IT-Trends 2005

Die Flaute ist vorbei

02.12.2004 von Christoph Lixenfeld
Für das kommende Jahr sehen Branche und Analysten die IT-Investitionen im Aufwind. Wichtigste Trends für Mittelständler sind CRM und Datenkonsolidierung.

DIE UNTERNEHMEN geben wieder Geld aus - so lautet die wichtigste Prognose für das IT-Jahr 2005. Für die Anbieter ist das zwar noch kein Anlass zur Euphorie, aber immerhin zu vorsichtigem Optimismus. Wie eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens Forrester Research ergab, wollen 38 Prozent der Unternehmen in Deutschland im kommenden Jahr mehr in IT investieren als 2004. Als positives Signal wertet Manuel Méndez, Associate Analyst bei Forrester, vor allem die Tatsache, dass sich die Firmen bereits wieder über geschäftstreibende Innovationen nachdenken.

Ähnlich analysiert auch Eduard Stupening, Senior Director Consulting bei Meta Group Deutschland, die Situation. Gerade im Mittelstand gebe es einen erheblichen Investitionsstau, weil es seit der letzten großen Modernisierungswelle vor der Jahrtausendwende mit dem 11. September 2001 und dem Absturz der New Economy zwei wichtige Faktoren gegeben habe, die den Unternehmen das Geldausgeben verleideten. Dieser Investitionsstau löse sich langsam auf, wobei aber keineswegs mit einer explodierenden Nachfrage zu rechnen sei. Fasst man die Aussagen der Analysten und Auguren für das kommende Jahr zusammen, dann werden zehn Themen die IT-Diskussion 2005 bestimmen.

Preiswerte Servertechnologie

Größere Unternehmen, die sich noch immer mit klobigen Altsystemen herumplagen, finden kaum noch eine Ausrede, um nicht endlich Tabula rasa zu machen: Kleine, preiswerte Server leisten heute zum Teil mehr als vor wenigen Jahren noch die riesigen Standardsysteme. Und für kleine Unternehmen ist der Einstieg so billig geworden, dass im kommenden Jahr auch die sparsamsten Unternehmenslenker darüber nachdenken können, ihrem Laden endlich ein leistungsfähiges Netzwerk zu verpassen. „Die möglichen Einsparungen können sich auch Mittelständler leicht selbst vorrechnen“, findet Axel Pols, Chefvolkswirt beim Branchenverband Bitkom. Außerdem bestehe hier Nachholbedarf, weil die Hardwareausgaben in den vergangenen beiden Jahren stark gesunken seien. Für 2005 rechnet Bitkom bei Servern der Preisklasse bis zu 20 000 Euro mit einem Umsatzplus von zehn Prozent.

Leistungsfähige Notebooks

Wie eine Bitkom-Umfrage ergab, planen 35 Prozent aller Mittelständler für dieses und das kommende Jahr höhere Investitionen in portable Rechner. Einerseits macht die wachsende Bedeutung mobiler Anwendungen und Lösungen Anschaffungen unvermeidlich, andererseits sinken die Preise etwa für WLAN-fähige Laptops in diesen Monaten rapide - wie sich überhaupt der preisliche Abstand zwischen Business-Notebooks und Business-Desktop-Rechnern weiter verringere. Insgesamt erwartet der Branchenverband Bitkom für 2005 ein Plus von 10,5 Prozent bei den Ausgaben für Notebooks.

CRM für alle

Glaubt man einer Untersuchung der Analysten von Pierre Audoin Consultants (PAC), dann stehen CRM-Lösungen ganz oben auf der Wunschliste von Unternehmen, weil mittlerweile auch fast alle Mittelständler die Bedeutung von Kundenbindungsinstrumenten erkannt hätten. PAC wertet auch diesen Trend als ein Zeichen dafür, dass sich der IT-Markt insgesamt erholt, weil sich die Zeiten ihrem Ende nähern, in denen IT ausschließlich zum Sparen eingesetzt wird.

