Deutsche Firmen halten nichts vom Offshoring

01.12.2006
Nach wie vor stößt das Auslagern von IT-Services in Niedriglohnländer auf große Skepsis.

Deutsche Unternehmen stehen dem Trend zum Offshoring nach wie vor skeptisch gegenüber. Wie eine Erhebung im Auftrag des IT-Beratungshauses Softlab ergeben hat, spricht sich lediglich ein Viertel der mehr als 400 befragten Mittelstands- und Großbetriebe für die Verlagerung von IT-Dienstleistungen in Billiglohnländer aus. Dagegen sind 56 Prozent der Auffassung, dass die IT-Unterstützung unbedingt deutscher Herkunft sein sollte. Fast zwei von fünf Befragten würden sogar die Geschäftsbeziehungen mit ihren Dienstleistern überprüfen, sollten diese wichtige IT-Services in kostengünstigere Länder auslagern.

Hauptgrund für diese kritische Haltung sind sprachliche Verständigungsprobleme, die mit dem Offshoring verbunden sind. 61 Prozent der befragten Firmen äußerten entsprechende Bedenken. "Die Qualität von Dienstleistungen ist in hohem Maß von der Qualität der Kommunikation abhängig", bestätigt Klaus von der Osten-Sacken, Mitglied der Geschäftsleitung von Softlab. Allerdings dürfe dieser Aspekt nicht zu hoch bewertet werden: "Wir leben in einer globalisierten Welt, in der die internationale Bereitstellung von Services gefordert wird. Daher müssen die Kommunikationshürden abgebaut werden", fordert der Berater.

Auch unterschiedliche Zeitzonen stellen aus Sicht der Anwender ein großes Risiko dar. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen erwarten dadurch zeitliche Verzögerungen bei Problemlösungen. Ähnlich viele befürchten sogar Produktivitätseinbußen durch höhere Ausfälle ihrer IT-Systeme. Die geringeren Qualitätsmaßstäbe in den Billiglohnländern nannten 44 Prozent als Grund für ihre Skepsis. Die Bedenken gegenüber den fachlichen Kompetenzen der Mitarbeiter im Offshore-Land sind dagegen vergleichsweise gering.



Von der Osten-Sacken hält die skeptische Haltung der deutschen Anwender allerdings größtenteils für typische Anlaufschwierigkeiten, die zudem stark emotional geprägt seien: "In anderen Marktsegmenten wird schon lange nicht mehr in lokalen Dimensionen gedacht. Deshalb glaube ich, dass auch die Globalisierung von IT-Services vor dieser Entwicklung nicht Halt machen wird", begründet der Experte seine Zuversicht. Notwendig sei daher, die möglichen Chancen ins Auge zu fassen: "Wer nicht nur die Risiken diskutiert, sondern auch den Nutzen betrachtet, wird schnell erkennen, dass das Offshoring von IT-Dienstleistungen kein Schreckgespenst ist." Vor allem hoch standardisierte Services ließen sich deutlich kostengünstiger einkaufen.

Allerdings warnt von der Osten-Sacken vor isolierten Entscheidungen, die lediglich auf Einsparungen abzielen. "Offshoring-Konzepte lassen sich nicht beliebig in bestehende Verhältnisse integrieren und sollten daher bereits in der IT-Strategie als Option berücksichtigt werden", empfiehlt der Berater. Nur dann lasse sich etwa aus einer intelligenten Kombination von lokalen und internationalen Services ein nennenswerter Nutzen ziehen.

Offshoring sei zudem nicht zwangsläufig mit Nachteilen für den hiesigen Arbeitsmarkt verbunden: "Es besteht ein deutlich wachsender Bedarf an hochwertigen Dienstleistungen, für die es teilweise schon heute nicht genug qualifiziertes Personal gibt", begründet der Softlab-Manager. "Allein bei uns bestehen derzeit rund 300 offene Stellen". (sp)