CIO Snapshot

Der Wertbeitrag der IT ist steigerungsfähig

10.10.2011 von Karin Quack
Nachzuweisen, dass sie ihr Budget wert ist, gehört zu den größten Herausforderungen der Unternehmens-IT. Nicht immer gelingt ihr das, denn der Wertbeitrag ist nur schwer messbar.
Jeder zweite der 350 Befragten hält einen IT-Bereich für einen Wertbringer.
Foto: BearingPoint

Die IT-Manager können ihren Beitrag zum Geschäftserfolg noch deutlich steigern. Dieses Fazit zieht die Management- und Technologieberatung BearingPoint, hierzulande in Frankfurt am Main ansässig, aus ihrem diesjährigen "CIO Snapshot". An der internationalen Studie beteiligten sich insgesamt 350 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen.

Der Befragung zufolge hält jede zweite IT-Organisation den eigenen Beitrag zum Geschäftserfolg für hoch oder sogar sehr hoch. Tatsächlich bewegt sich die IT-Unterstützung aber eher auf einem mittleren Niveau, hat BearingPoint herausgefunden. Das Potenzial werde im Durchschnitt nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft.

Um diesen Wert zu ermitteln, nutzte BearingPoint ein selbstentwickeltes, praxisorientiertes Modell. Eigenen Angaben zufolge leiteten die Berater es vor allem aus ihren Erfahrungen in der Projektarbeit ab. Das Modell hat zwei Dimensionen: die Sektoren der Werkschöpfung und die damit zusammenhängenden Handlungsfelder. Fünf Sektoren hat BearingPoint identifiziert:

Diese Komponenten wurden nach ihrer jeweiligen Relevanz für das Unternehmen gewichtet und hinsichtlich ihres Entwicklungsstands beziehungsweise Reifegrads überprüft. Zu diesem Zweck ordneten die Berater den Sektoren jeweils zehn Handlungsfelder mit zwei bis drei konkreten Maßnahmen zu, die anhand eines Fragenkatalogs einzeln bewertet wurden. Das dafür verwendete Bewertungsschema orientierte sich an dem Framework "CMMI for Services".

Die neue Rolle des CIO
Die neue Rolle des CIO
Die Rolle der CIOs ändert sich. Sie müssen den Wertbeitrag der IT für das Business erhöhen und innovative IT-Konzepte umsetzen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle KPMG-Umfrage unter IT-Führungskräften.
1. IT-Wertbeitrag erhöhen:
Neben den traditionellen drei Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Rohstoffe gewinnt heute Information als vierter Faktor immer mehr an Bedeutung. CIOs realisieren diesen Wandel und reagieren darauf, indem sie den Wertbeitrag der IT zum Business erhöhen.
2. Transformation der IT:
Die IT entwickelt sich immer mehr zu einem strategischen Wettbewerbsfaktor. CIOs sind daher bestrebt, die IT so zu transformieren, dass sich neue und innovative Geschäftsprozesse zeitnah umsetzen lassen. Wer als IT-Leiter direkt an den CEO berichtet, betrachtet laut Studie die IT mehr als strategischen Faktor.
3. Der Faktor Mensch:
Wichtigste Komponente im Rahmen der IT-Wertschöpfung ist der Mensch. Das gaben 90 Prozent der Befragten an. Sie wollen deshalb die Potenziale von IT-Mitarbeitern konsequent ausschöpfen. Rund 75 Prozent sehen dagegen IT-Anwendungen als Hauptfaktor, die Hälfte optimierte Prozesse und 21 Prozent die Hardware.
4. Kosten runter, Prozesseffizienz rauf:
56 Prozent der CIOs gaben an, dass Kostenoptimierungen ein Teil der IT-Strategie sein sollten, weil es ein bedeutender Wettbewerbsfaktor ist. Allerdings sind Kostensenkungen allein kein Allheilmittel. Knapp ein Drittel will daher auch interne Geschäftsprozesse effizienter machen.
5. Risiko- und Compliance-Management:
Im Zuge der Finanzkrise gewinnen in Unternehmen, insbesondere aus dem Finanzsektor, IT-Projekte zum Risiko- und Compliance-Management immer mehr an Bedeutung. 82 Prozent der Befragten rechnen innerhalb der nächsten Jahre mit steigenden Kosten speziell für diese Bereiche. Dabei dominieren die Themen IT-Sicherheit (85 Prozent und Identity Management (48 Prozent).
6. Outsourcing mit Mehrwert:
Zwar gehört die Auslagerung von Bereichen der IT inzwischen zum Tagesgeschäft der IT-Abteilungen, doch mit den Leistungen von Outsourcing-Providern sind die CIOs nicht immer zufrieden. Rund 70 Prozent der IT-Chefs wollen deshalb das Preis-Leistungs-Verhältnis in Verträgen neu regeln und dazu mehr Druck auf ihre Outsourcing-Provider ausüben.
8. Optimistisch in die Zukunft:
CIOs sehen die Rolle der IT in den nächsten Jahren optimistisch. 85 Prozent gehen davon aus, dass die Abhängigkeit von IT-gestützten Prozessen noch steigen wird. Rund 80 Prozent glauben, dass weniger IT-Projekte scheitern und die Erfolgsquote steigt. Die logische Konsequenz daraus: Rund 70 Prozent prognostizieren einen höheren Return on Investment (RoI) für die IT-Vorhaben.

