Tools mit praktischem Wert

Die nützlichsten deutschen Web-2.0-Sites

01.07.2008 von Wolfgang Sommergut
Vom Hype zur Realität: Das Web 2.0 ist auch praktisch in Deutschland angekommen. Neben vielen Kopien amerikanischer Vorbilder finden sich dort auch pfiffige Ideen heimischer Gründer.

Für viele deutsche Anwender ist das Web 2.0 immer noch gleichbedeutend mit exotischen US-Sites, die vor allem den Geschmack von Geeks und Nerds treffen. Aber es muss nicht immer Flickr, Facebook, Digg oder Twitter sein. Eine rührige Gründerszene hat mittlerweile auch hierzulande zahlreiche interessante Online-Dienste auf die Beine gestellt.

Wie groß die Zahl der deutschen Web-2.0-Sites bereits geworden ist, zeigt das Web 2.0 Sammelalbum. Allerdings ist das Angebot hochgradig redundant und durchsetzt von Tools von zweifelhaftem Wert.

Jenseits der bekannten Namen wie Xing, Qype oder Spreadshirt, die erfolgreichen amerikanischen Vorbildern nacheifern, gibt es jedoch eine Reihe weniger populärer aber nützlicher Sites, die helfen können, alltägliche Probleme in Geschäft und Freizeit zu lösen. Das Angebot reicht von den neuen Ansätzen im E-Commerce über die Auslagerung von Projektaufgaben bis zu Finanzservices. Wenn Ihre favorisierte deutsche Web-2.0-Site in der folgenden Übersicht fehlen sollte, dann können Sie sie gerne in das Verzeichnis des COMPUTERWOCHE-Wiki eintragen.

Smava, Auxmoney & Co.: Geldgeschäfte ohne Bank

Nach dem Muster des "Social Lending" von prosper.com vermittelt Smava "Kredite von Mensch zu Mensch". Es versteht sich als Marktplatz für den Geldverleih, wobei Privatpersonen als Kreditgeber auftreten. Sowohl Anleger als auch Kreditnehmer sollen vom direkten Kontakt profitieren, weil sie sich die bei Bankgeschäften übliche Spanne zwischen Einlagen- und Kreditzins teilen.

Der Service stellt Projekte vor, die eine Finanzierung benötigen, und bewertet die Bonität des Antragstellers. Zur Ermittlung der Kreditwürdigkeit holt das Unternehmen eine Auskunft von der Schufa ein. Die gesamte Abwicklung des Geschäfts übernimmt die Plattform, darunter das Abbuchen der Rückzahlungsraten vom Schuldner, das Mahnen im Fall von Säumnissen oder der Verkauf der Restschuld an ein Inkassobüro, wenn der Kreditnehmer seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.

Neben Smava bemühen sich noch weitere Kreditplattformen um die Gunst von Anlegern. Dazu zählen Auxmoney, Money4friends und eLolly.

Arbeitszeit online erfassen mit Mite

Es muss nicht immer eine Excel-Tabelle sein, mit der man geleistete Arbeitsstunden verwaltet. Mite wendet sich vor allem an Agenturen und Freiberufler, die damit ihre Arbeitszeit erfassen können. Das Tool erlaubt die Zuordnung von Zeiten zu einzelnen Kunden beziehungsweise Projekten und sieht zudem eine detaillierte Zuordnung zu bestimmten Aufgaben vor. Mite begnügt sich nicht mit einer tabellarischen Übersicht über die geleisteten Arbeitszeiten, sondern bietet Berichte inklusive grafischer Auswertungen an. Der Service kostet nach einer Gratis-Probephase fünf Euro pro Person und steigt bei zehn Benutzern pro Firma auf den maximalen Betrag von 50 Euro. Für weitere Teilnehmer eines Unternehmens sind keine Gebühren mehr zu entrichten.

