Mit Anstand kommunizieren

Die fünf größten E-Mail-Sünden

06.05.2010 von Alexandra Mesmer
Sie haben wenig Zeit, müssen aber 30 Mails beantworten? Kein Wunder, dass ein mancher mit E-Mails Schaden anrichtet. Hier die fünf schlimmsten Sünden in der E-Mail-Kommunikation.

Im Minutentakt trudeln die E-Mails in unserem Postfach ein. Zwischen 50 und 100 elektronische Nachrichten erhalten wir jeden Tag im Durchschnitt. Und oft klicken wir sofort auf "Antworten", ohne uns viel Zeit für die Formulierung zu nehmen - umso mehr spiegelt die schnelle E-Mail unsere Einstellung zum Empfänger wider.

Christina Tabernig (links)und Anke Quittschau von Korrekt: "Kryptische Abkürzungen sind unhöflich."

Unter Zeitdruck bleibt oft der Anstand auf der Strecke. Die Korrekt!-Beraterinnen Christina Tabernig und Anke Quittschau haben sich auf Etikette in der Geschäftswelt spezialisiert. Für die CW-Leser haben sie die fünf wichtigsten Fehler in der E-Mail-Kommunikation zusammengestellt:

1. Sünde: Die Drohung

"Der Absender hat von Ihnen eine Lesebestätigung angefordert" - Setzen Sie mit dieser Drohung niemand unter Druck. Es zeigt, dass Sie misstrauisch sind und kontrollieren möchten. Kein netter Zug.

2. Sünde: Alle auf dem Verteiler

Überprüfen Sie den Verteiler! BMW hat kürzlich für große Aufregung gesorgt, als sich eine Mitarbeiterin über die Bekleidung der Kollegen beschwert hat. Die Dame echauffierte sich ausgiebig darüber, wie schlecht und teils obszön gekleidet die Angestellten des Premium-Autobauers zur Arbeit erscheinen. Gedacht war die E-Mail eigentlich nur für den BMW-Vorstand, doch jetzt lacht die gesamte Konkurrenz. Da zeigt sich, dass man den E-Mail-Verteiler doch lieber zweimal prüfen sollte. Von schlechtem Stil zeugt es auch, wenn Sie einen Kollegen per Mail kritisieren und den Rest der Abteilung in Kopie setzen. Kritik sollte man von Angesicht zu Angesicht aussprechen.

3. Sünde: Kryptischen Kürzel und kleine Buchstaben

Faulheit! Es ist unhöflich vorauszusetzen, dass der Empfänger alle Abkürzungen und Begriffe Ihres Fachgebietes kennt. Kryptische Abkürzungen wie "FYI", "z.K." oder "fyeo" (for your eyes only) sind nicht modern, sondern schlicht unhöflich.

Wenig wertschätzend ist auch, den Text ohne Beachtung deutscher Rechtschreibregeln (nämlich Groß- und Kleinschreibung) zu verfassen. Der Leser hat es einfach schwerer, den Text zu entziffern.

4. Sünde: Formulieren ohne nachzudenken

E-Maile für die Ewigkeit! Telefongespräche sind schnell vergessen. E-Mails sind jedoch auf der Festplatte oder im Sendeprogramm gespeichert und können ausgedruckt werden. Formulieren Sie mit so viel Stil, dass jeder gerne Ihre Mails empfängt. So kreieren Sie Ihr positives Image. Verzichten Sie deshalb nie auf Anrede und Verabschiedung und unterteilen Sie in sinnvolle Absätze. Endlose Absätze sind einfach schlecht lesbar.

5. Sünde: Endlose Ping-Pong-Spiele

Vermeiden Sie das Ping-Pong-Spiel: Aw. Aw. Aw. Aw……. Ändern Sie den Betreff spätestens, wenn sich auch der Inhalt der E-Mail geändert hat. Das erleichtert übrigens auch das Wiederfinden einer E-Mail ungemein.

