Die sieben Hürden der IT-Modernisierung

11.06.2008
Wollen IT-Dienstleister Kunden für eine Legacy-Modernisierung gewinnen, müssen sie die typischen Blockaden solcher Projekte kennen. Unisys hat sich dazu mit zahlreichen CIOs und IT-Entscheidern auseinandergesetzt und sieben grundlegende Probleme identifiziert.

Die meisten Unternehmen wissen, dass sie um eine Legacy-Modernisierung nicht herumkommen, will man von neuen Techniken wie Open Source oder Service-orientierten Architekturen (SOA) profitieren. Doch ein "Big Bang" kommt vielfach nicht in Frage, gesucht wird vielmehr ein Transformationsprozess, bei dem sich die Vorteile alter Installationen mit denen neuer Architekturen kombinieren lassen. Auf diesen Zug sind die IT-Dienstleister inzwischen aufgesprungen und bieten Services für das Re-Hosting, Re-Factoring oder Code-Wrapping an, also Methoden, mit denen sich Legacy-Applikationen auch in moderner Umgebung nutzen lassen. Gepaart mit Versprechen zum Mehrwert der neuen IT, ihrer flexibleren Nutzung für neue Geschäftsvorfälle sowie der Möglichkeit, auf diesem Weg die Gesamtkosten senken zu können, sollte der Anstoß solcher Projekte eigentlich kein Problem sein. Dass es trotzdem nicht so einfach ist, zeigt eine jetzt von Unisys veröffentlichte Untersuchung. Unisys hat zum Thema IT-Modernisierung ein Jahr lang den Dialog mit 50 CIOs und IT-Entscheidern aus privaten Unternehmen und öffentlichen Institutionen geführt. In den Gesprächen kristallisierten sich sieben Problembereiche heraus, mit denen sich die IT-Verantwortlichen konfrontiert sehen, wenn sie Modernisierungsprojekte in Gang setzen wollen.

1. Kosten

Trotz der potenziellen Kosteneinsparungen, die eine IT-Modernisierung verspricht, gibt es immer wieder Schwierigkeiten, ein Vorschuss-Budget für die Finanzierung solcher Projekte zu erhalten. Da Modernisierung kein fester Posten im IT-Haushalt ist, müssen die Gelder dafür an anderer Stelle freigeschaufelt werden. Tatsächlich sind viele IT-Manager reichlich frustriert, wenn es darum geht, den Geschäftswert oder Return on Investment einer Modernisierungsinitiative höheren Stellen zu vermitteln. Argumente zu den neuen technischen Möglichkeiten oder zum geringeren Personalbedarf werden dort als reine IT-Angelegenheit gesehen und stoßen deshalb oft auf taube Ohren.

Hinzu kommt, dass Legacy-Installationen meist finanziell abgeschrieben sind und nur noch deren Wartungskosten budgetiert werden. Eine Modernisierung, die zunächst ohne neue Funktionalität lediglich den Status Quo konserviert, kann deshalb kaum zur Investitionsbereitschaft beitragen.

IT-Dienstleister verstehen sich deshalb auch als "Vehikel", das den Geschäftswert bestehender Infrastrukturen im Vergleich zu dem moderner und agiler Systeme analysiert und die Ergebnisse den finanzierenden Stellen vermittelt. Damit einher geht auch, dass die Risiken und verpassten Chancen aufgezeigt werden, die sich aus einem Aufschub der Innovationsprojekte ergeben.

2. Risiko

Unternehmen sehen oft signifikante Risiken für ihre Kerngeschäftsbereiche, wenn sie unternehmenskritische Applikationen verändern. Paradoxerweise zählen Legacy-Installationen oft nicht nur zu den geschäftskritischen Systemen, die zudem noch einwandfrei laufen, sondern auch zu den IT-Beständen, die am ehesten erneuert werden müssten. Wer hier eingreift, riskiert Kopf und Kragen, wenn etwas schief geht. Umgekehrt fällt das Lob in Erfolgsfall vergleichsweise bescheiden aus. Alles beim Alten zu belassen, dürfte da eine verständliche Position für manchen IT-Verantwortlichen sein. Sie laufen jedoch Gefahr, dass ihnen ein Projekt aufgezwungen wird, sie also reaktiv anstatt proaktiv handeln.

