Rainer Ostermeyer, GfK

Der Überzeugungsarbeiter

29.11.2006 von Katharina Friedmann
Übersetzen und überzeugen statt überfahren - nach dieser Maxime agiert Rainer Ostermeyer nicht nur in seiner Funktion als CIO und Chef des IT-Systemhauses der GfK Gruppe.

"Ich bin Kommunikationswandler - sowohl bei meinen Kunden und den externen Servicelieferanten als auch in der eigenen IT-Mannschaft", beschreibt Ostermeyer seine Schlüsselfunktion innerhalb der Nürnberger GfK-Gruppe. Flexibilität in der Ansprache und Fingerspitzengefühl im Umgang mit unterschiedlichsten Kollegen- wie Kundengruppen gehören auch zu den Fertigkeiten, die ihn das bislang größte Integrationsprojekt bei dem international agierenden Marktforschungsunternehmen mit Bravour meistern ließen: Innerhalb eines Jahres gelang es dem IT-Team unter der Ägide des Group-CIO und Managing Director der GfK Data Services GmbH, die im Mai 2005 zugekaufte NOP World IT-seitig in die eigene Muttergesellschaft einzugliedern.

Erfolgsbausteine

- Bedeutendstes Projekt: IT-Integration der NOP World;

- IT-Strategie: weitestgehende Standardisierung, Fokussierung auf Synergieeffekte, Wettbewerbsfähigkeit des IT-Systemhauses;

- ausgeprägte Ziel- und Teamorientierung;

- durchgängige Kommunikationsstrukturen.

Ein pralles Aufgabenpaket

Für die Mannschaft um Ostermeyer hieß das nicht nur, in der übernommenen US-Marktforschungsgruppe innerhalb kürzester Zeit den Übergang von der bisherigen Eigentümerfirma abzusichern, die Grundlagen für eine Service-orientierte IT-Organisation zu schaffen und dafür geeignetes Personal aufzubauen. Gleichzeitig galt es, sämtliche geschäftskritischen Kernapplikationen der in den USA, Großbritannien und Italien aktiven Firma im Hinblick auf ihre Tragfähigkeit abzusichern, dort die für die einzelnen Geschäftsfelder üblichen Standards umzusetzen - und last, but not least die dafür erforderlichen Investitionen "kostenoptimiert" zu tätigen. "Dazu musste sowohl auf struktureller als auch auf technischer Ebene aufgeräumt und für eine gemeinsame Basis gesorgt werden", fasst Ostermeyer die Aufgaben zusammen.

Dass ein länderübergreifendes Maßnahmenbündel dieser Größenordnung nur mittels straffer Projektorganisation, geeigneter Teambildung sowie ausgeklügelter Kommunikationsstrukturen zu bewältigen ist, versteht sich von selbst. Die zentrale Regie des komplexen Vorhabens oblag Ostermeyer, die Umsetzung erfolgte durch Teams aus lokalen IT-Verantwortlichen und Mitarbeitern des GfK-Systemhauses. "Wichtig war es, Vertreter aller Mannschaften an Bord zu holen und die fähigsten Leute aus dem eigenen Haus mit den fähigsten Leuten des anderen zusammenzuschmieden", erläutert der IT-Manager die Voraussetzung für das Gelingen des ehrgeizigen Vorhabens. Zu den weiteren Erfolgsfaktoren zählt er den gemeinsam mit dem Übernahmekandidaten erarbeiteten IT-Masterplan sowie die Fokussierung auf die wesentlichen Dinge, die es zentral zu steuern, aber regional umzusetzen galt.

Eine besondere Herausforderung sei der kommunikative Balanceakt im Umgang mit den neuen IT-Kollegen gewesen, die vor allem hinsichtlich ihres Budgets unter der restriktiven Verfahrensweise der alten Mutter zu leiden hatten, erinnert sich Ostermeyer. Für ihn hieß das, den künftigen Mitarbeitern auf Basis nachvollziehbarer Strukturen ein neues Selbstwertgefühl zu vermitteln und sie dazu zu befähigen, den IT-Masterplan lokal eigenständig umzusetzen, dabei als Group-CIO aber dennoch die wesentlichen Entscheidungen durchzusetzen. "Da muss man als Freund und Coach kommen, um nicht von vornherein eine Abwehrhaltung zu provozieren", unterstreicht der Kommunikationsspezialist die Notwendigkeit, sich in den "Eroberten" einzufühlen, um Grabenkämpfe zu vermeiden. Dass im Zuge der Integration auch einige ehemalige NOP-Tools zu internationalen Standards der GfK-Gruppe erklärt wurden, deutet darauf hin, dass das propagierte Miteinander kein Lippenbekenntnis blieb. "Best of Breed ist bei uns gelebtes Prinzip", beteuert der CIO.

