Auf Deutschlands größter Jobmesse

Der erste Eindruck zählt

08.12.2011 von Alexandra Mesmer
300 Arbeitgeber, 12.000 Besucher, 150 Vorträge. Zwei Tage lang drehte sich in Köln alles um den Berufseinstieg. Ein Besuch auf dem Absolventenkongress in Köln.
Gut besucht: der Absolventenkongress des Staufenbiel Instituts in Köln.
Foto: Staufenbiel Institut

Der Absolventenkongress in Köln florierte in diesem Jahr ganz im Sinne des Veranstalters, des Staufenbiel Instituts: Vom Konzern über den Mittelständler bis zum Startup suchten 300 Firmen Wege, um die Aufmerksamkeit der Hochschulabsolventen auf Deutschlands größter Jobmesse zu gewinnen. Unterschiedlichste Branchen waren vertreten, insbesondere der Handel trumpfte mit den größten Ständen, bunten Werbeflächen und Einkaufswägen voller Obst auf. Die eigene Firmenpräsentation garnierte sich ein Discounter wie Lidl schon mal mit dem Sternekoch Kolja Kleeberg, andere punkteten mit kostenlosen Services wie Lebenslauf-Checks und Bewerbungsfotos.

Dass Firmen nicht unbedingt ein üppiges Budget oder einen großen Stand brauchen, um aufzufallen, demonstrierte das Schnäppchen-Portal Groupon. Das Online-Startup verteilte Tüten, die aber drei Mal so groß waren wie die der Konkurrenz. "Wir haben Großes vor" stand vollmundig drauf, und diesen Werbespruch trug bald darauf fast jeder dritte Messebesucher in XXL-Format mit sich herum. Andere Firmen wie Apple oder Porsche Consulting brauchten nicht einmal große Tüten, sie verließen sich ganz auf die Strahlkraft ihrer Marken. Und der Andrang der Studenten gab ihnen Recht.

Vorstellungsgespräch? Nein, der erste Eindruck zählt.

Der persönliche Kontakt zwischen Personaler und Bewerber bleibt für die meisten Unternehmen der wichtigste Grund, sich auch im Web-2.0-Zeitalter auf Jobmessen wie dem Absolventenkongress zu präsentieren. "Social Media und Online-Bewerbung sind wichtige Recruiting-Kanäle für uns. Diese ersetzen jedoch nicht den persönlichen Kontakt", sagt Anke Krämer vom BI-Spezialisten Cundus. "Im Beratungsgeschäft sind Kommunikationsfähigkeit und das persönliche Auftreten wichtige Anforderungen. Beim ersten Kontakt am Messsestand können uns Bewerber von ihrer Beraterpersönlichkeit überzeugen."

Für mittelständische Firmen wie Cundus oder Convista Consulting ist die messe eine gute Chance,sich ins Gespräch zu bringen. "Unsere gesamte Konkurrenz ist regelmäßig vertreten. Da müssen wir versuchen, am Ball zu bleiben und die Absolventen auf uns aufmerksam zu machen" sagte Julia Thomson von Convista Consulting aus Köln. Das SAP-Beratungshaus füllte für jeden Besucher auf der Messe nach dem Gespräch einen Bewerberbogen aus. Thomson dazu: "Darauf fassen wir unseren Eindruck kurz zusammen. Nur wenn die Bewertung gut ausfällt, werden die Unterlagen an die Fachbereiche weitergeleitet."