3. Trägheit

Für viele IT-Entscheider ist kein persönlicher Nutzen einer Modernisierung erkennbar, insbesondere wenn bisher alles gut läuft. Das trifft besonders dann zu, wenn der Wechsel lediglich die bekannten Funktionen auf eine modernere Plattform bringt. Dem gegenüber stehen Horrorszenarien zum Karriereknick, wenn Projekte aus dem Ruder laufen, das Budget sprengen oder bei der Live-Schaltung versagen. Hinzu kommt der Umstand, dass IT-Abteilungen ohnehin alle Hände voll zu tun haben und deshalb weiteren Aufgaben, insbesondere dieser Tragweite, eher skeptisch gegenüberstehen. Die Folgen von Untätigkeit sollten jedem IT-Verantwortlichen deutlich werden. Immerhin besetzen sie eine Position, der die Attribute anhängen, Projekte mit großem Nutzen, in kurzer Zeit und mit geringem Risiko stemmen zu können - diesem Ruf sollten sie gerecht werden.

4. Zeit

Modernisierungsprojekte sind komplex und verlangen einen beträchtlichen Planungs- und Bewertungsaufwand. Es dauert also länger, bis sich die Arbeit rechnet, zumal sie sich auf das übliche Tagesgeschäft aufsummiert. Wie bei anderen Projekten gilt aber auch für Modernisierungsvorhaben der Grundsatz: Je größer der Zeitrahmen gesteckt wird, desto länger dauert es, bis sich ein Nutzen einstellt, während gleichzeitig das Risiko eines Aussetzens oder gar eines kompletten Abbruchs steigt. Äußerst wichtig ist daher ein definierter Zeitplan, der konkrete, möglichst kleine Schritte vorgibt, eventuell erforderliche Änderungen während des Projekts berücksichtigt und dokumentiert sowie eine ständige Fortschrittsanzeige zur Verfügung stellt.

5. Information

Viele CIOs und IT-Entscheider beklagen die Einseitigkeit von Informationen. Anbieter preisen viele Produkte und Dienstleistungen an, aber es existieren kaum unabhängige Informationen, die Unternehmen darin unterstützen, richtig in ihre individuelle IT-Umgebung zu investieren. Deshalb plagt sie die berechtigte Sorge, dass man sich Konzepten beziehungsweise Techniken verschreibt, die später wenig Spielraum für marktbedingte Veränderungen zulassen. Verständlich: Ist es ohnehin schwer genug, Modernisierungsprojekte in die Gänge zu bekommen, dann braucht es nicht auch noch ein ständiges unterschwelliges Gefühl, man könnte einen falschen Weg eingeschlagen haben.

6. Balance

Ganz oben auf der Prioritätenliste der IT-Abteilungen stehen immer tagesaktuelle Aufgaben und Maintenance-Verpflichtungen. 70 Prozent und mehr des IT-Budgets sind den Wartungs- und Support-Aktivitäten zugewiesen, um den täglichen IT-Betrieb zu sichern. Unter diesen Voraussetzungen den Arbeitsfokus und die Geldmittel in Richtung Modernisierung zu lenken, ist ein äußerst schwieriger Balanceakt. Kommt aus irgendwelchen Gründen Druck ins Tagesgeschäft, wird ein solches Projekt erfahrungsgemäß sehr schnell hinten angestellt. IT-Verantwortliche umschreiben die Situation so: Man müsse einen Weg finden, die Reifen eines Autos während der Fahrt zu wechseln.

7. Qualität des Service

Unternehmen sind misstrauisch bei Veränderungen mit neuen Techniken, da sie den Service und die Performance der existierenden Systeme beeinträchtigen könnten. Immerhin wurden die Bestandsapplikationen über Jahre hinweg so eingestellt, dass sie hohen Anforderungen bezüglich Sicherheit, Skalierbarkeit und Verfügbarkeit genügen. Da liegt es nahe, wenn IT-Manager ihre Zweifel haben, ob solche Eigenschaften auch in einer Java- oder .NET-Umgebung gewährleistet sind. Schon das Upgrade des Betriebssystems oder der Wechsel auf neue Hardware kann die Performance beeinträchtigen, weil die betagten Programme für diese Systeme nicht entworfen wurden. Auch hier ist ein inkrementelles Vorgehen bei der Modernisierung angesagt, was eine detaillierte Beschreibung der geforderten Servicequalitäten und eine entsprechende Modellierung der künftigen Produktivlandschaft beinhaltet.

Fazit

Die Hürden der IT-Modernisierung liegen hoch, viele Unternehmen werden sich deshalb solchen Projekten weiterhin verschließen. Treten jedoch fundamentale Änderungen im Geschäftsmodell ein, wird es meist unumgänglich sein, mit der Modernisierung zu starten - dann allerdings verbunden mit sehr großen Anstrengungen und zu hohen Kosten. Unisys empfiehlt deshalb ein proaktives Herangehen an das Modernisierungsthema, indem der Wechsel schrittweise aber konsequent in der IT-Organisation etabliert wird. (ue)