Geschäftsprozesse optimieren/Zielgerichtete Steuerung von Geschäftsprozessen

Die richtigen Dinge richtig tun

16.08.2002
Modellgesteuerte Architekturen für das Business-Process-Management befassen sich mit der Neugestaltung von Geschäftsprozessen. Der entscheidende Punkt: Es geht nicht nur um das Was (das Ziel), sondern auch um das Wie (die Umsetzung). Ein ausschlaggebender Faktor ist der permanente Soll-IstAbgleich bei der Annäherung an die gesetzten Ziele. Von Robert Thiele*

Dies betrifft den gesamten Lebenszyklus von Geschäftsprozessen - angefangen von der Planung über die Modellierung, die Analyse, die Einführung, die IT-gestützte Ausführung bis hin zur (Neu-)Organisation.

Das Business-Process-Management liefert die Voraussetzung dafür, Wertschöpfungsprozesse effizienter zu gestalten. Dass dafür ein enormer Bedarf besteht, zeigt bereits ein kurzer Blick auf die aktuellen Anforderungen, vor denen Unternehmen stehen: steigende Ansprüche der Kunden, Preisverfall und Kostendruck in den meisten Märkten, kurze Produktlebenszyklen, rasante technologische Entwicklungen, deregulierte Märkte.

Nur solche Unternehmen erzielen mit ihren Wertschöpfungsprozessen Wettbewerbsvorteile, die schneller als ihre Konkurrenten auf Veränderungen von Technologien, Märkten und Kunden reagieren. Nur wer kundennäher, effizienter und schneller agiert, erreicht höhere Umsätze, senkt Kosten und steigert seine Marktanteile.

Unternehmen, die sich flexibel an veränderte Bedingungen anpassen und den Wandel gezielt steuern wollen, setzen auf Business-Process-Management als geeignetes und bewährtes Instrument. Anhand der Ziele "Effektivität", "Effizienz" und "Time-to-Value" lassen sich anstehende Aufgaben diskutieren. Effektivität heißt, das Richtige zu tun. Effizienz bedeutet, die Ziele mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu erreichen. Mit Time-to-Value ist gemeint, möglichst zeitnah auf aktuelle Änderungsanforderungen zu reagieren und diese im Unternehmen umzusetzen.

Wer durchgreifende Lösungen anstrebt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass es mit der Entscheidung für eine bestimmte Software nicht getan ist. Zunächst - möglicherweise weitgehend parallel - gilt es, Geschäftsprozesse zu analysieren, neu zu modellieren, sie als Folge davon zu optimieren und das neue System einzuführen.

Komplexität hält sich in Grenzen

Dabei gilt es, von Anfang an den gesamten Lebenszyklus von Geschäftsprozessen und deren Dynamik zu berücksichtigen - ausgehend von der Planung über die Modellierung, die Analyse, die Einführung und IT-gestützte Ausführung bis hin zur Fortentwicklung und Optimierung. Der Vorteil eines sequentiellen Verfahrens, bei dem zuerst die Prozesse neu gestaltet werden: Die Projektkomplexität ufert nicht aus, und es liegt von Anfang an ein ausbaufähiges, später erweiterbares Prozessdesign vor.

Im Fokus steht hier die wirtschaftliche Erreichung der gesetzten Ziele. Die technischen Fundamente dafür liefern Lösungen aus den Bereichen Enterprise Application Integration (EAI) sowie der Business-to-Business-Integration. Beide konzentrieren sich darauf, interne oder externe Anwendungen miteinander zu verbinden und sie somit in die Lage zu versetzen, Daten auszutauschen. Derartige klassische Middleware verfügt aber nur über eine eingeschränkte "Prozessintelligenz". In der Regel sind solche datenzentrische Lösungen auf das Routing von Datenflüssen fokussiert, nicht auf komplexe Geschäftsprozesse. Um Prozesse koordinieren, überwachen und steuern zu können, wird eine spezielle Logik benötigt.