Zwar haben die meisten Gespräche zwischen Bewerber und Unternehmen auf dem Absolventenkongress nur Informationscharakter und können kein Vorstellungsgespräch ersetzen. Dennoch ist ein erster positiver Eindruck der Türöffner. Das bestätigt auch Tanja Schmidt, Department Manager HR Development bei Metro Systems: " Die Eindrücke der Personalreferenten und Kollegen aus den Fachbereichen sind ausschlaggebend für die Entscheidung zu einem späteren Gespräch. Diese Empfehlung wird nach dem Gespräch auf der Messe notiert. " Allerdings müsse das Unternehmen den Bewerbern schnell ein Feedback geben, insbesondere wenn es die guten Kandidaten für sich gewinnen will. Das bestätigt auch Karlheinz Deitz, zuständig für University & Talent Relations bei Bayer Business Services: "Wer die Highflyer haben will, muss sich beeilen." Im Bayer-Konzern, für den allein in Deutschland 3000 und weltweit 6000 Mitarbeiter in der IT arbeiten, ist das Ziel, binnen drei bis vier Wochen auf eine Bewerbung zu reagieren. Dank Online-Formularen und dem entsprechenden Bewerbungs-Management-System seien die Bewerbungen innerhalb des Konzerns besser zu steuern.

Arbeit
Wer sind die beliebtesten 30 IT-Arbeitgeber 2011?
Fast 7000 Informatikstudenten haben im "Trendence Graduate Barometer German IT " ihre Stimme abgegeben. Auf Platz 30 ist Accenture gelandet und damit die am besten platzierte IT-Beratung in dem Ranking, das insgesamt über 100 Plätze umfasst. Sehen Sie nun die Top 30 der IT-Arbeitgeber!
Auf Platz 29 folgt das ....
Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, kurz DLR.
Den Reiz der Forschung....
übt auch das deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz auf Nachwuchsinformatiker auf. In diesem Jahr schaffte es die renommierte Einrichtung mit mehreren Standorten in Deutschland auf Platz 28.
Nvidia, mit Hauptsitz im kalifornischen Santa Clara,...
.. ist einer der größten Entwickler von Grafikprozessoren und Chipsätzen für Computer und Spielkonsolen. Auf Platz 27 der beliebtesten Arbeitgeber.
Jeder schaut Fernsehen...
...warum sollte dann ein Fernsehsender wie ProSiebenSat1 nicht ein attraktiver Arbeitgeber sein. Die private Sendergruppe hat es auf Rang 26 geschafft.
Oracle.....
...ist einer von vielen amerikanischen IT-herstellern, die beim deutschen Informatiknachwuchs hoch im Kurs stehen. Platz 24.
Abenteuer Forschung...
Auch die Max-Planck-Gesellschaft ist für den IT-nachwuchs eine wichtige Adresse, wenn es um den Berufsstart geht. Platz 24.
Die Lufthansa Systems...
hat im Vergleich zum Vorjahr vier Plätze verloren und findet sich nunmehr auf Rang 23 des Trendence-Rankings wieder.
EADS auf Platz 22...
...gehört auch für Informatiker schon seit Jahren zu den 30 beliebtesten Arbeitgebern.
Bosch ist....
...nicht nur für Ingenieure ein attraktiver Arbeitgeber, sondern auch für informatiker. Platz 20.
Harald Esch, Deutschland-Chef von Adobe,....
...kann sich nicht so recht freuen. Sein Unternehmen fiel in der Gunst der deutschen informatikstudenten: Von Platz 14 auf Platz 20.
Volkswagen....
