Streit um Zeugnis

Der Blick in die Personalakte

19.12.2013 von Renate Oettinger
Dr. Christian Salzbrunn erläutert, wann ein ehemaliger Mitarbeiter nach einem Jobwechsel Einblick in seine Personalakte nehmen darf.

Das Thema "Personalakte" ist häufig Gegenstand von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. In den meisten Fällen geht es darum, dass ein Mitarbeiter die Entfernung einer Abmahnung aus seiner Personalakte verlangt. Aber auch die schlichte Frage, inwieweit ein Mitarbeiter ein Einsichtsrecht in seine Personalakte geltend machen kann, hat in der Vergangenheit schon häufiger die Arbeitsgerichte beschäftigt.

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Grundsätzlich ist ein solches Einsichtsrecht in die Personalakte seitens des Arbeitnehmers in einem bestehenden Arbeitsverhältnis seit sehr langer Zeit anerkannt. Für betriebsratslose Unternehmen folgt dieser Anspruch aus der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers; für Unternehmen mit Betriebsräten folgt dieser Anspruch aus der gesetzlichen Regelung in § 83 Abs. 1 BetrVG.

Einsicht in die Personalakte

Aber auch im Fall eines bereits beendeten Arbeitsverhältnisses kann sich durchaus das berechtigte Interesse eines Arbeitnehmers ergeben, eine Einsicht in die Personalakte des ehemaligen Arbeitgebers zu erhalten, zum Beispiel wenn es um die Klärung von Fragen im Zusammenhang mit der Ausstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses, der betrieblichen Alterversorgung oder der Rentenantragsstellung geht.

In einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hat dieses erneut klargestellt, dass Arbeitnehmer auch nach der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf die Einsichtnahme in ihre ehemalige Personalakte haben können. In diesem vom BAG zu beurteilenden Fall ging es um die Klage eines Mitarbeiters eines Versicherungsunternehmens, der dort ca. eineinhalb Jahre als Leiter eines Schadensbüros beschäftigt war. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses führte die Beklagte die Personalakte des Klägers weiter.

Im Zuge eines Zeugnisrechtsstreits teilte eine Personalsachbearbeiterin dem Kläger mit, dass Gründe vorhanden seien, die auf seine mangelnde Loyalität schließen ließen. Aufgrund dessen führte der Kläger einen zweiten Rechtsstreit gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber, um eine Einsicht in seine Personalakte zu erreichen. Zur Begründung führte er aus, dass er nur so in Erfahrung bringen könnte, was genau ihm vorgeworfen würde, um gegebenenfalls hiergegen rechtliche Schritte einleiten zu können.

Die Beklagte verteidigte sich mit dem Argument, dass für den Kläger kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, da der Zeugnisrechtsstreit bereits beendet worden sei. Außerdem könne der Kläger keine Anhaltspunkte für eine fortwährende Benachteiligung vortragen. Nachdem das Arbeitsgericht München und das Landesarbeitsgericht München seine Klage aufgrund der Einwände der Beklagten erst einmal verwarfen, bekam der Kläger vor dem Bundesarbeitsgericht schließlich Recht.

