Trovarit ERP-Zufriedenheitsstudie 2016

Die Ansprüche der Anwender an ihre ERP-Systeme steigen

28.09.2016 von Karsten Sontow und Rainer Sontow
Will das ERP-System seine Schlüsselposition in den Software-Landschaften der Unternehmen behalten, muss sich einiges ändern. Denn im Zeitalter von Industrie 4.0 und dem Internet of Things (IoT) wachsen die Ansprüche der Anwender. Nicht jeder ERP-Anbieter kann da mithalten, wie die aktuelle ERP-Zufriedenheitsstudie von Trovarit gezeigt hat.

Lösungen für das Enterprise Resource Planning (ERP) bleiben das zentrale Instrument zur Unternehmenssteuerung. Sie haben sich in nahezu allen Firmen etabliert, wenn es darum geht, die Effizienz und Transparenz der Aufgaben und Abläufe im Finanzwesen ebenso wie wesentlicher anderer Bereiche wie Auftragsabwicklung (Vertrieb, Waren-/Materialwirtschaft, Produktionsplanung und -steuerung und Projektmanagement) zu steigern. Zudem spielen ERP-Lösungen eine maßgebliche Rolle im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung von Unternehmensprozessen: Sie dienen als "Single Source of Truth", wenn es um zentrale Stamm- und Bewegungsdaten entlang der Wertschöpfungskette geht wie zum Beispiel Material-, Artikel- und Kundenstamm.

Seit nunmehr 12 Jahren untersucht die Trovarit-Studie "ERP in der Praxis. Anwenderzufriedenheit, Nutzen & Perspektiven" regelmäßig, wie Anwender ERP-Lösungen einsetzen, welche Erfahrungen sie während Implementierung und Betrieb machen und wie zufrieden sie mit der eingesetzten Software sowie dem Wartungspartner sind. Im Zentrum der Studie steht die Frage nach der Anwenderzufriedenheit. Die Ergebnisse zeigten auch in diesem Jahr wieder deutlich, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Anwenderzufriedenheit und dem Nutzen einer ERP-Lösung für den Anwender besteht. Daher stellt die Anwenderzufriedenheit eine zentrale Mess- und Steuerungsgröße sowohl für ERP-Anwender als auch für ERP-Anbieter dar: Aus Anwendersicht repräsentiert sie einen wichtigen Indikator für den Nutzen und auch die Wirtschaftlichkeit des ERP-Einsatzes. Für ERP-Anbieter ist die Anwender- und damit Kundenzufriedenheit eine der wesentlichen Steuerungsgrößen in den Bereichen Produktmanagement beziehungsweise -entwicklung, Vertrieb, Beratung und After-Sales-Service.

ERP-Zufriedenheitsstudie 2016 von Trovarit: die verschiedenen Zufriedenheitsaspekte und deren Beeinflussbarkeit.
Foto: Trovarit

ERP-Lösungen in Deutschland: veraltet und teuer

Der ERP-Markt hierzulande ist generell sehr unübersichtlich, so ein Ergebnis der Studie. Zufriedenheit, Wahrnehmung, effektive Installationszahlen beziehungsweise -charakteristik vieler ERP-Lösungen weichen von dem vor allem durch Presseberichterstattung und Marketing der Anbieter geprägten Bild zum Teil deutlich ab. Das durchschnittliche Alter der ERP-Installationen ist erneut gestiegen. Die untersuchten Systeme waren zum Abschluss der Untersuchung durchschnittlich seit 10,2 Jahren (2014: 8,9 Jahre) im Betrieb - einige Installationen nur wenige Monate, andere dagegen schon seit über 30 Jahren. Entsprechendes gilt für das durchschnittliche Alter der aktuell eingesetzten Releases, das zum Abschluss der Studie bei 2,2 Jahren lag (2014: 1,9 Jahre).

Bei einer hohen Durchdringung des Marktes mit ERP legt das steigende Alter einen Rückgang des Marktvolumens im Neugeschäft nahe, bilanzierten die Marktforscher. Gleichzeitig eröffnet eine Ausweitung des ERP-Einsatzes innerhalb der Unternehmen Perspektiven im Bestandskundengeschäft. Die Durchdringung der Unternehmen mit ERP-Software steigt bezüglich der unterstützten Aufgabenbereiche im Unternehmen als auch im Hinblick auf den Anteil der ERP-Nutzer an der Belegschaft, ergab die Studie.

Das Neukundengeschäft im ERP-Markt ist angesichts immer längerer Lebenszyklen von ERP-Installationen allerdings durch einen harten Wettbewerb unter den Anbietern geprägt. Dennoch sind die durchschnittlichen Anschaffungskosten je Software-Arbeitsplatz für Lizenzen und Implementierungsdienstleistungen zuletzt wieder spürbar gestiegen.

Schwachpunkt: Mobiler ERP-Einsatz

Die Gesamtbewertung in der aktuellen Studie lag - im Vergleich zu 2014 im Wesentlichen unverändert - bei der Schulnote "Gut". Offensichtlich werden die Erwartungen der Anwender in der Gesamtschau betrachtet sehr ordentlich erfüllt. Ein Blick auf die 39 einzelnen untersuchten Zufriedenheitsaspekte zeigte allerdings ein sehr viel differenzierteres Bild.

Lag die Zufriedenheit mit der mobilen Einsetzbarkeit der ERP-Systeme schon vor zwei Jahren an letzter Stelle, sank sie 2016 nochmals spürbar. Offensichtlich geht die Schere zwischen der Erwartung der Anwender, was Mobile-ERP betrifft, und dem, was Anwender in der Praxis mit ihren ERP-Systemen erleben, immer weiter auseinander. Während im privaten Anwendungsbereich gilt: "zu jeder Zeit, an jedem Ort und über jedes Endgerät", tun sich die aktuell im Einsatz befindlichen ERP-Lösungen mit diesem Anspruch offensichtlich verhältnismäßig schwer.

