Ratgeber BPM

Die Grenzen des Prozess-Managements

14.07.2015 von Martin Böhn
Werkzeuge für Business Process Management (BPM) versprechen ein automatisches Monitoring sämtlicher Geschäftsprozesse. Dafür sind Schnittstellen und Standards erforderlich. Doch wie komplett sind die heute verfügbaren BPM-Tool-Sets, um wirklich an alle Systeme - gerade auch in Richtung Cloud - andocken zu können und wie offen sind die IT-Systeme, so eine Kontrolle zuzulassen?
  • BPM-Systeme bieten verschiedene Möglichkeiten an, aktuelle Prozesswerte zu überwachen.
  • Diesee Monitoring kann aber auch über Drittsysteme stattfinden - gerade im SAP-Umfeld kann das unter Umständen sogar von Vorteil sein.
  • Entscheidend ist, die passenden KPIs und die richtigen Verantwortlichkeiten/Rollen innerhalb des BPM-Projektes festzulegen. Ein eigenes Kompetenzzentrum kann hierbei helfen.

Das Grundlagenwissen über BPM und das Wissen um die konkreten Möglichkeiten von BPM-Tools vorausgesetzt, kommen Anwender in ihren Prozess-Management-Projekten bald auch zu der Frage nach den Grenzen des Monitorings ihrer Geschäftsabläufe.

BPM-Systeme lösen vieles, manchmal stoßen Anwender beim Monitoring ihrer Geschäftsprozesse aber auch vor eine Mauer.
Foto: RoyStudio.eu-Shutterstock

In BPM-Prozessmodellen lässt sich abbilden, welche Daten für welche Kennzahlen relevant sind. Die Modelle selbst geben die Soll-Werte und die Daten aus der Prozessausführung vor. Daten aus eventuell angebundenen Drittsystemen liefern im Vergleich dazu die Ist-Werte. Insbesondere bei der Kontrolle von aktuellen Prozessdaten in Echtzeit (Monitoring) ergeben sich damit umfassende Eingriffsmöglichkeiten, um potenzielle Probleme schnell zu erkennen und zu beheben. Bei komplexen IT-Infrastrukturen muss aber auf die Verfügbarkeit der Informationen geachtet werden.

Business Process Management - Marktanalyse 2014
18 BPM-Software-Suites im Test
Die Entwicklung von Business-Process-Management (BPM) hat in den vergangenen Jahren rasante Fortschritte gemacht. Angesichts der weiter um sich greifenden Digitalisierung vieler Geschäftsprozesse sowie der damit verbundenen Automatisierung setzen immer mehr Unternehmen entsprechende Softwarewerkzeuge ein. Doch das Angebot an BPM-Lösungen ist breit gefächert, was die Auswahl und Entscheidung für Anwenderunternehmen nicht gerade erleichtert.
AgilePoint
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> gut (63,7%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> hoch (89,0%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (71,5%)</p>
Agito
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> angemessen (55,0%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> sehr hoch (93,8%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> gering (58,6%)</p>
Appain
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> angemessen (59,5%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> hoch (86,4%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (68,8%)</p>
Appway
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> angemessen (59,4%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> sehr hoch (92,8%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (64,0%)</p>
Axon Ivy
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> gut (66,7%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> sehr hoch (94,6%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (70,5%)</p>
Bizagi
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> gut (70,3%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> sehr hoch (90,1%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> hoch (78,0%)</p>
DHC Business Solutions
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> angemessen (46,2%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> hoch (82,5%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> gering (56,0%)</p>
Groiss Informatics
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> angemessen (62,2%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> sehr hoch (94,6%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (65,8%)</p>
HCM Customer Management
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> angemessen (53,3%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> hoch (81,1%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (65,7%)</p>
IBM
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> gut (68,1%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> sehr hoch (95,3%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (71,5%)</p>
Inspire Technologies
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> gut (62,8%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> sehr hoch (96,1%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (65,4%)</p>
JobRouter
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> angemessen (62,0%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> hoch (85,8%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (72,3%)</p>
K2
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> angemessen (55,6%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> mittel (79,8%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (69,6%)</p>
Metasonic
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> angemessen (54,5%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> sehr hoch (92,4%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> gering (59,0%)</p>
Oracle
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> gut (64,2%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> sehr hoch (94,3%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (68,0%)</p>
Prologics
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> gut (62,8%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> sehr hoch (90,8%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (69,1%)</p>
SoftProject
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> gut (65,3%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> sehr hoch (96,3%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (67,8%)</p>
TIM Solutions
<br> <p><b>Gesamterfüllungsgrad:</b> angemessen (58,8%)</p> <br> <p><b>Mächtigkeit:</b> hoch (89,5%)</p> <br> <p><b>Komfort:</b> mittelmäßig (65,7%)</p>

Abhängig von der Art der Analyse und dem Funktionsgrad der Software bieten BPM-Werkzeuge die folgenden Möglichkeiten der Überwachung von aktuellen Prozesswerten an:

Möglichkeiten des Datenzugriffs

Entscheidend ist hierbei nicht, ob das Drittsystem als Datenquelle im Unternehmen installiert ist oder über Cloud bereitgestellt wird, sondern wie der Datenzugriff erfolgen kann. Dabei werden verschiedene Möglichkeiten unterstützt:

Erfolgt die Aufbereitung und Anzeige der Echtzeitdaten im BPM-Tool, werden die Daten dabei zumeist importiert und zumindest temporär gespeichert. Weitere Steuerungsmöglichkeiten wie Verdichtungen etc. erfolgen dann auf der Datenbasis des BPM-Tools ohne Rückgriff auf die Drittsysteme.

Alternativen zu BPM-Systemen

Zudem ist zu beachten, dass die technische Umsetzung der Auswertung nicht zwangsläufig im BPM-System selbst erfolgen muss. Zwar bieten diese zumeist eigene Analysekomponenten mit einfachen Funktionen an - wie beispielsweise eine Darstellung der Werte oder die Summenbildung -, für weitergehende Auswertung werden die Daten aber an Drittsysteme übergeben. Bei umfassenden Analysen kommen hierzu Business-Intelligence-Anwendungen (BI-Anwendungen) zum Einsatz. Es kann aber auch sein, dass die Übergabe der Prozessdaten an ein Fachsystem gewünscht ist, um dort ein Monitoring zu ermöglichen. Ein gutes Beispiel ist das Rechnungseingangsbuch in SAP-Systemen: Die Daten dazu kommen aus einem Workflow, der nicht unbedingt in SAP ablaufen muss.

Erfolgsmessung und Kennzahlen

BPM-Projekte erfordern einen nicht unerheblichen Aufwand: Es geht um Erhebung und Abstimmung der Modelle, um die Einrichtung der Workflows und das Training der Anwender - zudem muss alles ineinander greifen und als kontinuierlicher Verbesserungskreislauf stetig zur Prozessoptimierung beitragen. Das bedeutet, dass sich die Nutzung der Modelle sowohl für die Anwender als auch das Management auszahlen muss.

BPM-Systeme und -Modelle bieten verschiedene Möglichkeiten, Erfolgsfaktoren (KPIs - Key Performance Indicators) zu definieren und zu kontrollieren. Die Hinterlegung der Prüfvorschriften geschieht bereits in der Visualisierungs- und Analysephase. Die Hinterlegung von Vorgabewerten ist im Kontext einzelner Aktivitäten oder ganzer Aufgabenketten möglich. Viele Systeme offerieren zudem, die Logik zur Verarbeitung der einzelnen Rohdaten und Kennzahlen zu übergeordneten KPIs zu hinterlegen - beispielsweise als Balanced Scorecard oder mehrdimensionale Bewertungsvorschriften, welche sich aus der Kombination verschiedener Einzelkennzahlen errechnen.

