Der Umgang mit Streit muss Teil der Firmenkultur werden. Konfliktforscher empfehlen dazu eine eigene Stabsstelle - als Drehpunkt eines Systems mit sechs Ebenen.
Zwischen Wunsch und Wirklichkeit beim Konfliktmanagement klaffte eine große Lücke in deutschen Unternehmen, als sich die Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) mit dem Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers 2005 das Problem näher anschaute. Nachdem sie anschließend 2007 die Praxis des Konfliktmanagements untersuchten, legen beide nun mit dem dritten Teil ihrer auf ein Jahrzehnt angelegten Studienserie einen Fahrplan vor. In "Konfliktmanagement - Von den Elementen zum System" stellen sie ein Modell vor, wie sich Auseinandersetzungen strukturiert bearbeiten lassen.
Mobbing und Machtkämpfe, aber auch Streit um Ressourcen - innerhalb der Firma oder zwischen verschiedenen Unternehmen - schmälern den Erfolg und schaden dem Betriebsklima. Häufig schwelen auch unausgesprochene Konflikte zwischen der IT und den anderen Abteilungen. Ein gutes Konfliktmanagement geht diese Probleme systematisch und institutionalisiert an. Es soll, schreiben die Professoren Ulla Gläßer und Lars Kirchhoff vom vom Institut für Konfliktmanagement an der Viadrina, "Transparenz, Steuerbarkeit und Effizienz der Konfliktbearbeitung sicherstellen".
Streitkultur als festen Teil der Unternehmenskultur etablieren
Das System von PwC und der Viadriana besteht aus sechs Elementen (nächste Seite), zusammengehalten durch eine Steuerungsinstanz. Erst sie bindet die einzelnen Komponenten - wie Mediatoren und Verfahrensregeln - in ein funktionierendes System zusammen.
Als Steuerungsinstanz empfehlen die Wissenschaftler zum Beispiel eine interne Stabsstelle zur Koordination des Konfliktmanagements. Sie hält den Kontakt mit der Firmenleitung und versorgt die einzelnen Beteiligten mit den notwendigen Informationen. Vor allem aber muss sie das Konfliktmanagement im Unternehmen verankern, so dass es Teil der Unternehmenskultur wird.
Konflikte zwischen Mitarbeitern moderieren
Konflikte zwischen Mitarbeitern moderieren Wo Leute zusammenarbeiten, bleiben Konflikte nicht aus. Wie sich Führungskräfte dabei verhalten sollten, erfahren Sie hier:
1. Schritt: Das Ziel klären Erklären Sie den Konfliktparteien, worum es bei der Konfliktmoderation geht: um ein Lösen des Konflikts. Jedoch nicht in der Form, dass wie in einer Therapie alle Emotionen und Erfahrungen in der Vergangenheit aufgearbeitet werden; auch nicht in der Form, dass wie in Betrieben oft üblich, der Konflikt ignoriert oder durch formale Regelungen zugedeckt wird. Nein, die Arbeitsbeziehung soll neu ausgehandelt und so geregelt werden, dass beide Mitarbeiter gut damit leben und ihren Job besser machen können. Dabei lautet die Maxime: Kein Beteiligter muss einer Lösung zustimmen, die ihn zum Verlierer macht.
2. Schritt: Regeln festlegen Definieren Sie mit den Konfliktpartnern Regeln für die Moderation. Zum Beispiel:<br><br> - Beide stellen Forderungen an das Verhalten des jeweils anderen.<br> - Diese werden nach dem Prinzip "Geben und Nehmen" ausgehandelt.<br> - Die Absprachen werden schriftlich fixiert.<br><br>Vereinbaren Sie mit den Konfliktpartnern auch, worüber Vertraulichkeit gewahrt und worüber mit Dritten gesprochen werden darf. Klären Sie zudem Ihre Aufgaben als Moderator.
3. Schritt: Wünsche und die dahinterstehenden Bedürfnisse sammeln Sind die Formalien geklärt, können Sie die Beteiligten zum Beispiel bitten, auf einem Formblatt folgende Fragen zu beantworten: <br><br> "Es würde mir helfen, effektiver zu arbeiten, wenn Sie folgendes häufiger/anders tun würden: .... weil…" <br> "Es würde mir helfen, effektiver zu arbeiten, wenn Sie folgendes seltener/nicht mehr tun würden: ....weil…" <br> "Behalten Sie folgende Aktivitäten bei, die mir helfen, effektiv zu arbeiten: ...."
4. Schritt: Verständnis klären Die ausgefüllten Formblätter können Sie entweder kopieren oder so aufhängen, dass sie jeder lesen kann. Bitten Sie die Konfliktpartner, die Forderungen/Wünsche des jeweils anderen mit eigenen Worten laut zu formulieren. "Sie wollen, dass ich ..." Der andere soll die Aussage entweder bestätigen oder korrigieren. Bitten Sie als Moderator sofern nötig, um Beispiele für das gewünschte Verhalten, um das Verständnis sicherzustellen.