Den Anwendern reicht es längst nicht mehr, per Laptop und Webzugang auf ihre ERP-Lösung zugreifen zu können. Vielmehr verlangen sie zusätzlich eine einfache (Touch-)Bedienung über Apps auf dem Smartphone beziehungsweise dem Tablet. Eine Umstellung von ERP-Software auf eine App-artige Nutzungscharakteristik bringt jedoch eine Vielzahl technologischer Herausforderungen mit sich, zum Beispiel Plattformunabhängigkeit, kontext-sensitive Benutzeroberfläche sowie eine Use Case-spezifische "Applifizierung" umfassender Business Software-Lösungen. Angesichts der Dauer der damit verbundenen notwendigen Entwicklungsarbeiten sowie der Modernisierung der ERP-Installationen im Zuge von Release-Wechseln wird es wohl noch einige Jahre dauern, bis diese Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit auf breiter Front geschlossen werden kann.

Anforderungen an Dokumentation steigen

Die Dokumentation der Systeme bietet ebenfalls Anlass zur Kritik. Dabei wirken mehrere Mechanismen zusammen: Die Lösungen werden umfassender und ihre Bedienung in der Folge anspruchsvoller. Damit steigen aber auch die Anforderungen an die technische Dokumentation sowie an Schulungsunterlagen für den Endanwender. Gleichzeitig erhöhen sich auch die Innovationsfrequenz und -umfang seitens der Anbieter, was sich in kürzeren Release-Zyklen und umfassenderen Neuerungen widerspiegelt. Der Schulungs- und Informationsbedarf steigt dadurch insgesamt deutlich.

Gleichzeitig erfordert die zielgruppengerechte, aktuelle Dokumentation einer umfassenden Software seitens der Anbieter viel Aufwand und Kosten, die die meisten Kunden nur ungerne zahlen - auch weil in vielen Organisationen der Schulungs- und Informationsbedarf zunächst nicht so offensichtlich ist. Diese Problematik verschärft sich mit dem Umfang der Software-Pakete sowie mit dem Grad der kundenspezifischen Individualisierung, zum Beispiel im Projektgeschäft. Viele Anbieter haben das Problem der Dokumentation zwar erkannt. Sofern sie diesbezüglich aktiv Maßnahmen ergriffen haben, treffen viele moderne Präsentationsformen wie beispielsweise Wikis, kontext-sensitive Hilfen oder Online-Tutorials momentan aber eher noch auf Zurückhaltung seitens der Anwender.

Auch die "Internationale Einsetzbarkeit der ERP-Software" stellte sich als Schwachpunkt dar. Angesichts eines "schwachen Gut" bestehen offenbar erhebliche Unterschiede im Hinblick auf die Möglichkeiten, mit einer Lösung beispielsweise die verschiedenen rechtlichen und sprachlichen Anforderungen zu adressieren, die ein internationaler Einsatz einer zentralen ERP-Lösung mit sich bringt. Ähnlich kritisch stellt sich der Aspekt der "Formulare & Auswertungen" dar.

Schlanke ERP-Lösungen schneiden besser ab

ERP-Zufriedenheitsstudie 2016 von Trovarit: Systeme im Zufriedenheitsportfolio "Zufriedenheit insgesamt".
Foto: Trovarit

Trotz aller Probleme sind die Anwenderunternehmen mit ihren eigesetzten ERP-Systemen im Großen und Ganzen zufrieden, wie die aktuelle Studie wieder einmal gezeigt hat. Bei der Einordnung der Ergebnisse ist jedoch zu berücksichtigen, dass "schlanke" ERP-Lösungen, ausgesprochene Branchenlösungen und/oder Lösungen kleinerer Anbieter mit verhältnismäßig kleinem Kundenstamm tendenziell besser abschneiden, wenn es um Anwenderzufriedenheit geht.

Die Gründe hierfür sind unter anderen die geringere Komplexität der oft funktional beziehungsweise branchenbezogen klar fokussierten Systeme, die enge und intakte Beziehung mit einer überschaubaren Kundenbasis sowie die Tatsache, dass die Installationen häufig auf aktuellem Release-Stand sind und dadurch meist über eine bessere Oberflächenergonomie sowie Benutzerführung verfügen.

Die Anbieter der Lösungen mit weit überdurchschnittlichen Zufriedenheitswerten pflegen meist eine offene und vor allem sehr intensive Kommunikation mit ihren Kunden. Ein weiterer Vorteil ist hier sicher auch, dass Systementwicklung, Systemintegration - also Einführungsdienstleistungen - und zum Teil auch die Betreuung in der Betriebsphase meist buchstäblich "aus einer Hand" kommen. Dies gilt auch für die ERP-Systeme, die eher in der mittleren "Gewichtsklasse" anzusiedeln sind und dort deutlich überdurchschnittlich abschneiden, wie OpaccERP, TOSCA, FEPA, CANIAS und SIVAS.

Von den weiter verbreiteten Lösungen im Mittelsegment mit Installationen zwischen 25 und 100 Usern ist vor allem APplus sehr gut positioniert. ABAS folgt hier mit einigem Abstand. In der Kategorie der Lösungen für größere Installationen (über 100 User) schneiden im Jahr 2016 IFS Applications und Dynamics AX überdurchschnittlich ab. Mit spürbaren Abstand folgen in dieser Gewichtsklasse die Lösungen SAP ERP und Infor ERP M3.

