Der Intel-Clan zeigt AMD die Zähne

14.10.2005
Alle Geschäftspartner präsentieren Server mit den neuen Dual-Core-Prozessoren.

Die Intel-Partner dürften schon leicht nervös geworden sein, weil ihr Chiplieferant, nachdem er bereits mit 32/64-Bit-CPUs erst als Zweiter auf den Markt gekommen war, mit seinen Dual-Core-Prozessoren dem Konkurrenten AMD erneut um Monate hinterherhinkte. Schließlich hat früher der Chipriese bestimmt, wohin die Reise ging, und seine Partner haben in dieser monopolartigen Welt bestens verdient. Die ungewohnten Rückstände sind aber noch lang kein Grund, sich von Intel abzukehren. Schließlich wissen alle, dass außer einigen Anwendern, die es eilig haben, die Masse der Kunden auf den Markennamen Intel setzt, der Standards und Stabilität verspricht.

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*82243: Intels Dual-Core-CPUs;

*74219: AMDs Dual-Core-Opterons im Test;

*75308: Dual-Core-CPUs und Lizenzkosten.

Ausgewählte neue Zwei-Wege-Server mit Intels Dual-Core-Xeon-DP

Hersteller Dell Fujitsu-Siemens Hewlett-Packard Krystaltech Lynx Maxdata Transtec

Produkt Poweredge 2850 Primergy RX300 S2 Proliant DL380 Web Application Platinum 5220 I 1001W Server 4200

RAM 256 MB - 12 GB 512 MB - 8 GB 1 - 12 GB 512 MB - 2 GB 2 - 16 GB 1 - 16 GB

Festplatten 36 - 300 GB 26 - 300 GB SCSI: 300 - 1800 GB 73,5 - 147 GB k.a. 36,7 - 146,8 GB SAS: 72 - 576 GB

Controller Ultra320 SCSI Ultra320 SCSI U320 SCSI, Sata, SAS Ultra320 SCSI Ultra320 SCSI Sata, SAS

Laufwerkseinschübe 6 6 6 SCSI oder 8 SAS 2 10 4

Höhe im Rack 2U 2U 2U 1U 4U 1U (1U = 4,4 cm)

Und Intel versichert seit Monaten, bereits im nächsten Jahr würden weltweit über 85 Prozent aller neuen Server mit Dual-Core-Prozessoren ausgestattet seien. 2007 sollen es schon 100 Prozent sein. Im lukrativen Server-Geschäft steht ein Umbruch ins Haus. Es geht dabei nicht nur um zusätzliche Server, die Anwender benötigen, oder den Austausch gegen ältere. Darüber hinaus könnte die deutliche Leistungssteigerung bei einem Server mit Dual- statt Single-Core-Prozessoren Anwender animieren, vorzeitig auf die neuen Rechner umzusteigen.

Jeder will dabei sein

Um ein möglichst großes Stück von dem viel versprechenden Markt zu ergattern, haben sich die Hersteller Intel-basierender Server beeilt, entsprechende Dual-Core-Rechner fertig zu stellen. Auf den verschiedenen weltweiten Intel-Veranstaltungen zur Präsentation des Dual-Core-Xeon waren global und regional agierende Partner mit ihrem neuen Server-Angebot vertreten. So zeigten in München Dell, Hewlett-Packard und Fujitsu-Siemens ebenso ihre Neuheiten wie Krytaltech Lynx, Maxdata und Transtec. Weitere kleine regionale Anbieter werden folgen.

Die vorgestellten Systeme (siehe Tabelle), allesamt Rack-Server, heben sich deutlich voneinander ab. Das betrifft nicht nur ihre Größe, sondern auch ihre Basisausstattung, die Erweiterungsmöglichkeiten und entsprechend die Preise. Eine Orientierung wird den Kunden nicht leicht fallen.

Marketing mit Halbwahrheiten

So sagen die Einstiegspreise - das Spektrum reicht von 1500 bis fast 6000 Euro - nicht viel aus, denn die Grundausstattungen der Geräte sind nicht zu vergleichen. Die Basiskonfiguration bedeutet in der Regel ein System mit nur einem Prozessor. Und genau das ist für Anwender eigentlich uninteressant. Denn ein Dual-Core-Prozessor bietet vorderhand eine technisch einfache Möglichkeit, ein altes Zwei-Wege-System (mit Single-Core-CPUs) zu ersetzen. Aber die neuen Chips bringen allenfalls 50 Prozent mehr Leistung als ihre Vorgänger. Ein System mit einem Zwei-Kern-Prozessor wäre ergo langsamer als ein alter Zwei-Wege-Server. Wer will schon weniger Power? Mehr Durchsatz gibt es nur mit einem Zwei-Wege-System auf Basis der neuen CPUs.

