13. Ministerialkongress zur Verwaltungsmodernisierung

Die besten E-Government-Projekte

23.09.2008 von Nicolas Zeitler
Die digitale Abwicklung von Bauanträgen im Landkreis Harburg ist deutschlandweit die kundenfreundlichste Anwendung im E-Government. Das beste Gesamtkonzept im E-Government ist in Rheinland-Pfalz zuhause. Ausgezeichnet wurden in Berlin auch Projekte der Stadt Köln und des österreichischen Finanzministeriums.
In vier Kategorien kürten Cisco und Bearingpoint Sieger im E-Government-Wettbewerb. Den Publikumspreis gewann die Stadt Köln. In der Stadt am Rhein können die Bürger übers Internet Vorschläge für die Haushaltsplanung einreichen.
Foto: Stadt Köln

Vollkommen digital und papierlos werden Bauanträge, Bauvoranfragen und Baugenehmigungen im Landkreis Harburg abgewickelt. Das Projekt mit dem Titel "Bauflow" wurde beim achten E-Governement-Wettbewerb von Cisco und dem Beratungsunternehmen Bearingpoint als kundenfreundlichste Anwendung ausgezeichnet. Die Jury überzeugten die durch "Bauflow" möglichen Zeit- und Kostenersparnisse. Wer Bauanträge papierlos einreichen will, braucht nur eine digitale Signatur und kann dann übers Internet sein Ersuchen einstellen. Sowohl der Bürger als auch die beteiligten Dienststellen können jederzeit auf den Antrag zugreifen und sich über den Verlauf des Verfahrens erkundigen.

Die Baubehörde sagt dem Bürger einen verbindlichen Bearbeitungszeitraum von drei Wochen zu. Als Vorteile für die Verwaltung stellte die Jury heraus, dass Druck- und Portokosten eingespart werden und weniger Platz für die Archivierung von Unterlagen nötig ist.

Strahlende Gesichter bei der Preisverleihung: Anke Paulick (Landkreis Harburg), Jon Abele (Bearingpoint), Joachim Bordt (Landkreis Harburg), Dr. Wilhelm Schachel (Bundesministerium der Finanzen Österreich), Dorothea Rimbach und Jürgen Häfner (beide Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz), Guido Kahlen (Stadt Köln) und Willy Kaczorowski von Cisco Systems (von links).
Foto: Cisco/Bearingpoint

Bearingpoint und Cisco Systems loben den Preis seit 2000 jährlich aus. Teilnehmen können alle deutschen Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen, in der Kategorie Wissensmanagement auch Behörden aus den Nachbarländern Österreich und Schweiz. Aus den Projektteams der Gewinner dürfen je zwei Mitglieder an einer einwöchigen Studienreise teilnehmen, außerdem an der "E-Government Academy", einem Kreis aus Machern von IT-Projekten in der Verwaltung. Schirmherr des Wettbewerbs ist Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Den Preis für das beste Gesamtkonzept im E-Government heimsten auf dem Ministerialkongress in Berlin die Landesregierung und das Innen- und Sportministerium von Rheinland-Pfalz ein. Das Vorhaben, mit dem sie am Wettbewerb teilnahmen, heißt "Koordinierung und Steuerung des landesweiten IT-Management, der innovativen Standortentwicklung durch TI sowie von IT in Bildung, Wissenschaft und Forschung". Vor zwei Jahren war das Projekt angelaufen, indem zunächst die Zuständigkeiten für IT und Verwaltungsmodernisierung zusammengelegt wurden. Das Kabinett richtete wenig später eine Zentralstelle "IT und Multimedia" ein.

Über die Grenzen von Ressorts, Verwaltungsebenen und Fachgebieten hinweg soll in dem Projekt die Verwaltung in enger Abstimmung mit der IT modernisiert werden. IT-Standorte in den Regionen sollen gestärkt werden. Die Jury lobte zudem die Einsparpotenziale, etwa durch eine zentralisierte Beschaffung. Die frei gewordenen Gelder will das Land für andere Vorhaben einsetzen. So fließen zum Beispiel zehn Millionen Euro in ein landesweites Programm zur Förderung der Medienkompetenz von Schülern.