14 Regeln E-mailverkehr
1. Verfassen Sie Ihre E-Mails knapp und präzise.
Alles was mehr als zwei Seiten umfasst, gehört in eine angehängte Datei.
2. Überprüfen Sie Rechtschreibung und Grammatik.
In den meisten E-Mail-Systemen gibt es entsprechende Funktionen. Da dies bekannt ist, werden entsprechende Fahrlässigkeiten übel genommen. Fehler suggerieren: Der Autor hat sich entweder für mich keine Zeit genommen oder er ist ein Schlendrian.
3. Beantworten Sie E-Mails schnell.
Reaktionsschnelligkeit ist einer der entscheidenden Vorteile von elektronischer Post. Vor allem auf erwartete Messages sollte zügig geantwortet werden. Wenn man nicht gerade extrem beschäftigt ist, sollte man den Posteingang mehrmals täglich checken. Allerdings ist es nicht nötig, die automatische Benachrichtung (Auto Notify) zu jeder eingehenden E-Mail zu aktivieren - das lenkt zu sehr von der Arbeit ab.
4. Gehen Sie sparsam mit der Funktion "Antwort an alle" um.
Es besteht die Möglichkeit, die Nachricht an eine Gruppe zu versenden, aus der sich vielleicht nur ein Prozent der Beteiligten dafür interessiert. Der Effekt ist vergleichbar mit einer Fahrt in einem öffentlichen Verkehrsmittel, in dem man gezwungen ist, dem Handygespräch eines Unbekannten zuzuhören. Wer ohne Notwendigkeit allen antwortet, erzeugt außerdem jede Menge elektronischen Müll. Insbesondere, wenn Anhänge mitgeschickt werden, führt das unnötige Versenden an große Verteiler zu Ressourcenproblemen.
5. Sorgen Sie dafür, dass Ihre E-Mail einfach lesbar ist.
Experton empfiehlt, die E-Mail in einem Stil zu verfassen, der einem schriftlichen Dokument (zum Beispiel Geschäftsbrief) gleicht. Grußformel und Unterschrift (Automatische Signatur) sind selbstverständlich. Außerdem sind kurze Sätze sowie - bei längeren Texten - Absätze zu empfehlen.
6. Halten Sie sich an die rechtlichen Bestimmungen für den E-Mail-Verkehr.
In Deutschland gilt seit Anfang 2007 eine neue Rechtsprechung, der zufolge im Anhang Pflichtangaben über das Unternehmen (Rechtsform, Sitz, Registergericht, Geschäftsführung) vorgeschrieben sind. Außerdem kann es manchmal nützlich sein, Angaben zu Urheberrecht, Vervielfältigung oder sonstige Rechtsklauseln anzuhängen. Im Übrigen sollten Unternehmen Regeln für den E-Mail-Verkehr formulieren (E-Mail-Policy), die regelmäßig zu verbreiten sind, damit auch neue Mitarbeiter auf dem Laufenden gehalten werden.
7. Antworten Sie niemals auf Spam.
Eigentlich eine Binsenweisheit, und doch ein immer wieder gemachter Fehler. Viele Spammer statten ihre Nachricht mit einer Opt-out-Funktion aus, indem die Mail im Betreff-Feld vorgeblich mit "unsubscribe" abbestellt werden kann. Für manche Spam-Programme, die für den automatischen Versand des elektronischen Mülls sorgen, bedeutet eine solche Antwort: Der Adressat ist da, er kann mehr Spam in Empfang nehmen.