Zuverlässig und performant, aber Business-fern

Die IT schöpft nicht einmal die Hälfte ihres Potenzials aus.
Foto: BearingPoint

Aus den gewonnenen Daten lässt sich dann der individuelle Wertbeitrag der jeweiligen IT-Organisation ermitteln, so BearingPoint. Das Ergebnis der aktuellen Studie ist wenig ermutigend. Gemessen an einer idealtypischen IT-Unterstützung liegt der Wirkungsgrad der teilnehmenden IT-Organisationen über alle Sektoren derzeit nur bei einem Durchschnitt von 43 Prozent.

Dabei divergieren die Werte je nach dem untersuchten Wertschöpfungssektor. Bislang spielten - angesichts der mageren Krisen-Budgets - Zuverlässigkeit und Performance eine herausragende Rolle. Das spiegelt sich auch in ihrem Reifgrad wider, der jeweils bei mehr als 44 Prozent liegt.

Nun ist die Bedeutung diese Eigenschaften für Produktion, Serviceleistungen und interne Prozesse sicher unumstritten. Allerdings ist die Ausrichtung auf die Geschäftsprozesse heute mindestens ebenso wichtig. 80 Prozent der von BearingPoint befragten Unternehmen würden das auch ohne Zögern unterschreiben. Dennoch hinkt der Reifegrad dieses Kriteriums - mit lediglich 41 Prozent - hinter dem den erstgenannten Eigenschaften her.

Wertschöpfungssektor Innovation

Auch das Thema Innovation hat in den IT-Bereichen der untersuchten Betriebe nur eine geringe Priorität. Vier von fünf der Befragten bewerteten ihre eigene Organisation im Hinblick auf ihre Innovationsfähigkeit als unzureichend bis durchschnittlich. Bei einem Reifegrad von nur 36 Prozent besteht hier auf jeden Fall Nachholbedarf.

Wie BearingPoint betont, schmälert das Fehlen innovativer technischer Lösungen die Produktivität und die Kosteneffizienz der Geschäftsprozesse. Zudem stehe dieses Manko der Entwicklung von Neugeschäft entgegen. Der Wertschöpfungssektor Innovation gelte aber immer noch als "Luxusgut", das vor allem dann dem Rotstift zum Opfer falle, wenn die Budgets ohnehin knapp bemessen seien.

Entscheidend für den - wahrgenommenen - Beitrag der IT zum Unternehmenserfolg ist auch die Transparenz. Aber deren Umsetzungsgrad ist ebenfalls niedrig.

So überzeugen Sie den Chef
Wie CIOs Gehör finden
Wie es IT-Führungskräfte hinbekommen, mit dem CEO auch über Strategie und Innovationen zu sprechen, darüber hat sich Chris Curren von PwC Gedanken gemacht.
1. Stellen Sie sich vor, alles wäre mobil:
Nehmen Sie sich die Zeit und suchen Sie quer durchs Unternehmen nach Gelegenheiten für mobiles Arbeiten. Anschließend helfen Sie Ihrem CEO dabei, sich diese Gelegenheiten ebenfalls vorstellen zu können.
2. Räumen Sie die IT-Budgets vom Tisch:
Es gleicht einem endlosen Stellungskrieg darüber zu diskutieren, welche Abteilungen zur Finanzierung der IT beizutragen hat. Zudem lassen sich mit solchen Debatten innovative und förderungswürdige IT-Initiativen und Projekte prima blockieren. Schlagen Sie in einer solchen Situation vor, eine separate Finanzquelle für solche IT-Initiativen anzubohren, die abteilungsübergreifend ausgestattet wird. Damit leiten Sie solche Diskussionen zurück zum Kern: der Innovation.
3. Das Ausmaß der gemeinsamen Anstrengungen wird über Erfolg und Misserfolg entscheiden:
Reden Sie mit Ihrem CEO darüber, wie er Sie am wirkungsvollsten unterstützen kann, alle Ressourcen und Prozesse zu mobilisieren, die für die strategischen Arbeiten nötig sind. Tun Sie das, bevor Ausgaben anfallen.
4. Wecken Sie Erwartungen auf umfassende Effekte des strategischen IT-Einsatzes:
Hören Sie Ihrem CEO genau zu, wenn er bei Innovationsthemen über seine Erwartungen an die Unterstützung durch die IT-Abteilung spricht. Gleichen Sie diese Wünsche mit den Fähigkeiten der IT ab, damit ihre Prioritäten mit denen des CEO.
5. Technologie kann auch ein Hindernis für Innovationen sein:
Veraltete Technik oder starre Policies etwa für den Umgang mit E-Mail oder Social Media können auf dem Weg hin zu besserer Kommunikation mit Kunden und Mitarbeitern eine echte Barriere bilden. Warten Sie nicht darauf, dass Ihnen Ihr CEO erzählt, wie die IT dem Gesamtunternehmen im Weg steht.

