Raumsysteme im Rechenzentrum

Die sicheren vier Wände für Server & Co

16.09.2008 von Hans-Jörg Schilder
Ein Fehler im Rechenzentrum führt oft unmittelbar zum Stillstand. Aus diesen Gründen genießt die physikalische IT-Sicherheit, die auch die Unterbringung der Geräte, deren Kühlung und den Brandschutz umfasst, einen hohen Stellenwert.

Verfügbarkeit ist die Währung, mit der Rechenzentren ihre Leistungen berechnen. Dafür müssen die Systeme gewissen Normen genügen. Hier wird noch an jedem Prozentpunkt hinter dem Komma gefeilt, da jeder höhere Wert jenseits der 99-Prozent-Grenze mehrere Stunden weniger Stillstand pro Jahr bedeutet. Zu den wichtigsten Kenngrößen für das Gesamtsystem zählt die physikalische Sicherheit der IT, also die Abwehr von Gefahren wie Feuer, Wasser, Hitze und Staub. Die wichtigsten Mittel sind dabei Rack-Schränke für kleinere Anlagen oder Raumsysteme für mittlere beziehungsweise größere Rechenzentren.

Racks – die Hochstapler im Rechenzentrum

Foto: Lampertz

Rack-Schränke, die Server, Telefonanlagen oder USV-Systeme aufnehmen, schützen die installierten Rechnermodule. Sie lassen sich bis zum kleinen Rechenzentrum ausbauen – je nach Anforderung des Kunden. Dies reicht vom einfachen Rack mit Glastüre bis hin zur autonomen Safe-Lösung. Racks mit symmetrischer Bauweise erlauben den Einbau von etwa 42 bis 47 Höheneinheiten für die Aufnahme der Geräte. Das entstehende hohe Gewicht der Server – teilweise bis maximal 1,5 Tonnen – muss von den Racks gestemmt werden. Einige Hersteller verwenden hierfür Aluprofile für die Regalkonstruktion, während andere Produzenten zum klassischen Stahl greifen.

Die Energieversorgung der Schränke funktioniert üblicherweise über eine Stromschiene mit zwei Stromkreisen, die es erlaubt, eine Wartung durchzuführen, ohne den Schrank herunterzufahren. Dadurch lässt sich die restliche IT weiter betreiben. Außerdem kann der IT-Leiter die Änderungen selbst vornehmen.

Foto: Knürr

Der wichtigste Punkt ist wohl die Klimatisierung: Sie bestimmt die Packungsdichte für die Rechner und damit den Raumbedarf. Im Vergleich zu Geräten der letzten Generation lässt sich die benötigte Fläche nach Herstellerangaben um etwa 80 Prozent reduzieren, während gleichzeitig die Energieeffizienz um 30 Prozent steigt. Außerdem zwingen die hohen Energiepreise den Betreiber, sich um die Abwärme Gedanken zu machen.

Zusätzlich zur Luftkühlung werden moderne Schränke auch mit Flüssigkeitskühlung angeboten. Die wassergekühlten Schränke erlauben eine temperaturneutrale Erweiterung des Rechenzentrums, da die Abwärme nach außen geleitet wird und nicht die interne Klimaanlage belastet. Eine weitere Möglichkeit ist es, die CPU direkt zu klimatisieren. Ausgelegt werden die Schränke nach der erforderlichen Kühlleistung, die bis zu 35 kW reichen kann.

Umfassende Sicherheitskonzepte

Ein Sicherheitskonzept erfordert einen angepassten Ausfallschutz. Videoüberwachung, Brandfrüherkennung beziehungsweise Brandfrühesterkennung und die Zugangskontrolle schützen die IT vor möglichen Risiken. Eigene Module für die Brandfrüherkennung, die etwa 400-mal sensibler auf Schmorstellen als handelsübliche Brandmelder reagieren, lassen sich in die Schränke integrieren.

Wenn der Schrank steht und die IT-Geräte eingebaut sind, greift das Management: Hier lassen sich von einem externen Rechner die Temperaturentwicklung, Branderkennung, Luftfeuchtigkeit, Leckage oder die Lüfter überwachen. Die externe Steuerung der Schränke erfolgt über eine Konsole oder über das Netzwerk. Darüber hinaus wird der Zutritt zu dem Schutzraum überwacht und alle Besuche mitprotokolliert.

Die Hersteller von Racks warten mit Serviceangeboten auf. Mit Schlagworten wie "Pay as you grow", reduzierten Servicekosten oder dem Lösungsangebot aus einer Hand lassen sich Kunden überzeugen. Immerhin wird ein Schrank in seiner Lebenszeit von 15 Jahren etwa drei- bis viermal neu bestückt.

