Direktionsrecht des Arbeitgebers

Der Chef darf anschaffen: "Am Sonntag wird gearbeitet!"

18.11.2010 von Renate Oettinger
Sonn- und Feiertagsarbeit muss nicht im Arbeitsvertrag geregelt sein - sie darf trotzdem angeordnet werden, sagt Dr. Christian Salzbrunn.
Quelle: Fotolia, PhotoGrapHie
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Der Arbeitgeber hat nach § 106 GewO (Gewerbeordnung) ein Direktionsrecht. Danach darf der Arbeitgeber grundsätzlich frei bestimmen, welche Art von Leistungen der Arbeitnehmer zu welchen Zeiten zu erbringen hat. Durch seine Weisungen werden die im Arbeitsvertrag meist nur sehr generell umschriebenen Leistungspflichten nach Inhalt, Ort und Zeit näher bestimmt. Die Grenzen findet das Direktionsrecht in den einschlägigen gesetzlichen und kollektivrechtlichen Regelungen, oder aber auch im Arbeitsvertrag, sofern dort konkrete Regelungen zu den jeweiligen Arbeitsverpflichtungen enthalten sind.

Eine solche gesetzliche Einschränkung zum Weisungsrecht enthält zum Beispiel das Arbeitszeitgesetz. So dürfen Arbeitnehmer gem. § 9 ArbZG (Arbeitszeitgesetz) an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Diese Regelung ist die einfach-gesetzliche Ausprägung des in Art. 140 GG (Grundgesetz) i.V.m. Art. 139 WRV (Weimarer Reichsverfassung) enthaltenen verfassungsrechtlichen Grundsatzes, dass der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als "Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung" geschützt sind.

Allerdings normiert das Arbeitszeitgesetz von diesem Verbot in den §§ 10 bis 14 ArbZG zahlreiche Ausnahmen. So ist eine Sonn- und Feiertagsbeschäftigung nach § 9 ArbZG dann zulässig, wenn die geschuldete Tätigkeit an einem Werktag nicht vorgenommen werden kann, also nach der Natur des Betriebes keinen Aufschub oder Unterbrechung gestattet. Dies betrifft Tätigkeiten, deren Verrichtung rund um die Uhr erforderlich ist (z. B. bei Polizei und Feuerwehr, in Krankenhäusern, bei Rundfunk und Fernsehen oder bei Verkehrsunternehmen).

Nach dem § 13 ArbZG kann darüber hinaus von einer Aufsichtsbehörde die Bewilligung zur Sonn- und Feiertagsbeschäftigung für bis zu zehn Sonntage im Jahr erteilt werden, wenn die Arbeiten aus chemischen, biologischen oder technischen Gründen einen ununterbrochenen Fortgang erfordern (vgl. Abs. 4) oder wenn anderenfalls die Konkurrenzfähigkeit unzumutbar beeinträchtigt wäre und hierdurch die Beschäftigung gesichert werden kann (vgl. Abs. 5).

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hatte nun in einem Urteil vom 15.09.2009 über die Rechtsfrage zu befinden, inwieweit ein Arbeitgeber berechtigt ist, einem Arbeitnehmer eine solche Sonn- und Feiertagsarbeit zuzuweisen. Zugrunde lag der Fall eines Arbeitnehmers, der seit 1977 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten stand. In seinem letzten Arbeitsvertrag war lediglich eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart, die im Rahmen eines Drei-Schicht-Modells erbracht werden sollte.

Konkrete Arbeitszeiten waren im Arbeitsvertrag nicht vereinbart. Bis zum Jahre 2007 und damit während einer Dauer von 30 Jahren wurde in dem Betrieb auch nur werktags gearbeitet. Im Jahre 2007 erwirkte die Beklagte eine Ausnahmebewilligung zur befristeten Durchführung von Sonn- und Feiertagsarbeit bei dem zuständigen Landratsamt und setzte daraufhin auch den Kläger wiederholt an einigen Sonn- und Feiertagen ein. Hiergegen erhob der Arbeitnehmer eine Klage und begehrte die Feststellung, dass er nicht zur Sonn- und Feiertagsarbeit verpflichtet sei.

