Fachkräftemangel

Deutschland braucht eine nachhaltige Fachkräftepolitik

02.12.2013 von Bernhard Rohleder
Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder nennt fünf Ansatzpunkte für Politik, Wirtschaft und Hochschulen, um dem Mangel zu begegnen.

Mit 39.000 offenen Stellen für IT-Experten bleibt der Fachkräftemangel auf dem hohen Niveau der Vorjahre. Er ist ein strukturell bedingtes Problem und besteht weitgehend unabhängig von der konjunkturellen Entwicklung. Jedes zweite ITK-Unternehmen beklagt aktuell einen Mangel an IT-Profis.

In den Augen von Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder müssen Politik,Wirtschaft und Hochschulen den Fachkräftemangel gemeinsam lösen.
Foto: Bitkom

Rund 16.000 der unbesetzten Stellen gibt es in der ITK-Branche selbst, davon 13.800 bei den Anbietern von Software und IT-Dienstleistungen. Fast drei Viertel der ITK-Firmen suchen Softwarespezialisten, insbesondere für die Themen Cloud Computing und Social Media. Ebenfalls stark nachgefragt sind Entwickler für Web-Präsenzen, betriebswirtschaftliche Anwendungen sowie Apps und mobile Webseiten. Obwohl die ITK-Branche angesichts des hohen Fachkräftemangels ihr Beschäftigungspotenzial nicht voll ausschöpfen kann, schaffen die Firmen im Jahr 2013 voraussichtlich 15.000 neue Arbeitsplätze. Im Vorjahr lag diese Marke sogar bei 25.000.

Im Wintersemester 2013/14 wurde mit mehr als 52.000 Erstsemestern ein Rekord an Studienanfängern in der Informatik erreicht. Die Absolventenzahlen werden in den kommenden Jahren steigen – ohne jedoch die Lücke am Arbeitsmarkt völlig schließen zu können. Dies gilt auch dann, wenn man die Absolventen der dualen IT-Ausbildung berücksichtigt.

zahlen mangel
39.000 offene IT-Stellen...
...zählt der Branchenverband Bitkom 2013 in der ITK- und in den Anwenderbranchen.
13.800 offene Stellen...
...haben Anbieter von Software und IT-Dienstleistungen.
15.000 neue Arbeitsplätze....
...sind voraussichtlich dieses Jahr in der ITK-Branche entstanden. Das sind 10.000 weniger als 2012.
Mit mehr als 52.000 Erstsemestern..
ist ein Rekord an Studienanfängern in der Informatik erreicht.
Informatik...
...ist nach Wirtschaftswissenschaften und Maschinenbau das Studienfach mit den meisten Studenten.
50 Prozent...
...beträgt die Quote der Studienabbrecher in Informatik.
17.000 Informatikabsolventen....
...verlassen 2013 die deutschen Hochschulen. Im Jahr 2000 waren es rund 5600 Informatikabsolventen.
22 Prozent der Informatikstudenten....
..sind Frauen. Vor 30 Jahren betrug der Anteil der Informatikstudentinnen 19 Prozent.
Erstmals über 40.000 Auszubildende...
...gibt es im Ausbildungsjahr 2013/2014 in den IT-Berufen.
Im September 2013 standen 14.050 Ausbildungsplatzbewerbern...
....12.532 gemeldete Stellen gegenüber. Das Verhältnis von 1,1 Bewerbern auf eine Ausbildungsstelle entspricht exakt dem Wert für den gesamten Ausbildungsmarkt in Deutschland.
Um 1,7 Prozent erhöhte...
..sich die Zahl der Ausbildungsverträge gegenüber dem Vorjahr. Verantwortlich dafür ist das starke Plus bei den Fachinformatikern, während die Zahl der Systemelektroniker zurückgingen.

Fünf Ansatzpunkte stehen im Zentrum einer nachhaltigen Fachkräftepolitik, die von Politik, Hochschulen und Wirtschaft gemeinsam getragen sein muss:

  1. Abbrecherquoten reduzieren: Wir leisten uns derzeit rund 50 Prozent Studienabbrecher. Diese Zahl muss auf maximal 30 Prozent reduziert werden. Den verbleibenden Studienabbrechern muss der Weg zu einem anerkannten Berufsabschluss geebnet werden.

  2. Betreuungskapazitäten an Hochschulen ausbauen: Trotz des Hochschulpakts 2020 können viele Informatikfakultäten und -Fachbereiche die derzeitigen Anfängerzahlen nicht ausreichend betreuen.

  3. Frauenanteil in der Informatik steigern: Ziel ist ein Anteil von 30 Prozent an weiblichen Studierenden und Azubis. Erforderlich ist ein neues Berufemarketing. Die Unternehmen sind aufgefordert, überzeugende Karriereoptionen für IT-Absolventinnen anzubieten.

  4. Digitalisierung von Schule und Lehre vorantreiben: Der Bildungsföderalismus stellt für den Aufbau leistungsfähiger Bildungsnetze derzeit ein gravierendes Hemmnis dar und muss weiter entwickelt werden

  5. Migration und Zuwanderung fördern: Das Zuwanderungsrecht wurde entscheidend verbessert. Niedrig geblieben sind die Zuwanderungszahlen. Es bedarf eines offensiven Marketings für den Zuwanderungsstandort Deutschland als gemeinsame Aufgabe von Wirtschaft, Politik und Hochschulen.

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