...ist Deutschlands größter Automobilhersteller und landet beim IT-Nachwuchs auf Platz 18. Sieben Plätze besser als noch 2010.
Intel....
...ist weltweit der größte Prozessorhersteller. In diesem Jahr auf Platz 18.
Die Deutsche Telekom....
...sponsort nicht nur den FC Bayern, sondern investiert auch viel in das Recruiting. Das wird vom IT-Nachwuchs honoriert. Ein steiler Aufstieg von Platz 29 im Vorjahr auf Platz 17 in 2011.
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik....
...kurz BSI ist für Informatikstudenten eine feste Größe, seit Jahren unter den Top 20, in diesem Jahr auf Platz 16.
Die Welt der Computerspiele.....
scheint den Nachwuchs magisch anzuziehen. Elektronic Arts (Platz 15) ist einer von drei Spieleherstellern unter den Top 30.
Gutes Produkt = guter Arbeitgeber
Diese Rechnung geht auch für Daimler auf. Die Informatikabsolventen wählten den schwäbischen Autokonzern auf Platz 14.
Amazon...
..ist das größtes Online-Kaufhaus und stieg in diesem Jahr neu auf Platz 13 ein.
Spielehersteller Crytek...
...ist in diesem Jahr der steilste Aufsteiger: von Platz 24 auf 11. Personalfrau Andrea Hartenfellner macht dafür die Veröffentlichung des Titels "Crysis 2" und das spannende, international geprägte Arbeitsumfeld verantwortlich.
Der Reiz des Geheimen....
zieht Informatiker zum BND. Der Bundesnachrichtendienst ist die Behörde, die mit Abstand am besten im Ranking platziert ist. Der BND ist auch auf diversen Recruitingveranstaltungen präsent.
Schnelle Autos....
machen nicht nur Männer sexy, sondern auch Arbeitgeber. Porsche schaffte in diesem Jahr den Sprung unter die Top Ten.
Auf Platz 9 folgt mit BMW...
ein weiterer Automobilkonzern, der auch 2010 schon unter den Top Ten war.
Audi....
...ist für Wirtschaftswissenschaftler und Ingenieure der Traumarbeitgeber, aber auch bei Informatikern können die Ingolstädter punkten. Platz acht und in diesem Jahr erstmals einen Platz vor BMW.
Siemens-Chef Peter Löscher....
...kann mit dem siebten Platz seines Konzerns eigentlich nicht zufrieden sein. Noch vor zehn Jahren führte Siemens das Ranking an. Für Informatiker ergeben sich hier aber auch deutlich weniger Chancen, nachdem die TK- und IT-Sparten ausgelagert beziehungsweise geschlossen werden.
Die Fraunhofer Gesellschaft....
mit ihren vielen Forschungseinrichtungen war für Informatikstudenten schon immer ein attraktiver Arbeitgeber, in diesem Jahr auf Platz 6 des Trendence-Rankings.
Microsoft...
..auf Platz vier in diesem Jahr wurde schon mehrfach als guter Arbeitgeber ausgezeichnet. Für junge Leute hat der Softwarehersteller auch ein gut dotiertes Traineeprogramm im Angebot.
SAP ist immer noch....
der größte deutsche Softwarehersteller. Für den IT-Nachwuchs war er früher der Traumarbeitgeber, mittlerweile ist er auf dem dritten Platz gelandet.
IBM...
hat nicht nur den Supperrechner Watson entwickelt, sondern ist auch für Informatiker eine feste Größe und behauptet sich seit Jahren auf Platz 2.
And the winner is...
im vierten Jahr in Folge Google. Für fast jeden vierten Informatikstudenten ist der Internet-Konzern der Traumarbeitgeber.

