Cloud Computing

Die Krux mit der Integration

30.06.2010 von Andreas Zilch
Beim Cloud Computing müssen sich IT-Services aus der Wolke in vorhandene Installationen einfügen. Das gelingt nicht immer.
Quelle: W.Ihlenfeld/Fotolia
Foto: W.Ihlenfeld_Fotolia

Im Markt für Cloud Computing ist bislang kein Anbieter erkennbar, der sämtliche Bedürfnisse aus einer Hand abdeckt. Das hat eine Erhebung der Experton Group unter deutschen Cloud-Providern im Rahmen der Studie "Cloud Vendor Benchmark 2010" gezeigt. Daher müssen sich interessierte Anwender auf ein "Multivendor Cloud Services Sourcing" einstellen, was die Komplexität in Auswahl und Management der Services erschwert. Viele Unternehmen werden mit hybriden Clouds arbeiten müssen, also mit Kombinationen aus Diensten von mehreren Anbietern sowie unterschiedlichen Betriebsarten (internal, private, community, public). Sie unterstützen individuelle Entitäten, sind aber auch durch standardisierte oder proprietäre Techniken so verbunden, dass eine Daten- und Applikations-Portabilität möglich ist. Dieses Modell ist keineswegs theoretisch. Zwei Beispiele aus der Praxis veranschaulichen die Komplexität, Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten der hybriden Wolken.