Die Geschichte von SAP
2016
Auf der Kundenkonferenz Sapphire kündigte SAP im Mai eine Kooperation mit Microsoft an. Beide Hersteller wollen künftig SAPs In-Memory-Plattform HANA auf Microsofts Cloud-Infrastruktur Azure unterstützen. Microsofts CEO Satya Nadella sagte: "Gemeinsam mit SAP schaffen wir ein neues Maß an Integration innerhalb unserer Produkte."
2016
SAP und Apple wollen gemeinsam native Business-iOS-Apps für iPhone und iPad entwickeln. Experten sehen SAPs Festlegung auf eine mobile Plattform kritisch und monieren fehlende Offenheit. Anwendervertreter reagierten überrascht und verlangten Aufklärung was die neue Mobile-Strategie bedeutet.
2015
Im Sommer verunglückt SAP-CEO Bill McDermott bei der Geburtstagsfeier seines Vaters. Er stürzt mit einem Glas auf der Treppe und verliert nach einer Operation ein Auge. Im Herbst meldet sich der US-amerikanische Manager als wieder voll einsatzfähig zurück.
2015
Im Februar stellt SAP mit S/4HANA eine neue Generation seiner Business-Software und damit den Nachfolger für die Business Suite vor. SAP definiere damit das Konzept des Enterprise Resource Planning für das 21. jahrhundert neu, pries SAP-Chef Bill McDermott die Neuentwicklung. Für den Großteil der Unternehmen dürfte das Produkt noch Zukunft bleiben, konterte die Anwendervereinigung DSAG. Die Prioritäten vieler Kunden lägen eher auf klassischen Projekten rund um das ERP-System.
2014
SAP-Technikchef Vishal Sikka gibt im Mai seinen Posten auf und wird CEO von Infosys. SAP sucht lange einen Nachfolger für Sikka, holt im November schließlich den langjährigen Microsoft-Manager Quentin Clark für diesen Posten.
2012
Die Walldorfer setzen mit dem Kauf des amerikanischen Cloud-Computing-Anbieters SuccessFactors ihren Weg ins Cloud-Geschäft fort – nachdem kurz zuvor Wettbewerber Oracle RightNow übernommen hat. Der Kaufpreis lag mit 2,4 Milliarden Euro über die Hälfte höher als der aktuelle Marktwert. Cloud-Services werden mit der SuccessFactors-Lösung vor allem im Human-Ressources-Umfeld angeboten. Außerdem schnappt sich SAP den weltweit zweitgrößten Cloud-Anbieter für Handelsnetzwerke Ariba für 3,3 Milliarden Euro.
2011
In 2011 ist das Formtief vergessen, die Walldorfer fahren die besten Ergebnisse ihrer Geschichte ein. Die Innovationsstrategie geht auf, auch wenn zwischendurch gezweifelt wurde, ob SAP seinen Kunden nicht davon-sprintet: 2011 implementieren die ersten Kunden die In-Memory-Plattform HANA, immer mehr Kunden nutzen die mobilen Lösungen, die aus dem Sybase-Deal entstanden sind.
2010
Der Paukenschlag: Hasso Plattner reißt mit dem Aufsichtsrat das Ruder herum. Der glücklose Léo Apotheker, der zuvor mit der Erhöhung der Wartungsgebühren viele Kunden vor den Kopf gestoßen hatte, muss gehen. Die neue Doppelspitze aus Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe verspricht den Anwendern wieder mehr Kundennähe. CTO Vishal Sikka wird Vorstandsmitglied und SAP übernimmt Sybase, einen Anbieter für Informationsmanagement und die mobile Datennutzung, zum Preis von etwa 5,8 Milliarden Dollar.
2008
Mit der Erhöhung der Wartungsgebühren von 17 auf 22 Prozent und den Modalitäten des „Enterprise Support“, die viel Aufwand für die Anwender bringen, verärgert SAP seine Kunden massiv. Trotz intensiver Auseinandersetzung auf dem DSAG-Kongress bleibt SAP bei seiner Linie. Mittlerweile ist Léo Apotheker zweiter Vorstandssprecher neben Kagermann. Ende des Jahres beugt sich SAP dem Kundenwiderstand.
2008
Die größte Übernahme in der Unternehmensgeschichte: 2008 kauft SAP den Business-Intelligence-Spezialisten Business Objects für 4,8 Milliarden Euro und wird damit der bisherigen Strategie untreu, aus eigener Kraft zu wachsen. Die Integration mit der eigenen SAP-BI-Palette gestaltet sich aufwendig und wird sich über mehrere Jahre hinziehen. Die 44.000 BO-Kunden sollen dabei helfen, die Kundenzahl bis 2010 auf 100.000 zu steigern.
2007
Über viele Jahre hinweg entwickelt SAP an der SaaS-ERP-Lösung Business byDesign für kleinere Unternehmen. Rund drei Milliarden Euro wurden laut „Wirtschaftswoche“ im Entstehungsprozess versenkt. Trotz der Arbeit von 3000 Entwicklern kommt die Software Jahre zu spät. Obwohl innovativ, hat es die Lösung schwer im deutschen Markt. 2013 wird byDesign ins Cloud-Portfolio überführt.
2006
Mit „Duet“ bringen SAP und Microsoft eine gemeinsame Software auf den Markt, mit der sich MS Office einfach in SAP-Geschäftsprozesse einbinden lassen soll. 2006 wird auch die Verfügbarkeit der neuen Software SAP ERP angekündigt, die auf dem SOA-Prinzip (Service oriented Architecture) basiert.
2003
Abschied des letzten SAP-Urgesteins: Hasso Plattner zieht sich aus dem Vorstand zurück und geht in den Aufsichtsrat, Henning Kagermann wird alleiniger Vorstandsprecher. SAP stellt die Integrationsplattform NetWeaver vor, die Basis für künftige Produkte sein soll. Die Mitarbeiterzahl liegt jetzt bei 30.000.
2002