Untrennbar mit CRM verbunden ist das Thema E-Business: Während in diesem Jahr 61 Prozent der vom Bitkom befragten Unternehmen dem Thema eine hohe Bedeutung beigemessen haben, wird dieser Anteil nach Angaben des Branchenverbands bis 2007 auf 90 Prozent ansteigen. E-Business ist dabei allerdings für die wenigsten ausschließlich ein Synonym für Online-Handel. Vielmehr geht es bei solchen Projekten meist darum, eine geschlossene, IT-gestützte Prozesskette für den Kontakt mit den Kunden zu schaffen. Dabei gehen die Unternehmen mit sehr viel größerem Realismus als früher an solche Vorhaben heran: Die Mehrheit der Unternehmen wäre laut Bitkom schon zufrieden, wenn sich ihr Investment in E-Business innerhalb von ein bis drei Jahren amortisierte.

Der Mittelstand ist in diesem Bereich nicht Mitläufer, sondern Investitionsmotor: Mehr als 40 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen planten, in diesem und im nächsten Jahr mehr für E-Business auszugeben als in den Jahren zuvor. „Mittlerweile hat jeder kapiert, dass die Produkte eine gewisse Reife erreicht haben“, so Axel Pols, Chefvolkswirt des Bitkom.

Ein weiterer Grund für die wachsende Popularität von CRM-Software liegt auch darin, dass sie dem Mittelstand fast immer als Teil komplexerer ERP-Suiten angeboten wird. Deren Preise aber sind insgesamt im Sinkflug, und damit auch die Preise für einzelne Module wie CRM.

ERP braucht Service

Dass sich dem Mittelstand keine riesigen, integrierten Alleskönner- Suiten verkaufen lassen, die den Softwarebedarf sämtlicher Expansionsschritte bis ins Jahr 2015 decken können, wissen mittlerweile auch SAP und Microsoft. Nicht umsonst buhlen die beiden großen Konkurrenten mit speziellen Mittelstandslösungen um die Gunst der kleinen und mittleren Unternehmen. Gleichzeitig bemühen sich aber sämtliche Hersteller, bei Bedarf alles - vom Rechnungswesen über CRM bis zur Produktionssteuerung - selbst im Sortiment zu haben. Denn Mittelständler wollen alles aus einer Hand kaufen, aber schrittweise - und von einem Dienstleister, dem sie vertrauen. Mit den wachsenden Aufgaben sind ERPProgramme insgesamt komplizierter und aufwändiger geworden; entsprechend groß ist die Bedeutung von Service und Support. Zu kleine Systemhäuser werden hier zunehmend überfordert sein. Der Softwarehersteller Sage zum Beispiel reagiert auf diesen Trend, indem er in Zukunft mit weniger Partnern als bisher arbeiten will - dafür aber intensiver.

Größtes Hindernis bei allen E-Business-, CRM-und ERP-Projekten ist aus Sicht der User das Fehlen einheitlicher Standards, wie eine Umfrage ergab, die der Bundesverband der Deutschen Industrie zusammen mit dem IT-Branchenverband Bitkom durchgeführt hat.

Harmonisierung der Daten

Ohne Vereinheitlichung geht nichts mehr, und das hat vor allem zwei Gründe: Erstens arbeiten Unternehmen - freiwillig und unfreiwillig - immer stärker zusammen, weil allein schon die ITgestützten Kunden-Lieferanten-Beziehungen enger werden. Mit diesen Kooperationen und durch die Angst, die Viren- und andere Attacken auslösen, wird auch mehr Managern die Bedeutung eines funktionierenden Identity- Managements bewusst. Und das lässt sich nur mit gepflegten Daten umsetzen. Zweitens brauchen Web-Infrastruktur und Online-Shops Vereinheitlichung. Nach Ansicht von Forrester-Analyst Manuel Méndez erwägen deshalb für 2005 auch kleinere Unternehmen, Application Server anzuschaffen.