Neben Schränken, die einen Grundschutz für die IT liefern, runden Safelösungen das Angebot nach oben ab. Sie werden mit Verfügbarkeiten ausgestattet, die nur wenige Minuten Ausfall oder sogar Hochverfügbarkeit ohne Ausfallzeiten garantieren. Je nach Kundenanforderung lassen sich diese Geräte mit Klimatisierungslösungen, Systemsteuerungen, Brandfrüherkennungs-, Brandmelde- oder Löschanlagen ausrüsten. Zusätzlich zu den Rack- beziehungsweise Safelösungen gibt es spezielle Hygienesysteme, um Rechner in Krankenhäuser oder Großküchen sicher unterzubringen.

Schutzräume – die Alternative zu Betonbauten

Sobald die IT den Rahmen eines Schrankes sprengt, greifen andere Konzepte für die Unterbringung der Geräte. In der Vergangenheit wurden sogar alte Bunker für die Unterbringung verwendet. Um ein möglichst hohes Niveau an Sicherheit zu gewährleisten, gibt es Stahlkonstruktionen als Alternative zum Betonbunker. Die Kosten für die Stahlkonstruktion betragen nur etwa die Hälfte einer Betonlösung. Gleichzeitig liefert eine Raum-in-Raum-Lösung eine höhere Sicherheit.

In punkto Feuerschutz widerstehen die Stahlwände 90 Minuten lang einer Temperatur von 1400°C und halten die Systeme am Leben. Dagegen fängt Beton bei hohen Temperaturen zu schwitzen an und dünstet gebundene Feuchtigkeit oder eventuell Schadstoffe aus, so dass im Brandfall kein 90-Minuten-Betrieb ohne Schäden an den IT-Systemen mehr möglich ist.

Die Stahllösung lässt sich in rund zehn Tagen aufbauen und nach weiteren zehn Tagen nutzen. Sie ist ähnlich aufgebaut wie eine Lego-Konstruktion und kann bei zusätzlichem Bedarf um weitere Module ergänzt werden. Die vorgefertigten Stahlteile schaffen einen hermetisch dichten Raum. Nachdem die Einzelteile der Zelle bauartgeprüft sind, erhält automatisch die aufgebaute Konstruktion die Zertifizierung für Brandschutz und Sicherheit.

Darüber hinaus ergibt sich bei der Stahlkonstruktion ein Kostenvorteil: Die üppigen Architektenhonorare einer betonierten Alternative sind nicht notwendig. Den Begriff Raum-in-Raum erhalten die Stahlkonstruktionen deshalb, weil sie in normalen Lager- oder Büroräumen untergebracht werden können.

Die überwiegende Mehrheit der Anwender lässt den Raum über einen Wartungsvertrag in Schuss halten. Darin wird das komplette Datencenter einmal pro Jahr untersucht, einschließlich der Türen und der Bolzen. Zusätzlich überprüfen die Techniker die Lösch- und Klimaanlage sowie die Brandfrühesterkennung. Solche Räume lassen sich erdbebenfest ausführen und sind durch ihre Gasdichtigkeit auch geschützt vor Nagern oder Ungeziefer. Die IT-Räume sollten nach der Euro-Norm EN ISO 14001/1996 zertifiziert sein.

Bei den Racks kann der Anwender zwischen Grundschutz und Hochverfügbarkeit wählen. Konkret bedeutet die höchste Schutzklasse Brandschutz nach ECB-S, 72 Stunden lang einen Schutz gegen stehendes Wasser mit 40 cm Höhe, Schutz gegen Löschwasser und Feuchtigkeit, Staubdichtigkeit, Widerstand gegenüber drei Stößen zu 200 kg aus 1,5 m und Schutz gegen eine Explosion mit 200 kg TNT aus 40 Meter Abstand. Die Grundschutzvariante für die Raumsysteme bietet dagegen Brandschutz F90 nach DIN 4102, sowie Dichtigkeit gegenüber Löschwasser, Staubdichte und eine Stoßprüfung von 15 bis 20 kg aus 20 cm Abstand. "F90" bedeutet, dass der Raum 90 Minuten lang dem Feuer einen Widerstand bietet und die IT dementsprechend länger laufen kann.

Die Sicherheitsräume für eine Hochverfügbarkeit für Backup- und IT-Systeme werden mit einer Zertifizierung des European Certification Board Security Systems (ECB-S) ausgestattet. Ein Beispiel für eine Güteklasse ist etwa "R60 D". Hinter dem Fachjargon stehen folgende Daten: "R" bedeutet einen Datensicherungsraum nach Euronorm EN 1047-2, "60" widersteht einer Beflammungszeit von 60 Minuten und "D" weist darauf hin, dass der Schutzraum für hitze- und feuchtigkeitsempfindliche Datenträger mit Belastungsgrenzwerten bis 70°C und 85% Luftfeuchtigkeit geeignet ist. Mit anderen Worten ausgedrückt: Der Schutzraum arbeitet noch mindestens 60 Minuten weiter, auch wenn die Umgebung rundherum bereits in Flammen steht.

Physikalische Sicherheit im Überblick