Zwei Lösungswege

Hier bieten sich zwei Lösungswege an. Beim ersten schreibt ein Unternehmen individuelle Anwendungen, die an vorhandene Lösungen angebunden werden. Der Nachteil: Sollen Applikationen miteinander verbunden werden, werden n(n-1)/2 Verbindungen benötigt. Mit steigender Zahl der Anwendungen nimmt die Komplexität enorm zu und ist kaum zu bewältigen.

Die zweite Variante sind Business-Process-Management-Tools. Modellgesteuert ermöglichen sie es, Geschäfts- und Transaktionsprozesse zwischen internen und externen Applikationen grafisch zu beschreiben und bei Bedarf schnell umzugestalten. Der Vorteil: Mit einer Integrationsplattform werden bei n anzubindenden Applikationen auch nur n Verbindungen benötigt.

Die Neugestaltung von Geschäftsprozessen, die mehrere Anwendungen sowie Handels-, Logistikpartner und Zulieferer mit einbezieht, ist lediglich der Anfang. Verdeutlichen lässt sich dies an Abläufen wie STP (Straight Through Processing) bei Banken oder dem Order-Management in Fertigungsunternehmen. Dauerhafte Effekte stellen sich nur dann ein, wenn ein ständiges Monitoring stattfindet. Die Überwachung der Wertschöpfungskette in Echtzeit ist die Grundlage einer permanenten Transparenz und Trendverfolgung. Bei Abweichungen vom Soll-Wert ermöglicht eine Echtzeitanalyse ein frühzeitiges und aktives Gegensteuern. Im Gegensatz zu Werkzeugen, die lediglich im Nachhinein eine Betrachtung auf der Datenebene vornehmen, liefert eine Real-Time-Analyse Informationen auf der Ebene des gerade aktuellen Geschäftsprozesses.

Ziele mit Optimierung verbinden

Um solche Werkzeuge wirksam einsetzen zu können, bedarf es einiger Voraussetzungen: In nahezu allen produzierenden Unternehmen und auch im Finanz- und Dienstleistungssektor hat sich in den vergangenen Jahren die Ansicht durchgesetzt, dass eine prozessorientierte Ausrichtung der Organisation für die Wettbewerbsfähigkeit und damit auch den wirtschaftlichen Erfolg von zentraler Bedeutung ist. Ansatzpunkt ist zunächst, deutlich spürbare Probleme bei der Auftragsabwicklung infolge langer Übertragungs-, Bearbeitungs-, und Wartezeiten zu identifizieren. Der nächste Schritt ist, die Abläufe neu zu ordnen und konkrete Ziele mit der Optimierung zu verbinden. Überprüft wird die Zielerreichung durch eine gemeinsame Planung und Festlegung von Richtwerten. Essenziell ist die exakte Definition der Kennzahlen.

Konkret geht es dabei um Größen wie Kundenservice, Flexibilität, Reaktionsfähigkeit, Logistikkosten und Verwaltung der Aktiva. Solche Kennzahlen bilden verschiedene Leistungsperspektiven, um für eine Abstimmung zwischen unterschiedlichen Zielsetzungen zu sorgen. So wäre es beispielsweise trügerisch, die Lieferzeit zu verkürzen, ohne die Auswir-kungen auf die Bestandsreichweite zu berücksichtigen. Solche Werte dienen auf der Management-Ebene als Monitoring-Tool zur Ergänzung traditioneller Finanzkennzahlen.

*Robert Thiele ist Director ISV Alliances und Business Development Emea (Europa, Mittlerer Osten und Afrika) bei Vitria Technology in Frankfurt am Main.

Angeklickt

Die Vorteile eines sequentiellen Verfahrens, bei dem zuerst die Prozesse neu gestaltet werden:

- Die Projektkomplexität ufert nicht aus.

- Von Anlang an liegt ein ausbaufähiges, erweiterbares Prozessdesign vor.

- Die wirtschaftliche Erreichung der Ziele bleibt überprüfbar.

- Ein ständiges Monitoring ist möglich.