Cloud-Provider auf dem Prüfstand
Cloud-Anbieter auf dem Prüfstand
Die Experton Group hat sich die relevanten und in Deutschland aktiven Anbieter genauer angesehen. Hier finden Sie die Ergebnisse im Schnelldurchlauf. <br /><br /> <a href=" http://www.experton-group.de/research/studien/cloud-vendor-benchmark-2010/ueberblick.html" target="_blank">Weitere Informationen zur Studie finden Sie auf der Web-Site der Experton Group</a>
Amazon
<b>Amazon </b>hat die Palette seiner Cloud-Dienste seit 2002 unter dem Namen Amazon Web Services (AWS) stark ausgeweitet. So kamen zum ursprünglichen Kernangebot (Vermietung von Rechenleistung "EC2", Storage "S3" und Datenbankkapazität "SimpleDB") unter anderem noch relationale Datenbanken, Content Delivery, Messaging und Monitoring, Virtual Private Clouds sowie weitere Add-ons (etwa in Zahlungen und Rechnungen) hinzu. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Google
Die "Google Apps" von <b>Google</b> sind für Anwender vorgesehen, die einfache, standardisierte Collaboration-Lösungen (SaaS) wollen. Die Infrastructure-as-a-Service-und Platform-as-a-Service-Angebote unter dem Namen "Google AppEngine" sind auf Entwickler und Start-ups ausgerichtet. Sie stehen ohne Zugangsbeschränkung in der Public Cloud zur Verfügung, es gibt sie allerdings nicht in Deutsch. Rechenleistung lässt sich neuerdings über die so genannten "free quotas" zu festen Konditionen per Kreditkarte beziehen. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Microsoft
<b>Microsoft</b> bietet mittlerweile nahezu alle Produkte und Technologien auch aus der Cloud an. Damit zählt der Konzern zu den wenigen Anbietern mit komplettem Cloud-Stack, der sowohl IaaS, PaaS und SaaS als auch Private-, Public- und Hybrid-Cloud-Services abdeckt. Das zentrale Element des Portfolios bildet die Plattform "Windows Azure". Auch das kommende Office-Release 2010 soll in die Wolke passen, lässt aber auch eine lokale Installation zu. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Salesforce
<b>Salesforce</b> hat sich vom reinen Anbieter von SaaS-Lösungen für das Customer-Relationship-Management (CRM) zu einem Plattformanbieter weiterentwickelt. Neben der etablierten SaaS-Lösung für das Kunden-Managment und die Vertriebs- und Marketing-Automatisierung bietet Salesforce mit Force.com eine Betriebs- und Entwicklungsumgebung im Public-Cloud-Modus an. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Deutsche Telekom
Die breite SaaS-Palette des <b>Geschäftskundenbereichs der Deutschen Telekom</b> umfasst unter anderem Lösungen für E-Mail, Collaboration, Conferencing, CRM und ERP. Zudem beinhaltet sie integrierte IT- und TK-Services (etwa das "Deutschland LAN"). Erwähnenswert sind die von T-Systems entwickelten "Dynamic Services", die etwa betriebswirtschaftliche Applikationen bedarfsgerecht bereitstellen und abrechnen. Hinzu kommen nun auch erste IaaS-Angebote (Infrastructure as a Service) für größere Mittelständler. Diese Offerten bieten eine flexible Buchung von Server-Instanzen, sind hinsichtlich ihrer Skalierbarkeit und nutzungsabhängigen Bezahlung aber noch ausbaufähig. <br/><br/>Quelle: Experton Group
IBM
Als technologischer Innovator verfügt <b>IBM</b> über ein breites, aber teilweise nur schwer überschaubares Angebot an Cloud- Services (IaaS, PaaS, SaaS) und Produkten. Neben den eigenen SaaS-Lösungen (zum Beispiel Lotus) stehen IBM-Kunden eine Vielzahl an Partnerlösungen auf der IBM-Plattform zur Verfügung. Für Softwaretests und -entwicklung, ein wichtiges Cloud-Anwendungsfeld, bietet IBM Unternehmen eine ausgereifte Plattform. <br/><br/>Quelle: Experton Group
HP
<b>Hewlett-Packard (HP)</b> vertreibt Hard- und Software für den Aufbau von Private-Cloud-Infrastrukturen. Zudem können Großkunden Rechenleistung und Storage-Kapazitäten in einem IaaS-Modell nutzen. Allerdings sind Zugang, Skalierbarkeit und Self-Service beschränkt. Dagegen sind die Utility-Services, die Enterprise-Applikationen etwa von SAP auf einer virtualisierten Plattform flexibel bereitstellen und abrechnen, weit entwickelt und voll ausgereift. Sie sind das Kernstück des derzeitigen Cloud-Angebots. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Fujitsu Technology Solutions
<b>Fujitsu Technology Solutions (FTS)</b> bietet unter dem Namen "Infrastructure-as-a-Service for Servers" zurzeit lediglich flexibel buchbare Server-Kapazitäten in einem "Private-Cloud-Modell" an. Die Abrechnung mit den Kunden erfolgt allerdings nach gebuchten und nicht nach wirklich verbrauchten IT-Ressourcen. Leider hat Fujitu hier den Cloud-Ansatz noch nicht hundertprozentig umgesetzt. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Pironet NDH
<b>Pironet NDH</b> fokussiert sich mit seinem Cloud-Angebot eindeutig auf den Mittelstand und positioniert sich dort als "Trusted Partner". Das Portfolio umfasst neben Infrastruktur-Services (etwa Storage on Demand) zahlreiche SaaS-Lösungen von Partnern. Dazu kommen verschiedene Managed-Services auf der Netzebene. <br/><br/>Quelle: Experton Group
T-Systems
Neben zahreichen, auf diese Zielgruppe zugeschnittenen Managed-Services bilden die "Dynamic Services" den Kern des Cloud-Angebots von <b>T-Systems</b>. Anwendern stellt die Telekom-Tochter Enterprise-Applikationen (etwa ERP und CRM) zur Verfügung, die auf skalierbaren und standardisierten Hardware-Infrastrukturen laufen. Die Abrechnung der genutzten SAP- oder Microsoft-Systeme erfolgt nutzungsabhängig. <br/><br/>Quelle: Experton Group
Nionex
Als einer der wenigen IT-Service-Provider in Deutschland bietet <b>Nionex</b> seit 2009 ein klar strukturiertes Public-Cloud-Angebot an. So werden mit den IaaS-Offerten mittelständische Unternehmen angesprochen, die Teile ihrer Infrastruktur flexibilisieren und erste Anwendungen in der Cloud betreiben wollen. Nionex stellt neben Rechnerleistung auch Storage und weitere Services bereit. <br/><br/>Quelle: Experton Group

Kombination aus Private und Public Cloud

Im ersten Fall handelt es sich um eine Applikationsplattform aus einer Kombination aus Private und Public Cloud. Erstere Cloud wird für das Produktivsystem genutzt. Sie muss zuverlässig und hochverfügbar sein. Der gewählte Service-Provider garantiert dies. Die öffentliche Wolke liefert Ressourcen für Entwicklung und Test. Hier ist die Verfügbarkeit zwar auch wichtig. Eine garantierte Gesamtverfügbarkeit des Systems kann angesichts der zwangsläufigen Eingriffe der Entwickler und Tester in die Middleware und ins Betriebssystem kein Dienstleister gewährleisten.