Absolventen wollen herausfordernde Aufgaben

Ein paar Gespräche an den Ständen genügen auch den Studenten, um zwischen interessanten und weniger attraktiven Arbeitgebern unterscheiden zu können. " Es waren einige Firmen dabei, die sehr gut auf die möglichen Fragen von Absolventen und somit potenziellen Arbeitnehmern vorbereitet waren. Andere wiederum verwiesen einen durchgehend auf die eigene Internet-Präsenz. Das finde ich sehr schwach, denn dafür brauche ich mich nicht auf einer Jobmesse zu präsentieren", sagte Ralf Janßen. Er hat schon sieben Jahren in der IT-Branche gearbeitet, bevor er IT-Management an der Rheinischen Fachhochschule zu studieren begann. Mittlerweile im fünften Semester und kurz vor dem Bachelor-Abschluss weiß er ganz genau, was er will: "Einen abwechslungsreichen und herausfordernden Job, gern auch Projekte im Ausland, viel Kontakt mit Menschen und Kunden, Dienstreisen sind kein Problem."

Sein Kommilitone Sebastian Severin hat ähnliche Präferenzen: Consulting und Projekt-Management stehen auf seiner Wunschliste ganz oben, wichtiger als das Einstiegsgehalt sind ihm die Aufgaben. Dennoch verwundert es die Studenten, dass die wenigsten Unternehmen auf dem Absolventenkongress die Frage nach den Einstiegsgehältern beantworteten. Dazu Janßen: "Dabei müsste es doch für die Firmen nachvollziehbar sein, dass diese Frage zu einer der interessantesten für Absolventen zählt."

Begehrte Wirtschaftsinformatiker

(Wirtschafts-) Informatiker gehören neben Betriebswirten zu den begehrten Bewerbern auf dem Absolventenkongress. Das hat auch Katja Rzheutskaya gemerkt. Die 28-Jährige wird im Mai 2012 ihr BWL-Studium mit den Schwerpunkten Controlling und IT an der Universität Mainz abschließen und sieht ihrer beruflichen Zukunft nach dem Kongressbesuch positiv entgegen: " Es gibt sehr viele Stellen für Controlling und IT, gerade auch bei IT-Beratungen." Rzheutskaya hatte den Kölner Kongress schon im vergangenen Jahr besucht und damals ein Praktikum bei der Messe Frankfurt gefunden. Ein Jahr später hat sie den Eindruck, dass die Nachfrage nach IT-Absolventen stärker als das Angebot gestiegen ist. "Man muss nicht mehr anstehen. Es ist viel leichter, mit den Firmen in Kontakt zu treten", sagt die Bachelor-Studentin.

Das Jobangebot für IT-Absolventen ist eindeutig stärker geworden.
Foto: Staufenbiel Institut

Das Gefühl, wieder gefragt zu sein, gibt den Studenten neues Selbstbewusstsein. Allerdings ist der Absolventenkongress trotz der Fülle der ausstellenden Unternehmen kein Marktplatz der unbegrenzten Möglichkeiten, wie drei Beispiele zeigen. Zum einen finden sich unter den Ausstellern in Köln auch Unternehmen, die nur aus Imagegründen dabei sind und gar keine offenen Positionen zu besetzen haben. Diese Botschaft erfährt der Messebesucher aber nicht.

Zum anderen ist die Jobsuche auch in Zeiten des so genannten Fachkräftemangels nicht für jeden leicht. Wer schlechtere Noten hat, tut sich schwer. Vor allem große Unternehmen legen nach wie vor Wert auf formale Kriterien, die Metro Systems etwa nimmt selbst für IT-Ausbildungsberufe nur Bewerber mit Abitur und räumt Nachwuchsprobleme ein, weil die Bewerber nicht die gewünschten Qualifikationen mitbrächten. Mühsam ist der Berufseinstieg auch für Frauen, die schon während des Studiums ein Kind bekommen haben und zum Beispiel eine Teilzeitstelle suchen.

Zwar diskutierten auf dem Absolventenkongress erfolgreiche Frauen, wie sie sich nicht nur durch Leistung, sondern auch durch Marketing in eigener Sache und gezieltes Networking behaupteten. Doch für die Absolventin aus dem Publikum, die von den Unternehmen immer wieder gefragt wird, wie sie einen Job mit ihren drei kleinen Kindern vereinbaren wolle, hatten sie keine Patentlösung. Natürlich seien solche Fragen im Vorstellungsgespräch unzulässig, würden aber in der Realität immer wieder und fast ausschließlich Frauen gestellt. Ein Studium trotz Kinder erfolgreich abgeschlossen zu haben, sei auch ein Beweis dafür, dass man sich gut organisieren kann. Das müsse man im Vorstellungsgespräch ebenso wie die sichergestellte Betreuung hervorheben, empfahl etwa Petra Raspels, Partnerin bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC.