Learning by doing

Der Weg zum Social Media Manager

04.06.2012 von Peter Ilg
Social Media Manager sind meist Mitarbeiter der Kommunikationsabteilungen und haben sich ihr Wissen selbst angeeignet. Auch wenn es mittlerweile viele Kurse gibt, wird dafür wahrscheinlich kein eigener Ausbildungsberuf oder ein Studium geschaffen.
Uwe Knaus ist der Mann hinter blog.daimler.de, dem ersten Blog eines DAX-Unternehmens.
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Das Daimler Blog war das erste digitale Tagebuch eines Dax-Unternehmens. Es ging im Herbst 2007 ans Netz. Heute wählen sich monatlich rund 40.000 Besucher ein, von denen jeder durchschnittlich drei Artikel anklickt. Gut acht Minuten beträgt die Verweildauer, das ist ähnlich lang, wie Lebenspartner täglich miteinander reden. Rein zeitlich ist dem Blogger sein Blog ebenso viel wert wie seine bessere Hälfte. Hinter dem blog.daimler.de steckt Uwe Knaus, zuständig bei Daimler in Stuttgart für Social Media. "Ich habe mir den Umgang mit dem neuen Medium selbst beigebracht, weil Social Media vor fünf Jahren in der Ausbildung oder im Studium noch keine Rolle spielte", sagt Knaus. Das könnte sich nun ändern.

Social Media in andere Ausbildungsberufe integrieren

Wissenschaftler vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn haben im Auftrag der Bundesregierung untersucht, ob Social Media in bestehende Berufsbilder passen könnte oder ein eigener Ausbildungsberuf geschaffen werden sollte. "Ende März haben wir unsere Empfehlung einer Integration der Social-Media-Themen in die bestehende Ausbildung zum Mediengestalter Digital und Print überreicht", sagt Andreas Pieper, Sprecher des Instituts. Das BIBB untersteht dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und ist das Kompetenzzentrum zur Erforschung und Weiterentwicklung der beruflichen Aus- und Weiterbildung in Deutschland - eine Annahme der Empfehlung liegt daher nahe. Wann sich die zuständigen Gremien zur Empfehlung äußern werden und in welchem Umfang und mit welchen neuen Inhalten die Berufsausbildung zum Mediengestalter möglicherweise überarbeitet wird, ist zurzeit noch nicht bekannt. "Wir müssen abwarten", so BIBB-Sprecher Pieper.

Beziehungen zu Kunden pflegen und neue Kontakte knüpfen, das versprechen sich viele Unternehmen von Social Media.
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Doch die Zeit drängt: Fast die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland setzen soziale Medien ein. Das geht aus einer Studie Branchenverbands Bitkom unter mehr als 700 Unternehmen hervor. Bekanntheit steigern, neue Kunden gewinnen und Beziehungen zu Kunden pflegen, sind die drei bedeutendsten Ziele, die sie mit ihrem Engagement in Blogs, sozialen Netzwerken wie Facebook, Xing, Twitter und Youtube erreichen wollen. Tobias Arns, Bitkom-Bereichsleiter Social Media und neue Medien, ist sich nicht schlüssig, "ob das Innovationsfeld Social Media in einen starren Ausbildungs- oder Studienrahmen gepresst werden sollte". Er hat vom Rat des Bundesinstituts gehört und teilt dessen Einschätzung.

Großer Kursangebot zu Social Media

Große Eile bei der Entscheidung ist nach Ansicht von Arns nicht geboten, denn "es gibt eine Vielzahl an Kursen privater Schulungsunternehmen zum Social Media Manager". Bei ILS ist das ein Fernlehrgang, der zwölf Monate dauert, die Bayerische Akademie für Werbung und Marketing hat einen Kurs im Umfang von zwei verlängerten Wochenenden. Dazwischen gibt es viele weitere Möglichkeiten, die Google sekundenschnell liefert.

Auch bei einem eigenständigen Studium zum Social Media Manager zaudert Arns aus genanntem Grund und "weil es bereits Angebote an einigen Hochschulen gibt". Manche Professoren, beispielsweise an der Universität Leipzig, hätten Social Media in den Vorlesungen integriert. Dafür bieten sich die Studiengänge ‚Communication Management’ oder ‚Kommunikations- und Medienwissenschaft’ an.

