Cloud ändert den Markt

Die neuen Rollen der Outsourcing-Anbieter

23.08.2011 von Holger Eriksdotter
Die einen bieten künftig IT aus der Steckdose, andere Branchen-Know-how: Laut Accenture verändert die Cloud das Outsourcing-Geschäft.
Jimmy Harris ist als Managing Director bei Accenture für die Entwicklung und Implementierung von Cloud-Lösungen verantwortlich.
Foto: Accenture

Wenn man IT-Leistungen so einfach beziehen kann wie Strom aus der Steckdose, führt das nicht nur zu einer radikalen Veränderung in den IT-Abteilungen der Unternehmen, sondern löst zwangsläufig einen ebenso tiefgreifenden Wandel der Anbieterlandschaft aus. Was wird in diesem Szenario aus den klassischen Outsourcern, die seit Jahrzehnten den Markt bestimmt haben? Werden sie gleichsam von der Entwicklung überrollt, oder werden sie als intime Kenner der Unternehmens-IT und verlässliche, langfristige Partner sogar wichtiger?

Klassische Outsourcer sind als Integrationspartner unverzichtbar

Vor allem das Business-Management erkennt die Vorteile des Cloud Computing. Nach der Einschätzung der Accenture-Manager können Cloud-Provider dennoch nicht die Rolle des Integrators und Innovationspartners übernehmen.
Foto: Accenture

Die Accenture-Experten Gavin Michael und Jimmy Harris gehen davon aus, dass der klassische Outsourcing-Anbieter nach wie vor unverzichtbarer Bestandteil der Outsourcing-Landschaft bleiben und möglicherweise sogar an Bedeutung gewinnen werde - wenn er seine neue Rolle in einer zunehmend Cloud-geprägten IT-Welt annimmt. Eine Hinwendung in Richtung Cloud Computing mache dagegen für diese Outsourcing-Spezialisten in den meisten Fällen keinen Sinn.

Im Gegenteil: Gerade vor dem Hintergrund zunehmend verfügbarer Cloud-Services sollten sich die klassischen Outsourcer auf ihre Kompetenz als Integratoren, strategische Berater und Dienstleister besinnen. Dabei werde ihr Aufgabenfeld keineswegs einfacher. In einer zunehmend Cloud-geprägten IT-Welt fiele ihnen die Rolle zu, nicht nur die IT des Kunden und eigene Services zu integrieren, zu planen und strategisch fortzuentwickeln, sondern vermehrt auch Cloud Services anderer Anbieter in IT-Landschaften zu integrieren.

Drei Kategorien von Service-Providern

Die Accenture-Manager sagen voraus, dass sich im Zuge des Cloud Computing drei unterschiedliche Kategorien von Dienstleistern entwickeln werden:

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Bei Unzufriedenheit unbedacht den Dienstleister zu wechseln ist gefährlich. Zu prüfen sind unter anderem Laufzeit, Folgekosten und Optionen wie Multisourcing.
1. Die Gründe für das Outsourcing nochmals überprüfen:
"Rufen Sie sich die Gründe dafür zurück, warum Sie sich ursprünglich zum Auslagern entschieden haben", rät Edward J. Hansen von der Anwaltskanzlei Baker & McKenzie. Wenn diese Gründe immer noch gelten, reicht es, sich einen neuen Dienstleister zu suchen. Falls nicht, muss die ganze Strategie überdacht werden - und das Unternehmen entschließt sich möglicherweise zum Insourcing.
2. An die Vertragslaufzeiten denken:
Wer den Anbieter wechseln will, tut das am Besten, wenn das bisherige Abkommen ausläuft. Die Zusammenarbeit während der Laufzeit zu beenden, ist nur in dringenden Fällen ratsam.
3. Den Vertrag genau studieren:
Es kann Streit ums Geld geben, wenn ein Vertrag vorzeitig beendet werden soll. Schon aus diesem Grund muss der bestehende Vertrag genauestens unter die Lupe genommen werden. Wer geschickt ist, baut in künftige Abkommen ein, in welcher Weise ein Dienstleister den Kunden bei einem Provider-Wechsel unterstützen muss.
4. Wiederverhandeln kann sinnvoller sein als Aussteigen:
Ein Anbieterwechsel kann sich kompliziert gestalten. Wer das vermeiden will, sollte den bestehenden Vertrag lieber neu verhandeln. Entscheider müssen die eigenen Motive für den Wunsch nach einem Wechsel überprüfen.
5. Den bestehenden Dienstleister durchleuchten:
Dieser Punkt knüpft an den vorhergehenden an. Wenn der Grund für den Wechsel-Wunsch darin liegt, dass der Dienstleister schlechte Qualität liefert, muss sich auch der Kunde nach den Gründen dafür fragen. Ein offenes Gespräch kann in Neu-Verhandlungen statt im Wechsel enden.
6. Es wird Ärger mit dem Faktor Mensch geben:
Wenn Mitarbeiter des neuen Dienstleisters ins eigene Unternehmen kommen, kann es zu zwischenmenschlichen Reibereien kommen. Das darf nicht unterschätzt werden.
7. Beim Wechsel mit unproblematischeren Teilen beginnen:
Rechenzentrum-Services oder Disaster Recovery bieten sich als Erstes an, wenn der Dienstleister gewechselt werden soll. Generell gilt: Nicht mit dem Kompliziertesten anfangen!
8. Die Kosten eines Wechsels kalkulieren:
Wer durch den Wechsel des Anbieters Kosten senken will, muss bedenken, dass die Neu-Organisation des Outsourcings selbst auch Geld kostet. Diese Ausgaben müssen gegen mögliche Einsparungen abgewogen werden.
9. Multisourcing als Alternative:
Wer das bisherige Abkommen auflösen will, zielt meist auf Multisourcing ab, statt sich wieder für einen einzigen Anbieter zu entscheiden. Das ist zumindest die Beobachtung von Jeffrey Andrews (Anwaltskanzlei Thompson & Knight). Entscheider sollten sich des damit verbundenen Zeitaufwandes bewusst sein.
10. Aus den eigenen bisherigen Fehlern lernen:
Das vielleicht Wichtigste ist, die eigenen Erfahrungen festzuhalten, um beim nächsten Mal daraus zu lernen.