Der ERP-Hersteller will das bisher vernachlässigte Feld der KMUs nicht mehr dem Wettbewerb überlassen. Auf der CeBIT 2002 stellt SAP mit Business One eine ERP-Lösung für kleine bis mittelständische Unternehmen mit rund fünf bis 150 Mitarbeitern vor. Doch einfach haben es die Walldorfer in diesem Marktsegment nicht. Zu stark haftet der Ruf an den Walldorfern, hauptsächlich komplexe und teure Lösungen für Konzerne zu bauen.
1999
Die New Economy boomt und der E-Commerce hält Einzug bei SAP: Plattner kündigt die neue Strategie von mySAP.com an. Die Software soll Online-Handels-Lösungen mit den ERP-Anwendungen auf Basis von Webtechnologie verknüpfen. Im Vorjahr hatten die Walldorfer ihr Team um die Hälfte verstärkt, jetzt arbeiten 20.000 Mitarbeiter bei SAP. Weil die Kunden beim Umstieg mehr zahlen sollen, gibt es längere Zeit Gegenwind, schließlich werden die Internet-Schnittstellen auch im Rahmen der R/3-Wartung geboten. Derweil ist die Zentrale gewachsen.
1997
Die SAP-Anwender organisieren sich in der Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe e.V. (DSAG), um ihre Interessen gemeinsam besser vertreten zu können. Laut Satzung ist das Ziel des Vereins die „partnerschaftliche Interessenabstimmung und Zusammenarbeit zwischen SAP-Softwarebenutzern und SAP zum Zweck des Ausbaus und der Verbesserung der SAP-Softwareprodukte“.
1997
Der ERP-Hersteller feiert sein 25. Jubiläum, zum Gratulieren kommt Bundeskanzler Helmut Kohl, der im Jahr darauf von Gerhard Schröder abgelöst wird. Der Umsatz liegt bei über sechs Milliarden Mark, das Geschäftsergebnis erstmals über der Milliarden-Grenze. Mehr als zwei Drittel werden im Ausland erwirtschaftet. SAP beschäftigt knapp 13.000 Mitarbeiter und geht an die die Börse in New York (NYSE).
1995
1995 versucht der ERP-Anbieter erstmals, in Zusammenarbeit mit Systemhäusern den Mittelstandsmarkt zu beackern. Es sollte noch einige Jahre dauern, bis sich mehr mittelständische Unternehmen auf die komplexe Software einlassen wollten. Mit knapp 7.000 Mitarbeitern erwirtschaftet SAP einen Umsatz von 2,7 Milliarden Mark, mehr als doppelt so viel wie noch zwei Jahre zuvor. Rudolf Scharping, damals noch SPD-Parteivorsitzender, kommt zu Besuch.
1993
Shake-Hands zwischen Plattner und Gates. SAP schließt ein Kooperationsabkommen mit Microsoft ab, um das System R/3 auf Windows NT zu portieren. SAP kauft zudem Anteile am Dokumentenmanagement-Anbieter IXOS. Zum ersten Mal überschreiten die Walldorfer die Milliardengrenze beim Umsatz.
1992
Seit 1992 wird R/3 ausgeliefert. Die Walldorfer hatten die Software für die AS/400 von IBM konzipiert, nach Performance-Problemen wich man auf Unix-Workstations mit Oracle-Datenbank im Client-Server-Prinzip aus. Das internationale Geschäft wächst: 1992 verdient die SAP im Ausland schon knapp die Hälfte von dem, was sie in Deutschland einnimmt. Der Gesamtumsatz beläuft sich auf 831 Millionen Mark. 3157 Mitarbeiter sind jetzt für SAP tätig.
1991
In diesem Jahr steigt Henning Kagermann (rechts im Bild), der seit 1982 die Entwicklungsbereiche Kostenrechnung und Projektcontrolling verantwortet, in den Vorstand auf.
1990
SAP übernimmt das Softwareunternehmen Steeb zu 50 Prozent und das Softwarehaus CAS komplett, um das Mittelstandsgeschäft zu verstärken. Die Mauer ist gefallen und die Walldorfer gründen gemeinsam mit Siemens Nixdorf und Robotron die SRS in Dresden. Die Berliner Geschäftsstelle wird eröffnet und SAP hält seine erste Bilanzpressekonferenz ab.
1988
SAP geht an die Börse: Hasso Plattner am ersten Handelstag der SAP-Aktie.
1987
Der erste Spatenstich: Dietmar Hopp startet 1987 den Bau der SAP-Zentrale in Walldorf.
1983
1983 zählt das Unternehmen 125 Mitarbeiter und erwirtschaftet 41 Millionen Mark im Jahr. Nach der Fibu adressiert SAP auch das Thema Produktionsplanung und -steuerung. Beim Kunden Heraeus in Hanau wird zum ersten Mal RM-PPS installiert. Im Jahr zuvor hatten die Gründer von SAP (v.l.: Dietmar Hopp, Hans-Werner Hector, Hasso Plattner, Klaus Tschira) zehnjähriges Jubiläum gefeiert.
1979
SAP setzte sich mit dem Datenbank- und Dialogsteuerungssystem der IBM auseinander: Das war der Auslöser eine die Neukonzeption der Software und Grundstein für SAP R/2. Aus den Realtime-Systemen entstand in den 70iger Jahren das Online Transaction Processing (OLTP). So sahen Anfang der 80iger Jahre die Arbeitsplätze bei SAP aus.
1976
Die Software sollte Lohnabrechnung und Buchhaltung per Großrechner ermöglichen. Anstatt auf Lochkarten wurden die Daten per Bildschirm eingegeben – das nannte sich Realtime und das „R“ blieb über Jahrzehnte Namensbestandteil der Lösungen. Weil die Software erstmals nicht nur für ein Unternehmen entwickelt wurde, sondern universeller einsetzbar war, gilt SAP als Miterfinder des Standardsoftware-Ansatzes. Aber auch der Fußball kam nicht zu kurz: Das Computerteam mit Hasso Plattner und Dietmar Hopp auf dem Feld.
1972
1972 gründen die fünf ehemalige IBM-Mitarbeiter Claus Wellenreuther, Hans-Werner Hector, Klaus Tschira, Dietmar Hopp und Hasso Plattner das Unternehmen „SAP Systemanalyse und Programmentwicklung“. Sie wollen eine Standardanwendungssoftware für die Echtzeitverarbeitung schaffen, die sich für unterschiedliche Unternehmen nutzen lässt und die Lochkarten ablöst.