5. Schritt: gemeinsam Lösungen suchen Hier ist das Brainstorming die Technik der Wahl, denn sie ermöglicht es allen Beteiligten, optimal zur Lösung beizutragen. Zudem sollte das Suchen und Sammeln der möglichen Elemente einer Lösung frei von (vorschnellen) Bewertungen erfolgen.
6. Lösungen bewerten und aushandeln Nach dem Sammeln können beide Konfliktparteien anhand ihrer Forderungen die Lösungsvorschläge markieren, die ihnen am ehesten geeignet erscheinen. Bitten Sie die Konfliktparteien anschließend, sich wechselseitig Angebote zu machen.
7. Schritt: Absprachen treffen und Protokoll erstellen Notieren Sie alle getroffenen Absprachen. Dass beim Aushandeln der künftigen Arbeitsbeziehung auch mal die Emotionen hochkochen und schmerzhafte Erlebnisse aus der Vergangenheit geschildert werden, ist denkbar. Das sollten Sie zulassen, damit der Druck aus dem Kessel weicht. Dabei müssen Sie aber Fingerspitzengefühl zeigen und darauf achten, dass sich kein Druck aufbaut.
8. Schritt: Abschließen und Folgetermin vereinbaren Die bei Konfliktmoderationen getroffenen Vereinbarungen erscheinen Außenstehenden oft unbedeutend. Für die Beteiligten sind sie aber wichtig, weil Emotionen daran hängen. Folglich muss die Umsetzung der Abmachungen auch nachhaltig sichergestellt werden, damit alte Wunden nicht erneut aufgerissen werden. Vereinbart werden sollte auch, was geschieht, wenn Absprachen nicht eingehalten werden.
Internen Mediatorenpool aufbauen
Wenn es nicht auf einen Schlag funktioniert, sollten Unternehmen die einzelnen Elemente des Konfliktmanagement sukzessive aufbauen. Diese sind:
Konflikt-Anlaufstellen: Sie sind das Frühwarnsystem und weisen den Weg zu den richtigen Ansprechpartnern. Wenn es um Streit in der Firma geht, können Ombudspersonen genau wie ausgebildete Konfliktberater oder Personalberater als Anlaufstellen dienen. Für Konflikte zwischen Unternehmen eignen sich etwa die Rechtsabteilung, Anwälte von außen oder Projektleiter.
Die Wahl des richtigen Lösungsverfahrens: Eine Eskalationsklausel im Arbeitsvertrag kann der erste Schritt zur Lösung von Konflikten sein, auch die Personalabteilung kann Kriterien für den Umgang mit den unterschiedlichsten Streitfragen aufstellen. Von Seiten der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit oder der International Chamber of Commerce gibt es Richtlinien für streitende Firmen.
Konfliktbearbeiter: Sie müssen nicht nur benannt, sondern auch dann verfügbar sein, wenn ein Streit ausbricht. Im Haus bietet sich etwa ein eigener Mediatorenpool an. Auf Listen mit Schiedsgutachtern oder Pools mit externen Mediatoren lassen sich Profis finden, die den Streit zwischen Unternehmen eindämmen oder beilegen helfen.
Verfahrensstandards: Sie sorgen für einen klar geregelten und vor allem transparenten Prozess der Konfliktbewältigung. Hausinterne Mediatoren können beispielsweise nach speziellen Leitlinien arbeiten. Für Streitigkeiten zwischen Firmen hat die International Chamber of Commerce eine Amicable Dispute Resolution entwickelt. Denn nicht jeder Streit muss gleich vor einem Richter landen.
Dokumentation und Qualitätssicherung: Ein Feedbacksystem, und wenn es aus Fragebögen besteht, hilft den Konfliktmanagern, ihr System weiterzuentwickeln. Mit einer systematischen Selbstevaluation finden die Konfliktmanager auch die Balken vor dem eigenen Auge. Mit einer Kostenerfassung lässt sich der Konflikt mit anderen Unternehmen dokumentieren.
Darstellung nach Innen und Außen: Tue Gutes und sprich darüber. Erst wenn die Kollegen wissen, dass es ein System zur Streitschlichtung gibt, werden sie es von sich aus nutzen. Hier hilft schon eine Präsentation im Intranet, persönlicher wird aber eine Inhouse-Roadshow. Eine branchenspezifische Selbstverpflichtung macht professionelle Hilfe für Streitigkeiten über Unternehmensgrenzen hinweg bekannt.
Spielregeln für das Projekt-Team
Spielregeln für das Projekt-Team Diese Spielregeln sorgen für eine offene Kommunikation und bieten auch im Konfliktfall eine Orientierung.
Tipp 2 Eine offene Kommunikation einhalten.
Tipp 3 Eine konstruktive Zusammenarbeit umsetzen.
Tipp 4 Zu Problemen grundsätzlich Lösungsvorschläge anbieten.
Tipp 6 Keine Arbeitspakete ohne Termin und Verantwortlichen definieren.
Tipp 7 Delegieren von Arbeitspaketen vermeiden.
Tipp 8 Lieber miteinander reden anstatt E-Mail-Ping-Pong zu spielen.
Tipp 9 Keine politischen Spielchen treiben.
Tipp 11 Dynamik entwickeln und auf das gesamte Projektteam sowie alle Anwender übertragen.