Ein anderer Aspekt ist die redundante Auslegung ausfallgefährdeter Komponenten wie der Stromversorgung und der Ventilatoren. Beim Tiefstpreisangebot von Dell ist derlei beispielsweise nicht enthalten, sondern nur eine die Kosten erhöhende Option. Oder die ebenfalls ausfallgefährdeten, weil mit beweglichen Teilen arbeitenden Festplatten: Ihre Zahl und ihre Gesamtkapazität sind ein Aspekt, der nicht weniger wichtige andere besteht in den angebotenen Raid-Levels. Diesbezüglich ist das Gebotene recht beachtlich.

Hinsichtlich der Arbeitsspeicher sind die Basiskonfigurationen als Angebot nicht ernst zu nehmen. Die Anbieter sollten ein realistischeres Minimalniveau festlegen. Denn wer kauft schon einen Server, der weniger RAM-Puste hat als Sohnemanns PC? Immerhin sind die Maximalkapazitäten bei allen Anbietern ausreichend dimensioniert.

Die Grafikkarten sind mit meistens gerade 8 MB Videospeicher völlig ungeeignet für jedwede grafikintensivere Anwendung. Diese Rechner sind auch für anderes vorgesehen, was im Falle von Krystaltech Lynx schon im Namen erkennbar ist: "Web Application Server". Weitere von den Herstellern vorgesehene Anwendungen sind vor allem Datenbank-, Applikations- und E-Mail-Server sowie Rechnerknoten in Clustern.

Die Ausstattung mit Schnittstellen ist zufrieden stellend. Inzwischen haben sich USB-2.0-Konnektoren auch an der Vorderseite als Standard etabliert. Ebenfalls gang und gäbe sind Ethernet-Schnittstellen mit 10/100/ 1000 Mbit pro

Sekunde, also eine Auslegung auf unterschiedlich schnelle Netze. Außerdem finden sich schon in sehr schlanken Rack-Servern Einsteckplätze für Erweiterungskarten, die ebenfalls meist für I/O-Erweiterungen verwendet werden. Das Format PCI-X (64 Bit) hat sich durchgesetzt.

Ein heißes Angebot

Nimmt man die Deckel der Gehäuse ab, fällt auf, dass das Systeminnere inzwischen sehr aufgeräumt aussieht. Die Hersteller haben in letzter Zeit viel unternommen, damit die von vorne angesaugte Kaltluft möglichst ungehindert über die heißen Komponenten strömt. Vorbildlich ist in dieser Hinsicht Fujitsu-Siemens; im "Primergy RX300 S2" gibt es regelrechte Strömungskanäle. Die Sorgfalt der Hersteller in puncto Klimatisierung ist auch notwendig. Der Dual-Core-Prozessor verbraucht zwar nicht mehr Energie als sein Single-Core-Vorgänger. Aber es sind immer noch 500 bis mehr als 800 Watt Strom, die eine Rack-Komponente in Hitze umwandelt.

Überraschenderweise konnten die Intel-Partner in München auch schon die größeren Varianten ihrer Dual-Core-Server vorstellen. Es handelt sich dabei um Maschinen auf der Basis des künftigen Xeon MP mit zwei Rechenkernen. Offiziell wird Intel diesen Chip Ende November dieses Jahres vorstellen. Aber mit Vorserienmodellen der CPU haben die Partner bereits neue Server entwickelt. Diese haben vier CPU-Sockel.

Doch für diese Server haben die Anbieter größeren Entwicklungsaufwand treiben müssen, als für die Zwei-Sockel-Systeme. Denn der Xeon DP benötigt das gleiche Intel-Chipset "E7520 wie die Single-Core-Xeons. Folglich waren für Xeon-DP-basierende Systeme keine neu entwickelten oder allenfalls minimal modifizierte Motherboards notwendig. Lediglich ein anderes Bios war zu installieren. Anders beim Xeon MP: Hier ist das neue Chipset "E7520" erforderlich - und das verlangt ein völlig neues Motherboard-Design.

Anschluss gefunden?

Mit der offiziellen Freigabe des Xeon MP Ende November ist eine Reihe neuer Server der Vier-Sockel-Klasse zu erwarten. Entsprechend ihrer höheren Leistung - es sind bis zu 67 Prozent mehr als bei Single-Core-Servern - fallen sie deutlich voluminöser aus. Die Bauhöhe beginnt bei 4U, fast 18 Zentimeter. Dafür bieten diese Systeme intern mehr Platz für Festplatten und Erweiterungs-Slots. Der nächste Sprung wird nicht lange auf sich warten lassen: Anfang nächsten Jahres will Intel Dual-Core-Prozessoren für Server mit acht und mehr Sockeln anbieten. Dann sind die verbündeten Rechneranbieter auf Augenhöhe mit jenen, die auf den "Opteron" von AMD gesetzt haben.