Die Aufsteiger 2016 …

Nachdem die Positionierung 2014 durchaus noch Luft nach oben aufwies, ist IFS Applications im Verlauf der vergangenen zwei Jahre wie der Phönix aus der Asche aufgestiegen. Die Software verzeichnet auf breiter Front Verbesserungen, insbesondere bei Ergonomie, Release-Fähigkeit sowie Anpassbarkeit & Flexibilität. Auch wenn die neue Version 9 von "IFS Applications" bis dato bei weitem noch nicht bei allen Kunden installiert ist, wirft das aktuelle Release mit einer völlig neuen Benutzeroberfläche, Auswertungsmöglichkeiten und mobilen Anwendungsszenarien möglicherweise schon in vielen Anwenderunternehmen deutliche Schatten voraus. Hinzu kommen spürbar bessere Noten für die Betreuung der ERP-Kunden. Im Hinblick auf die Dienstleistungen fallen insbesondere deutliche Verbesserungen bei der Beratung zur Einsatzoptimierung beim Schulungs- & Informationsangebot sowie beim Ansprechpartner auf. Offenbar erntet IFS hier die Früchte weit reichender organisatorischer Umstellungen, in deren Zuge die Betreuung des Kundenstamms deutlich aufgewertet wurde.

"MAJESTY", eine Branchenlösung, die vor allem im Bereich der Elektro- und Medizintechnik zu Hause ist, schneidet bei der Zufriedenheitsstudie seit Jahren deutlich überdurchschnittlich ab. 2016 verzeichnet die Software nochmals Verbesserungen. Dazu tragen insbesondere Fortschritte bei der mobilen Einsetzbarkeit, der Stabilität und der Funktionalität bei. Die Steigerungen auf der Dienstleistungsseite sind offenbar einer deutlich besseren Betreuung durch den "Ansprechpartner" zuzuschreiben.

Auch "GUS OS", eine Branchenlösung für die Prozessindustrie (Chemie, Pharma und Nahrungsmittel) schneidet 2016 aufgrund deutlicher Fortschritte in der "Ergonomie" sowie bei der "Anpassbarkeit" deutlich besser ab. Dirk Bingler, Sprecher der Geschäftsführung der GUS Group, führt dies auf die rollenbasierte Benutzerführung in Verbindung mit einer Web-Oberfläche zurück, deren Bedienung stark an Elemente aus der von vielen Usern gewohnten Office-Umgebung angelehnt ist.

… und die Absteiger unter den ERP-Anbietern

ERP-Zufriedenheitsstudie 2016 von Trovarit: Trend "Anwenderzufriedenheit – Insgesamt".
Foto: Trovarit

Am Beispiel der auf die Belange größerer Automobilzulieferer zugeschnittenen Lösung "Infor ERP Expert" zeigt sich der Einfluss von Installationsgröße und Release-Alter recht deutlich. Die im Zuge der Studie bewerteten Installationen wurden durchschnittlich vor knapp sechs Jahren letztmalig per Release-Wechsel modernisiert. Der Bestand ist damit im Vergleich zur letzten Studie 2014 (erneut) gealtert. Entsprechend bewerten die Anwender die Release-Fähigkeit nochmals schwächer. Möglicherweise als Folge daraus schneidet die Lösung auch in Punkto Schnittstellen spürbar schwächer ab. Technologiebezogene Aspekte wie Ergonomie, Anpassbarkeit und Formulare & Auswertungen werden ebenso weit unterdurchschnittlich bewertet. Im Vergleich zum Marktdurchschnitt positiv eingestuft werden dagegen die Performance und Stabilität der Software.

Das spürbar schlechtere Abschneiden des Anbieters insgesamt lässt sich allerdings nur zum Teil mit der gesunkenen Zufriedenheit bei einzelnen Leistungsaspekten wie dem Support bei Updates und Release-Wechseln oder dem Schulungs- & Informationsangebot erklären. Vielmehr scheint sich hier eine Art Pauschalkritik der Xpert-Kunden am Anbieter Infor die Bahn zu brechen.

Bei der Lösung "Infor Blending" stellt sich das Bild insofern ähnlich dar, als die Abstriche in der Gesamtnote eher auf negative Entwicklungen aus dem Zeitraum 2012 bis 2014 zurückzuführen sind. Bei einzelnen Zufriedenheitsaspekten hat die Software seinerzeit deutliche Einbußen hinnehmen müssen, wie zum Beispiel Schnittstellen, Formulare & Auswertungen und Anpassbarkeit. Während Infor bei einigen dieser Einzelaspekte in der jüngeren Vergangenheit sogar etwas Boden gut machen konnte, hat sich das Gesamturteil erst mit einiger Verzögerung auf den Status der einzelnen Zufriedenheitsaspekte nivelliert.

Ausgehend von einem recht hohen Zufriedenheitsniveau verzeichnet die Software "FOSS" spürbare Abstriche in der Gesamtzufriedenheit mit der Software. Diese etablierte ERP-Lösung findet sich vielfach bei anspruchsvolleren Einsatzszenarien im Automobilzulieferbereich aber auch bei Gießereien. Im Vergleich zu anderen Lösungen mit ähnlicher Einsatzcharakteristik erzielt FOSS überragende Ergebnisse zum Beispiel im Hinblick auf die Release-Fähigkeit. Auch Stabilität und Performance werden überdurchschnittlich bewertet. Allerdings trüben spürbare Verschlechterungen der Zufriedenheit zum Beispiel mit der Bedienerfreundlichkeit, der mobilen Nutzbarkeit, bei Formularen & Auswertungen, der Flexibilität und der Funktionalität das Bild. Das deutet auf technologisch bedingte Restriktionen hin, die auch mit dem Alter der Software zusammenhängen können.

Bei "ams.erp", der Speziallösung für die Einzelfertigung, fällt zunächst einmal die ungewöhnliche Spreizung zwischen den guten Noten für die Software und der deutlich abfallenden Bewertung für den Anbieter auf. Hier schlagen sich offensichtlich spürbar nachlassende Bewertungen für das Schulungs- und Informationsangebot, die Beratung zur Optimierung des ERP-Einsatzes und die Unterstützung bei Release-Wechseln nieder. Auch fällt auf, dass die Schnelligkeit bei der Bereitstellungen von Problemlösungen im Support-Fall deutlich schwächer bewertet wird als im Branchendurchschnitt. Möglicherweise schlagen sich hier Veränderungen der jüngeren Vergangenheit derzeit (noch) negativ nieder. So wurde das Funktionsspektrum der Lösung zuletzt deutlich erweitert, was erfahrungsgemäß einen deutlich größeren Informationsbedarf bei den Kunden nach sich zieht. Gleichzeitig wurde der Support für Drittprodukte, die mit ams.erp ausgeliefert werden, durch die ams selbst übernommen, um den Kunden Lösungen aus einer Hand bieten zu können. Die Studienergebnisse deuten hier auf Anlaufschwierigkeiten hin.

