Die Chancen von RFID

24.10.2006
Psion Teklogix ist weltweit in den Bereichen Mobile Computing und drahtlose Datenerfassung aktiv. Das Unternehmen engagiert sich schon seit 15 Jahren im Bereich RFID und arbeitet auch im Standardisierungsgremium EPCglobal mit. Jürgen Heim, Managing Director der Psion Teklogix GmbH, im COMPUTERWOCHE-Interview zu den Chancen der Funktechnologie.

Computerwoche: Ist RFID ein Hypethema, das gerade abgeflaut ist, - oder steht der
wirkliche Hype erst noch bevor? Nach dem Gartner Hypecycle ist das ja eigentlich völlig normal, so dass man erwarten kann, dass die Technologie bald wieder ganz oben ist.

Jürgen Heim: Rein marketingmäßig war RFID als Hypethema sicher schon einmal stärker präsent. Wir beschäftigen uns schon seit 15 Jahren mit dem Thema. Von der Business-Seite her spüren wir in den vergangenen 18 Monaten eine verstärkte Nachfrage nach RFID-Lösungen. Der Hype ist ja von Metro und Wal-Mart durch den Einsatz offener Systeme über die ganze Logistikkette hinweg getrieben worden. Wir hingegen bieten vor allem Systeme im geschlossenen Bereich an.

Computerwoche: Woher kommt diese Nachfrage, die Sie erwähnen?
Jürgen Heim: Das hat mit den fallenden Preisen der RFID-Tags zu tun. Und: Es werden immer neue Anwendungsgebiete entdeckt. Dazu kommt, dass es auch immer mehr Referenzen und Erfahrungen gibt. Wir sehen die steigende Nachfrage speziell in den Geschäftsbereichen Positionierungssysteme für Flurförderfahrzeuge und allem, was mit Tracking im Behältermanagement und von Transporthilfsmitteln zu tun hat.

Computerwoche: Was sind die Vorteile Ihrer Firma bei RFID?
Jürgen Heim: Wir können nicht nur RFID anbieten, sondern auch andere Technologien. RFID muss man für die kommenden Jahre als eine ergänzende Technologie sehen, die den Barcode nicht ersetzen wird. Man sollte RFID auch nur dort einsetzen, wo es wirklich Sinn macht. Wir bieten sowohl traditionelles belegloses Kommissionieren mit Scannertechnologie, Pick by Voice als auch RFID an. Unsere Handheld-Produkte und Gabelstapler-Terminals sind modular aufgebaut. Die Kunden können also mit Scannern beginnen und dann auf RFID migrieren.

Computerwoche: Arbeiten Sie auch am Standard für RFID mit?
Heim: Ja, wir sind aktives Mitglied von EPCglobal. Und wir verfügen über ein eigenes RFID-Labor. Deswegen können wir heute schon zertifizierte Handhelds mit der EPCglobal-Luftschnittstellenbeschreibung UHF Gen2 anbieten.

Computerwoche: Wer sind die Hauptkunden für RFID? Handel und Logistik?
Heim: Aus unserer Sicht ist es weniger der Handel, sondern mehr die Logistik. Dort registrieren wir derzeit eine steigende Nachfrage.

Computerwoche: Was kann RFID leisten, und was nicht?
Heim: Gute Beispiele sind Containerverfolgung, Behältermanagement oder Müllentsorgung So gibt es etwa wetteresistente Transponder; ich kenne aber noch keine Barcodes, denen das Wetter nichts ausmacht. Wir setzen RFID bei uns auch selbst in der Service-Logistikkette ein. Bei Reparaturen bieten wir den Kunden RFID-Tags an, die sie in die Reparatur-Pakete legen können. Wenn diese bei uns eingehen, können wir automatisch erkennen, welche mögliche Durchlaufzeit von ein bis drei Tagen der Kunde bestellt hat.

Computerwoche: Welche technischen Probleme müssen noch überwunden werden, damit sich RFID als Anwendung auf breiter Front durchsetzen kann?

Heim: Auf der einen Seite spielt natürlich der Preis eine Rolle. Das ist aber bei jeder anderen Technologie genauso. Wenn ein Unternehmen, das derzeit Barcodes nutzt, RFID einsetzt, kann es die Software nicht 1:1 übernehmen. Es sind dort erhebliche Investitionen notwendig. Man kann wesentlich mehr Informationen speichern, lesen und schreiben. Die Software muss diese Informationen verarbeiten können. Der Kunde muss sich deshalb vorher darüber im Klaren sein, welche Informationen er wirklich benötigt, was er damit anfangen will und welche Vorteile sich für ihn daraus ergeben. Dazu kommen fehlende Standards und die noch keine hundertprozentige Lesegenauigkeit bei der Bulk-Erfassung mehrerer Tags durch Gates. Es gibt immer noch Beeinflussungen etwa durch Wasser und Metall sowie schwankende Leserreichweiten.

Computerwoche: Es fallen durch RFID erheblich mehr Daten an, die erst einmal verarbeitet werden wollen.
Heim: Ja, wesentlich mehr. Wenn man sich den Zeichensatz im Vergleich zum Barcode anschaut, ist klar, dass man mit RFID wesentlich mehr Informationen - gerade auch die Rückverfolgbarkeit betreffend - speichern kann. Darüber sollten sich die Kunden bewusst sein. Man kann zwar wesentlich mehr damit machen, muss sich aber auch kritisch fragen: Benötige ich das wirklich, und welche Geschäftsvorteile habe ich dadurch?

Computerwoche: Wann wird RFID überall eingesetzt werden?
Heim: RFID gibt es ja schon sehr lange, seit über einem Jahrzehnt. Die nächsten zehn bis 15 Jahre wird aber Barcode immer noch das größere Geschäftsfeld sein. Es wird einen schleichenden Prozess geben, wo RFID zunächst ergänzend zu RFID eingesetzt werden wird - eine Art langsamer Migration.

Computerwoche: Was bewirken die Lösungen bei den Kunden, welche Vorteile haben sie?
Heim: Die Berliner Wasserbetriebe etwa setzen RFID-fähige Handhelds von uns für ihr mobiles Anlagenmanagement ein. Das Unternehmen verfügt über 60 000 bewegliche Wirtschaftsgüter, die alle mit Transpondern gekennzeichnet sind. Der Nutzen besteht aus einem verbessertem Anlagemanagement, effizienteren Inventurprozessen, höherer Produktivität und besserer Datenqualität.

Persönlich

Jürgen Heim (42) stieg 1999 bei Psion Teklogix zunächst als Sales & Marketing Manager ein. Seit 2003 ist er Deutschland-Chef der Psion Teklogix GmbH, zunächst als Country Manager, heute als Managing Director. Heim ist bereits seit 1988 in der IT-Branche tätig.

Unternehmen

Psion Teklogix ist ein globaler Anbieter von Lösungen in den Bereichen Mobile Computing und drahtloser Datenerfassung. Psion Teklogix engagiert sich dafür, dass die Kunden die Vorteile neuer und künftiger Technologien wie RFID nutzen können. Der Hauptsitz befindet sich in Mississauga (Ontario, Kanada). Weitere Unternehmenssitze befinden sich in den USA, Europa und Asien. Psion Teklogix ist das Betriebsunternehmen von Psion PLC.

Das RFID-Paddle-Lesegerät von Psion Teklogix wurde für die schnelle Datenerfassung und effiziente Abwicklung von Inventarfunktionen entwickelt. Mit einer Handbewegung überträgt es über ein Drahtlos-Terminal RFID-Etikettendaten von Stapeln von Plastikbehältern, Paletten oder anderen Beständen in eine Datenbank.