8. Nutzen Sie Blindkopien, um Dritte zu informieren.
So bleibt der Verteilerkreis im Unklaren darüber,wer die Nachricht noch erhalten hat.
9. Formulieren Sie den Betreff aussagekräftig.
Nur so ragt die Botschaft aus der Fülle der Spam-Mitteilungen heraus, die heute die meisten Postfächer füllen.
10. Keep it simple.
Es gibt heute viele Möglichkeiten, E-Mails aufzuhübschen (Emoticons, Bilder etc.). Versender sollten vorsichtig damit umgehen, da nicht jedes Mail-Programm damit fertig wird und außerdem Ressourcen verschwendet werden. Zudem sind Emoticons mitunter mit Spyware infiziert. Deshalb: Nichts von unbekannten Quellen herunterladen!
11. Nutzen Sie die Features moderner E-Mail-Programme.
Rückruf: Eine E-Mail, die fehlerhaft oder ohne Anhang versandt wurde, wird zurückgerufen. Sparsam verwenden, lieber Botschaften noch einmal genau checken, bevor sie verschickt werden. Oft werden E-Mails schnell geöffnet und lassen sich nicht mehr zurückrufen. <br/><br/> Automatische Antwort: Die Out-of-Office-Funktion ist wirklich nützlich und sollte angewendet werden! Allerdings sollte man sie schnell deaktivieren, wenn man wieder im Büro ist.<br/><br/> Wiederversenden: Manchmal erreichen E-Mails nie den Adressaten, etwa weil der Mail-Server ausfällt. Mit der Resend-Funktion lassen sie sich umstandslos ein zweites Mal verschicken. Vor dem Versand in die Betreffzeile eine Bemerkung wie "zweiter Versuch" einfügen.<br/><br/>Übermittlungsbestätigung: Nice to have, aber nicht zwingend nötig. Funktioniert auch nicht mit jedem E-Mail-System. <br/><br/>Lesebestätigung: Ebenfalls nice to have.
12. Nutzen Sie E-Mails um Gespräche und Diskussionen anschließend zu bestätigen.
Elektronische Post bietet die Chance, sehr schnell Gesprächsergebnisse aus Konferenzen oder Telefonaten zu protokollieren. So lassen sich für alle Beteiligten die Ergebnisse sichern, bezüglich geplanter Maßnahmen sind alle auf demselben Stand. Was schriftlich fixiert wurde, wird von den Beteiligten ernster genommen.
13. Verlassen Sie sich bei dringenden Informationen nicht auf E-Mail.
Dazu lieber das Telefon benutzen. Es gibt keine Garantie, dass eine E-Mail gelesen wird. Oft wird die Nachricht übersehen, die Lektüre wird vertagt oder die Botschaft wird als vermeintlicher Spam gelöscht.
14. Nutzen Sie E-Mails nicht für unangebrachte Kommunikation.
E-Mail für die Verbreitung von Spam zu missbrauchen, ist nicht nur ein Ärgernis, sondern möglicherweise auch noch illegal. Und: In den meisten Fällen kann der Absender schnell ermittelt werden.

