Ratgeber Stromsparen im LAN

Der Switch als Energie-Manager

24.06.2009 von Georg von der Howen
Moderne Switche sind mehr als nur Datenvermittler, sie können auch zentral Endgeräte ein- und ausschalten. Damit helfen sie quasi automatisch beim Energiesparen.

Selbst wenn sie vielleicht nicht als erster Punkt auf der Stromsparliste steht, bietet die IT-Infrastruktur eines Unternehmens einiges Potenzial, um die Stromrechnung zu senken. Das offensichtlichste Mittel dazu sind stromsparende Arbeitsplatzrechner und Server. Doch nicht nur der PC, auch das unternehmensweite Netzwerk und dort vor allem die eingesetzten Switches bieten ein großes Einsparpotenzial, wie die Tolly Group in einer Untersuchung herausfand.

Was können Unternehmen also konkret tun, um ihr Netz möglichst stromsparend zu betreiben? Zunächst sollten sie bei der Ausschreibung für ihre Switch-Infrastruktur auch die konkreten Stromverbrauchswerte abfragen. Moderne Switches können hier beispielsweise mit einer Leistungsaufnahme von zehn Watt pro 10-Gigabit-Ethernet-Port beziehungsweise zwei Watt pro 1-GBE-Port glänzen. Diese Werte beziehen sich immer auf den Vollausbau eines Switchs, um den Anteil von Management-Modulen, Chassis und Backplane am Stromverbrauch vergleichbar zu machen.

Energiehunger der Switches

Die Tester der Tolly Group haben die Switches "Catalyst 6509" von Cisco, "BlackDiamond 8810" von Extreme Networks und den "BigIron RX-16" von Foundry/Brocade näher analysiert und ihren Stromverbrauch miteinander verglichen. Switches dieser Klasse kommen meist im Netzwerk-Core oder in Rechenzentren zum Einsatz. In dem Vergleichstest stellte sich heraus, dass sich der Stromverbrauch der Geräte bereits ohne Line-Cards und ohne Datenverkehr bis um den Faktor 2,8 unterschied. So verlangte der BlackDiamond für das Nichtstun lediglich nach 219 Watt, während sich der Catalyst dafür bereits 452 Watt genehmigte und der BigIron 617 Watt schluckte. Bei bidirektionalem Datenverkehr auf acht 10-Gigabit-Ethernet-Ports und 48 1-Gigabit-Ethernet-Ports konsumiert das Gerät von Extreme Networks 535 Watt an Leistung, Foundry verlangte nach 1.223 Watt, und das Cisco-Modell genehmigte sich 1.876 Watt. Den detaillierten Test finden Sie hier.

Energiesparen beginnt bei der Switch-Wahl

Jedes bei einem Switch gesparte Watt an Leistungsaufnahme spart dabei mehrfach. Denn energiehungrige Switches produzieren jede Menge Abwärme, für deren Ableitung Unternehmen wiederum zusätzliche Energie aufwenden müssen. Ein energiesparender Switch senkt also nicht nur den Stromverbrauch im Netzbetrieb. Er bedeutet gleichzeitig geringere Anschaffungs- und Betriebskosten bei der Klimatisierung des Verteilerschranks oder Rechenzentrums sowie im Idealfall kleiner dimensionierte Notstromaggregate und unterbrechungsfreie Stromversorgungen (USVs), die im Standby ebenfalls weniger Energie verbrauchen.

Das nächste Augenmerk sollten Unternehmen dann auf die maximale Port-Dichte ihrer Switches richten. Denn wenn es die Verkabelungssituation vor Ort zulässt, erspart die Zusammenlegung von Netzwerk-Edge- und Distribution-Area einer klassischen Three-Tier-Architektur eine Vielzahl an Switches und damit auch deren Anschaffungs- und Betriebskosten. Auch bei dem Anschluss von Server-Farmen an das Netzwerk kann eine entsprechend hohe Port-Dichte "am Ende der Reihe" die Zahl der benötigten Switches reduzieren. Aktuelle Geräte können dabei bis zu 784 Gigabit-Ethernet-Ports in einem Chassis zur Verfügung stellen. Bei drei möglichen Chassis pro Schrank ergibt dies eine maximale Port-Dichte von 2352 Gigabit-Ethernet-Ports pro Schrank. Bei 10-Gigabit-Ethernet lassen sich bis zu 582 Ports in einem Schrank unterbringen.