Die neun größten Zeugnismängel
Die größten Zeugnismängel
Neun Mängel sind es, die Kritiker der üblichen Arbeitszeugnisse vorbringen:
1. Angaben fehlen: beredtes Schweigen
Arbeitnehmer die eine prägnante Lücke in ihrem Zeugnis entdecken, haben gute Chancen auf eine Ergänzung.
2. Lob unglaubwürdig: Gefälligkeitszeugnis
Ein vor Lob überschäumendes Einser-Zeugnis ist keinesfalls eine Garantie für optimale Erfolgschancen bei einer Neubewerbung - jedenfalls nicht, wenn sich die Lobeselogen allzu auffällig als Teil eines Gefälligkeitszeugnisses entpuppen.
3. Zeugnissprache unprofessionell: Eigenentwurf
Wenn Arbeitgeber den Eigenentwurf eines Arbeitnehmers akzeptieren und unterzeichnen, wollen sie - wie auch beim Gefälligkeitszeugnis - eine Kündigung möglichst konfliktfrei und versöhnlich gestalten. Die Chance, einen Eigenentwurf einzureichen, sollten Sie unbedingt nutzen. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten; die Fehlermöglichkeiten in Eigenentwürfen sind unbegrenzt!
4. Missverständliche Textbausteine: uneinheitliche Bedeutung
Zeugnisfachbücher oder Zeugniserstellungs-Software bieten einen ganzen Katalog hilfreicher Textbausteine. Auf der sicheren Seite ist man damit trotzdem nicht, denn die Autoren wenden sehr unterschiedliche Maßstäbe an.
5. Nachträgliche Änderungen: Widersprüche
Wenn sich Arbeitnehmer nachträglich für eine Aufwertung ihres Zeugnisses einsetzen, gehen ihnen oft wichtige Passagen durch die Lappen.
6. Versteckte Kritik: Verschlüsselungen
Verschlüsselungstechniken erlauben es dem Zeugnisaussteller, negative Urteile zwischen den Zeilen zu äußern, ohne dass sie für den ungeübten Leser erkennbar sind.
7. Persönliche Note fehlt: geringe Wertschätzung
In einem sehr guten Zeugnis sprechen die Erfolge für sich selbst. Konkrete Beispiele können daher die Glaubwürdigkeit eines Zeugnisses unterstreichen und ihm eine persönliche Note geben. Fehlen diese Beispiele, mangelt es entweder an Erfolgen oder an Wertschätzung.
8. Schlechter Eindruck: Stil- und Rechtschreibfehler
Rechtschreibfehler, Tippfehler und stilistische Mängel sind pures Gift für das Zeugnis. Dabei kann sich der Zeugnisempfänger nicht darauf berufen, dass die Fehler jemand anderes gemacht hat. Schließlich hätte er diese Mängel bemerken und reklamieren müssen.
9. Mängel nicht beseitigt: nachlässiger Bewerber
Wer sich in ungekündigter Stellung erfolgreich neu bewirbt, misst seinem Zeugnis keine entscheidende Bedeutung zu. Die Quittung kommt erst bei der übernächsten Neubewerbung - dann können unvorteilhafte Zeugnisaussagen zu einem echten Problem werden.

Rücksichtnahmepflicht

Im Einklang mit einer etwas älteren Entscheidung aus dem Jahr 1994 (BAG, Urteil vom 11.05.1994, Az.: 5 AZR 660/93) gelangten die Richter zu der Feststellung, dass sich die vertragliche Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers aus dem § 241 Abs. 2 BGB im Hinblick auf das Wohl und die berechtigten Interessen eines Arbeitnehmers auch auf den Zeitraum nach der Beendigung eines Arbeitsvertrages beziehe.

Nach der Ansicht der BAG-Richter kann ein Arbeitnehmer auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein berechtigtes Interesse daran haben, die über ihn geführte Personalakte auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. Dies lasse sich auch aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung herleiten, welches wiederum Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei. Ergänzend führten die Richter noch aus, dass sich ein derartiger Anspruch derzeit allein aus dem § 241 Abs. 2 BGB ergebe und nicht aus § 34 BDSG. Denn die in § 34 BDSG geregelten Ansprüche auf Auskunft und Einsicht beziehen sich nicht auf nur in Papierform dokumentierte personenbezogene Daten (BAG, Urteil vom 16.11.2010, Az.: 9 AZR 573/09).

Arbeitgebern ist dringend anzuraten, die vorliegende Materie sorgfältig im Auge zu behalten. Denn Arbeitnehmer können mit der schlichten Behauptung, sie wollen den Wahrheitsgehalt ihrer Personalakte überprüfen, auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Einsichtsrecht geltend machen. Außerdem ist die vom BAG angesprochene nachvertragliche Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem ehemaligen Mitarbeiter nicht zu unterschätzen. Sie gilt für sämtliche Handlungen des Arbeitgebers, die mit dem Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters im Zusammenhang stehen. Insofern sollten Arbeitgeber zum Beispiel auch dahingehend Vorsicht walten lassen, wie sie einen ehemaligen Mitarbeiter gegenüber Dritten darstellen. (oe)

Geheimcodes im Zeugnis
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Der Autor Dr. Christian Salzbrunn ist Rechtsanwalt in Düsseldorf. Tel.: 0211 1752089-0, E-Mail: info@ra-salzbrunn.de, Internet: www.ra-salzbrunn.de