Podolski und Schweinsteiger

Deutsche WM-Fußballer lassen es Twittern

23.06.2010 von Jan-Bernd Meyer
"13.30 Uhr Essen, 18 Uhr Abfahrt nach Johannesburg." Okay, die Twitter-Meldung muss einen nicht vom Hocker reißen - wäre sie nicht von der deutschen Fußballnationalmannschaft.
Arne Friedrich schickt beste Grüße an nunmehr 18.000 Twitter-Follower des DFB-Teams.
Foto: Deutscher Fußball Bund

Es ist noch nicht so lange her, dass die bundesrepublikanischen Kicker sich via Twitter über ihre Befindlichkeit an die Welt wandten. Jetzt kann man mehr oder weniger aktuell im sozialen Instant-Netz auf dem Twitter-Account des Deutschen Fußball Bundes (DFB) verfolgen, was die Elitekicker bewegt.

Sehr sympathisch ist schon einmal, dass auch die deutsche Fußballauslese technische Probleme gewärtigt - irgendwie sind unsere Kicker also doch von dieser Welt. Am Tag des ersten Endspiels für die deutschen Kicker - heute gegen Ghana - lesen Twitter-Follower: "Das Team in Südafrika hat aktuell Netz-Probleme. Sobald der Zugang wieder funktioniert, gibt es Neues aus dem Velmore Grande."

Zwei Stunden später: Gott sei Dank Entwarnung: "Wir sind wieder online! Und die Mannschaft ist gerade beim Anschwitzen auf dem Hotelplatz." Man kann also tatsächlich "anschwitzen". Again what learned - um unseren fränkischen Weltmeister Loddar zu zitieren, der das so nie gesagt hat.

Bereits seit der WM-Qualifikation im Oktober vergangenen Jahres, als es im entscheidenden Spiel gegen Russland zu spielen galt, twittert der DFB . Der erste Tweet war nachgerade staatstragend: "Löw nominiert Neuling Jerome Boateng".

