Management-Beratung

Die fetten Jahre der Consultants sind vorbei

23.12.2009 von Sabine Prehl
Der Beratungsgeschäft betritt Reifephase. Dabei gewinnen alte Werte wieder an Bedeutung.

Die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise bekommen auch Management-Beratungen zu spüren. Der Markt befindet sich im Umbruch. Wohin die Reise geht und wie die Anbieter Portfolio und Firmenphilosophie neu ausrichten könnten, darum geht es in einem Thesenpapier, die das Schweizer Meta-Consulting-Unternehmen Cardea, die Wissenschaftliche Gesellschaft für Management und Beratung in Bonn (WGMB) und die Lünendonk GmbH gemeinsam erstellt haben. Darin stellen die Experten die folgenden zehn Thesen zur Diskussion.

(1) Markt tritt in die Reifephase ein

Die Beraterbranche muss einen deutlichen Einbruch ihres Geschäfts verkraften. Dabei handelt es sich nicht um ein vorübergehendes Phänomen. Vielmehr geht der Beratungsmarkt zunehmend von der Wachstums- in eine Reifephase über. Das bedeutet, dass nicht mehr mit den in der Vergangenheit erzielten Wachstumsraten zu rechnen ist. Die Marktentwicklung wird sich zwar nach wie vor am Bruttoinlandsprodukt orientieren, aber nicht mehr exorbitant oberhalb des Wirtschaftswachstums verlaufen.

(2) Berater verlieren Nimbus als Vordenker

Vor allem in Branchen, in denen die großen Management-Consultants den Hauptteil ihres Geschäfts erwirtschaften - im Finanzsektor, der TK-Branche und der Energiewirtschaft - ist der intellektuelle, kreative Anteil der Beratungsleistung gering. Hier haben sich die Berater ihren Platz nicht als innovative Vordenker erarbeitet, sondern waren vor allem operativ erfolgreich.

(3) Die Honorare am Markt sinken

Die bislang üblichen Tagessätze sind vor diesem Hintergrund nicht mehr zu rechtfertigen. Angesichts der zunehmenden Markttransparenz, der steigenden Professionalisierung der Kunden sowie der weltweiten Krise wird sich der Druck auf die Honorare verstärken. Dazu trägt auch bei, dass Interims-Manager und andere Dienstleister die Umsetzungsarbeit oft preiswerter anbieten.

Geschäftsmodelle und Know-how

(4) Neue Geschäftsmodelle gefragt

Mit den sinkenden Tagessätzen stehen die Unternehmensstrukturen der großen Strategieberater auf dem Prüfstand. Kurze Karrierewege, ein wesentlicher Anreiz bei der Rekrutierung von Nachwuchskräften, werden bei moderatem Marktwachstum kaum noch realisierbar sein.

(5) Größe und Know-how sind entscheidend

Der Trend zur Größe wird anhalten. Im globalisierten Umfeld müssen Unternehmen ein umfassendes Wissen über fremde Märkte und Kulturen aufbauen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen die Beratungshäuser selbst globale Präsenz zeigen, was eine gewisse Mindestgröße der Organisation voraussetzt. Hinzu kommt, dass die Verflechtung von Unternehmensfunktionen zunimmt. Eine ganzheitliche Betrachtung erfordert interdisziplinäre Spezialisten, die sich meist nur große Beratungshäuser leisten können. Zudem müssen die Anbieter wegen des zunehmenden Implementierungsanteils am Consulting-Geschäft für längerfristige Projekte umfassende Personalkapazitäten bereitstellen können. Zwar können auch kleinere, spezialisierte Beratungsfirmen nach wie vor lukrative Nischen besetzen. Die Struktur entspricht jedoch immer mehr der eines klassischen Dienstleistungsmarkts, das heißt: eine starke Spitzengruppe und ein atomisierter Restmarkt.

Was die Zukunft bringt

Für die Zukunft prognostizieren die Experten von Cardea, Lünendonk und WGMB dem Beratungsgeschäft die folgenden Entwicklungen:

(1)Beratung muss wertschöpfend sein

Management-Beratung hieß früher, den Kunden innovative Lösungen zu aktuellen und künftigen Herausforderungen bereitzustellen. Diese Rolle ist nach wie vor wichtig und wird von den Anwendern auch gefordert - allerdings immer häufiger in Verbindung mit ergebnisorientierten Empfehlungen und praktischen Tipps für die Umsetzung. In Krisenzeiten haben Unternehmen keine Zeit für lange Analysen und Konzeptionsphasen. Verlangt wird eine schnelle Umsetzung. Die Beraterleistung wird zunehmend an den konkreten Wertschöpfungsbeiträgen gemessen; die Consultants sollen helfen, im Wettbewerb zu überleben oder erfolgreicher am Markt zu agieren.

(2) Renaissance alter Werte

Die Vertrauenskrise auf den Finanzmärkten hat eine Renaissance "alter" Werte und die Besinnung auf ethische und nachhaltige Prinzipien der Geschäftsführung zur Folge. Berater wie Kunden müssen sich bemühen, das negative Image des Kapitalismus zu korrigieren. Auch gegen ihren Ruf als "abgehobene Besserwisser" sollten die Consultants ankämpfen.

(3) Weiche Faktoren werden wichtiger

Mit der wachsenden Verantwortung der Unternehmensberater für nachhaltige Ergebnisse bei ihren Kunden werden "weiche" Faktoren wie Teamfähigkeit, partnerschaftliche Zusammenarbeit, gemeinsame Lösungsfindung, Akzeptanz und Mitarbeitermotivation einhergehen.

(4) Globalisierte Beratung

Die Beratungshäuser sollten ihre Kunden dabei unterstützen, die globalen Chancen zu nutzen und sich auf die damit einhergehenden Veränderungen einzustellen. Sie sollten aber auch selbst so aufgestellt sein, dass sie ihren Kunden grenz- und kulturüberschreitende Consulting-Leistungen anbieten können.

(5) Management wird "virtueller"

Um Kosten zu sparen und zum Klimaschutz beizutragen, reduzieren immer mehr Unternehmen die Reisetätigkeit ihrer Manager. Damit müssen nicht nur die internen Führungskräfte ihre Arbeitsweise neu organisieren. Auch externe Berater werden angehalten, weniger zu reisen. Insgesamt reduziert sich die Präsenz der Consultants bei ihren Kunden zunehmend auf die wesentlichen Aufgaben.