IT-Management

Die 14 häufigsten Projektfehler vermeiden

29.07.2008 von Simon Hülsbömer
Wer IT-Projekte pünktlich abschließt und sein Budget nicht überzieht, ist auf Dauer erfolgreich. Wir haben die Tipps dazu.

Nur rund 29 Prozent aller IT-Projekte werden wie vorgesehen abgeschlossen, hat das Beratungsunternehmen Standish Group herausgefunden. Nach Angaben der befragten Softwareanbieter und Projektberater machen IT-Abteilungen immer wieder die gleichen Fehler. Sie arbeiten nicht nach standardisierten Projekt-Management-Prozessen, setzen ihr Personal falsch ein oder unterschätzen und ignorieren Risiken. Zumeist mangelt es an gründlicher Planung und Kommunikation - innerhalb der Projektteams selbst und zwischen Teams und Financiers respektive Unternehmensführung. Wir haben einige der häufigsten Fehler beim Projekt-Management zusammengestellt und geben Ihnen Tipps, wie Sie sie vermeiden können.

1. Die falschen Leute

Das Problem: Die Verteilung der Mitarbeiter auf die Projektteams ist schwierig. Wenn Leute falsch eingesetzt werden, leidet das gesamte Vorhaben und stirbt im schlimmsten Fall ganz.

Laut einer 2007er-Studie von Assure Consulting scheitern die meisten IT-Projekte an unklaren Zielen, unrealistischen Zeitvorgaben und fehlender Abstimmung.
Foto: Assure Consulting

Die Lösung: IT- und Projekt-Manager benötigen eine umfassende Kenntnis der persönlichen Fähigkeiten und Arbeitsbelastungen ihrer Mitarbeiter, aber auch der Projektmitstreiter wie Berater, Lieferanten und Subunternehmer. Die externen Kräfte werden häufig außer Acht gelassen, obwohl ihnen ein großer Teil der eigentlichen Arbeit zufällt. Zunächst kann eine Projektsteuerungs-Software beim Sammeln der benötigten Informationen helfen. Als Nächstes kommt es auf die richtige Aufgabenverteilung an. Dafür existieren verschiedene Organisationsmodelle. Projektplaner sollten Menschen und Aufgaben nach bestem Wissen und Gewissen einbinden. Möglich ist beispielsweise, einen Ressourcenverwalter zu bestimmen, der sich um die Verteilung der Mitarbeiter und ihrer Fähigkeiten auf einzelne Teams kümmert. Das Wichtigste ist die Ausgeglichenheit der Teams - sowohl vom Charakter ihrer Mitglieder als auch von ihren Talenten her. So genannte Tiger Teams bieten den Mitarbeitern die Gelegenheit, ein Jahr oder mehr aus ihrem üblichen Job auszusteigen, um an einem bestimmten Projekt mitzuarbeiten. Wichtiger als die auf Teilaufgaben zugeschnittene Einbindung von Mitarbeitern ist es nach Ansicht vieler Experten, dass die Ausgewogenheit auf der übergeordneten Projektebene stimmt. Die Verteilung der zu erledigenden Aufgaben richtet sich nach der Zusammensetzung der Teams und nicht umgekehrt.

Wenn sich nicht das richtige Personal für ein Projekt findet, sollten Sie sich fragen, ob sich das Vorhaben tatsächlich an der eigenen Unternehmensstrategie ausrichtet. Bereits angelaufene, aber ins Stocken geratene Projekte sollten lieber früh gestoppt werden, als in ihnen unnötig Zeit und Geld zu verbrennen. Die frei werdenden finanziellen und personellen Ressourcen sind dann in einer konzeptionellen Neuausrichtung besser aufgehoben.

2. Manager ohne Erfahrung

Das Problem: Projekte geraten außer Kontrolle, weil der Projekt-Manager unklug und unüberlegt handelt.

Wenn der Schreibtisch Ihres Projekt-Managers so aussieht wie hier, kann das auch ein Zeichen von Überforderung sein.

Die Lösung: Stellen Sie nur Projekt-Manager ein, die Zertifikate vorlegen können und - mit besonderem Fingerspitzengefühl ausgestattet - zur Mitarbeiterführung geeignet sind. Gute Manager sind in Meetings immer auf der Höhe, meistern riskante Situationen und kommen mit allen möglichen Charakteren gut aus. Sie kümmern sich regelmäßig um die IT-Sicherheitsbeauftragten genauso wie um die Finanzbuchhaltung. Sie halten das Projekt zusammen und sind über alle Vorgänge und Änderungen informiert. Der gute Projekt-Manager hat darüber hinaus auch noch ein umfangreiches technologisches Verständnis aufzuweisen und weiß die IT-Prozesse richtig einzuordnen.

3. Keine standardisierten Prozesse

Das Problem: Projekten fehlen festgelegte Umsetzungsmethoden, wiederholbare Standards sind nicht vorhanden. Ob der Zeitplan oder das Budget eingehalten werden, ist Glückssache.