Kommunikative Gratwanderung

Der Erfolg spricht für Ostermeyers Prioritätensetzung: "Wir haben unseren Job heute, nach weniger als eineinhalb Jahren, so gut wie erledigt - und das, obwohl Erfahrungen mit einer Firmenintegration dieser Größenordnung fehlten", berichtet er stolz. Auch im Hinblick auf die Kosten stimmte die Rechnung: Dank der zentralen Projektkoordination und Lieferantenverhandlungen gelang es, die für die Mammutintegration angesetzten Technikausgaben um rund 15 Prozent zu unterschreiten. Gleichzeitig ließen sich im Zuge der Firmeneinbindung beim Rest der Gruppe Synergieeffekte erzielen, die sich zusätzlich in Gesamteinsparungen in Höhe von 20 Prozent der Masterplan-Investitionen auswirkten.

Die kommunikative Gratwanderung, den Kunden einerseits nicht zu vergraulen, andererseits klare Grenzen aufzuzeigen, muss Ostermeyer nicht nur als CIO, sondern auch als Chef des zentralen Systemhauses beherrschen. So ist die GfK Data Services GmbH zwar präferierter Dienstleister, muss sich jedoch dem Wettbewerb stellen und ihre Dienstleistungen intern verkaufen. "Bei uns sind 90 Prozent des Geschäfts Überzeugungsarbeit", so der IT-Manager. Hilfreich sei dabei, dass er die GfK nach 25 Jahren Tätigkeit in- und auswendig kenne. Auch in seinen Managementstrukturen legt er auf langjährige GfK-Erfahrung Wert.

Zur Person

Seit 2001: zusätzlich Group CIO der GfK-Gruppe;

seit 1993: Managing Director GfK Data Services GmbH;

1989 bis 1993: Ressortdirektor Field und Produktion bei der GfK Marktforschung GmbH;

1980 bis 1989: Systemanalytiker und später Leiter Systemanalyse bei der GfK AG;

Studium der Betriebswirtschaftslehre.

Tuchfühlung mit seinem späteren Arbeitgeber nahm Ostermeyer bereits während seines BWL-Studiums als Praktikant und als Werkstudent auf - und ist ihm bis heute treu geblieben: Zunächst als Systemanalytiker und später Leiter des Bereichs "Systemanalyse", bis er als Direktor des Ressorts "Datenerhebung und -produktion" in die GfK Marktforschung und damit intern auf die Kundenseite wechselte. Vier Jahre darauf übernahm er den Chefposten bei der GfK Data Services GmbH, bevor er 2001 schließlich zum CIO der Firmengruppe ernannt wurde.

Sesshaft, aber mit Weitblick

Einen Wechsel zog der heute 51-Jährige nur einmal in Betracht: Ein konkretes Angebot, in das Beratungsgeschäft bei McKinsey einzusteigen, war verlockend - hätte allerdings ein Umsiedeln nach Düsseldorf vorausgesetzt. "Ich bin kein Wandervogel", begründet der eingefleischte Nürnberger seinen Entschluss, zu bleiben, den er bis heute nicht bereut hat.

Neben Kommunikationsgeschick und Argumentationstalent zählt Ostermeyer den wirtschaftlichen Weitblick zu den wesentlichen Fähigkeiten, die ein CIO mitbringen muss, um seiner Funktion als Auditor und Supporter gerecht zu werden. Entsprechend geringere Bedeutung misst er dem technischen Detailwissen des obersten IT-Verantwortlichen zu: "Dafür hat man Spezialisten im Team."

Sorgfältige Kontakt- und Beziehungspflege sind für Ostermeyer jedoch nicht nur Grundlage erfolgreicher Arbeit, sondern auch des Zusammenlebens. Seine Überzeugungsfähigkeiten kommen dem IT-Manager offenbar auch privat zugute: Die ganze Familie spielt Golf - "Gott sei Dank, denn das kann ja leicht zum Scheidungssport werden."

Filmtipp

Wie im Himmel