IBM-Manager Diemer

"Der Outsourcing-Markt ist in Bewegung"

20.01.2010 von Joachim Hackmann
Ob zu Krisen- oder in Wachstumszeiten, im Outsourcing-Geschäft sind die Preise ständig unter Druck, berichtet Michael Diemer, General Manager IBM Global Technology Services, im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE.
Michael Diemer, Geschäftsführer IBM Deutschland GmbH und General Manager IBM Global Technology Services: Theoretisch bräuchten Kunden nicht einmal mehr eine Benchmarking-Vereinbarung, um von fallenden Preisen zu profitieren. Die großen Benchmarker können zu allen Services detaillierte Kostenangaben machen. Und auf die Daten haben die Anwender ohne weiteres Zugriff

CW: Im Outsourcing gab es im vergangenen Jahr eine gute Nachfrage, aber die Preise sind stark gefallen. Sind IBM-Einnahmen in diesem Segment unter Druck geraten?

DIEMER: Im IT-Outsourcing gibt es definitiv Wachstum und nicht nur mit größeren Unternehmen, sondern auch im Mittelstand. Im Application-Management legt das Geschäft in den jeweiligen Feldern unterschiedlich stark zu.

CW: Angeblich beginnen Kunden nur noch Projekte, die langfristigen Gewinn versprechen. Viele Vorhaben werden zurückgestellt.

DIEMER: Das stimmt. Es gibt derzeit zwei wesentliche Treiber. Die Effizienz soll gesteigert und gleichzeitig die Qualität verbessert werden. Deshalb fragen die Anwender verschiedene Sourcing-Varianten nach. Die einen wollen mit der IT-Auslagerung Kosten variabilisieren und ihren Geldfluss verbessern. Den anderen geht es um eine Steigerung des Gewinns.

Viele Kunden fragen sich: Was sind heute meine Kernkompetenzen? Können externe Partner den Wandel besser unterstützen? Ist eine Kombination aus eigener IT und externem Markt-Know-how optimal? Alle wollen natürlich die Kosten senken.

CW: In der Krise sparen Unternehmen auch, indem sie eigene Ressourcen besser auslasten. Dadurch gibt es weniger Bedarf an externen Leistungen. Spüren Sie das?

DIEMER: Das kann ich nicht bestätigen. Wir haben andere Erfahrungen gemacht.

CW: Sind die Preise stärker unter Druck geraten?

DIEMER: Die Preise sind ständig unter Druck. Seit dem Einzug von Benchmarking-Klauseln in Verträgen ist alles transparent. Theoretisch bräuchten Kunden nicht einmal mehr eine Benchmarking-Vereinbarung, um von fallenden Preisen zu profitieren. Die großen Benchmarker können zu allen Services detaillierte Kostenangaben machen. Und auf die Daten haben die Anwender ohne weiteres Zugriff.

Viele Verträge laufen gerade aus

CW: Hat sich der Druck im Zuge der Krise erhöht?

DIEMER: Nein. Die Anwender sind in Kostenfragen über die vergangenen Jahre sehr sensibel geworden. Fallende Preise sind nichts Neues. Effizienzsteigerungen sind immer Bestandteil des Vertrags. Der Großteil der Abkommen, die nach dem Jahr 2000 vereinbart wurden, enthält solche Klauseln.

Es gibt auch im Sourcing bestimmte Zyklen. In den Jahren 2002 bis 2004 wurden relativ viele Verträge abgeschlossen, beispielsweise mit Rheinmetall, Deutsche Bank und Thyssen-Krupp. Bei Laufzeiten von fünf bis zehn Jahren kommt es derzeit zu einer Häufung von auslaufenden Verträgen. Sie werden entweder nachverhandelt oder an einen anderen Provider vergeben. Und da die Abkommen nicht erst im letzten Monat vor Vertragsende auf den Prüfstand kommen, gibt es derzeit viel Bewegung im Markt.

CW: Wir durchleben gerade eine heftige Wirtschaftskrise. Das muss doch die Einnahmen der Anbieter schmälern...

DIEMER: Das wäre nur dann der Fall, wenn es kein Neugeschäft gäbe. Es gibt aber mehr Nachfrage nach Outsourcing.

CW: Die Vertragsvolumen schrumpfen aber, und die Laufzeiten werden kürzer.

DIEMER: Deshalb geht aber nicht der Umsatz in den Keller. Die Veränderungen in den Laufzeiten haben keine Auswirkungen auf das Volumen des gesamten Markts. Und das Gesamtgeschäft wächst. Die kürzeren Laufzeiten und kleineren Volumen sind dem Wunsch der Kunden geschuldet, mehrere Anbieter statt einen großen Partner zu verpflichten.

CW: Hersteller von Hardware und Software drängen in den Servicemarkt. Dell ist mit der Übernahme von Perot Systems ein prominentes Beispiel. Haben Sie die neue Konkurrenz bereits wahrgenommen?

DIEMER: Die indischen Provider sind sehr präsent. Den von Ihnen genannten neuen Anbieter haben wir noch nicht angetroffen. Wir nehmen neue Provider natürlich wahr - aber ich sehe zurzeit keinen, der eine Konkurrenz sein könnte.