Energieeffizienz im RZ

Den Stromfressern auf der Spur

09.11.2009 von Oliver Häussler
Im Rechenzentrum gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den Stromverbrauch drastisch zu reduzieren. Hier finden Sie die wichtigsten Ansätze zur Verbesserung der Energieeffizienz.

"In einem Rechenzentrum können die jährlich anfallenden Kosten für Stromversorgung und Kühlung genau so hoch ausfallen, wie die Investitionen in die IT-Infrastruktur", sagt Christian Morales, Vice President, Sales and Marketing Group, General Manager EMEA, Intel Corporation. Energieeffizienz ist nicht erst seit der Green-IT-Diskussion ein Thema für den Rechenzentrumsbetrieb. Energiekosten sind vor allem ein Wirtschaftlichkeitsfaktor, der immer stärker zu Buche schlägt. Der Strombedarf in Rechenzentren wuchs in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 17 Prozent jährlich und verfünffachte sich zwischen 1998 und 2008. Die Marktforscher von IDC und Gartner sind sich darin einig, dass der Verbrauch künftig noch rasanter steigen wird. Liegen die Energiekosten heute noch unter zehn Prozent des Gesamt-IT-Budgets, so könnten sie bereits in wenigen Jahren bis zu 50 Prozent betragen. Der Stromhunger deutscher Rechenzentren entspricht heute schon dem von drei Kraftwerken. "Deshalb ist für Betreiber und Hersteller Energiemanagement in Rechenzentren heute ökonomische, technische und ökologische Pflicht", so Martin Jetter, Präsidiumsmitglied des Branchenverbandes Bitkom. "Die Modernisierung der Architektur und der eingesetzten Technologien verbessert nicht nur das Rechenzentrum selbst, sondern auch die von dort gesteuerten Unternehmensabläufe."

Im Rechenzentrum machen nicht nur die Server, sondern viele weitere Komponenten wie Speicher, USV und Kühlung einen Energieanteil aus.
Foto: Green Grid

Fatal ist die Erkenntnis der Experton-Group: "90 Prozent der für Green-IT zuständigen Personen kennen den konkreten Energiebedarf nicht", monieren die Analysten. Der Bitkom führt dies in einem Leitfaden zur Planung, zur Modernisierung und zum Betrieb von Rechenzentren nicht zuletzt darauf zurück, "dass in vielen IT-Budgets zwar die Kosten für die Planung, Anschaffung und das Management der IT berücksichtigt sind, nicht aber die Energiekosten. Diese werden häufig als Gemeinkosten über das Facility-Management abgerechnet".

Erst messen, dann handeln

Wer etwas verändern will, muss zunächst an eine Bestandsaufnahme des Energieverbrauchs vornehmen. Da im Rechenzentrum nicht nur die Server, sondern viele weitere Komponenten wie Speicher, USV und Kühlung einen Energieanteil ausmachen, müssen sämtliche Verbraucher erfasst, gemessen und die Ergebnisse in Relation zu einander gestellt werden. Eine geläufige Kennzahl erhält man, indem der Gesamtenergieverbrauch ins Verhältnis zum Energieverbrauch der IT gestellt wird. Bei einem sehr guten Rechenzentrum liegt diese Kennzahl bei 1,5.

Sinnvoll ist natürlich auch eine dauerhafte Überprüfung dieses Verhältnisses, um weiteres Potenzial für mehr Energieeffizienz zu erkennen. Der Bitkom empfiehlt, für das Monitoring sowohl den Energieverbrauch als auch die Temperaturverteilung im Rechenzentrum zu berücksichtigen.

IT-Technik erneuern, konsolidieren, virtualisieren, outsourcen…

Es gibt viele Möglichkeiten, die Energienutzung zu optimieren. Wie bei den meisten IT-Themen verspricht auch hier eine ganzheitliche Betrachtung der Bereiche IT-Technik und RZ-Kühlung den größten Erfolg.

IT-seitig gibt es generell zwei Ansätze zur Verbesserung: Zum einen die Optimierung der Hardware hinsichtlich des Stromverbrauchs, zum anderen die Optimierung der Auslastung beispielsweise über Konsolidierung und Virtualisierung.

Die Modernisierung und der Austausch abgeschriebener oder leistungsschwacher Server ist prinzipiell ein moderater Weg, den Energieverbrauch langsam, aber stetig zu senken. Besser ist es, gleich das Gros der Stromfresser zu ersetzen. Vor dem Hintergrund, dass Volume-Server etwa zwei Drittel des Stromverbrauchs der eingesetzten IT-Hardware im Rechenzentrum verursachen, verspricht diese Variante einen schnellen Erfolg. Prinzipiell sollte das Thema Green-IT und Energieverbrauch bei der Anschaffung neuer Hardware als Entscheidungskriterium in den Vordergrund gestellt werden. Das mag die Investitionskosten eventuell etwas erhöhen, jedoch ergeben sich langfristige Einsparungen durch den niedrigeren Energieverbrauch. Hinzu kommt: Jedes Watt an Leistung, das bei der IT eingespart wird, muss weder gekühlt, noch über eine USV abgesichert werden. Ein doppelter Spareffekt, der sich auszahlt.

Energieeffiziente Hardware definiert sich über die Summe aller Komponenten: CPU, Mainboard, Laufwerke, Speicher, Netzteile bis hin zum Lüfter.

Wodurch aber zeichnet sich ein so genannter "Green-IT-Server" aus? Energieeffiziente Hardware definiert sich über die Summe aller Komponenten: CPU, Mainboard, Laufwerke, Speicher, Netzteile bis hin zum Lüfter. Bei einem Server verbraucht allein die CPU knapp ein Drittel der Energie, das Mainboard etwa zehn Prozent (siehe auch "Intel-Xeon-Server perfekt konfigurieren"). Prozessorentwickler legen aus dem Grund seit geraumer Zeit einen Schwerpunkt auf dieses Thema und optimieren beispielsweise die Befehlssätze, um bessere Leistungen und Energieeffizienz bei 32-Bit- und 64-Bit-Anwendungen zu erzielen.

Einsparungen lassen sich in nahezu jedem Detail realisieren - so beispielsweise durch den Einsatz von 2,5-Zoll- anstelle der 3,5-Zoll-Festplatten, die wegen niedrigerer Umdrehungszahlen auch weniger Energie verbrauchen. Statt mehrerer kleiner Speichermodule wird ein großes mit gleicher Kapazität, aber weniger Energieaufwand verwendet

Wer neue Server anschafft, wird jedoch nicht jedes Bauteil unter die Lupe nehmen wollen, sondern die Summe aller Stromverbraucher - also den Gesamtenergieverbrauch des Servers - betrachten.

Eine weitere Variante zum Einsparen von Platz und Energie bieten so genannte Blade-Server. Dabei sind mehrere Server neben- oder übereinander in einem Baugruppenträger platziert. Die Energieersparnis kann bis zu 50 Prozent gegenüber Single-Servern betragen.

Das Power-Management ist auch eine Möglichkeit, Energie zu sparen. Dazu wird der Power-Management-Modus beim Server-Betriebssystem aktiviert. Neben dem BIOS-Setup des Server-Systems muss jedoch auch das Betriebssystem das Power-Management unterstützen. Diese Möglichkeit eignet sich für kleinere Systeme, die nicht rund um die Uhr ausgelastet sind.

Virtualisierung verspricht große Einspareffekte

Bei größeren Rechenzentren geht der Trend seit einigen Jahren eindeutig hin zur Virtualisierung und Konsolidierung der Systeme.

Die Virtualisierung bewirkt, dass anstelle vieler Server bei niedriger Auslastung wenige mit hoher Auslastung laufen, und zwar nur dann, wenn die Leistung tatsächlich gefordert wird. Bis zu 30 Prozent der Energiekosten lassen sich damit in Einzelfällen einsparen.

Virtualisierung ist am effektivsten, wenn sie ganzheitlich realisiert wird. Ergänzend zur Server- und Storage-Virtualisierung sollte geprüft werden, inwiefern sie auch im Client-Bereich Einsparungen bewirken kann.