Websites der Fußball-Nationalspieler
Manuel Neuer (Tor)
Das Gelsenkirchener Torwart-Idol mit ganz viel Nuss-Nougat-Brofaufstrich... Nett animierter, informierender Auftritt unserer Nummer Eins.<br /><br /><a href="http://www.manuel-neuer.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Tim Wiese (Tor)
Selbstdarstellung ist alles: Der Bremer Torhüter polarisiert - im Netz kommt allerdings einzig die Startseite etwas zwiegespalten daher. Der Rest ist kurz und bündig.<br /><br /><a href="http://www.tim-wiese.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Arne Friedrich (Abwehr)
Der Ex-Berliner pflegt seine Seite persönlich - in den engen iFrames findet man nur wenig Neues.<br /><br /><a href="http://www.arnefriedrich.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Serdar Tasci (Abwehr)
Der eher unbekannte Nationalspieler aus Stuttgart hat eine umso aufgestyltere Visitenkarte im Internet. Könnte auch Werbung für ein Modelabel sein.<br /><br /><a href="http://www.serdar-tasci.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Heiko Westermann (Abwehr)
Der verletzte Schalker informiert umfassend auch über seine Aktivitäten abseits des Platzes - stets aktuell.<br /><br /><a href="http://www.heiko-westermann.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Philipp Lahm (Abwehr)
Simpel ist King: Bayern Münchens Außenverteidiger und WM-Kapitän legt mehr Wert auf Inhalte als auf Design.<br /><br /><a href="http://www.philipplahm.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Per Mertesacker (Abwehr)
Ob im Bereich PERsönlich, PERformance, NewspaPER oder im Interaktionsterrain PER Du - der Bremer Abwehrchef hat seine Seite inhaltlich und äußerlich voll im Griff. Einer aus einer ganzen Fußballerriege, deren Präsenz von der Dortmunder Agentur <a href="http://www.7dc.de/" target="_blank">Seven Dead Cats</a> betreut wird (wie u.a. auch die der aktuellen Nationalspieler Träsch, Ballack, Schweinsteiger, Özil, Podolski und Hummels).<br /><br /><a href="http://www.permertesacker.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Jérôme Boateng (Abwehr)
Der Tanker unter den Fußball-Selbstdarstellern mit aufgemotzten Websites: Was dem Neu-Briten jetzt noch fehlt, ist einzig ein eigener Kino-Blockbuster in 3D.<br /><br /><a href="http://www.jboateng.com/" target="_blank">Zur Website</a>
Christian Träsch (Abwehr)
Die Site des verletzten Stuttgarters ist in dezenten Brauntönen gehalten und macht grafisch durchaus etwas her.<br /><br /><a href="http://www.christian-traesch.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Marko Marin (Mittelfeld)
Der Bremer Dribbelkünstler kooperiert mit einer bekannten Haushaltsklebermarke und präsentiert stolz sein Tor gegen Belgien im Video. Animierte, lustige und eher verspielte Seite.<br /><br /><a href="http://www.marko-marin.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Bastian Schweinsteiger (Mittelfeld)
Wenige und kurze Texte, dafür umso mehr Fotos von Modeshootings: Der Münchner Mittelfeldstar und Vize-Kapitän wird seinem Image als Werbeikone auch auf der persönlichen Seite gerecht.<br /><br /><a href="http://www.bastian-schweinsteiger.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Mesut Özil (Mittelfeld)
Die zweisprache Seite des Bremer Deutschtürken wirkt teilweise etwas altbacken, was am Silberdesign liegen mag, fasst aber alle wichtigen Infos prägnant zusammen.<br /><br /><a href="http://www.mesut-oezil.com/" target="_blank">Zur Website</a>
Michael Ballack (Mittelfeld)
Der für die WM ausfallende Stammkapitän, der (noch?) in London kickt, setzt auf Sachlichkeit und Seriösität. Das Motto lautet: Mehr Text, weniger Fotos.<br /><br /><a href="http://www.michael-ballack.com/" target="_blank">Zur Website</a>
Piotr Trochowski (Mittelfeld)
Sogar mit eigener Wallpaper-Sektion: Der Hamburger präsentiert sich auch von seiner privaten Seite.<br /><br /><a href="http://www.piotr-trochowski.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Lukas Podolski (Sturm)
Prinz Poldi spielt in Kölle und ist im Web eher auf dem Selbstdarstellungstrip.<br /><br /><a href="http://www.lukas-podolski.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Miroslav Klose (Sturm)
Der Torschützenkönig des letzten Weltturniers sitzt bei Bayern München derzeit viel auf der Bank, soll in Südafrika aber zu seiner Form zurückfinden. Im Web setzt er eher auf grafische Elemente als auf inhatlich Gehaltvolles.<br /><br /><a href="http://www.miroslav-klose.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Mario Gomez (Sturm)
Der nächste derzeit eher enttäuschte Bayern-Stürmer flasht und pusht im Web sein Image als südeuropäischer Charakterkopf. Nett animierte Seite, aber nur wenig Substanz.<br /><br /><a href="http://www.mario-gomez.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Cacau (Sturm)
"Hallo, lieber Freund" begrüßt der Stuttgarter Stürmerstar seine Besucher. Er legt auch im Web großen Wert auf seinen privaten Glauben und weniger auf die sportlichen Erfolge. Cacau mal ganz anders.<br /><br /><a href="http://www.cacau.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Mats Hummels (Abwehr, Perspektivspieler)
Einer aus Jogi Löws Garde der jungen Wilden. Der Dortmunder Abwehrspieler spielt mit seinen Besuchern - Navigation mal ganz anders. Allein dafür schon einen Besuch wert. Darüber hinaus viele Informationen zu Mats' sportlichem und privatem Umfeld. Eine echt innovative Seite!<br /><br /><a href="http://www.mats-hummels.com/" target="_blank">Zur Website</a>
Kevin Großkreutz (Mittelfeld, Perspektivspieler)
Der nächste Dortmunder Jungspund kommt vor allem multimedial und interaktiv daher: Einer für die Zukunft.<br /><br /><a href="http://kevin-grosskreutz.de/" target="_blank">Zur Website</a>
Wer noch fehlt
Bislang keine eigene offizielle (!) Website haben folgende Nationalspieler: Jörg Butt (Tor), Holger Badstuber (Abwehr), Andreas Beck (Abwehr), Dennis Aogo (Abwehr), Thomas Müller (Mittelfeld), Marcell Jansen (Mittelfeld), Toni Kroos (Mittelfeld) und Stefan Kießling (Sturm).

Und bedeutend geht es seitdem weiter. Am Tag nach der Serbien-Niederlage erfahren wir: "9.30 Uhr Wecken, 11 Uhr Abfahrt zum Training. Der Nachmittag ist frei." Da hatten wir schon zwei Stunden gearbeitet und am Nachmittag noch immer. Okay, dafür bekommen wir auch kein so hohes Salär. Passt schon.

Klose und die Selbstzerstörung

Am Abend nach dem Serbien-Spiel dann dies: "Kino-Abend im Velmore: Mertesacker, Wiese, Klose und Trochowski schauen sich Mel Gibson in Payback an." Wenn das "Lethal Weapon" war, welcher Film Gibson endgültig zum Kassenstar verhalf, hätten wir gemischte Gefühle. Dort verkörpert Gibson den psychisch labilen, zu Gewaltausbrüchen und zur Selbstzerstörung neigenden Polizisten Martin Riggs. Letzteres brauchen wir heute am Abend nicht. Aber Klose ist ja gesperrt.