MyHammer und Blauarbeit: Handwerkerjobs versteigern

MyHammer hat sich zum Ziel gesetzt, Handwerker für Aufträge zu vermitteln, die Benutzer in das Portal einstellen. Dabei soll jedoch nicht nach dem Muster der Gelben Seiten bloß ein Profi in der näheren Umgebung gefunden werden. Vielmehr bewerben sich interessierte Betriebe um den Auftrag, indem sie wie bei einer Ausschreibung versuchen, den Preis der Konkurrenz zu unterbieten. Damit die Qualität nicht auf der Strecke bleibt, bewerten die Kunden den Handwerker nach getaner Arbeit, wie dies etwa Käufer bei Ebay tun. Wer Pfusch abliefert, riskiert, zukünftig nicht mehr zum Zug zu kommen.

Die Vermittlung von Handwerkstätigkeiten ist ein lukrativer Markt und MyHammer ist mit einem Umsatz von über 100 Millionen Euro im letzten Jahr kein schwachbrüstiges Web-2.0-Startup. Zu den aussichtsreichsten Mitbewerbern gehört Blauarbeit, das Handwerkerleistungen nach dem gleichen Muster vermittelt wie MyHammer.

Hilfe für IT-Kaufentscheidungen bei Snippr

Snippr bezeichnet sich als Expertennetzwerk, das beim Kauf von IT-Produkten helfen kann. Die Mitglieder der Plattform können im Lauf der Zeit Ränge erreichen, je nach Aktivität und Qualität ihrer Auskünfte. Die Anfragen müssen sich keineswegs auf Entscheidungen zwischen Produkt A und Produkt B beschränken, sondern können erst dazu dienen, die richtige Hardware zu finden, mit der sich eine bestimmte Aufgabe bewältigen lässt.

Hinter Snippr steht die Synaxon AG, zu der auch der PC-Händler "PC Spezialist" gehört. Neben Privatpersonen engagieren sich Verkäufer des Unternehmens als Experten. Wenn Ratschläge zum Erwerb eines Produkts im angegliederten Shop führen, erhält der betreffende Berater eine vom Kaufpreis abhängige Provision.

Humangrid: Menschen mieten für kleines Geld

Humangrid vergibt wie das von Amazon gegründete Mechanical Turk zumeist einfache und wiederkehrende Tätigkeiten, die sich nicht vom Computer erledigen lassen, an menschliche Helfer. Diese so genannten Clickworker übernehmen verschiedenste digitale Aufträge, unter anderem bei der Dateneingabe und -bereinigung, der Verschlagwortung von Inhalten, der Klassifizierung von Bildern oder Recherche im Web. Die Auftragnehmer erhalten für eine einzelne Mikrotätigkeit meist nur Cent-Beträge, die sich in der Masse zu einem Zusatzeinkommen akkumulieren können.

Auftraggeber können für solche kurzfristigen Aufgaben auf den Pool der registrierten Humangrid-Clickworker zurückgreifen. Diese bezahlen sie nicht für die benötigte Arbeitszeit, sondern nur für die Zahl der erbrachten Minileistungen.

Schnäppchenjagd bei Guut.de und Preisbock

Live Shopping nennt sich ein Trend im E-Commerce, dem auch hierzulande zahlreiche Anbieter folgen. Das Konzept, das ursprünglich von der amerikanischen Firma Woot! ("One day, one deal") populär gemacht wurde, ist denkbar einfach: Online-Shops verkaufen pro Tag ein Produkt, und das zu einem möglichst niedrigen Preis. Zu den bekanntesten deutschen Live-Shopping-Sites gehören guut.de und Preisbock.

Nachdem die wachsende Zahl der Händler aus diesem Umfeld jeden Tag ein anderes Produkt feilbietet, fällt es schwer, den Überblick über die aktuellen Angebote zu behalten. Hilfe für Schnäppchenjäger kommt von myliveshopping. Der Service sammelt die tagesaktuellen Produkte zahlreicher Live-Shopping-Sites auf einer Seite. Der Betreiber berücksichtigt auch, dass die aufgeführten Händler ihre Produkte zu verschiedenen Tageszeiten wechseln, und aktualisiert die Ansicht entsprechend.