ERP-Zufriedenheit bleibt hoch

Die Gesamtschau auf das Zufriedenheitsportfolio zeigt, dass ein enger Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit mit dem System - mit durchschnittlich 1,916 (unverändert zu 2014) besser als "gut" - und der Zufriedenheit mit dem Wartungspartner besteht - letztere mit durchschnittlich 1,991 (2014: 1,953) nur unwesentlich schlechter.

Die Studie belegt insgesamt, dass sich die Größe und Komplexität einer ERP-Installation deutlich dämpfend auf die Anwenderzufriedenheit auswirkt. Wichtige Indikatoren sind hier die Anzahl der ERP-Anwender (User), der implementierte Funktionsumfang, die Zahl der an die ERP-Lösungen angebundenen Standorte und der Grad der Internationalisierung der Installation. Gründe hierfür sind ein hohes Anforderungsniveau in Verbindung mit spürbar größerem Aufwand bei Einführung, Wartung und (End-)Anwenderbetreuung.

Probleme mit ERP-Software

ERP-Zufriedenheitsstudie 2016 von Trovarit: Die dringlichsten Herausforderungen im Einführungsprojekt.
Foto: Trovarit

Neben den Angaben zu ihrer Zufriedenheit wurden die Teilnehmer der Studie nach den konkreten Herausforderungen befragt, die sie bei der Einführung und im Betrieb der Systeme erleben. Nur 17 Prozent der Teilnehmer gaben demnach an, keinerlei größere Schwierigkeiten in ihren Implementierungsprojekten erlebt zu haben. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass gut vier von fünf ERP-Einführungen von ernsten Problemen überschattet wurden. Ein Drittel der befragten Anwender nannten dabei die Aufbereitung und Übertragung der bestehenden Daten ins neue System als häufigstes Problem. Auf den Plätzen folgen ein knapper Zeitplan (21 Prozent), zu viele Systemanpassungen (20 Prozent), mangelnde Verfügbarkeit der eigenen Mitarbeiter (17 Prozent) sowie die Abbildung der unternehmenseigenen Abläufe (15 Prozent).

Nur ein gutes Viertel der Teilnehmer bescheinigte den eingesetzten ERP-Lösungen einen weitgehend reibungslosen Betrieb. Mit 19 Prozent der Nennungen verursachen Upgrades und Releases, deren Aufwand für unangemessen hoch gehalten wird, die meisten Probleme im ERP-Betrieb. Immerhin 17 Prozent der Teilnehmer klagten über eine unzureichende Performance, knapp gefolgt von Mängeln bei der Bedienerfreundlichkeit (16 Prozent). Auch Schnittstellenprobleme, ungenügende mobile Einsetzbarkeit, geringe Flexibilität und zu hohe laufende Kosten stellten Anwender als regelmäßige Kritikpunkte heraus.

ERP-Zufriedenheitsstudie 2016 von Trovarit: Die häufigsten Probleme im Betrieb von ERP-Systemen.
Foto: Trovarit

ERP-Sicherheit rückt immer stärker in den Fokus

Die aktuelle Zufriedenheitsstudie hat zudem gezeigt, dass sich Umgang und Erwartungshaltung der Anwender im Hinblick auf ERP-Software mit der Zeit deutlich verändern. An der Spitze der Themen und Trends rangieren 2016 Aspekte wie Daten-/Informationssicherheit - "sehr relevant" für etwa 80 Prozent der Teilnehmer -, Usability / Software-Ergonomie (69 Prozent), die Einhaltung und Unterstützung rechtlicher Vorgaben (Compliance, 46 Prozent), der mobile ERP-Einsatz (38 Prozent) und das Management der zunehmenden Vernetzung von ERP-Software über Schnittstellen (Enterprise Application Integration, 31 Prozent).

ERP-Systeme spielen nach wie vor die zentrale Rolle in der betrieblichen Software-Landschaft der meisten Unternehmen und bilden das Rückgrat der Firmensteuerung. Sie führen die wichtigsten Stamm- und Bewegungsdaten und dienen als Datendrehscheibe für die Mehrzahl der in einem Unternehmen eingesetzten Software-Anwendungen. Vor dem Hintergrund zunehmender (überbetrieblicher) Vernetzung und Mobilität des ERP-Einsatzes steigen damit aber auch die Anforderungen an Mechanismen für den Datenschutz im Kontext der ERP-Systeme deutlich an.

Der hohe Stellenwert der Software-Ergonomie ist unter anderem vor dem Hintergrund eines immer umfassenderen Einsatzes der meist recht komplexen ERP-Lösungen zu sehen. Gleichzeitig stellt die Erfahrung mit der einfachen (mobilen) Nutzung von Software per Tablet-Computer oder Smartphone offenbar einen neuen Benchmark für die Anwenderfreundlichkeit anspruchsvoller Business Software dar, der auch im ERP-Kontext zu völlig neuen Nutzungsszenarien führt.

