer sieht sie nur bei großen IT-Firmen, Anwenderunternehmen dagegen hätten "mit der eigenen IT auch eine eigene Supportabteilung im Haus".
Rasche Hilfe gefragt
Lutz Loebe arbeitet seit fast fünf Jahren im Second-Level-Support bei der R+V Versicherung in Wiesbaden. Der Versicherungskonzern betreibt eine für die Branche typische Großrechnerwelt für rund 13.000 Arbeitsplätze, die mit Desktop-Rechnern oder Notebooks ausgestattet sind: "Ich sorge dafür, dass die Anwendungen bei unseren Außendienstmitarbeitern und Maklern im Falle eines Fehlers schnell wieder laufen." Meist liegt die Ursache von Problemen in der Installation von Update-Versionen, "weil viele Anwender sehr unterschiedliche Softwarekonstellationen auf ihren Rechnern betreiben, was zu Schwierigkeiten bei der Installation einer neuen Version etwa unserer Angebotssoftware und Kundenverwaltung führen kann". Möglichst rasch zu helfen ist auch bei der R+V Versicherung oberstes Gebot, die Organisation des IT-Supports mit zentralem Helpdesk und unterschiedlichen Service-Leveln ebenso professionell organisiert wie bei Audi.
Allerdings ist die Mitarbeiterzahl deutlich geringer, was auch mit der zentralen IT-Struktur zu tun hat: Im First-Level-Support beschäftigt die R+V 25 Mitarbeiter, im Second Level sind es sieben - Tendenz leicht steigend.
Gehalt steigt mit Support-Level
Bereits im First-Level hat die R+V Versicherung mit 94,5 Prozent eine hohe Lösungsquote innerhalb einer Stunde, was Loebe auf die Datenbank zurückführt, in die alle Supportmitarbeiter Lösungen zu bestimmten Problemen eintragen. Darauf greift der First-Level-Support zu. Die im First Level unlösbaren Fälle gehen an den Second und Third Level.
Loebe, der nach einer Ausbildung zum Konstruktionsmechaniker eine einjährige Fortbildung zum Systemprogrammierer machte, beschreibt die Qualifikation seiner Kollegen so: "Im First Level haben einige eine IT-Ausbildung, andere sind Quereinsteiger mit Berufserfahrung in der IT." Im Second Level sei eher tieferes Spezialistenwissen notwendig, was auch mit einem etwas höheren Gehalt anerkannt wird. Es gilt daher nicht nur der Grundsatz: Je höher der Support-Level, umso tieferes Fachwissen ist gefragt, sondern mit zunehmendem Level steigt auch das Einkommen. "Unser Gehalt müssen wir teilweise im wahrsten Sinne des Wortes hart verdienen, etwa dann, wenn eine neue Version nicht richtig läuft und mehrere Leute darauf warten, dass das Problem behoben ist." Das bedeute großen Stress, der sich aber auflöse, wenn die Anwender sich bedanken, weil ihnen geholfen wurde. (hk)
Gehälter im IT-Support
Ein Junior-Techniker verdient durchschnittlich rund 35.000 Euro im Jahr, so die IG Metall in ihrer Erhebung "Entgelte in der ITK-Branche 2011". Diese Mitarbeiter haben häufig eine Ausbildung zum IT-Systemelektroniker. Servicetechniker mit mehrjähriger Berufserfahrung oder Studium kommen auf fast 40.000 Euro, erfahrene Supportspezialisten bringen es auf etwa 61.000 Euro im Jahr.
Qualifizierte ersetzen Quereinsteiger
Im Support nimmt die Zahl der Jobs zu, im Bereich der Administration stagniert sie oder ist leicht rückläufig, meint Stephan Pfisterer, Arbeitsmarktexperte beim IT-Branchenverband Bitkom in Berlin. Insgesamt steige das Ausbildungsniveau und gehe damit zu Lasten Ungelernter.
CW: Was schätzen Sie, wie viele Beschäftigte es im Bereich Support und Administration in Deutschland gibt?
PFISTERER: Wir gehen von einem Anteil der Administratoren an allen Beschäftigten in der IT-Branche von etwa zehn bis zwölf Prozent aus. Damit dürfte die Zahl der Administratoren bei rund 80.000 liegen. Im Bereich Support sind es etwa 85.000. In den Anwenderunternehmen gibt es zirka 300.000 Beschäftigte in den beiden Bereichen.
CW: Welche Qualifikation ist für den Support notwendig?
PFISTERER: Derzeit trifft man meistens Quereinsteiger sowie Absolventen der IT-Berufe, insbesondere IT-System- und Informatikkaufleute, an. Komplexe Anwendungen erfordern Hochschulabsolventen, die oft Leitungsfunktionen übernehmen. Hier überwiegen FH-Absolventen, Uni-Absolventen sind die Ausnahme. In Summe bringt nur jeder vierte Spezialist im Support einen Hochschulabschluss mit. Für die Zukunft wünschen sich Unternehmen noch mehr Absolventen von dualen Studiengängen, die auf Kosten der Quereinsteiger zulegen sollen.
CW: Wie sollten Administratoren ausgebildet sein?
PFISTERER: Hier stellen ehemalige IT-Azubis mit rund 40 Prozent die wichtigste Gruppe dar, gefolgt von FH-Absolventen mit 20 Prozent, Quereinsteiger machen rund 15 Prozent aus. Absolventen dualer Studiengänge beziehungsweise Uni-Absolventen liegen bei zwölf und zehn Prozent. Künftig wird auch hier der Anteil der Quereinsteiger rückläufig sein, interessanterweise aber zugunsten von Hochschulabsolventen, allen voran solchen mit Bachelor-Abschluss.
CW: Wie sieht der künftige Bedarf der Unternehmen an Administratoren und Supportmitarbeitern aus?
PFISTERER: Wir gehen von einer moderaten Zunahme der Beschäftigtenzahl im Support aus und rechnen bis 2015 mit einem Plus von insgesamt etwa zwei Prozent. Bei den Administratoren wird die Zahl der Beschäftigten stagnieren oder ganz leicht rückläufig sein. Insbesondere im Bereich der Telekommunikationsdienste wird ihre Zahl sinken, was sich aus der konsequenten Digitalisierung der Netze und den Effizienzgewinnen infolge der Administration primär über Rechenzentren ergibt.
CW: Immer wieder hört man, dass zumindest der Support in Billiglohnländer abwandert. Was ist dran an dieser Aussage?
PFISTERER: Das stimmt grundsätzlich, es geht aber weniger um qualifizierte Jobs, die hierzulande wegfallen. Für den Support gehen wir nicht von nennenswerten Zuwanderungszahlen aus Osteuropa aus. Schon gar nicht aus Fernost. Im Zuge von Outsourcing und Cloud Computing kommt es zu Verlagerungen in der Administration, wobei aber hochqualifizierte Administrationstätigkeiten eher in Deutschland verbleiben. Insgesamt dürften die genannten Bereiche nicht signifikant durch Wanderungsbewegungen beeinflusst werden. Dies gilt auch trotz der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union seit dem 1. Mai 2011.