Thomas Tribius, Springer

Der Mann mit den zwei Hüten

29.11.2006 von Martin Bayer
Thomas Tribius muss bei der Axel Springer AG zwei Rollen spielen: Als CIO verantwortet er die Corporate IT und als Chef von AS Media Systems leitet er den internen IT-Dienstleister.

Axel Springer bündelt zentral erbrachte IT Dienstleistung und Konzernsteuerungsfunktionen in einer Hand. "Dieses Dual-Role-Model bringt durchaus Spannungen mit sich", räumt Tribius ein. So könne es passieren, dass er als CIO die eigene Dienstleistungsrolle in Frage stellen müsse, wenn das Marktniveau in Einzelleistungen nicht erreicht werden kann oder operative IT-Ziele einzelner Geschäftsbereiche im Widerspruch zur IT-Strategie stehen. "Das ist spannungsreich und komplex zu leben. Man kann viele Fehler machen." Der IT-Manager kann daher verstehen, dass nicht alle Unternehmen dieses Modell implementiert haben.

Erfolgsbausteine

- Bündelung aller dezentralen IT-Einheiten im Dienstleister AS Media Systems;

- Entwicklung eines IT-Bebauungsplans;

- Effizienz steigern durch Shared-Service-Strategie;

- Benchmarks für Effizienz, Kosten und Kundenzufriedenheit;

- Systeme harmonisieren und standardisieren: zum Beispiel Produktionsplanung und Steuerung, Redaktionssysteme, Kunden-Management;

- Etablieren von IT-Governance-Mechanismen.

Wenn man sich der Komplexität bewusst sei, die notwendigen Steuerungs- und Kontrollmechanismen vorhanden sind sowie immer klar definiere, in welcher Haut man gerade stecke, könne man die beiden Rollen aber erfolgreich verbinden, beteuert der IT-Manager. Dann hat das Modell den Vorteil, dass sich beispielsweise der Dienstleister genauer an den strategischen Interessen des Unternehmens ausrichten kann, und beide Organisationen effizienter miteinander verzahnt werden.

Schlanke IT-Organisation

Dieser Vorteil spiegelt sich auch im Personalbedarf wider. Schaut man sich die Größe an, gibt es bei Axel Springer statt der sonst üblichen ein bis zwei Dutzend benötigt Tribius ganze zwei Mitarbeiter, um die klassischen Steuerungsthemen wie IT-Strategie, IT-Bebauungsplan und Investitions- und Innovations-Management zu bewältigen. Diesen Strategen stehen rund 350 Mitarbeiter auf Seiten des Dienstleisters gegenüber. Zwar besetze die Unternehmens-IT die strategischen Themen, biete aber den interessierten Servicemitarbeitern genug Freiraum, sich in die zentralen Steuerungsprozesse wie nutzenorientiertes Innovations-Management einzubringen, beschreibt der Tribius die nicht zu starre Aufgabenteilung. "Es gibt keine Wand zwischen beiden Bereichen."

Seit nunmehr fünf Jahren spielt Tribius sein doppeltes Spiel bei der Axel Springer AG. Dabei war unter anderem die Optimierung der IT-Kosten ein Schwerpunkt. Um über 20 Prozent ist das Budget seit 2003 geschrumpft. "Natürlich haben wir die Kosten reduziert." Der promovierte Informatiker relativiert jedoch: "Die viel spannendere Frage ist die nach der Effizienz." Es sei kein Kunststück, irgendeine Kostengröße in Relation zum Umsatz zu erreichen. Man müsse nur ein paar Systeme abschalten, die Service-Levels herunterfahren oder einfach die Investitionen stoppen. Die Frage sei jedoch, was dann von der Effizienz der IT übrig bleibe und ob die strategischen und Marktziele der Kunden bestmöglich unterstützt werden.