Konsolidierung ist ebenfalls ein Energiesparthema für das Rechenzentrum. Durch das Zusammenführen und Vereinheitlichen der Systeme, Anwendungen und Daten wird die Infrastruktur vereinfacht und flexibler, was wiederum einen geringeren Energieverbrauch zur Folge hat.

In vielen Fällen ist auch die Ausgliederung eines Rechenzentrums sowohl umweltpolitisch als auch organisatorisch eine gute Lösung. Das gilt vor allem für kleine Rechenzentren und muss vom betroffenen Unternehmen nach strategischen Gesichtspunkten entschieden werden: Will sich ein Betrieb auf seine Kernkompetenzen konzentrieren, so kann diese Option in Betracht gezogen werden. Der Energieeinspareffekt ist dann vielleicht nur willkommenes Beiwerk, das sich jedoch positiv in den Kosten darstellen lässt.

Stromfresser Kühlung

Die Kühlung eines Rechenzentrums verursacht häufig den größten Teil der Energiekosten. Das gilt vor allem bei veralteten Zentren, wo sie bis zu zwei Dritteln des Gesamtstrombedarfs ausmachen kann.

Luftkühlung ist nach wie vor die gängige Methode, um die Temperatur im Rechenzentrum zu kontrollieren. Das Thema ist komplex und rückt bei Neubauten erst allmählich in den Vordergrund der baulichen Betrachtung. Da dies auch noch nicht hinreichend erforscht ist, haben die Unternehmen Intel und T-Systems gemeinsam ein Testlabor gebaut, um Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit von Rechenzentren zu untersuchen. Erklärtes Ziel des "DataCenter 2020" ist, die optimalen Bedingungen für ein klimafreundliches Datacenter herauszufinden.

Bei älteren Rechenzentren gibt es viele Möglichkeiten zur Energieeinsparung, die im Bitkom-Leitfaden ausführlich beschreiben sind. Im Fokus stehen dabei die Optimierung der Luftkühlung und die Regelung des Luftstroms im Raum sowie im Rack. Bereits die Aufstellung der Server mit der Rückseite zueinander bringt Vorteile, da sich der dort entstehende warme Luftstrom konzentriert ableiten lässt. Aber auch Faktoren wie gleiche Rack-Tiefe bei unterschiedlichen Systemen nehmen Einfluss auf den Luftstrom. Die Beschaffenheit des Doppelbodens, in dem Kühlluft zugeführt wird, ist häufig ein Engpass im System, da Hindernisse wie Kabelführungen, zu enge Dimensionierung oder undichte Stellen die Zufuhr beeinträchtigen. Änderungen am Doppelboden sind allerdings meist mit baulichen Einschnitten verbunden. Eine Alternative zur Luftkühlung im Rack sind wassergekühlte Serverschränke.

Für den Wärmeabtransport (über flüssige oder gasförmige Medien) sind Klimaanlagen im Einsatz, die sich in ihrem Energieverbrauch voneinander unterscheiden. Sie haben in der Regel lange Laufzeiten bis zu 20 Jahre und mehr. Der Austausch ist aufwändig und verspricht auch keine allzu großen Verbesserungen. Der Stromverbrauch lässt sich aber dennoch senken: Der Bitkom empfiehlt dazu, die Leistung des Luftkreislaufs zu regeln und Kühlung anhand des Bedarfs zu steuern statt stromfressende Ventilatoren Tag und Nacht laufen zu lassen.

Was sonst noch Energie verbraucht

Die Möglichkeiten zur Stromreduzierung im Rechenzentrum sind damit noch nicht ausgeschöpft. Es gibt eine Reihe weiterer Energieverbraucher, die sich energietechnisch optimieren lassen. Dazu zählt beispielsweise die unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV), wobei Einsparungen in diesem sicherheitsrelevanten Bereich nicht unkritisch sind.

Wer eine wirkungsvolle Green-IT-Strategie umsetzen will, betrachtet sämtliche Faktoren und wird zunächst an den beschriebenen großen Stellschrauben zur Energieeinsparung ansetzen. Aber bekanntlich steckt der Teufel oft im Detail - ein Rechenzentrum birgt darüber hinaus viele optimierbare Stromfresser, die in ihrer Summe ebenfalls zur Reduzierung der Energiekosten beitragen können.