Große Mittelständler liegen vorn

Foto: BearingPoint

Dieser Trend setze sich in der Betrachtung der Handlungsfelder fort, hat BearingPoint festgestellt: Überall, wo sich Inhalt und Ziel um Veränderungen drehten, ließen Umsetzungs- und Reifegrad in den Unternehmen zu wünschen übrig. Kommunikations- und Veränderungs-Management seien davon betroffen, aber auch Innovations-Management sowie Collaboration- und Informations-Management. Vorrang haben immer noch die Aktivitäten, die den reinen Betrieb absichern.

Den besten Umsetzungsgrad ermittelten die Berater für Risk-, Compliance- und Security-Management. Auch das Anforderungs-Management sei - im Gegensatz zur landläufigen Meinung - bereits relativ gut aufgestellt.

Welchen Beitrag die IT zum Unternehmenserfolg leistet, hängt offenbar auch von der Branche und der Organisationsgröße ab. So stehen Dienstleistungsbetriebe, Banken und Versicherungen im Branchenvergleich am besten da. Durchschnittlich können sie einen Wertbeitrag von knapp 50 Prozent vorweisen. Anders Industrie und Handel: Ein Wertbeitrag von 37 Prozent im Durchschnitt signalisiert einen hohen Nachholbedarf.

Was die Unternehmensgröße betrifft, so ziehen der Studie zufolge die Unternehmen des oberen Mittelstands den meisten Nutzen aus der IT. Der Wertbeitrag bei den großen Mittelständlern beträgt rund 48 Prozent. Diese Unternehmen sind laut BearingPoint in der Lage, flexibel auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren, und verfügen gleichzeitig über die notwenigen Mittel zur Sicherung des operativen Geschäfts.

Was das IT-Management tun muss

Jörg Wegner, Partner bei BearingPoint, mahnt die CIOs eindringlich, den Wertbeitrag ihres Bereichs im Fokus zu haben. Um die eigene Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern, sei das IT-Management gefordert, stärker zum Geschäftserfolg beizutragen - und das auch unter Beweis zu stellen: "CIOs müssen die Wertschöpfung ihrer IT-Investitionen messen und belegen können, um Mittel für ihre Projekte generieren zu können. Wer den eigenen Wertbeitrag kennt, hat hier einen deutlichen Vorteil."

IT-Kompass 2011
IT zwischen Hoffen und Bangen
Die IT-Abteilungen investieren wieder - auch in Innovationen. Aber die Entscheider sind vorsichtig geworden: Budget- und Personalwachstum halten sich in Grenzen. Das legt die von COMPUTERWOCHE und IDC Deutschland vorgenommene Anwenderbefragung "IT-Kompass" nahe.
Die wichtigsten Hardwarethemen
Server-Virtualisierung hat für IT-Verantwortliche weiter höchste Priorität.
Gute Noten für die Qualität
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Die wichtigsten Softwarethemen
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Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Software- und Servicelieferanten im Hinblick auf die folgenden Punkte?
Die wichtigsten Servicethemen
Wie schon im Vorjahr wollen IT-Verantwortliche vor allem die Service-Levels der internen IT verbessern.
Unflexible Serviceanbieter
Wie zufrieden sind Sie mit den Angeboten Ihrer IT-Dienstleister im Hinblick auf die folgenden Punkte?
Bedarf an IT-Experten
Ein Großteil deutscher Unternehmen hat Schwierigkeiten, IT-Fachkräfte zu rekrutieren. Vor allem Spezialisten für Business-Anwendungen wie BI oder ERP sind weiterhin rar, obwohl der Druck im Vergleich zum Vorjahr etwas nachgelassen hat.

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