De-Mail und E-Brief

Die Folgen der vereinfachten E-Rechnung

10.08.2011 von Johannes Klostermeier
Die elektronische Übermittlung von Rechnungen ist jetzt auch ohne elektronische Signatur möglich. Raimund Schlotmann von Itella antwortet im Interview mit unserer Schwesterpublikation CIO.

Macht ein neues Gesetz die De-Mail und den E-Postbrief in weiten Teilen überflüssig? Rechnungen sollten ab 1. Juli unter bestimmten Voraussetzungen auch unsigniert verschickt werden können. (Siehe auch Konkurrenz für De-Mail und E-Post).

Allerdings wurde das Steuervereinfachungsgesetz 2011 im Bundesrat abgelehnt. Obwohl die Gründe dafür nicht die Regelungen zu elektronischen Rechnungen betrafen, gilt auch für diese weiterhin die bisherige Rechtslage.

Wann eine erneute Abstimmung erfolgt, ist derzeit ebenso unklar wie die Frage, ob die Regelungen dann noch rückwirkend zum 1. Juli 2011 in Kraft treten. Bis zur endgültigen Verabschiedung ist der Versand von unsignierten Rechnungen per E-Mail also noch mit einem hohen Risiko verbunden.

Raimund Schlotmann von Itella: Nicht abwarten, denn hohe Einsparungen winken.

Ein Interview mit Raimund Schlotmann, Director Business Unit Purchase to Pay and Global Solution Marketing bei Itella Information, einem Spezialisten für Lösungen zur Optimierung und Automatisierung von Rechnungsprozessen. Was Firmen jetzt beachten sollten.

CIO.de: Was bedeutet die Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung für Unternehmen?

Raimund Schlotmann: Die Vereinfachung des Rechnungsprozesses ist wesentlich verbunden mit der elektronischen Übertragung von Rechnungen, denn Papier stellt einen Prozessbruch zwischen Unternehmen dar. Die Tatsache, dass nun die qualifizierte elektronische Signatur (QES) nicht mehr unbedingt notwendig ist, beseitigt eine große Hürde hinsichtlich der Einführung der elektronischen Rechnung.

Durch das kompliziert aufgesetzte Signaturgesetz waren Unternehmen verunsichert und zögerten mit der Einführung. Die Signatur ist aber immer noch eine sehr gute Möglichkeit, die Forderung nach Authentizität und Integrität zu erfüllen. Signaturlösungen stehen einfach und schnell über Service Provider wie unser Unternehmen bereit.

CIO.de: Welche Auswirkungen hat die Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung für den Markt?

Schlotmann: Nach Artikel 5 des Steuervereinfachungsgesetzes ist die qualifizierte elektronische Signatur nicht mehr zwingend notwendig, wenn ein innerbetriebliches Prüfverfahren implementiert ist. Wichtig ist aber, dass man nicht ein kompliziertes Verfahren durch ein neues ersetzt. Die Europäische Kommission hat schon 2009 vorgerechnet, welches wirtschaftliche Potenzial die elektronische Rechnungslegung in sich birgt.

Schon damals wurde darüber gesprochen, die technischen Standards und Gesetze zur elektronischen Rechnungsstellung zu vereinheitlichen. Eine Summe von 18 Milliarden allein an Einsparungen der Verwaltungskosten stand im Raum. Man sollte aber auf keinen Fall warten, um von den Vorteilen elektronischer Rechnungslegung zu profitieren. Ein guter Dienstleister bietet hier heute sofort einsetzbare Lösungen und eine ganzheitliche Optimierung. Elektronische Rechnungsprozesse nur unter dem Blickwinkel der Signatur zu betrachten, greift meines Erachtens viel zu kurz. Zunächst einmal ist es wichtig, dass alle unternehmensinternen Rechnungseingangs- und Rechnungsausgangsprozesse vollständig automatisiert sind.

CIO.de: Wie könnten die geforderten innerbetrieblichen Kontrollverfahren aussehen, die laut der Neuregelung die Echtheit und Unversehrtheit nachprüfbar gewährleisten?

Schlotmann: Ein Abgleich mit der Bestellung und/oder dem Wareneingang reicht hier absolut aus. Wenn klar ist, dass das Gut oder der Service von einem bestimmten Lieferanten zu dem auf der Rechnung angegebenen Preis bestellt wurde, ist der Prozess in meinen Augen ausreichend verifiziert und authentifiziert. Häufig sind ja im Unternehmen bereits individuell zugeschnittene E-Procurement-Lösungen im Einsatz.