Eine etwas andere Anlaufstelle für Preisbewusste ist Dealjaeger.de. Im Gegensatz zu herkömmlichen Preisvergleichsportalen stützt sich der Dienst nicht auf Produktkataloge von Online-Händlern, sondern verlässt sich in Web-2.0-Manier auf die Mitarbeit seiner Benutzer. Diese wetteifern darum, wer den besten Preis für ein Produkt entdeckt, und versuchen sich auf diese Weise gegenseitig zu unterbieten. Die Schnäppchenjagd beschränkt sich dabei nicht nur auf Online-Händler, sondern umfasst auch Angebote aus Ladengeschäften.

Virtueller Aktienhandel bei Brokr und Sharewise

Börsenspiele gelten als eine spezielle Form von Prognosemärkten ("Prediction Markets"). Teilnehmer sollen über virtuelle Einsätze auf den Ausgang bestimmter Ereignisse wie etwa Wahlen oder Sportmeisterschaften wetten. Der Wert des eingesetzten Spielgeldes wächst in der Regel auf Basis von internen Handelsmechanismen des Prognosesystems.

Bei Börsenspielen hingegen orientiert sich die Wertentwicklung an den Kursen der realen Anteilscheine. Sie eignen sich daher zum Erlernen von Anlagestrategien und zum Sammeln von Börsenerfahrung, ohne dabei den Verlust von realem Geld zu riskieren. Einfache Implementierungen solcher Online-Börsensimulationen gibt es zuhauf, unter anderem von verschiedenen Titeln der Finanzpresse.

Um eine ausgefeilte Variante hingegen handelt es sich bei Brokr von der Fidor AG. Nicht nur der Name des Dienstes klingt nach Web 2.0, auch soziale Aspekte des Spiels orientieren sich daran. Wer bei Brokr mit Aktien handelt, kann nach dem Muster von Social Networks Bekannte einladen, sich ebenfalls zu registrieren und Mitglied der eigenen Freundesliste zu werden. Solcherart untereinander vernetzte Mitglieder können einsehen, in welche Papiere die anderen investiert haben, Erfahrungen austauschen und sich gegenseitig Anlagetipps geben. Brokr setzt für die besten virtuellen Aktienhändler Gewinne von bis zu 250 000 Euro aus.

Ebenfalls von der Fidor AG stammt ein zu Brokr komplementärer Dienst namens Sharewise. Dieser versteht sich als Aktien-Community, die den Wert von Anlagetipps überprüft. Dort lassen sich Kauf- und Verkaufsempfehlungen von Freunden, Zeitschriften oder selbsternannten Börsengurus speichern und mit der realen Kursentwicklung vergleichen. Auf diese Weise lässt sich erkennen, welche Analysten mit ihren Prognosen in der Regel richtig liegen und auf welche man besser nicht hört. Expertenstatus können übrigens nicht nur professionelle Marktbeobachter und Anlageberater erlangen, sondern auch gewöhnliche Benutzer mit einem guten Gespür für die richtigen Trends.

Clever, Ideas, Gutefrage.net, Brainr: Ratgeber und Problemlöser

Es müssen nicht immer hochspezielle IT-Probleme sein, auch im Haushalt, beim Auto oder generell im Alltag gibt es viele Hürden, die überwunden werden wollen. Im deutschen Web existiert mittlerweile eine ganze Reihe von Sites, auf denen sich Benutzer gegenseitig bei der Lösung von Aufgaben helfen können.

Nachdem von den großen amerikanischen Web-Unternehmen nur Yahoo mit "Clever" eine deutsche Antwortfunktion bietet, gibt es ausreichend Platz für heimische Alternativen. Zu den neuesten Diensten in dieser Kategorie zählt eine Website von Tchibo namens "Ideas". Benutzer können dort "Aufgaben" einstellen, für die andere Mitglieder Lösungen vorschlagen. In den Grundzügen funktioniert der Dienst wie ein herkömmliches Forum. Web-2.0-spezifisch ist die Bewertung von Aufgaben und Lösungen durch die Community. Tchibo verleiht jeden Monat Preise an jene, deren Aufgaben beziehungsweise Lösungen die meisten Punkte erhielten.

