Mobiler Zugriff noch selten

Die Fehler beim ERP-Einsatz

19.07.2012 von Christiane Pütter
Schulen Firmen Mitarbeiter nicht im Umgang mit ERP-Software, erfüllen sie seltener Liefertermine, der Monatsabschluss dauert länger – so eine Aberdeen-Umfrage.
Wachstumserwartungen großer Firmen und Mittelständler laut Aberdeen-Umfrage
Foto: Aberdeen

Die Zeichen stehen wieder auf Wachstum - zumindest erwarten Unternehmen das. Der US-Marktforscher Aberdeen fragte in der Studie "ERP in SME 2011" mehr als 300 international tätige Firmen nach ihren Einschätzungen für das laufende Jahr. Dabei zeigen sich insbesondere Mittelständler optimistisch.

Ein paar Zahlen: Große Unternehmen (laut Aberdeen jeder ab 500 Millionen Euro Jahresumsatz) halten ein Umsatzwachstum von zehn Prozent für realistisch. Mittelständler tippen auf 14 Prozent. Große Unternehmen erwarten eine Steigerung des IT-Budgets um vier Prozent, Mittelständler um sechs Prozent. Beim Mitarbeiterstab rechnen große Firmen mit einem Plus von vier Prozent, der Mittelstand mit sieben Prozent.

Dieses Wachstum soll gemanagt werden. Laut Aberdeen rücken damit Lösungen zum Enterprise Resource Planning (ERP) in den Fokus. Unter den befragten Mittelständlern nutzen derzeit 77 Prozent eine ERP-Anwendung. Für die Analysten ist ERP damit kein Thema nur für Großkonzerne mehr.

Unabhängig von der Unternehmensgröße wollten die Analysten wissen, welche Erwartungen Entscheider an ERP stellen. Die Antworten lassen vermuten, dass die Lösungen als eine Art Super-Katalysator auf allen Gebieten wirken sollen. Die Angaben sind ziemlich unspezifisch.

Treiber für ERP laut Aberdeen-Umfrage
Foto: Aberdeen

So erklären 40 Prozent der Befragten, ERP solle helfen, "das erwartete Wachstum zu managen". 34 Prozent versprechen sich zusätzlich Kostensenkungen. 32 Prozent wollen allgemein die Erfahrungen der Kunden verbessern.

Genauer auf den Punkt gebracht sind zwei weitere Angaben: 18 Prozent der Befragten wollen die Zusammenarbeit geografisch verstreuter Standorte verbessern. 15 Prozent wollen schneller auf Fragen von Endverbrauchern reagieren können.

Soweit zu den Erwartungen. Ein Vergleich der ERP-Anwender zeigt jedoch, dass nicht jedes Unternehmen die Möglichkeiten der Software gleichermaßen zu nutzen weiß.

2,7 Tage für einen Monatsabschluss - oder 8,5

Bei diesen Vergleichen folgt Aberdeen stets demselben Schema: Die Studienteilnehmer werden drei verschiedenen Kategorien zugewiesen. Die besonders Erfolgreichen dürfen sich "Best in Class" (Bic) nennen. Sie stellen 20 Prozent des Feldes. Die mit den schlechtesten Ergebnissen gelten als "Laggard" (deutsch: Trödler). Sie machen 30 Prozent aus. Der Rest bildet das Mittelfeld ("Average").

In dieser Studie heißt das: Die Bics brauchen für einen Monatsabschluss 2,7 Tage. Laggards dagegen sind 8,5 Tage beschäftigt. Die Musterschüler erfüllen ihre Liefertermine zu 96 Prozent - die Nachzügler zu 79 Prozent. Und während die Erfolgsfirmen angeben, ihre Umsatzrendite in den vergangenen zwei Jahren um 21 Prozent gesteigert zu haben, sprechen die Schlusslichter von Stagnation.

Die Analysten wollten wissen, woran das liegt. Die Unterschiede scheinen nicht in der Software an sich begründet, sondern im Umgang damit. Konkret: 57 Prozent der Bics schulen ihre ERP-Nutzer mittels Onboarding-Prozessen. Unter den Laggards sind es mit 37 Prozent deutlich weniger. 61 Prozent der Musterschüler geben an, "quantifizierbaren Nutzen" der ERP-Implementierung zu messen. Bei den Nachzüglern sind es nur 26 Prozent.