Die Outsourcer müssen ihre neue Rolle annehmen

Für die Accenture-Autoren steht es dabei völlig außer Zweifel, dass Cloud Computing die Outsourcing-Landschaft bereichert und in einigen Bereichen sogar revolutioniert. Allerdings könnten die unbestreitbaren Vorteile, die Cloud Computing in vielen Bereichen der Enterprise-IT bringen, nicht das komplexere Angebot klassischer Outsourcer ersetzen. Denn Cloud Services zögen ihre Vorteile eben aus standardisierten, industrialisierten Services für punktuelle Einsatzbereiche - und bildeten genau deshalb keine strategische Alternative zu Full-Service-Outsourcern.

Allerdings stünden diese vor der Herausforderung, für ihre Kunden ganzheitliche Strategien und Konzepte zu entwickeln, die Cloud Services einbeziehen. "Outsourcer sollten die Chance nutzen, als wirklicher Innovations- und Business-Partner ein Vertrauensverhältnis zu ihren Kunden aufzubauen", schreiben die Accenture-Manager. Dabei sei nicht zuletzt eine Vertragsgestaltung entscheidend, die Chancen und Risiken der Zusammenarbeit fair aufteilt. Diese Position unterscheide sie deutlich von einem Cloud-Anbieter, der typischerweise standardisierte Services liefert und dem der Einblick in die Unternehmensprozesse fehle.

Trotz einiger Unsicherheit darüber, wie sich Cloud Computing und die Outsourcing-Landschaft entwickeln werden, resümieren die Accenture-Experten: "Wenn Outsourcer diese Herausforderung annehmen, brauchen sie sich keine Sorgen um ihre Zukunft zu machen, sondern werden gefragter sein denn je." Den vollständigen Accenture-Artikel finden Sie hier.

11 Outsourcing-Trends für 2011
11 Outsourcing-Trends für 2011
IT-Chefs müssen 2011 aufpassen, dass Fachabteilungen nicht eigenmächtig über IT-Outsourcing entscheiden. Dieser und zehn weitere Outsourcing-Trends.
1. Kleinere Verträge:
Wer IT auslagert, schließt lieber kleinere Verträge ab. Das ist nicht neu, aber Overby erwartet, dass Service Provider neue Versuche unternehmen werden, ihren Kunden doch noch weitere Leistungen zu verkaufen.
2. Suche nach verstecktem Geld:
In vielen Verträgen stecke irgendwo "ein Topf Gold", so Outsourcing-Experte Mark Ruckman. CIOs spürten dieses Geld stärker als bisher auf, was konkret heißt: Sie untersuchen, ob weniger Leistung als erwartet geliefert wurde oder ob an irgendeiner Stelle zu viel bezahlt wurde.
3. Neue Impulse durch Cloudsourcing:
Cloud-Anbieter wie Amazon, Google und Rackspace treffen traditionelle Service Provider wie IBM oder HP da, wo es weh tut, so Overby. Das wird 2011 Bewegung in den Markt bringen.
4. Fachabteilung versus CIO:
Glaubt man CIO.com, entscheiden Fachabteilungen immer öfter selbst über Outsourcing-Vorhaben. CIOs müssen aufpassen, dass ihnen nicht das Heft aus der Hand genommen wird.
5. Standards statt kundenspezifischer Anpassung:
Immer mehr Unternehmen setzen auf Standards statt Customization. Hintergrund ist der Wunsch, die IT benchmarken zu können.
6. Neuer Blick auf Preise:
Preisdrücken allein wird CIOs im Gespräch mit Service Providern nichts nützen, so Overby. Sinnvoller sei, über Liefermodelle und Strukturen des Vertrags zu sprechen. Was Cloud Computing angeht, erwartet sie, dass Preis-Modelle reifen, sprich: transparenter werden.
7. Mega-Merger immer wahrscheinlicher:
Ost und West nähern sich an - CIO.com glaubt, dass 2011 ein Merger zwischen einem indischen IT-Dienstleister und seinem US-amerikanischen Gegenpart stattfinden wird. Das heißt auch: Preissenken ist bei indischen Service Providern heute nicht mehr zu machen - sie müssen die Qualität steigern, um sich zu behaupten.
8. China, Brasilien und Ägypten gewinnen Land:
Indiens Entwicklung lässt der Konkurrenz aus China, Brasilien und Ägypten Raum. Sie rücken als Offshoring-Standorte immer stärker in den Fokus.
9. Viel Lärm um Protektionismus:
Diese These bezieht sich insbesondere auf die USA. Overby erwartet, dass US-Politiker wegen der Arbeitslosigkeit im eigenen Land viele Reden protektionistischen Inhalts schwingen werden - mit wenig Folgen.
10. Mehr Automation:
Als Folge preissensibler Kunden setzten Service-Provider zunehmend auf Automation.
11. Die Folgen der Arbeitsmigration:
Die Verlagerung der IT-Arbeit in Niedrig-Lohn-Länder wird ab 2011 Folgen zeigen. Diese äußern sich in sinkender Qualität und Verständigungsproblemen.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO. (mhr)