Hyperkonvergente Infrastrukturen

Die Evolution im Rechenzentrum ist im vollen Gange

27.03.2017 von Ulf  Schade
Hyperkonvergente Infrastrukturen (HCI) vereinen Server, Storage, Netzwerk und Virtualisierung in einer Appliance - und verändern so das traditionelle Rechenzentrum. Um aber vom Einsatz solcher Hyper-Converged-Infrastructure-Systeme zu profitieren, müssen Sie einige Dinge beachten.

Bis zum Jahr 2019 erwarten die Analysten von IDC und Gartner ein durchschnittliches Wachstum von 60 Prozent jährlich im Markt für hyperkonvergente Systeme. Während es zu Beginn in den meisten Fällen vielen Unternehmen darum ging, die Technologie hinter dem Thema Hyperkonvergenz zu verstehen, zeichnen sich mittlerweile zunehmend konkrete Projekte ab.

Veränderung des Infrastrukturmarktes

Hyperkonvergente Systeme werden den Infrastrukturmarkt in Zukunft grundlegend verändern. Allerdings wird es eine Weile dauern, bis alle Einzelsysteme, Anwendungen und konvergente Infrastrukturen in den heutigen Rechenzentren ersetzt sind. Der wesentliche Vorteil der zentralen, vereinfachten Verwaltung der Systeme ist zugleich eine der größten Herausforderungen in den IT-Abteilungen, die heute oftmals noch in den getrennten Fachbereichen Virtualisierung/Compute, Netzwerk und Speicher organisiert sind.

Hyper Converged-Infrastructure - was ist das eigentlich?
Jonas Rahe, Manager Data Center Sales Germany; Cisco Deutschland:
"Die Hyper-Converged Infrastructure ist sozusagen eine Converged Infrastructure mit Zusatzfunktionen wie Weitverkehrsbeschleunigung, Deduplizierung, Caching oder VPN Acceleration."
Hans Schramm, Field Product Manager Enterprise; Dell:
"Das Spannende an einem Hyperconverged-Konstrukt ist, dass hier viele oder auch sehr viele konvergente Bausteine – sprich Server – intelligent miteinander verbunden werden. Ein Hyperconverged-Rechenzentrum besteht nur noch aus Servern, ohne jegliche externe Storage-Produkte wie Arrays, JBODs oder SAN-Switche."
Ingolf Wittmann, Technical Director, IBM Deutschland:
"Das sind hochintegrierte IT-Systeme, die komplette Infrastrukturen für dedizierte Zwecke abbilden. Es gibt einen Trend, diese Infrastrukturen als reine Software-Appliances über Infrastructure–as-a-Service (IaaS-Ansätze) zur Verfügung zu stellen."
Paul Höcherl, Solution Sales Exec; Lenovo:
"Converged führt einzelne Komponenten einer Infrastruktur zusammen (LAN und SAN zu converged/FCoE). Hyperconvergecd geht eine Stufe weiter und integriert den Storage-Teil in den Server. Über die Software werden dann die Server zu Verbünden zusammengeschlossen, was früher nur mit SAN -Technologie möglich war."
Thomas Muggendobler, Product Manager Storage; Thomas Krenn AG:
"Hyperkonvergente Systeme erreichen die Konvergenz durch einen Virtualisierungs-Software, welche in der Regel auch die zentralisierte Verwaltung zur Verfügung stellt."

Einfache Verwaltung und hohe Skalierbarkeit

Hyperkonvergente Lösungen lassen sich deutlich einfacher verwalten und sind hoch skalierbar. Denn konvergente Systeme wie vBlock, FlexPod oder Computacenter BloCC-Lösungen bestehen aus Standardkomponenten von Server, Netzwerk und Speicher. Alle diese Elemente bringen einen Elementmanager mit und werden dann über eine Overlay-Systemmanagement-Komponente zum Anwender hin abstrahiert.

Bei hyperkonvergenten Systemen lassen sich die externen Speichersysteme durch einen Verbund von direkt angeschlossenen Speicherkomponenten (distributed Direct Attached Storage - DAS) ersetzen. Zusätzlich wird die gesamte Administration und Verwaltung der Systeme in ein Managementwerkzeug verlagert. Bei einigen Herstellern ist das ein spezifisches Tool, bei anderen Bestandteil des HyperVisor-Managements. Neben den administrativen Einsparungen werden durch den Wegfall von Speichersystemen sichtbar positive Effekte beim Platz-, Strom- und Kühlbedarf im Rechenzentrum realisiert.