Markus Walter, Social-Media-Beauftragter bei der Allianz: "Die Kür des Jobs zeigt sich in Krisensituationen, wenn ich als Online-Experte brenzlige Situationen moderiere."
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Knaus ist Betriebswirt, Arns hat Kommunikationswissenschaften studiert. Markus Walter, Social-Media Beauftragter bei der Allianz Deutschland AG in München, ist ebenfalls Kommunikationswissenschaftler. Den Job macht er seit Anfang 2009. Davor war er Redakteur für Allianz-Kundenmedien, dann Internet-Redakteur. Im Tagesgeschäft bedient er Content-Management- und Monitoring-Systeme, bereitet Texte onlinegerecht auf und berät Kollegen zum Thema Social Media. "Die Kür des Jobs zeigt sich vor allem in Krisensituationen, wenn ich als Online-Experte brenzlige Situationen moderiere", so Walter, stellvertretend für viele andere Social Media Manager. Die Allianz ist auf Facebook, Twitter, Google+, Xing und Youtube vertreten. Derzeit baut die Versicherung ein eigenes soziales Netzwerk auf, das die für sie interessantesten Features von Kommunikationsplattformen wie Facebook und Wissens-Management-Systemen à la Wikipedia verbindet. "Langfristig könnte Allianz Social Network unser Intranet ablösen, weil es im Vergleich zu statischen Medien dialogfähig ist."

Social Media gewinnt an Bedeutung. "Vor zwei Jahren war ich Einzelkämpfer, heute ist Social Media ein fester Bestandteil der Unternehmenskommunikation", sagt Walter. "Social Media ist deutlich professioneller geworden", so Knaus von Daimler. Beide schreiben heute selbst kaum mehr Beiträge, sie haben sich learning by doing vom Blogger zum Social Media Manager entwickelt. Das notwendige Wissen um diesen Job wird nun wohl in fachnahen Ausbildungsberufen integriert.

10 Thesen
1. Social Media muss abteilungsübergreifend organisiert werden:
Im Umgang mit Social Media sind "Hobby-Lösungen mit Praktikanten" vorbei. Social Media wird zum Alltag und muss daher abteilungsübergreifend organisiert werden. Der BVDW sieht nicht nur die IT, sondern vor allem auch die Unternehmenskommunikation in der Pflicht.
2. Employer Branding 2.0:
Künftig reicht es nicht mehr, eine eigene Jobbörse auf der Homepage zu schalten und Stellenanzeigen aufzugeben. Bewerber informieren sich in den Netzen über potenzielle Arbeitgeber - und erfahren dabei auch, wie diese von anderen Nutzern bewertet werden.
3. Neue Dynamik in der Produktentwicklung:
Unternehmen lassen immer mehr Informationen in die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen einfließen. Social Media liefert Input zur Produktentwicklung und ermöglicht intern wie extern schnelles Feedback. Der BVDW spricht hier von "Adaptive Engineering".
4. Customer-Relationship-Management (CRM) verschmilzt:
Schon in diesem Jahr verschmelzen verschiedener CRM-Bereiche mit Social Media-Komponenten. Leadmanagement, Kundenservice und Kundenbindung sind die ersten Bereiche, in denen Social Media eine zunehmende Rolle spielt.
5. Unternehmen aus der zweiten Reihe springen auf:
2011 werden auch kleinere und mittlere Player auf den Zug aufspringen. Mittelständler, Verbände oder auch Non-Governmental-Organisationen (NGOs) können aus Erfahrungen der "Großen" lernen.
7. Erfolgsfaktor "Social Intelligence":
Social Media Monitoring war bereits voriges Jahr ein großes Thema. Nun geht es darum, Tools weiter zu optimieren. Dabei kreist alles um die Frage, wie und wofür die Daten eingesetzt werden können. Von einer adaptiven Aussteuerung der Kommunikation über die Produktentwicklung bis zur Kundensegmentierung - die Informationen aus dem Social Web bieten viele Möglichkeiten.
8. Auf der Suche nach dem Return on Investment (ROI):
Die Messbarkeit der Maßnahmen gewinnt 2011 an Bedeutung. Bisher mag es ausgereicht haben, dabei zu sein - in Zukunft muss Social Media Ergebnisse erzielen, die messbar sind.
9. Neue Berufsbilder entstehen:
Die Nutzung von Social Media erfordert von den Mitarbeitern neue Fähigkeiten. "Mit Social Media wollen neue Tools und Infrastrukturen bedient werden, zudem muss ein neuer Kommunikationsstil geprägt werden", schreibt der BVDW.
10. Mit dem Launch eines Produktes beginnt die Arbeit erst:
Die klassischen Werbe-Kampagnen reichen nicht mehr aus. Unternehmen nutzen das Engagement und Feedback von Verbrauchern, um an ihren Marken zu arbeiten.