Sicherheit

Der Dauerbrenner wird auch im kommenden Jahr die Gemüter beschäftigen, zumal ein neues Bedrohungspotenzial in den Mittelpunkt rückt: Phishing, ein Kunstwort aus Passwort und Fishing, das elektronische Ausspionieren von Passwörtern und anderen Zugangsberechtigungen, entwickelt sich neben Viren und Spam zur dritten Massenplage. Innerhalb nur eines Jahres ist die Anzahl der gemeldeten Phishing-Attacken in Deutschland von 300 auf 200 000 gestiegen.

Und auch Basel II sowie andere Regelwerke zwingen Unternehmen dazu, dem Thema Sicherheit noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Nach Ansicht von Axel Pols vom Bitkom üben sich zwar kleinere Firmen hier beim Investieren noch immer eher in Zurückhaltung als Großunternehmen, aber immerhin gaben im Rahmen einer Bitkom-Umfrage 35 Prozent aller Mittelständler an, im kommenden Jahr hier mehr investieren zu wollen als in der Vergangenheit. Dabei lässt sich die Sicherheitslage eines Unternehmens auch mit relativ geringem Aufwand deutlich verbessern, versichert Stefan Gehrke, Geschäftsführer der Mcert Deutsche Gesellschaft für IT-Sicherheit (www.mcert.de). Regelmäßige Sicherheits-Audits, permanente Aktualisierung der Antivirensoftware, rechtzeitiges Patch-Management sowie die Einführung und Kontrolle von Sicherheitsrichtlinien nennt er als erste Schritte.

Open Source

Der Mittelstand stürzt sich nicht gerade auf quelloffene Software, aber er interessiert sich mehr und mehr dafür. Das zeigte sich auf allen Veranstaltungen der COMPUTERWOCHE Mittelstand in diesem Jahr. Nach Ansicht von Manuel Méndez von Forrester werden solche Anwendungen zunächst in Bereichen getestet, die nicht unternehmenskritisch sind. „Die Nutzer wissen mittlerweile, dass das nicht so kompliziert ist.“ Der Support müsse aber gerade hier stimmen.

Drahtlose Kommunikation

84 Prozent aller Unternehmen, die ein drahtloses Netzwerk nutzen, hatten bisher keine Probleme mit der Sicherheit, wie eine Umfrage von Jupiter Research ergab. Hauptmotiv für den Einsatz dieser Technik, so ein weiteres Ergebnis, sind entsprechende Wünsche der Mitarbeiter. Unter Mittelständlern plane jedes fünfte Unternehmen, den WLAN-Einsatz im kommenden Jahr auszuweiten. Der Markt für mobile Applikationen im Unternehmenseinsatz wird in den kommenden Jahren insgesamt deutlich anwachsen, davon gehen sämtliche Auguren aus.

Outsourcing

Das Standardisieren und Vereinheitlichen von Daten und Prozessen erleichtert das Outsourcing. Diese Erkenntnis gewinnen auch kleinere Unternehmen. Da sie allerdings bei einer Auslagerung häufig sämtliches ITKnow- how aus der Hand geben, besteht die Gefahr, dass sie damit die Kontrolle über die Prozesse verlieren. Darauf weist Deutsche Bank Research hin. Experten empfehlen daher selektives Outsourcing von Teilbereichen wie E-Mail-Filtering, Web-Hosting oder Help-Desk-Management.

Neue Preismodelle

Selbst kleinere ERP-Suiten werden in letzter Zeit auffallend häufiger als Mietsoftware angeboten, weil die Firmen hohe Anfangsinvestitionen scheuen. Dahinter steckt der Wunsch, nur für das zu bezahlen, was man wirklich nutzt. „Solche Modelle werden im kommenden Jahr ein essenzieller Trend sein“, so Forrester-Analyst Manuel Méndez. Im Rahmen einer Umfrage des Unternehmens hätten 66 Prozent der befragten Firmen angegeben, dass sie IT-Leistungen gerne „per Usage“ kaufen würden. „Eigentlich sind alle mit ihren Bezahlmodellen unzufrieden. Außer jenen 31 Prozent der Befragten, die schon heute per Usage abrechnen“, so Méndez.