ERP-Zufriedenheitsstudie 2016 von Trovarit: Die Bedeutung von ERP-Trends aus Anwendersicht.
Foto: Trovarit

Und schließlich treibt die zunehmende Vernetzung von ERP-Software innerhalb der Unternehmen sowie über die Wertschöpfungskette hinweg die Notwendigkeit eines Schnittstellenmanagements zwischen den Software-Lösungen. Einen Treiber in diesem Zusammenhang stellen sicherlich die zahlreichen Initiativen in den Unternehmen zur Umsetzung des Konzeptes "Industrie 4.0" oder - etwas allgemeiner gehalten - des "Internet of Things" (IoT) dar. Mit diesen Ansätzen geht letztlich die vollständige digitale Vernetzung von Produkten, Betriebsmitteln, Mitarbeitern und Organisationen einher. Sie landen unter den wichtigsten ERP-Trends zwar derzeit eher im Mittelfeld. Die Bedeutung von "Industrie 4.0" steigt jedoch offensichtlich stark, hat sie sich doch innerhalb von zwei Jahren vervierfacht.

Einige Themen offenbaren dagegen noch deutlichen Erklärungsbedarf: So messen nur neun Prozent der ERP-Anwender dem "Cloud Computing" eine große Relevanz zu - auf niedrigem Niveau immerhin ein Anstieg um die Hälfte. Bei "Social Media" sind es nahezu unverändert nur sieben Prozent. Am Ende der Liste finden sich Themen wie "Bring Your Own Device (BYOD) und "Wearable Computing", denen derzeit nur ein bis drei Prozent der Befragten eine hohe Relevanz für den zukünftigen ERP-Einsatz beimessen.

So entwickelt sich der deutsche ERP-Markt

Der erneute deutliche Anstieg des durchschnittlichen Alters der ERP-Installationen in Deutschland legt einen Anstieg der Ersatzinvestitionen nahe. Gleichzeitig deuten die Studienergebnisse aber darauf hin, dass die Bereitschaft der Anwender weiter sinkt, den ERP-Anbieter beziehungsweise die Lösung zu wechseln. Sei es, weil sie mit dem bisherigen Partner zufrieden sind oder weil sie den erhöhten Umstellungsaufwand scheuen. Insofern ist das Alter der ERP-Installationen nur bedingt als Indikator für neue ERP-Projekte anzusehen.

Auch das zuletzt wieder steigende Durchschnittsalter der installierten Release-Stände deutet darauf hin, dass die ERP-Anwender den Aufwand scheuen, der mit den zum Teil offenbar gravierenden Umstellungen der alten Software-Releases einhergeht. Die damit verbundenen Vorteile einer aktuellen ERP-Installation scheinen sich den Anwendern nicht im gleichen Maße zu erschließen. Immer mehr Anbieter schaffen daher die technologischen und organisatorischen Voraussetzungen für eine eher kontinuierliche Modernisierung der installierten Basis durch kleinere "Patches", "Updates" oder "Enhancement Packages" anstelle großer Release-Sprünge.

Kampf der ERP-Titanen
Marktanteile
SAP sichert sich unter den Top-Anbietern den größten Marktanteil. Allerdings verlieren die drei Führenden ein paar Prozentpunkte. Der große Gewinner im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage ist Infor.
Auf der Shortlist
Die hohen Marktanteile spiegeln sich auch in den Shortlists wider. SAP taucht hier am häufigsten auf ...
Auswahl gewonnen
... und in der Folge gewinnt SAP auch am häufigsten die Projekte, in denen es die Walldorfer in die engere Auswahl schaffen.
Einführungsdauer
Im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage brauchen die Anwender länger, um ein neues ERP-System einzuführen. Am längsten dauert es mit Microsoft Dynamics - über zwei Jahre. 2014 schnitt der US-Konzern mit 12,5 Monaten noch am besten ab.
Verzögerungsgründe
Nachträgliche Projekterweiterungen sowie Probleme mit Technik, Daten und der Organisation sind die häufigste Ursachen dafür, dass Unternehmen ihre Zeitbudgets für die ERP-Einführung überschreiten.
Return on Invest (RoI)
Meist dauert es Jahre, bis sich ein neues ERP-System aus Perspektive der Anwenderunternehmen bezahlt macht.
Projektkosten
Oracle-Projekte kommen die Unternehmen am teuersten. In den meisten Projekten reicht das Geld nicht. Ausnahme Infor: Hier liegen die tatsächlichen Kosten für die ERP-Einführung im Durchschnitt niedriger als ursprünglich geplant.
ERP-Vorteile
Über ein Drittel der Unternehmen hat es im Zuge der ERP-Einführung geschafft, die Verfügbarkeit von Informationen zu verbessern. Auch die interne Zusammenarbeit und Integration wollen die Unternehmen mit einem neuen ERP-System effizienter machen.
Ziele erreicht?
Insgesamt scheinen die selbstgesteckten ERP-Ziele schwer zu erreichen. Gerade einmal jeder fünfte SAP- und Microsoft-Kunde schafft mehr als 50 Propzent Zielerreichungsgrad. Oracle mit 14 Prozent und Infor mit elf Prozent schneiden noch deutlich schlechter ab.
Funktionalität
Die meisten ERP-Funktionen bleiben ungenutzt. Ein Viertel bis die Hälfte der Anwenderunternehmen gaben an, höchstens 40 Prozent der mit dem ERP-System gelieferten Funktionalität auch zu nutzen.
Projektvorgehen
Der Umstieg in Phasen bleibt das präferierte Umstiegsmodell für die meisten ERP-Anwender.
Customizing
Das Customizing - eine der Hauptursachen für komplexe Anwendungslandschaften - nimmt ab. Gerade im SAP-Umfeld geben sich immer mehr Anwender mit den im Standard gebotenen Funktionen zufrieden.
Umstieg mit Unterbrechung
Die meisten ERP-Einführungen sind nach wie vor mit einer Unterbrechung des operativen Betriebs verbunden.
Unterbrechungsdauer
Und diese Unterbrechungen können dauern - teilweise sogar bis zu einem halben Jahr.
ERP aus der Cloud
Das Cloud-Modell will im ERP-Umfeld nicht so richtig in Schwng kommen. SAP kann zwar etwas zulegen, aber bei Microsoft und Oracle stagniert der Cloud-Anteil im Vergleich zur Umfrage vor zwei Jahren.
Kostenvorteile in der Cloud
Die zögerliche Cloud-Adaption mag auch daran liegen, dass die Kostenersparnisse aus Anwendersicht nur bei 40 Prozent und weniger liegen.
Zusammenfassung
ERP-Projekte dauern lange, kosten viel Geld und überschreiten in aller Regel Zeit- und Kosten-Budgets. Daran scheint sich wenig zu ändern, wie auch die aktuelle Umfrage wieder einmal gezeigt hat.