Die unterschätzte Last der E-Mails

Mit E-Mails richtig umzugehen, ist aber nicht nur eine Frage des Benehmens. Sondern auch eine von Selbst-Managements. Die australische Forscherin Melissa Gregg vom Institut für Gender and Cultural Studies an der University of Sydney untersuchte Menschen aus Kommunikationsberufen, die teilweise zuhause arbeiteten: "Menschen rufen ihre E-Mails teils rund um die Uhr ab und glauben, nie ihr virtuelles Büro zu verlassen". Die Belastungen, die die permanente Erreichbarkeit mit sich bringt, werden aber von den Betroffenen oft nicht als solche wahrgenommen.

Greggs Untersuchungen fanden in den vergangenen drei Jahren statt, zeitgleich mit der Etablierung der Social Networks wie Facebook und Twitter. Bisher würden die meisten Menschen diese Plattformen als Teil der Freizeitbeschäftigung sehen, in die man sich eher außerhalb der regulären Arbeitsstunden einklinkt. "Speziell für in Büros tätige Menschen sind sie jedoch schon Teil des Berufs geworden. Dieser Wandel ist meist ohne jede Diskussion geschehen, was das für die Arbeitsbelastung bedeutet", so die Forscherin.

E-Mails vom Bett aus

Viele der Interviewten bezeichneten das Abrufen und Versenden von Nachrichten von zuhause aus nicht als Arbeit. Diese Vorgänge würden oft auch noch nachts im Bett oder vor sechs Uhr morgens vor dem Aufwachen der Kinder geschehen, damit man sich in den Bürostunden der "richtigen Arbeit" widmen könne. "Besonders Eltern in Teilzeit-Anstellung halten die E-Mail-Zugänge an ihren arbeitsfreien Tagen offen. Sie tun das, um am Ball zu bleiben und um Kontakte mit Vollzeit-Anstellung nicht unnötig aufzuhalten."

strategien gegen mailflut
Schreiben Sie weniger E-Mails
Jede geschriebene elektronische Nachricht provoziert eine oder mehrere Antworten. Weniger, dafür durchdachter und pointierter formulierte E-Mails rufen weniger Nachfragen hervor.
Formulieren Sie eine klare Betreffzeile
Eindeutige Betreffzeilen helfen allen. Der Empfänger weiß mit einem Blick, worum es geht, der Absender formuliert auch für sich selbst klar sein Anliegen.
Keine Kritik in einer E-Mail
Auch sachlich gemeinte Verbesserungsvorschläge kommen per E-Mail vermutlich falsch an. Das persönliche Gespräch schafft schneller Klarheit und ist in den meisten Fällen weniger verletzend.
Feste Lesezeiten einhalten
Deaktivieren Sie alle akustischen und optischen Signale für eingehende Nachrichten. Die erste Stunde am Morgen sollten Sie für wichtige Aufgaben verwenden und keinesfalls für scheinbar witzige Ketten-Mails von Kollegen. Idealerweise sollten Sie nur dreimal täglich Nachrichten lesen und beantworten.
E-Mails am besten gleich bearbeiten
Am effektivsten ist es, E-Mails nur dann zu lesen, wenn man auch zum Antworten kommt. Die "Sofort-Regel" spart Zeit.
Richten Sie ein Ablagesystem ein
Bearbeitete und beantwortete E-Mails sollten Sie möglichst sofort ablegen. Ins Posteingangsfach gehören nur neu angekommene und ungelesene Nachrichten.
Löschen Sie großzügig
E-Mails löschen wirkt befreiend, selbst wenn der Speicherplatz Ihres E-Mail-Accounts besonders groß ist.
Buchtitel: Wenn E-Mails nerven
Die Ratschläge wurden dem Buch "Wenn E-Mails nerven" von Günter Weick und Wolfgang Schur entnommen. (Zusammengestellt von Ingrid Weidner)

Die Folge dieses Verhaltens sei eine Zunahme versteckter und unbezahlter Arbeit zuhause. "Da Frauen häufiger in Teilzeit oder von zuhause aus arbeiten, verschärft sich somit die ungleiche Bezahlung noch zusätzlich", so Gregg. Stress und Beunruhigung sei bei vielen der Befragten festzustellen, außerdem seien Eltern aufgrund der neuen Kommunikationsformen oft zu abgelenkt oder zu erschöpft, um sich zuhause den Kindern zu widmen. "Einige haben Angst, die Kinder könnten Internet-süchtig werden, dabei zeigten sie selbst alle Anzeichen dafür. Da die Tätigkeiten mit der Arbeit zu tun haben, werden sie nicht als Problem gesehen", so Gregg.

Grundbotschaft der australischen Forscherin ist es, die Situation als strukturelles Problem zu erkennen. "Die meisten halten es für ihr Versäumnis, dass sie nicht mit der Technik und mit der gestiegenen Menge an zu bewältigender Kommunikation gleichzeitig zurecht kommen. Doch das Problem zieht sich quer durch alle Branchen. Daher sollte man es als Problem erkennen, das auf der Strukturebene bewältigt werden sollte, statt die Mitarbeiter zu individuellen Lösungen zu zwingen", betont die Forscherin.