Die Lösung: Ein Basiswissen an Standards und Projektmethoden ist dringend erforderlich. Zumindest in den entscheidenden Bereichen Vorabprüfung, Terminierung, Ressourcenverteilung und Kommunikation mit Interessenvertretern sollten Projektverantwortliche ihre Vorhaben stets über standardisierte Prozesse abwickeln.

4. Zu viele Prozesse verderben die IT

Das Problem: Eine zu große Anzahl an Prozessen macht das Projektteam unflexibel. Mitarbeiter, Vorgesetzte und Partner sind frustriert.

Die Lösung: Immer zunächst mit Partnern und Vorgesetzten sprechen, ob bestimmte technologische Features (und damit neue Arbeitsprozesse) sinnvoll und notwendig sind. Auch wenn sie ohne zusätzliche Kosten auskommen, kann jede Abweichung vom Nötigsten einen nicht zu stemmenden Mehraufwand bedeuten und das gesamte Projekt in Schieflage bringen. Es gilt die Devise: Flexibel bleiben und auch einmal vom ursprünglichen Plan abweichen, wenn es sich rentiert - aber erst, wenn alle Betroffenen informiert sind.

5. Keine Rücksprache bei Änderungen

Das Problem: Nachträgliche Änderungen finden ohne Rücksprache statt und werden nirgendwo festgehalten. Die Ausgaben sprengen den nicht angepassten finanziellen Rahmen, der vorgesehene Zeitplan ist hinfällig.

Die Lösung: Jeder Änderung geht ein schriftlicher Antrag voraus, mit Hilfe dessen der Projekt-Manager Budget- und Terminplanung anpassen kann. Erst wenn Unternehmensleitung und Partner dem Antrag entsprechen (schriftlich!), dürfen die Änderungen in das Projekt einfließen.

6. Aktueller Projektstand? Keine Ahnung!

Das Problem: Was Sie nicht messen können, können Sie nicht steuern. Wer den Status seiner Projekte nicht kennt, hat die Ressourcen nicht im Griff und kann auf Änderungen nicht reagieren. Kurzum: Er hat verloren.

Foto: Lorenzsoft

Die Lösung: Setzen Sie Projektsteuerungs-Software ein und nutzen Sie deren Reporting-Funktionen.

7. Ignoranz

Das Problem: Während des Projekts auftretende Probleme, die anfangs klein erscheinen, werden ausgeblendet. Nach und nach werden sie größer und verursachen Mehrkosten.

Die Lösung: Fehler können jedem passieren - wichtig ist, sie frühstmöglich zu erkennen und zu beheben. Spielen Sie Probleme nicht herunter und beziehen Sie alle Eventualitäten in die Planung mit ein. Seien Sie so flexibel, dass Sie Ihre Ressourcen zu jeder Zeit umverteilen können.

8. Kein klar definiertes Ziel

Das Problem: Dass ein Projekt ohne klar erkennbares Ziel vor sich hinplätschert, geschieht häufiger als angenommen. Wenn Geschäfts- und IT-Leitung den Kern eines Projektes - sei es aus Zeitmangel oder einfach wegen mangelhafter Verständigung - nicht gemeinsam festgelegt haben, arbeiten sie aneinander vorbei. Die Ergebnisse sind Zeitverlust, Budgetüberziehung und Unzufriedenheit.

Die Lösung: Viele Beratungsunternehmen bieten eintägige Praxisseminare zur Projektplanung an. Außerdem ist die Anwendung eines klassischen Business Case zu empfehlen.

9. Projekte hängen voneinander ab, und keiner merkt's

Das Problem: Alles hängt mit jedem zusammen, autarke Projekte und Teams funktionieren nur äußerst selten. Laufen mehrere Projekte gleichzeitig, gilt das umso mehr. Dennoch werden Zusammenhänge nicht erkannt, die Teams bleiben voneinander unabhängig und monatelang gleich aufgestellt. Die Geschäftsprozesse verlangsamen sich, das gesamte Unternehmen fällt in eine Art Trance, und niemand bekommt es richtig mit.

Die Lösung: Bedenken Sie bereits in der Planungsphase die Abhängigkeiten. Gespräche mit allen (!) Beteiligten und abteilungsübergreifende schematische Darstellungen der verschiedenen Teilbereiche helfen, Zusammenhänge rechtzeitig aufzudecken.

10. Kein "Plan B" in der Schublade

Das Problem: Etwas Unvorhergesehenes geschieht, was zwar nicht aus dem Projekt heraus verursacht wurde, dieses aber behindert (Beispiel: Die Straßenblockaden für eine kurzfristig angesetzte öffentliche Demonstration verhindern den Einzug ins neue Rechenzentrum am Wochenende, nachdem alle Server Freitagnachts bereits abgebaut wurden). Die IT-Abteilung ist zwar überrascht, lässt sich aber nichts anmerken und bündelt alle Kräfte, um das Problem zu lösen. Mitarbeiter, die woanders benötigt werden, werden abgezogen. Der Rest des Projekts läuft aus dem Ruder.