Ganz ähnlich wie Tchibo Ideas funktioniert Gutefrage.net. Angemeldete Benutzer können Fragen und Antworten mit dem Prädikat "gut" auszeichnen, fleißige Problemlöser sammeln Punkte und häufen damit ideelles Kapital an - andere Prämien gibt es nicht. gutefrage.net hat es nach eigenen Angaben bisher auf fast 100 000 Mitglieder gebracht.

Stark nach Web 2.0 klingt Brainr, das sich als Plattform für Brainstorming versteht. In der Praxis finden sich dort eingereichte Fragen in ähnlicher Form auch bei den anderen Frage-und-Antwort-Diensten, der Aufbau orientiert sich ebenfalls an Foren.

Alle genannten Dienste enthalten neben nützlichen Informationen eine Vielzahl unbrauchbarer Einträge und nutzloser Antworten. Hilfesuchende müssen also mit einer hohen Quote von Unsinn rechnen.

Events extern organisieren: Invyte und Amiando helfen

Schon private Feiern wie eine Geburtstagsparty erfordern einigen organisatorischen Aufwand, wenn die nicht im Chaos enden sollen. Zur Vorbereitung derartiger Veranstaltungen existieren Dienste wie Invyte. Ebenfalls für private Feiern geeignet ist Amiando, dessen besondere Stärke aber in der Organisation von geschäftlichen Events liegt. Business-Anwender können damit Konferenzen, Tagungen oder Seminare planen und abhalten.

Der Online-Service bietet dafür mehrere Tools an. So können Veranstalter dort eine eigene Web-Seite für ein Event anlegen und die dazu gehörenden Teilnehmerlisten verwalten (inklusive Datenimport/-export und Mail-Benachrichtungen). Zu den fortgeschrittenen Features zählt der Ticketverkauf, der rein online oder über den Versand von gedruckten Eintrittskarten erfolgen kann. Amiando übernimmt zudem die Zahlungsabwicklung.

Für das Einlass-Management bietet das Unternehmen eine eigene Software an, die mit Hilfe einer Webcam erfassen kann, ob Tickets noch gültig sind oder bereits benutzt wurden. Schließlich dienen Community-Funktionen zum Informationsaustausch zwischen den Teilnehmern, die auf diesem Weg auch Fahrgemeinschaften organisieren können.

Vergessen zu kündigen? Abostop hilft!

Egal ob für die Tageszeitung, das Fitness-Studio, das Handy oder DSL: fast alle Abonnements verlängern sich hierzulande automatisch, wenn sie nicht unter Einhaltung erheblicher Kündigungsfristen abbestellt werden. Und verpasst man einen solchen Termin, bezieht man eine Zeitschrift oder einen Dienst in der Regel gleich um ein weiteres Jahr.

Um solchen Ärger mit Abos zu vermeiden, bietet Abostop die Möglichkeit, derartige Verpflichtungen zu verwalten. Nach Eingabe der Subskriptionsdaten können sich Benutzer rechtzeitig vor Ablauf der Kündigungsfrist per Mail oder SMS benachrichtigen lassen.

Neben der Erinnerungsfunktion bietet Abostop vorgefertigte Kündigungen für verschiedene Dienste, die dynamisch als PDF generiert werden und die notwendigen Daten des Benutzers enthalten. Er muss das Schreiben nur mehr ausdrucken, unterschreiben und abschicken. Derzeit kann man sich nur für den einfache Kostenlosvariante registrieren, gebührenpflichtige Dienste mit erweitertem Funktionsumfang sollen demnächst folgen.

Wer einen Kündigungstermin verpasst hat und noch ein weiteres Jahr Kunde wider Willen bleiben muss, kann versuchen, den Vertrag zu tauschen oder jemanden zu finden, der ihn übernehmen will. Diesem Zweck widmet sich vertrag-tauschen.de, das Angebot und Nachfrage für unterschiedlichste Abonnements zusammenbringen möchte.