Im Hinblick auf die Anwenderzufriedenheit scheinen sich generell regionale und spezialisierte Anbieter auf dem Weg über eine ausgesprochen gute Kundenbeziehung mit ihren Lösungen vor internationaler "Einheitsware" zu platzieren. Gleichzeitig weist die Studie viele Handlungsfelder aus, die nur mit grundlegenden Innovationen der ERP-Software adressiert werden können, zum Beispiel Mobilität, Flexibilität, Internationalität. Die resultierenden hohen Entwicklungskosten der ERP-Plattformen dürften für viele kleine Anbieter in Zukunft kaum tragbar sein. Der Trend für das Zusammengehen von lokalen und globalen Anbietern in Form von regionalen und branchenbezogenen Entwicklungspartnerschaften wird daher anhalten. Entsprechend ist die immer wieder diskutierte Konsolidierung des ERP-Marktes zwar im Gange. Sie bezieht sich aber eher auf die ERP-Plattformen als auf die Anbieter. Es gibt daher nach wie vor ein sehr breites ERP-Angebot, das aufgrund unterschiedlicher Anforderungen und Präferenzen der Anwender auch eine Berechtigung und Existenzgrundlage hat.

Die starke Bündelung von Lösungskomponenten im Umfeld der großen ERP-Plattformen verspricht für die Zukunft eine wesentlich bessere und einfachere Integration der IT-Komponenten rund um die ERP-Software. Allerdings steigen damit die Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeiter von ERP-Herstellern und Systemhäusern deutlich an. Die zunehmende Komplexität erfordert verstärkt, Spezialisten für einzelne Module und Komponenten auszubilden. Dies wiederum vergrößert den Umfang von Projekt-Teams und den Koordinationsaufwand.

Hintergrundinformationen zur Studie

Mit insgesamt mehr als 11.000 Teilnehmern bis 2016, ist die Studie "ERP-Praxis - Anwenderzufriedenheit, Nutzen & Perspektiven" (www.trovarit.com/erp-praxis) der nach Trovarit-Angaben größte anbieter-unabhängige Erfahrungsaustausch unter ERP-Anwendern. Die Studie wurde seit 2004 im Zweijahres-Rhythmus in Deutschland durchgeführt und bis zuletzt auf die Schweiz, Österreich und die Türkei ausgedehnt. Das Trovarit Research-Team wird dabei von einer internationalen Expertengruppe unterstützt. In dieser sind unter anderen das Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) an der RWTH Aachen, die 2BCS AG (Schweiz), Der ERP-Tuner (Österreich), pragmatiQ/Zoetermeer und Trovarit Danismanlik Ltd. (Türkei) vertreten.

Auf einer breiten empirischen Basis beleuchtet die Studie detailliert, welche Systeme in den Unternehmen wirklich installiert sind, wofür sie genutzt und wie sie bewirtschaftet werden. Schließlich weist die Studie die tatsächliche Zufriedenheit der Anwenderunternehmen in der Praxis des Tagesgeschäfts aus. Grundlage für die aktuelle Studie ist eine Datenerhebung, die zwischen März und Juli 2016 durchgeführt wurde. Insgesamt wurden 2819 Fragebögen bearbeitet. Nach einer Qualitätsprüfung wurden insgesamt 2545 Bewertungen zur Auswertung zugelassen (plus sieben Prozent gegenüber 2014). Trotz eines Schwerpunkts im verarbeitenden Gewerbe (Anteil zirka 68 Prozent), verteilen sich die Teilnehmer über alle Branchen und Unternehmensgrößen, so dass man von einem umfassenden Überblick sprechen kann. Regional bildet Deutschland mit einem Anteil von knapp 70 Prozent einen Schwerpunkt der Untersuchung, gefolgt von der Schweiz (15 Prozent), Österreich (13 Prozent) und der Türkei (zwei Prozent).

Anhand von 39 Merkmalen haben die Anwender ihre Zufriedenheit mit den eingesetzten Systemen sowie mit dem Service der Software-Anbieter dokumentiert. Die Teilnehmer der Studie - in der Regel Geschäftsführer, IT-Leiter oder ERP-Fachverantwortliche - hatten die Möglichkeit, ihre Zufriedenheit auf einer Skala von 1 (sehr gut) bis 5 (mangelhaft) zum Ausdruck zu bringen. Die so gemessene "Zufriedenheit" ist eine durchweg subjektive Größe, deren Bewertung in erster Linie persönlich und individuell ist. Sie wird maßgeblich beeinflusst durch die Erwartungen des/der Befragten an das ERP- System sowie durch die Erfahrungen im Umgang mit der Lösung und dem betreuenden ERP-Anbieter. Über die große Anzahl an Teilnehmern und die Unterteilung in verschiedene Zufriedenheitsaspekte sind die Ergebnisse dennoch aussagekräftig. Die befragten Anwender vergaben sowohl für die Software als auch für die Dienstleistungen eine Gesamtnote "Gut". Konkret reihten sich alle 47 Systeme - in deutlicher Abhängigkeit von der typischen Größe der ERP-Installationen - zwischen einer "2+" und einer "2-" ein.

Den kompletten Studienbericht können Sie hier bestellen:

Studienbericht "ERP in der Praxis 2016/2017"

Herausgeber: Trovarit AG, Autoren: Dr. Karsten Sontow, Peter Treutlein, et al. Umfang: ca. 280 Seiten, PDF; Lieferbar ab Anfang Oktober 2016

Weitere Infos und Bestellmöglichkeit unter www.trovarit.com/erp-praxis oder direkt bei: Trovarit AG, Campus-Boulevard 57, 52074 Aachen, Tel.: 0241-40009-0, E-Mail: info@trovarit.com; Web: www.trovarit.com