Die Lösung: Zur Projektplanung gehört die Risikoanalyse. Sie wird oft übergangen, obwohl sie kaum Zeit kostet und jeden im Team auffordert, sich differenziert mit dem Vorhaben auseinanderzusetzen. Machen Sie ein Brainstorming dazu, was alles passieren könnte, um das Projekt zu verlangsamen, zu verteuern oder von seinen Ziele abzubringen. Dann überlegen Sie sich Wege, diese Risiken zu verringern. Erstellen Sie gemeinsam einen Notfallplan für den Fall des Falles. Ohne den "Plan B" in der Schublade sollten Sie niemals an die Umsetzung gehen!

11. Projekt abgeschlossen, aber niemanden interessiert's

Das Problem: Alles Geld und harte Arbeit war umsonst, weil die Anwender die neue Technologie nicht annehmen.

Die Lösung: Was könnte meine Kollegen und Partner davon abhalten, die neue Software oder die neue Technologie einzusetzen? Wie kann ich diesem Widerstand entgegentreten? Stellen Sie sich diese Fragen, bevor Sie anfangen. Beantworten Sie sie. Sprechen Sie mit den Menschen, die das geplante Projektergebnis im Berufsalltag anwenden sollen oder müssen. Beziehen Sie ihr Feedback in die Projektplanung mit ein.

12. Unvollständiger Zeitplan

Das Problem: Die Mitglieder der Projektteams wissen nicht, was bis wann zu tun ist. Jeder setzt sich andere Fristen, arbeitet anders und versucht irgendwie nur, dem drohenden Chaos aus dem Weg zu gehen.

Die Lösung: Stellen Sie einen Zeitplan auf, der lückenlos aufführt, welche Teile des Projektes bis wann abzuschließen sind. Schriftlich fixierte Deadlines sind ein Segen. Sorgen Sie aber auch dafür, dass jeder Mitarbeiter diesen Plan einsehen kann.

13. Niemand beanstandet unrealistische Deadlines

Das Problem: Obwohl jeder Projektbeteiligte außer der Unternehmensleitung weiß, dass die gesetzten Termine nicht einzuhalten sind, gibt es keine Rückmeldung. Viele Mitarbeiter halten die IT-Abteilung in der Folge für unfähig, ihre Aufgaben sach- und termingerecht zu erledigen.

Die Lösung: Der CIO oder IT-Verantwortliche sollte der Firmenleitung erklären können, welche Ressourcen ein Projekt benötigt. Frühzeitig muss gemeinsam ein Zeit- und Budgetplan erstellt und im Laufe eines Projektes gegebenenfalls auch einmal verändert werden.

14. Die linke Hand weiß nicht, was die rechte tut

Das Problem: Niemand spricht mit Geschäftspartnern und Sponsoren. Projektteams und Vorstände verfolgen die Entwicklung gespannt und ärgern sich anschließend, dass die Erwartungen nicht erfüllt wurden.

Fast ein Drittel der gescheiterten IT-Projekte beschäftigten sich mit dem Thema Wissens-Management, wie eine aktuelle Umfrage des Beratungshauses Steria Mummert ergab. Ein wahrer Teufelskreis: Ohne Projekt-Know-how kein geordnetes Wissen und umgekehrt.
Foto: Steria Mummert

Die Lösung: Auch wenn miteinander kommuniziert wird, ist ein gemeinsames Verständnis nicht garantiert. Besonders die technischen Anforderungen an die IT-Systeme, die sich im Laufe eines Projekts häufiger ändern können, stellen eine beliebte Quelle für Kommunikationsprobleme dar. Nicht jeder versteht das technische Gekritzel auf Planungsdokumenten, die die IT-Abteilung ausgibt. Business-Verantwortliche, zumeist nicht mit dem spezifischen Know-how ausgestattet, haben keine Zeit, derartige Informationen zu studieren. Die Folge: Sie landen im Papierkorb. Deshalb: Geben Sie allen Projektbeteiligten, die nicht in direkter Verbindung zur IT-Abteilung stehen, einen nicht zu technischen Überblick über das gesamte Projekt samt Zeitleiste, von der Designphase bis hin zum Rollout. Welche Aufgaben müssen an der Schnittstelle von IT und Business wann und wie erledigt werden? Wie sind die Geschäftspartner konkret eingebunden? Warum ist ihre Mitarbeit an der einen oder anderen Stelle erforderlich oder auch nicht?

Um das bewerkstelligen zu können, müssen IT-Verantwortliche die Geschäftsprozesse besser verstehen lernen. Dann kann sich die IT nach dem Business ausrichten, es aber auch ein Stück weit für seine Zwecke erziehen. Wenn beide Seiten im Dialog stehen und während des Projekts ein reger Austausch stattfindet, wächst das Verständnis füreinander. Dann muss sogar eine Budgetüberziehung nicht mehr in jedem Fall schlecht sein und auch schier aussichtslose, komplexe IT-Projekte können es zu einem für alle Beteiligten zufriedenstellenden und erfolgreichen Abschluss bringen. (sh)