Seine Klage hatte aber in allen Instanzen keinen Erfolg. Auch das BAG stellte in der letzten Instanz fest, dass die Befugnis eines jeden Arbeitgebers, die Arbeitszeit festzulegen, den Kerngegenstand des Direktionsrechts aus § 106 GewO darstelle. Da im vorliegenden Fall keine entgegenstehenden Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen vorhanden waren und weil die Beklagte die notwendige behördliche Zustimmung entsprechend dem Arbeitszeitgesetz eingeholt hatte, könne sich eine Einschränkung allenfalls aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Dieser enthalte aber keine ausdrückliche Regelung hierzu, sodass zunächst die betriebliche Arbeitszeit zugrunde zu legen sei (also die bis dahin werktägliche Arbeitszeit).

Diese habe sich aber im vorliegenden Fall durch die Neuverteilung dergestalt verändert, dass nun auch Sonntags- und Feiertagsarbeit betriebsüblich sei. Die Richter des BAG wiesen insoweit ausdrücklich darauf hin, dass Arbeitgeber grundsätzlich jederzeit berechtigt sind, die betriebsüblichen Arbeitszeiten aufgrund unternehmerischer Notwendigkeiten im Rahmen gesetzlicher oder kollektivrechtlicher Regelungen (neu) zu verteilen.

Besondere Umstände können Vertragsinhalt ändern

Dem stand nach Ansicht der Richter auch nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer über 30 Jahre lang nicht zur Sonn- und Feiertagsarbeit herangezogen worden ist. Hierdurch habe sich aus ihrer Sicht keinerlei Konkretisierung des Arbeitsvertrages in Richtung eines einseitig nicht mehr veränderbaren Vertragsinhaltes ergeben. Allein der reine Zeitablauf reiche für eine solche Vertragskonkretisierung nicht aus. Erforderlich sei vielmehr das Hinzutreten von besonderen Umständen, die erkennen lassen, dass der Arbeitnehmer nur noch verpflichtet sein soll, seine Arbeit unverändert zu erbringen. Gerade aber solche besonderen Umstände sind im vorliegenden Fall von Seiten des Klägers nicht behauptet worden, sie waren auch nicht ersichtlich.

Ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag

Sofern Arbeitnehmern aus persönlichen Gründen an einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit gelegen sei, müsse dies von den Parteien ganz ausdrücklich im Arbeitsvertrag festgelegt werden. Es bedürfe also einer konkreten Vereinbarung fester Arbeitszeiten, die unabhängig der betriebsüblichen Arbeitszeiten gelten sollen und vom Arbeitgeber nicht mehr einseitig geändert werden können (BAG, Urteil vom 15.09.2009, Az.: 9 AZR 757/08).

Fazit

Als Fazit kann aus dieser Entscheidung Folgendes festgehalten werden: Es ist nicht erforderlich, die Befugnis zur Anordnung von Sonn- und Feiertagsarbeit bereits im Arbeitsvertrag zu regeln. Wird Sonn- und Feiertagsarbeit notwendig, kann eine solche angeordnet werden, sofern sie sich im Rahmen der gesetzlichen (gegebenenfalls nach Einholung einer Ausnahmebewilligung durch die zuständige Behörde) und kollektivrechtlichen Regelungen hält. Daher ist es sogar sinnvoll, wenn Arbeitgeber es vermeiden, mit den Arbeitnehmern konkrete Arbeitzeiten verbindlich zu vereinbaren. So bewahren Arbeitgeber individualrechtlich ihr Weisungsrecht zur Verteilung der Arbeitszeit.

Kontakt:

Der Autor Dr. Christian Salzbrunn ist Rechtsanwalt. Alt-Pempelfort 3, 40211 Düsseldorf, Tel.: 0211 1752089-0, E-Mail: info@ra-salzbrunn.de, Internet: www.ra-salzbrunn.de