73 Prozent der Bics erklären, jederzeit Einblick in den kompletten Order-Prozess zu haben. Von den Laggards sagen das nur 28 Prozent. Außerdem geben 60 Prozent der Klassenbesten an, jeder Marketing-/Sales-Mitarbeiter habe Einblick in sämtliche Kundendaten. Bei den Trödlern sind es 14 Prozent.

Zugriff von Smartphone und iPad

Rund jeder dritte Bic bezieht mobile IT ein: 34 Prozent ermöglichen den Nutzern von Handhelds aus Zugriff auf das ERP-System. Unter den Laggards gilt das für 18 Prozent. (Bei dieser Frage sind Laptops/Notebooks nicht miteingerechnet).

7 ERP-Produkte im Vergleich
Sieben ERP-Produkte im Vergleich
Der Contest, in dem alle Produkte einen Parcour mit acht Testszenarien durchlaufen musste, hat die Stärken und Schwächen der jeweiligen Produkte offenbart. Hier finden Sie eine kurze Zusammenfassung.
APplus von der Asseco Germany AG
Der ERP-Anbieter Asseco hat seine Software-Suite APplus ins Rennen geschickt. Sie richtet sich an Anwender aus den Branchen Produktion, Dienstleistung, Service und Großhandel.
APplus
Stärken <br> + praxisnah<br> + gute Benutzerführung<br><br> Schwächen<br> - Definition des Kalkulationsschemas mit Skripten ist umständlich<br> - Rechnungswesen nur funktional integriert
Canias ERP von der Industrial Application Software GmbH
Das betriebswirtschaftliche Standardpaket Canias ERP von Industrial Application Software ist für mittelständische Anwender vorgesehen.
Canias ERP
Stärken<br> + moderne Architektur<br> + kompakt konstruiert<br><br> Schwächen<br> - Web Shop fehlt<br> - in manchen Abläufen eher etwas konventionell
Epicor 9 von der Epicor Software Deutschland GmbH
Epicor wirbt für seine gleichnamige Softwarelösung mit einer flexiblen und kollaborativen Architektur.
Epicor 9
Stärken<br> + SOA-basierend<br> + Multi-Site-System<br><br> Schwächen<br> - manche Abläufe müssen erst individuell eingerichtet werden
M3 von der Lawson Software Deutschland GmbH
Lawson Software war mit dem ERP-Produkt M3 vertreten. Die Lösung lässt sich um viele Branchenlösungen ergänzen.
M3
Stärken<br> + „echtes“ Multi Site-System<br> + Navigation und Benutzerführung<br><br> Schwächen <br> - in manchen Abläufen eher konventionell<br> - PLM wurde nicht vorgestellt
Microsoft Dynamics AX von der Inway Systems GmbH
Microsoft mischt seit geraumer Zeit mit Dynamics AX den ERP-Markt auf. Im Contest wurde die Lösung vom IT-Partner Inway Systems vorgestellt.
Microsoft Dynamics AX
Stärken<br> + Flexibilität bei der Individualisierung<br> + international einsetzbar<br><br> Schwächen<br> - manche Funktionen sind nur im Prinzip vorhanden
SAP ERP von der T.CON GmbH & Co. KG
SAP stellt den Klassiker im ERP-Geschäft. Beim Contest trat der SAP-Partner T.CON an und präsentierte die ERP-Lösung.
SAP ERP
Stärken<br> + vollständige, umfassende, integrierte Lösung<br> + übersichtliche Benutzeroberfläche<br><br> Schwächen<br> - wirkt in manchen Abläufen etwas aufwändig<br> - Projekt-Management operiert etwas isoliert
Semiramis Comarch ERP Enterprise von der SteinhilberSchwehr AG
Semiramis ist eine etablierte ERP-Lösung von Comarch. Präsentiert und installiert wurde sie vom IT-Dienstleister SteinhilberSchwehr.
Semiramis Comarch ERP Enterprise
Stärken<br> + gute Navigation über Vorgangsketten<br> + unmittelbare Einbindung der Geschäftspartner<br><br> Schwächen<br> - Rechnungswesen wurde nicht vollständig präsentiert<br> - teilweise sehr konventionelle Prozessabläufe

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation CIO. (ph)