Wahre Intelligenz kommt von innen

Noch einen Schritt weiter gehen moderne Switches, die über intelligente Technologien zur Port-Konfiguration sowie über definierte Schnittstellen nach außen zum Energie-Manager im Netz avancieren. Ein Beispiel hierfür ist die Abschaltung von am Netzwerk angeschlossenen Komponenten wie IP-Telefonen, wenn diese nicht benötigt werden. Geht man davon aus, dass in einem typischen Bürobetrieb das Telefon am Arbeitsplatz an fünf Tagen in der Woche rund acht Stunden genutzt wird, bedeutet dies gleichzeitig, dass es rund 75 Prozent der Zeit ungenutzt herumsteht - und dabei Strom verbraucht. Intelligente Switches können nun beispielsweise dafür sorgen, dass bestimmte Switch-Ports während der Nachtzeit und am Wochenende nicht mit Strom - also mit Power-over-Ethernet (PoE) - versorgt werden. So angeschlossene Telefone oder WLAN-Access-Points verbrauchen dann in diesen Zeiten überhaupt keine Energie mehr. Voraussetzung hierfür ist, dass das Betriebssystem des Switchs zeitgesteuert auf einzelne Ports Power-over-Ethernet-Profile anwenden kann. Um trotzdem jederzeit die Möglichkeit zu bieten, etwa Notrufe abzusetzen, bietet Avaya beispielsweise eine rote Abdeckung für seine IP-Telefone an. Entsprechend gekennzeichnete Apparate lassen sich an zentralen Stellen aufstellen und werden als Notfalltelefone kontinuierlich mit Strom versorgt.

Offen nach außen

Noch einen Schritt weiter gehen Switches, wenn sie Schnittstellen zu Drittsystemen bereitstellen und ihre Port-Profile darüber steuern lassen. Dies ist beispielsweise über die XML-Schnittstelle im Switch-Betriebssystem ExtremeXOS beim Hersteller Extreme Networks möglich. Koppelt man darüber einen Switch mit einem Zeiterfassungssystem, kann dieses dem Switch den Befehl geben, das Telefon eines Mitarbeiters mit Strom zu versorgen, sobald dieser am Gebäudeeingang seinen Firmenausweis in das Lesegerät zur Zeiterfassung steckt. Verlässt der Mitarbeiter später das Gebäude und meldet sich bei der Zeiterfassung ab, gibt diese dem Switch wiederum den Befehl, das Telefon des Mitarbeiters auszuschalten.

Technische Voraussetzung dafür ist immer ein intelligentes Switch-Betriebssystem, das sich über Befehle von außen steuern lässt, ohne dabei Kompromisse in Sachen Zuverlässigkeit und Stabilität zu machen. Klar definierte und offengelegte Schnittstellen sorgen dann dafür, dass Drittanbieter diese Funktionen in ihre Produkte integrieren können. Moderne Switches sind zudem in der Lage, Stromsparprofile nicht nur auf Ports, sondern auch auf Line Cards anzuwenden und diese unter bestimmten Bedingungen abzuschalten. Dadurch lässt sich der Stromverbrauch eines Switchs weiter reduzieren, wenn alle Ports eines Moduls gerade nicht benötigt werden.

Möglichkeiten und Grenzen

Die Möglichkeiten, die zeitgesteuerte Port-Profile eines Switchs sowie Schnittstellen zu externen Anwendungen bieten, sind bei weitem nicht auf die Energieeffizienz begrenzt. Bleibt man in diesem Umfeld, so lässt sich damit faktisch alles ein- und ausschalten, was über Power-over-Ethernet mit Strom versorgt wird. Noch einen Schritt weiter gehen moderne Switches, die neben PoE-Ports auch zeit- oder schnittstellengesteuert ihre Line Cards in einen Hibernation-Modus schalten können und dadurch den Stromverbrauch des Switchs noch weiter senken.

Deshalb sollten Unternehmen bei der Auswahl ihrer Switches nicht nur darauf achten, wie viel Energie diese selbst verbrauchen. Ebenso interessant ist, welche Möglichkeiten sie bieten, um auch den Energieverbrauch der Switch-Module sowie der angeschlossenen Geräte zu senken.

Wer als findiger IT-Manager seinem Unternehmen so nachweisbar Kosten spart, kann sich für seine gute Idee vielleicht bald selbst über einen Bonus freuen.