Deshalb hat sich die IT bei Axel Springer einem Kosten-Nutzen-Benchmark gestellt. Eine Gartner-Analyse bescheinigt 2006 der IT des Medienkonzerns, zu den leistungsfähigsten weltweit zu gehören. Dieses Ergebnis beziehe sich in den untersuchten Bereichen nicht nur auf den Kostenaspekt, sondern auch auf die Effizienz, betont Tribius. Die Benchmark-Untersuchungen sollen in den kommenden Jahren fortgesetzt werden. Erst auf Basis von kontinuierlichen Untersuchungen ließen sich Entwicklungen und Trends erkennen. "Dann erst weiß ich, an welchen Stellschrauben ich drehen muss." Dementsprechend führt die IT bei Axel Springer auch seit mehreren Jahren kontinuierliche Zufriedenheitsumfragen durch.

Verzahnung von IT und Business

Gedreht hat Tribius in den vergangenen Jahren vor allem am Selbstverständnis seines IT-Dienstleisters. Dabei steht für Tribius vor allem die Kundenorientierung seines IT-Dienstleisters im Fokus. Ziel dabei: eine engere Verzahnung zwischen der IT und dem Geschäft des Medienkonzerns zu erreichen. Geholfen haben dabei auch pragmatische Ansätze. Beispielsweise hat Tribius seine Mitarbeiter im gesamten Konzern dezentral verteilt. Wo immer es die Möglichkeit gegeben habe, das Team vor Ort beim Kunden zu platzieren, sei dies geschehen, erzählt er. Beispielsweise säßen die IT-Mitarbeiter, die sich um die Druckangelegenheiten kümmern, nicht in den Zentralen in Hamburg oder Berlin, sondern direkt in den Druckereien.

"Das ganze Thema rund um Kundenorientierung und Verzahnung zwischen den Anwendern und den Leistungserbringern ist für mich absolut essentiell", betont Tribius. Die Kernkompetenzen wie Kundenbetreuung, Innovationsberatung und Projekt-Management sind dabei durch eigene Mitarbeiter abzudecken. "Wenn die Kunden nicht wissen, wer für ihre IT-Probleme der Lösungspartner ist, oder IT-Projekte nicht durch eigene Projektleiter bewältigt werden, würde die Standortbestimmung der IT fragwürdig", warnt er.

Zur Person

  • Seit 2001 CIO der Axel Springer AG und Leiter des Axel Springer IT-Dienstleisters AS Media Systems;

  • 1992 bis 2001 bei Bertelsmann, zuletzt als Senior Vice President Corporate Information Systems und CIO;

  • 1992 Promotion zum Dr. Ing. in Erlangen;

  • 1989 Studienabschluss zum Diplominformatiker in Frankfurt am Main.

Es sei ein schwieriger und schrittweiser Prozess gewesen, diese Kundenorientierung in den Köpfen zu verankern, räumt der CIO ein. Zudem sei dieser Prozess beileibe nicht trivial, ergibt sich doch vieles in der Wechselwirkung und dem gemeinsamen Verständnis. Kundenorientierung bedeute nicht, primär nur freundlich zu sein und ausschließlich das zu tun, was der Kunde sagt. "Wenn der Kunde einen Porsche möchte, kann es durchaus berechtigte Einwände geben, dass dieser nicht unbedingt das geeignete Fortbewegungsmittel ist", schränkt Tribius ein. Beratung heiße auch, Alternativen aufzuzeigen.

Spagat zwischen Kunden und Konzernzielen

Der Spagat, auf der einen Seite die Kundeninteressen wahrzunehmen, aber auf der anderen Seite auch den Konzernzielen gerecht zu werden, ist Tribius zufolge eine Herausforderung, der sich die IT-Mitarbeiter in diesem Wandlungsprozess stellen müssen. "Das funktioniert aber nicht über Nacht."

Auch bei Axel Springer ist man damit noch nicht fertig. So identifiziert der IT-Chef beispielsweise in Bereichen wie der Innovationsberatung durchaus noch Verbesserungsbedarf. Insgesamt sieht sich Tribius jedoch mit seinen Plänen im Soll. Rund 60 Prozent seines vor fünf Jahren entwickelten Bebauungsplanes stehen. Die fehlenden 40 Prozent will Tribius in den kommenden Jahren unter seine zwei Hüte bekommen.

Buchtipp

Karnazes, Dean: Ultramarathon Man. Confessions of an All-Night Runner.

Das Buch zeigt: "No pain-no gain" beziehungsweise "suffering leads to wisdom".