Die 7 schlimmsten KPI-Sünden
Die 7 schlimmsten KPI-Sünden
Kennzahlensysteme sind beim ITSM erfolgskritisch. Doch KPIs sind nicht aus dem Business abgeleitet und werden zudem falsch definiert und interpretiert.
1. KPIs werden nicht aus dem konkreten Business-Bezug abgeleitet:
Da die IT-Prozesse sich nach den Business-Anforderungen richten, müssen auch die ITSM-Kennzahlen geschäftsbezogen sein. Eine solche geschäftliche KPI-Orientierung ist in IT-Organisationen selten. Stattdessen sind ITSM-Kennzahlenkonzepte oft selbstbezogen und dienen der eigenen Qualitätslegitimation.
2. KPI-Systeme ufern aus:
Die Entwicklung und der Einsatz von Kennzahlensystemen gewinnen oft eine Eigendynamik, aus der eine selbstverliebte Beschäftigung mit dem Hang zu immer mehr KPIs entsteht. Die Erfassung, Verarbeitung und Analyse von Messgrößen ist sehr aufwendig, der Nutzen für das Business jedoch gering. CIOs sollten sich daher auf eine begrenzte Anzahl gut beherrschbarer KPIs beschränken.
3. KPIs werden nicht zielorientiert und praxisbezogen festgelegt:
Manchmal übertreiben Firmen es bei der Analyse von Leistungswerten der IT-Prozesse mit der Transparenz, denn schlechte KPIs sorgen für Kritik und einen hohen Rechtfertigungsdruck. Zwar werden Kennzahlensysteme für das ITSM eingeführt, doch aufgrund der fehlenden Akzeptanz kaum ernsthaft genutzt. Wichtig ist, dass Kennzahlen mit allen Beteiligten fair und zielorientiert festgelegt und vereinbart werden.
4. KPI-Veränderungen werden nicht geprüft:
Die Leistungswerte in der IT-Organisation verändern sich dynamisch durch den Einsatz neuer Technologien, durch Reorganisation, aufgrund steigender Anforderungen aus dem Fachbereichen oder wegen technischer Probleme. CIOs führen KPI-Analysen in der betrieblichen Praxis häufig nur ungenau und wenig systematisch durch, was zu falschen Schlussfolgerungen führt.
5. Kennzahlenzusammenhänge werden nicht transparent dargestellt:
CIOs können die Gesamtsituation nicht richtig bewerten, weil einzelne Leistungs- und Qualitätswerte isoliert betrachtet werden statt in Wechselwirkung mit anderen KPIs. Dadurch ist die Aussagekraft im Hinblick auf eine effiziente ITSM-Leistungssteuerung begrenzt.
6. KPI-Abweichungen werden nicht nachverfolgt:
IT-Abteilungen gehen Inkonsistenzen oder Widersprüchen bei Leistungsdaten zu IT-Prozessen, die aufgrund unzureichender Definitionen entstehen können, oft nur halbherzig nach. Oder sie ignorieren diese gleich ganz.. Das birgt erhebliche Risiken, insbesondere wenn es sich um KPIs zu geschäftskritischen Prozessen handelt.
7. Bei KPI-Analysen fehlen praktische Maßnahmenkataloge:
Meist werden Mitarbeiter mit den KPI-Analysen zum ITSM allein gelassen. Es fehlen weiterführende Handlungsempfehlungen, die die Auswertungen ergänzen, und Verbesserungsmaßnahmen aufzeigen.

Stehen auch Ist-Daten aus der Ausführung bereit, können die BPM-Systeme diese aufbereiten, um zum Beispiel regelbasiert den Status der Zielerreichung zu verdeutlichen. Ein beliebtes visuelles Mittel ist beispielsweise, den Abweichungsgrad eines bestimmten Messfaktors vom Idealzustand mithilfe einer Ampel anzuzeigen.

Anwender können die Entwicklung in Echtzeit beobachten oder sich für einen größeren Zeitraum ein Reporting erstellen lassen. Viele BPM-Tools bieten in diesem Bereich aber nur Basisfunktionen zur Arbeit mit den Daten an und nutzen für tiefere Analysen externe BI-Werkzeuge.