Betriebsorganisation ist größte Herausforderung

Die größte Herausforderung für IT-Abteilungen liegt in der Betriebsorganisation. Denn neben der voranschreitenden Automatisierung des IT-Betriebes liefern HCI-Systeme einen technischen Beschleuniger auf dem Weg hin zu einer integrierten IT-Organisation. HCI-Systeme lassen sich nur noch zentral von einem IT-Team betreiben. Daher wird die Einführung sicherlich nicht völlig geräuschlos ablaufen. Am Ende profitieren Unternehmen aber von erheblichen Effizienzgewinnen und einem weiterentwickelten IT-Team.

Tipps für eine erfolgreiche Einführung einer hyperkonvergenten Infrastruktur

Server, Virtualisierung und Data Center 2017
Uwe Müller, Head of Sales & PreSales Datacenter; Cisco
"Im kommenden Jahr werden von Intel und AMD neue Prozessoren auf den Markt kommen, die einen weiteren Wettlauf um die optimale Performance-Nutzung auslösen."
Lars Göbel, Leiter Vertrieb & IT-Services; DARZ GmbH
“IT-Verantwortliche werden sich verstärkt damit auseinandersetzen, die eigene IT-Infrastruktur flexibler und agiler zu gestalten. Bestehende Komplexität zwischen parallel agierenden IT-Lösungen ist für Unternehmen zunehmend ineffizient – ein Silo-Denken von IT-Lösungen antiquiert."
Peter Duemig, Sr Server Product Manager Dell EMC
Die Trend-Themen für das kommende Jahr im Bereich Rechenzentrum sind weiterhin Converged- oder Hyper-Converged-Infrastructure-Lösungen. Auch der Trend Software-Defined wird sich noch einmal verstärken."
Udo Würtz, Chief Evangelist Data Center Business EMEIA, Fujitsu
"Für IT-Verantwortliche in Rechenzentren wird das Software Defined Data Center (SDDC) weiter an Bedeutung zunehmen. Bereitstellung, Betrieb, Wartung und Erweiterbarkeit von IT-Ressourcen erfolgen zukünftig softwaregestützt. Durch SDDC geraten Blade-Systeme an die Grenzen ihrer Möglichkeiten und werden daher an Bedeutung verlieren."
Stefan Weber, Strategic Sales Consultant HPE Server, Hewlett Packard Enterprise
Das Thema Software Defined Everything und in dem Zusammenhang Composable Infrastructure wird ein wichtiges Thema in 2017 sein. Im Hinblick auf Virtualisierung gewinnen neben den klassischen virtuellen Maschinen Container-Technologien (beispielsweise Docker) an Bedeutung."
Ingolf Wittmann, Technical Director, CTO & Leader of HPC Europe; IBM Deutschland GmbH
“Server- und Storage-Virtualisierung hat sich am Markt durchgesetzt und speziell im Storage-Umfeld auch das Thema "Software Defined". Die Netzwerktechnologie hat hier ein Stückweit einen Nachholbedarf. Auf bahnbrechende Neuerungen müssen sich hier Kunden nicht einstellen, aber das Thema Software Defined speziell auf Datacenter-Ebene mittelfristig auf der Agenda haben.“
Paul Höcherl, Produkt Manager DACH für System X; Lenovo
"Zum einen wird Bewegung in den Bereich Cloud kommen und das gilt für Private Cloud, Private Cloud als auch Hybrid-Lösungen. Ferner konnten wir eine Etablierung des Thema Hyperconverged Computing feststellen, so dass es hier zu wachsender Nachfrage kommen wird."
Dr. David Höflmayr, CEO; Thomas-Krenn AG
"Im Rechenzentrum bringen die verlangte Packungsdichte der Server und immer stromhungrigere Prozessoren herkömmliche Kühlkonzepte an ihre Grenzen. Speziell in Deutschland kommen die hohen Stromkosten hinzu. Wir erwarten deshalb, dass Flüssigkühlkonzepte aus dem High Performance Computing langsam in das Mainstream-Rechenzentrum wandern."

In nahezu allen Anwendungsszenarien einsetzbar

Hyperkonvergente Systeme stellen eine gute Alternative zu traditionellen Rechenzentrumsarchitekturen dar. Sie spielen vor allem im Bereich der virtualisierten x86-Umgebung eine wichtige Rolle. Die Abbildung nicht virtualisierter Applikationen wie physischer und spezieller Workloads wie beispielsweise Mainframe liegen dagegen nicht im Anwendungsspektrum von HCI-Infrastrukturen.

HCI-Systeme sind auch ein evolutionärer Schritt hin zu "Composable Infrastructures" und Software Defined Anything (SDx). HCI-Systeme lassen sich nach Angaben der Hersteller in fast allen Anwendungsszenarien einsetzen. Allerdings hat Computacenter in den letzten beiden Jahren vornehmlich Projekte in den Bereichen DMZ, Außenstellen, VDI und LifeCycle im Rechenzentrum durchgeführt. (hal)