Der Stand der Dinge bei BenQ Mobile

02.10.2006
Politik und Wirtschaft wollen helfen, allerdings sind ihnen weitgehend die Hände gebunden. In jedem Fall werden Arbeitsplätze wegfallen.
Siemens-CEO Klaus Kleinfeld muss seine Gehaltserhöhung spenden.
Foto: Siemens AG

Nach der Pleite von BenQ Mobile wollen Politik und Wirtschaft die frühere Siemens-Handysparte bei ihrem Überlebenskampf unterstützen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte in einem Telefonat mit Siemens-Chef Klaus Kleinfeld an das Verantwortungsbewusstsein von Deutschlands größtem Elektrokonzern. Siemens richtete angesichts der scharfen öffentlichen Kritik einen 35-Millionen-Euro-Fonds zur Unterstützung der BenQ-Beschäftigten ein. Die IG Metall bezeichnete dies als unzureichend. Bayern will das insolvente Unternehmen auch Streit um Patente mit dem taiwanesischen Mutterkonzern BenQ unterstützen. Die Zukunft der Handyfirma mit 3.000 Beschäftigten ist dennoch weiter ungewiss.

BenQ Mobile hatte Ende vergangener Woche Insolvenzantrag gestellt, nachdem der taiwanesische Mutterkonzern den Geldhahn zugedreht hatte. Eine direkte finanzielle Unterstützung des Staates sei kaum möglich, betonte Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU). Stattdessen will sich Bayern an einer Clearing-Stelle beteiligen, der auch Vertreter der Gewerkschaften und von Siemens angehören sollen. Ziel sei es, alle rechtlichen Möglichkeiten im Sinne der Mitarbeiter auszuschöpfen, sagte Huber. Dabei solle auch geklärt werden, in welchem Umfang Patente an den taiwanesischen Besitzer BenQ abgeflossen seien und was man dagegen tun könne.

Der vorläufige Insolvenzverwalter will die Produktion zumindest bis Ende des Jahres fortsetzen. Wenn bis dahin kein Investor gefunden ist, droht das Aus. In jedem Fall dürften aber zahlreiche Arbeitsplätze wegfallen. Siemens will mit dem Härtefonds betroffenen Beschäftigten bei der Weiterbildung und der Suche nach neuen Jobs helfen. "Wenn BenQ die Mitarbeiter im Regen stehen lässt, wollen wir tatkräftig helfen", sagte Siemens-Chef Klaus Kleinfeld. Die IG Metall in Nordrhein-Westfalen kritisierte die geplanten Hilfsmaßnahmen. "Mit einem Nothilfefonds ist es bei weitem nicht getan", sagte IG-Metall-Bezirksleiter Detlef Wetzel. "Rund 10.000 Euro pro Kopf ersetzen keine Arbeitsplätze." Die mit dem Insolvenzverwalter gewonnene Zeit müsse für "tragfähige Fortführungskonzepte" genutzt werden.

Arbeitnehmervertreter und Politiker hatten den Elektrokonzern für die Pleite mitverantwortlich gemacht. Dabei wurde auch die geplante Anhebung der Vorstandsgehälter um 30 Prozent scharf kritisiert. Der Vorstand setzt die Erhöhung nun für ein Jahr aus und gibt die fünf Millionen Euro in den Fonds. Bundeskanzlerin Merkel sagte der "Bild"-Zeitung, Siemens stehe in einer besonderen Verantwortung. "Angesichts dieser Gesamtverantwortung begrüße ich es, wenn Siemens jetzt alles tut, um möglichst vielen Beschäftigten eine Zukunftsperspektive zu geben."

Siemens hatte nach eigenen Angaben auf die Zusagen von BenQ vertraut, langfristig auf den Standort Deutschland zu setzen. Nach dem überraschenden Rückzug der Taiwanesen prüft der Konzern nun rechtliche Schritte. Es sei aber noch keine Entscheidung über eine mögliche Klage gefallen, sagte ein Konzernsprecher. Derzeit sei man noch mit der juristischen Bestandsaufnahme beschäftigt. Zudem wolle man sich zunächst auch mit dem Insolvenzverwalter zusammensetzen. Von der Pleite sind mindestens 1.600 Beschäftigte in der Fertigung in Nordrhein-Westfalen direkt betroffen. Hinzu kommen 1.400 Mitarbeiter in der Zentrale in München. (dpa/ajf)