Auf der Basis eines solchen Systems ist es leicht möglich, eine elektronische Rechnungslogistikplattform mit der Lösung zu verbinden und diese um das elektronische Mapping der Einkaufs- und Rechnungsdaten zu ergänzen. Durch die Verknüpfung der Plattform mit dem Beschaffungssystem erfolgt dann automatisch der Abgleich der entsprechenden Rechnungspositionen mit der Bestellung und dem tatsächlichem Wareneingang. Bei Übereinstimmung der Daten erfolgt auf Wunsch eine direkte Zahlungsanweisung. Auch weitere Syntax- und Plausibilitätsprüfungen der Daten sind möglich.

Eine Notwendigkeit für E-Post oder De-Mail besteht nicht

CIO.de: Werden durch die neuen Regelungen die De-Mail und der E-Postbrief ein Stück weit überflüssig?

Wenn der Preis stimmt, werden beide Systeme verwendet werden. Denn die Sicherheit ist höher.

Schlotmann: Die Notwendigkeit auf den E-Postbrief oder die De-Mail für den Rechnungsverkehr zurückzugreifen, besteht nicht. Wenn der Preis allerdings stimmt, werden beide Systeme meines Erachtens im Sinne einer erhöhten Sicherheit verwendet werden – sicher aber nicht zum Preis von 55 Cent. Die De-Mail oder der E-Postbrief stehen aber im Gegensatz zu anderen Lösungen, wie sie etwa in Finnland, Dänemark oder der Schweiz auf dem Markt sind, noch ganz am Anfang einer Lernkurve.

Sie werden sich wohl nur dann halten können, wenn die Anbieter eine offene Plattform schaffen, die weitere angeschlossene Services, wie etwa die Verknüpfung mit Onlinebanking oder der Archivierung, zulässt. Bietet man den Endkunden einen elektronischen Briefkasten an, ist ein entsprechendes Archivierungstool idealerweise ein integraler Bestandteil. Gibt es dieses nicht, dann werden die Dokumente im Zweifel doch wieder auf Papier gedruckt - und es ist nichts gewonnen.

CIO.de: Warum war das alles denn vorher anders geregelt?

Schlotmann: Was wir in Deutschland mit dem Signaturgesetz hatten, das gab es so in keinem anderen Land. Was die Adaption von neuen Technologien betrifft, gehen wir in Deutschland ja häufig einen etwas anderen Weg. Wir überlegen es uns immer ganz genau, auch aus Angst vor Kontrollverlust. So haben wir uns schlussendlich das Signaturgesetz geleistet und Innovationen verzögert.

Warum ist die Änderung in der Öffentlichkeit etwas untergegangen?

Schlotmann: Ich denke eigentlich nicht, dass sie untergegangen ist. Es betrifft allerdings nur einen kleinen Kreis, da im B2B-Geschäft bisher nur wenige Unternehmen elektronische Rechnungen versandt haben. Schauen wir mal, was nun mit der elektronischen Durchdringung der Rechnungslogistik passiert.

Am Ende können alle davon profitieren

CIO.de: Wer profitiert davon?

Schlotmann: Im Endeffekt können alle davon profitieren. Denn die Digitalisierung des Rechnungsprozesses bringt enorme Kosteneinsparungen für Versender und Empfänger mit sich. Die Vereinfachung des zugrundeliegenden Prozesses wird die Entwicklung in diesem Bereich vorantreiben.

CIO.de: Ist eine qualifizierte elektronische Signatur immer noch besser?

Die qualifizierte elektronische Signatur bleibt eine gute Möglichkeit.

Schlotmann: Sie ist noch immer eine sehr gute Möglichkeit, die Anforderungen an die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung sowie die Vollständigkeit aller gesetzlich erforderlichen Angaben zu erfüllen.

CIO.de: Was bedeutet das alles für Ihr Unternehmen?

Schlotmann: Für uns als Dienstleister hat diese Gesetzesänderung nur geringe Auswirkungen. Denn wir haben unseren Kunden von je her einen Service angeboten, der alle gesetzlichen Bestimmungen in Europa berücksichtigt. Und auch bei dieser Vereinfachung des Steuergesetzes können sich unsere Kunden darauf verlassen, dass der Rechnungsaustausch über uns gesetzeskonform abläuft. Die größten Verbesserungsmöglichkeiten liegen darüber hinaus in den heute noch papierbasierten unternehmensinternen Prozessen.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.