Studie zur Mitarbeiterzufriedenheit

Deutsche Unternehmer führen schlechter als andere

12.04.2002
MÜNCHEN - Ihr Tagesgeschäft haben die deutschen Unternehmer im Griff, aber bei der Einbeziehung der Mitarbeiter und Unternehmensführung schneiden sie im internationalen Vergleich schlecht ab. Dies zeigt eine Studie zur Mitarbeiterzufriedenheit von International Survey Research (ISR), Frankfurt am Main. Von CW-Mitarbeiterin Bettina Wirth

Zunächst die gute Nachricht: 61 Prozent der Mitarbeiter deutscher Unternehmen sind mit ihrer Arbeitssituation zufrieden. Verglichen mit anderen Industrienationen wie Kanada und Brasilien schneidet Deutschland zwar um ein paar Prozentpunkte schlechter ab, liegt aber gleichauf mit den USA. Frankreich, Spanien und Großbritannien etwa rangieren dahinter. In Japan sind nur 45 Prozent der Arbeitnehmer mit ihrer Arbeitssituation zufrieden.

Dies ergab die branchenübergreifende Befragung von 1,5 Millionen Mitarbeitern von Unternehmen weltweit bezüglich ihrer Arbeitszufriedenheit, die das Beratungsunternehmen ISR jährlich vornimmt. Da Zufriedenheit von vielen Faktoren abhängt, müssen die Beschäftigten Fragen zu zwölf Themen beantworten: Untersucht wird die Zufriedenheit mit der eigenen Arbeit, die Sicherheit des Arbeitsplatzes und das Gehalt. Außerdem äußern die Befragten ihre Einschätzung zu Weiterbildung und Entwicklung, Arbeitsbelastung und ihren direkten Vorgesetzten. Darüber hinaus beurteilen die Befragten die Einbeziehung des Mitarbeiters, die Unternehmensführung und die organisatorische Effektivität. Weitere Befragungsbereiche sind Kundenorientierung, Qualität und Unternehmensethik. Aus allen Antworten wird dann die Gesamtzufriedenheit ermittelt.

Nun die schlechte Nachricht: In den einzelnen Bereichen präsentieren sich deutsche Unternehmen weniger überzeugend als die aus anderen Industrienationen: Beispielsweise glauben in Deutschland 60 Prozent der Befragten, dass ihr Arbeitsplatz sicher ist. In der Schweiz behaupten dies 73 Prozent von ihrer Stelle, in den Niederlanden und Spanien immerhin noch 68 beziehungsweise 69 Prozent. Selbst die US-Amerikaner, deren Arbeitgebern eine Hire-and-fire-Politik nachgesagt wird, glauben zu 62 Prozent an ihren gesicherten Job.

Zwar sind in Deutschland 64 Prozent der Mitarbeiter mit ihrem unmittelbaren Vorgesetzten insgesamt zufrieden, aber auch hier lohnt der Blick aufs Detail: Danach gefragt, ob der direkte Vorgesetzte effektiv kommuniziert, seine Mitarbeiter gut führt und die Teamarbeit stimuliert, reicht die Zufriedenheit nur von 59 bis 62 Prozent. In den USA liegen diese Werte zwischen 64 und 69 Prozent.

Auch im Bereich Unternehmensführung kommen deutsche Firmen auf einen vergleichsweise guten Gesamtwert von 55 Prozent. Doch sobald die Problembereiche aufgesplittet werden, sinken die Zahlen unter den internationalen Durchschnitt. So vertritt nur jeder zweite befragte Deutsche die Ansicht, dass sein Chef ihm eine Richtschnur für sein Handeln gibt. 56 Prozent haben eine klare Vorstellung von der Unternehmensstrategie, und nur 51 Prozent glauben, dass ihr Unternehmen gut geführt wird.

Weiterbildung und Entwicklung werden in deutschen Unternehmen ebenfalls kritischer beurteilt als anderswo. Nur 51 Prozent der deutschen Mitarbeiter glauben, dass sie ausreichend unterstützt werden, ihre Fähigkeiten zu verbessern (Niederlande: 68, Schweiz: 64, USA: 63 Prozent). Lediglich 38 Prozent meinen, dass es ihnen ermöglicht wird, sich für eine bessere Stelle zu qualifizieren. In der Schweiz, den Niederlanden und den USA vertreten diese Auffassung 41 bis 48 Prozent der befragten Mitarbeiter.

Der Vergleich mit einer Studie aus dem Jahr 1990 ergibt, dass sich die Führungsqualität in den meisten deutschen Unternehmen seitdem kaum verbessert hat. Erst in den letzten drei Jahren stieg die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit der Unternehmensführung um vier Prozent. Das Thema Weiterbildung und Entwicklung befindet sich auf demselben Stand wie vor zwölf Jahren. Auch den unternehmerisch denkenden Mitarbeiter braucht anscheinend niemand: Stärker in die Geschäftsprozesse einbezogen fühlen sich heute ganze zwei Prozent mehr hiesige Mitarbeiter als 1990.

Abb.: Wie zufrieden sind deutsche Mitarbeiter?

Der internationale Vergleich zeigt, dass man in Deutschland überdurchschnittlich verdienen kann. Aber in puncto Unternehmensführung, Entwicklungschancen und selbständiges Arbeiten liegen deutsche Unternehmen unter dem internationalen Durchschnitt. Quelle: International Survey Research