Lukas Podolski twittert, sendet auf Facebook - ist medial omnipräsent. Jetzt muss er nur noch das Runde ins Eckige reinmachen.

Wer nun meint, ob solch wichtiger Meldungen wie "Fertig massiert: Die Physios haben Feierabend" könne sich das Interesse an den Tweets der deutschen Ballartisten in Grenzen halten, der täuscht sich. Bastian Schweinsteigers Foto-Meldung mit Gruß an 16.000 Follower am Montag war einen Tag später schon überholt: Podolski wusste schon von 17.000. Fans auf Twitter. Vor dem Spiel gegen Ghana dürfte die 18.000er Marke erreicht werden. Nach dem Spiel sehen wir weiter.

900.000 Follower: Kaká

Es geht aber bekanntlich immer etwas und manchmal auch erheblich mehr: Brasiliens Ball-Rastelli Kaká - bürgerlicher Name Ricardo Izecson dos Santos Leite - bringt es auf mehr als 900.000 Follower.

Lernen vom FC Bayern
Individualist mit Teamgeist sein
Arjen Robben ist ein begnadeter Flügelstürmer und einer der Individualisten im Bayern-Team. Dennoch weiß er sich in das Kollektiv einzuordnen. Bild: Allianz-Arena
Spielregeln kennen
Wer die Regeln nicht akzeptiert, erhält im Fußball schnell mal die rote Karte. Bild: Fotolia, Galam
Erfolgsstrategien entwickeln
Wer das Spiel gewinnen will, braucht eine gute Defensive und sichere Verteidiger wie Philipp Lahm. An ihm kommt so schnell keiner vorbei. Bild: Allianz-Arena
Annehmen und abgeben können
Bälle sicher annehmen und im richtigen Augenblick wieder abzugeben. Das sind zwei Fertigkeiten, die einen guten Spieler auszeichnen. Bild: Fotolia, W. Luger
Tricksen und taktische Fouls
Franck Ribéry ist ein Mittelfeldspieler, der so trickreich mit dem Ball umgeht, dass seine Gegner dem Geschehen nur noch als Randfiguren folgen können. Manchmal greift er auch zum Foul und hat dann an der Strafe zu knabbern
Immer wieder an der Technik feilen
Der FC Bayern München ist auch deshalb so erfolgreich, weil die Spieler sich mit dem Erreichten nicht zufrieden geben und an ihrer Technik wie dem genauen Passspiel feilen. Bild: Fotolia, mirpic
Laufwege klug wählen
Ein Stürmer wie Ivica Olic ist nicht nur deshalb so erfolgreich, weil er viel läuft. Er weiß auch, wohin er laufen muss und steht meist am richtigen Ort. Bild: Allianz-Arena
Verbündete suchen
Die Spieler des FC Bayern schaffen es immer wieder, die Fans als ihre treuen Verbündeten zu haben. Bild: Allianz-Arena

Ein Twitter-Senkrechtstarter ist der portugiesische Beau Cristiano Ronaldo. Der Superstar sendet erst seit dem Beginn der Fußballweltmeisterschaft. Dabei hat er sich ziemlich zurückhaltend gegeben, wie Stars das halt so zu tun pflegen: Gerade einmal 24 Tweets gönnte er seinen Aficionados. Und das sind viele: 109.000 Fans - man möchte gern wissen, wie viele davon weiblichen Geschlechts sind - folgen seinen Sprüchen. Uruguays Diego Forlan bedient 133.000 Follower. Der absolute Twitter-King ist aber Kaká. Mit seinen 618 Tweets ist er dazu im Vergleich zu Ronaldo geradezu geschwätzig.

Twitter-Maulkorb: Spanien, England, Niederlande

Nicht jeder Nationaltrainer ist begeistert über die Plauderplattform im Web: Spaniens Coach Vicente des Bosque ebenso wie der niederländische Bondscoach Bert van Marwijk, aber auch Englands Nationaltrainer Fabio Capello verhängten ein Twitter-Verbot. Das mag daran liegen, dass sie fürchten, ihre Geistesgrößen im Fußball-Team könnten sich verbale Fehlpässe leisten, die auf die Mannschaft zurückfallen. Denn wer weiß schon, ob etwa Wayne Rooney nicht auf Twitter den Tourettisten geben würde, um sich F…-verständlich zu machen.

Betet die ganze Zeit!!

Wir Deutschen halten uns da doch lieber an Kaká. Der rät in einem Tweet: "Nichts zu tun? Beten!! Etwas zu tun. Beten. Betet die ganze Zeit!!" (jm)