In der Kategorie "Preis der Wissenschaft" machte beim E-Government-Wettbewerb ein Projekt des österreichischen Finanzministeriums das Rennen als innovativste Anwendung. "Dyonipos Use Case BMF" soll Wissensmanagement ohne Mehraufwand ermöglichen. Ein "intelligenter Assistent" sucht dabei selbstständig nach Dokumenten, Webseiten oder Kollegen.

Weniger Zeit für die Pflege des Wissensmanagement-Systems

Bisher habe die Suche und Analyse von Daten immer viel Zeit verschlungen. Gleichzeitig blieb vorhandenes Wissen oft ungenutzt. Von Dyonipos versprechen die Betreiber zum einen ein effektiveres Arbeiten des einzelnen Angestellten. Mithilfe des Assistenten soll er neben seinem eigenen auch auf das Wissen zugreifen können, das an anderer Stelle in der Organisation vorhanden ist. Außerdem sollen bürokratische Arbeiten zur Pflege des Wissensmanagement-Systems verringert werden. Das sah auch das Preisgericht so. Dyonipos halte innovative und intelligente Werkzeuge bereit, um die Verwaltungsmitarbeiter effektiv zu unterstützen, heißt es in der Begründung für die Preisvergabe.

Sieger beim Publikumspreis wurde die Stadt Köln mit ihrem Vorhaben "E-Participation: Der Kölner Bürgerhaushalt als Startinitiative". Mit dem Projekt will die Verwaltung gegen die Politikverdrossenheit ankämpfen. Die Bürger sollen die Möglichkeit haben, sich mit ihren Ideen an der Stadtpolitik zu beteiligen und besseren Einblick in die politische Entscheidungsfindung erhalten. Konkret geht es um die Haushaltsplanung.

5.000 Vorschläge für die Haushaltsplanung

Beim ersten "Bürgerhaushalt" ihrer Stadt führte die Beteiligung der Bürger zu Projekten im Umfang von insgesamt 8,2 Millionen Euro. Sie konnten vier Wochen lang übers Internet Vorschläge zu den Themenfeldern "Straßen, Wege, Plätze", "Grünflächen" und "Sport" einreichen. Eine 16-köpfige Redaktion wählte die besten und meistgenannten aus. Alle Anregungen wurden öffentlich gemacht und dem Rat vorgelegt. Fast 5.000 Vorschläge kamen zusammen, 85 Prozent davon wurden über die Internetplattform eingereicht. In den kommenden Jahren wird die Stadt die Bürger wieder nach ihren Ideen fragen. Neben den bisherigen Themen können sie dann auch Vorschläge für die Bereiche "Jugend", "Bildung und Schule" und "Kultur" einreichen.

Die Preisverleihung war der Schlusspunkt des 13. Ministerialkongresses in Berlin. Auf der Veranstaltung, die Bearingpoint ins Leben gerufen hat, treffen sich jedes Jahr Entscheidungsträger und Fachleute, um über die Modernisierung der Verwaltung zu sprechen. Eines der Themen waren Shared Service Centers. Dem Vorbild der Wirtschaft folgend bündeln nun auch Behörden immer häufiger Dienstleistungen und lagern sie an eigene Stellen aus.

Behördenrufnummer 115 soll "Quantensprung" bringen

Im Fokus stand auch die einheitliche Behördenrufnummer 115. Laut Bearingpoint, die die Einführung der gemeinsamen Hotline von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium und dem Land Hessen vorantreiben, steht damit ein "Quantensprung" bevor. Der Bürger soll auf diesem Weg leichteren Zugang zu Behördenleistungen erhalten - von Standesamtterminen bis zur Müllabfuhr. Auch die Vernetzung der Verwaltungsebenen soll im Zuge dessen verstärkt werden. 2009 soll in ausgewählten Kommunen der Pilotbetrieb beginnen.