Die Komplexität steckt in der Übergabe der fertig getesteten Applikationen von der Public Cloud (mit erhöhten Freiheitsgraden) in die Produktivumgebung der Private Cloud mit hoher Standardisierung. Üblicherweise gibt es im Development- und Testprozess Veränderungen in der Konfiguration und Parametrisierung der darunter liegenden Server-, Betriebssystem und Middleware-Plattform. In einer "klassischen" Umgebung werden sie oft auf Zuruf oder bestenfalls mit Change-Requests umgesetzt. Diese Möglichkeit existiert in einer hoch standardisierten Cloud-Umgebung nicht.

Daher muss der Übergabeprozess klar geregelt werden. Entwickler und Tester dürfen Systemeinstellungen nicht verändern, sie müssen mit den Vorgaben der standardisierten Zielplattform arbeiten. Die große Herausforderung besteht darin, möglicher Spannungen und Ablehnungen in der IT-Organisation gegenüber der Cloud-Plattform Herr zu werden. Die Standardisierung von Applikationsplattformen und das Management ist - unabhängig vom Cloud-Ansatz - eine Aufgabe, die jedes Unternehmen in den Griff bekommen muss.

Cloud-Ausprägungen

Private Cloud: Die Infrastruktur gehört einer einzigen Institution oder wird nur von ihr genutzt.

Community Cloud: Mehrere Organisationen teilen sich die Infrastruktur. Die Nutzer haben aber allesamt ähnliche Anforderungen etwa zu IT-Sicherheit und Compliance.

Public Cloud: Die Cloud-Infrastruktur wird von einem Unternehmen betrieben. Es ist Eigentümer der Installation und verkauft Kapazitäten an viele Nutzer.

Hybrid Cloud: Die Infrastruktur ist eine Mischung aus zwei oder mehreren Clouds (privat, öffentlich oder gemeinschaftlich) für individuelle Anwender. Sie verbindet jedoch standardisierte und proprietäre Techniken dergestalt, dass Daten und Applikationen portiert werden können.

Quelle: "Cloud Vendor Benchmark Studie" der Experton Group.

Integration einer SaaS-Lösung

Der zweite Fall handelt von einer Teileinführung von Salesforce als CRM-Tool für den Außendienst. Auch hierzulande wird die Mietsoftware nicht selten von Fachabteilungen oder Landesgesellschaften ohne Wissen beziehungsweise Rücksprache mit der zentralen IT genutzt. Zudem werden bestehende CRM-Systeme nicht ersetzt, sondern nur "ergänzt". Damit entstehen hybride Installationen.

Irgendwann stößt ein solcher autarker Betrieb an seine Grenzen, weil das SaaS-Tool eine Anbindung an andere, interne Applikationen (etwa CRM-, ERP-, BI- Systeme) oder an eine andere Cloud (zum Beispiel für Collaboration-Services) benötigt. Die Herausforderung ist dann, die Gesamt-Performance und -Verfügbarkeit aus Sicht des Endnutzers zu verwalten und sicherzustellen. Zudem müssen Daten ohne Qualitätsverluste portiert werden.

Dazu wäre ein übergreifendes Management-Tool auf Basis von Web-Services erforderlich, doch ein solches Werkzeug gibt es noch nicht. Die Verfügbarkeit und Performance der SaaS-Lösung muss also mit den Leistungsdaten der Client-Infrastruktur, der internen und externen Applikationen sowie der Netze verknüpft werden, so dass ein Gesamtbild entsteht.

Als Lösung bietet sich derzeit nur an, sich an den Vorgaben des SaaS-Providern zu orientieren. Die von ihm definierten SLAs, Prozeduren und gegebenenfalls Einschränkungen sind gesetzt. An sie müssen sämtliche anderen Systeme, deren Eckdaten der Anwender beeinflussen kann, angepasst werden. Bestehende System-Management-Werkzeuge müssen zudem um Cloud-Schnittstellen erweitert werden.

Checkliste Hybride Cloud

Um hybride Clouds verwalten zu können, sollten Sie

  • sicherstellen, dass die Cloud-Services Ihren Anforderungen entsprechen;

  • prüfen, ob geforderten Standardisierungen auch umsetzbar sind;

  • rechtzeitig den passenden Mix aus Public- und Private-Services definieren;

  • die SLAs des Gesamtsystems und der Komponenten realistisch festlegen;

  • Metriken definieren, um das System und die Management-Schicht zu überwachen;

  • das Gesamtsystem aktiv managen.

Der Aufwand lohnt sich

Cloud-Services bieten Anwender enormes Potenzial, ihren IT-Betrieb zu verbessern. Die Beispiele sollen zeigen, dass die neuen Möglichkeiten aber auch große Herausforderungen bereithalten. Dennoch lohnt die Arbeit, denn die damit verbundene Standardisierung senkt per se die Kosten. (jha)