Den Möglichkeiten zur Erfolgsbestimmung sind aber auch Grenzen gesetzt. Nicht alle Kennzahlen basieren auf automatisch erhebbaren Daten. So lassen sich die organisatorischen Effekte eines erfolgreichen BPM-Projekts nur schwer bewerten - wie die erhöhte Motivation der Mitarbeiter oder das verringerte Suchaufkommen nach bestimmten Informationen, da nun alle relevanten Inhalte direkt der Aufgabe zugeordnet sind. Manche Werkzeuge unterstützen dies mit Umfragemechanismen.

Gerade zu Beginn eines BPM-Projekts liegt die Herausforderung der Bewertung der Verbesserung in den fehlenden Vergangenheitswerten. Wenn der Prozess bisher händisch durchgeführt wurde - beispielsweise über E-Mail-Ketten -, fehlen genaue Aussagen zu Zeitdauer und Fehlerquote der bisherigen Abwicklung.

Die Rollenverteilung in BPM-Projekten

BPM-Projekte verbinden Anwender und Systeme, sie erfordern technische und organisatorische Maßnahmen. Um aus der Vielzahl der Möglichkeiten die passenden Werkzeuge und Anwendungsformen herauszusuchen, muss das Unternehmen klar sagen, was es genau umsetzen will. Das erfordert die klare Definition der Ziele und Anwendungsgebiete, wobei die Anforderungen von Nutzern aus den verschiedenen Bereichen einbezogen werden müssen. Gut geplante Prozessmodelle können unterschiedliche Anwendungsformen unterstützen, indem sie beispielsweise auf einzelne Nutzer angepasste Sichten bereitstellen.

Den Grundstein bildet immer eine sorgfältige Rollendefinition, da diese die Anforderungsanalyse und die Planung der späteren Nutzung beeinflusst. Typische Rollen in BPM-Projekten sind:

Gute BPM-Projekte sind zudem durch eine realistische Projektplanung und Erfolgserwartung gekennzeichnet. Gute Ergebnisse werden erzielt, wenn die folgenden Leitsätze beachtet werden:

Fazit

BPM-Projekte sind keine rein technischen Projekte. Die Systeme sind mächtige Werkzeuge, müssen aber richtig eingesetzt werden. Hier empfiehlt sich der Einsatz von Beratern, um den Projektstart zu beschleunigen und qualitativ zu sichern. Im laufenden Projekt müssen Anwender aber auch eigene Ressourcen einbringen, um das Wissen in der Organisation aufbauen zu können.

Aus der Cloud: 21 bewährte Projektmanagement-Tools im Überblick
Microsoft Project
Basecamp
Onepoint Projects
Wrike
Copper Project
Smartsheet
Projectplace
Redbooth
Redmine
Planio
Projectfacts
Podio
Stackfield
Pivotal Tracker
Jira Agile
Sprintly
Planbox
Trello
AgileZen
Axosoft
RS TaskGroup 4

Wer ein BPM-Kompetenzzentrum aufbaut, kann das Wissen um das Werkzeug, die Modelle und insbesondere die Nutzung in der Organisation bündeln. Solch ein Kompetenzteam sammelt Erfahrungen zur Aufnahme, Abbildung, Abstimmung und Weiterentwicklung der Modelle und kann innerbetriebliche Best Practices herausarbeiten. Die an einem Ort gebündelte Kommunikation mit den Fachabteilungen, den Dienstleistern und der Geschäftsführung stärkt wiederum die Wissensentwicklung. So lassen sich sukzessive immer mehr Aufgaben der Modellerstellung und -weiterentwicklung selbst übernehmen.

Prozess-Management bleibt ein komplexes Thema. Die vorhandenen Werkzeuge bieten aber viele Möglichkeiten, diese Komplexität herunter zu brechen und realistische, erfolgreiche Projekte umzusetzen. Viele verborgene Verbesserungsmöglichkeiten schlummern in den eigenen Systemen - man muss diesen Schatz nur heben. (sh)

In einem BPM-Kompetenzzentrum fassen Anwender alles zusammen, was sie an Tools und Modellen zu den eigenen Prozesse im Einsatz haben.
Foto: BARC