Ratgeber Cloud Computing

Den Durchblick in der Wolke behalten

21.10.2009 von Olaf Heckmann
An dem Thema Cloud Computing kommt heute kaum ein IT-Verantwortlicher vorbei. Allerdings erfordert diese Form des Computings neue Management-Ansätze, wenn der Anwender nicht zu viel bezahlen will.

Bei Cloud Computing handelt es sich nicht um eine neue Lösung oder Technologie. Hinter dem Begriff verbirgt sich vielmehr ein übergeordnetes Konzept, das beispielsweise Ansätze wie Cloud Hosting, Software as a Service, Virtualisierung und Grid Computing beinhaltet. Oder anders formuliert: Cloud Computing vereinigt diese Konzepte mit modernen Abrechnungs- und Verwaltungsmethoden.

Wurden die genannten Dienste bisher oft zu monatlichen Fixpreisen mit langen Vertragslaufzeiten angeboten, so wird beim Cloud Computing in der Regel nur abgerechnet, was wirklich genutzt wurde - gemessen in "Stunden Prozessornutzung" oder "übertragenes Datenvolumen".

Dank APIs und Web-Konsolen können sich die Anwender selbst bedienen und neue Dienste einrichten oder nicht mehr benötigte abschalten. Die Kombination von verbrauchsabhängiger Berechnung und schneller Skalierbarkeit ermöglicht völlig neue Konzepte, beispielsweise für ein Forschungsprojekt, das in unregelmäßigen Abständen große Datenmengen verarbeiten muss. Anstatt 20 Server einen Monat im eigenen Rechenzentrum arbeiten zu lassen, bucht man für nur drei Tage gleich 200 Server. Die Kosten sind niedriger, und die Ergebnisse stehen viel schneller zur Verfügung. Ein weiteres Beispiel ist eine Firma, die eine kurzfristige Werbekampagne betreibt, die für einige Tage oder Wochen eine hohe Last auf der eigenen Website erzeugt. Beim Cloud Computing schaltet das Unternehmen einfach für die entsprechende Zeit nach Bedarf Server hinzu und danach wieder ab.

Man verwendet das Bild der "Wolke", weil der Nutzer oft nicht weiß, wo die gebuchten Dienste tatsächlich erbracht werden. Die komplette Verwaltung der verteilten Server-Systeme, der Rechenzentren und der Internet-Verbindungen erfolgt durch den Provider und ist für den Nutzer unsichtbar. Er fordert Dienste an, erhält diese und bezahlt nur, was er benötigt.

Doch bekommt er auch die Dienste, die er bestellt hat? Und welche Leistung erhält er wirklich? Noch schwieriger wird die Antwort, wenn das Thema Cloud-Hosting ins Spiel kommt.

Management-Herausforderung Cloud Hosting

Cloudclimate.com präsentiert detaillierte Monitoring-Ergebnisse der "Cloud-Hosting”-Angebote von Amazon und Co.
Foto: Paessler AG

Ein Erfolgsbeispiel für die Umsetzung von Cloud-Computing-Ansätzen ist das Cloud Hosting, das mit virtueller Server-Infrastruktur eine technische Basis für die jeweiligen Anwendungen des Nutzers zur Verfügung stellt. Anbieter wie Amazon, GoGrid, TheRackspaceCloud oder Newservers.com haben sich darauf spezialisiert und profitieren mit einem stetigen Wachstum (Amazons EC2-Dienst wächst jeden Monat um fast zehn Prozent und verdreifacht sich pro Jahr). Auslöser beziehungsweise Treiber dieser Entwicklung ist unter anderem das Preis-Leistungs-Verhältnis der Angebote. So stellen diese bereits jetzt eine interessante Alternative zum klassischen Hosting dar.

Dabei gehen die Angebote über das klassische Web-Hosting hinaus. Zum Beispiel war die Nutzung eines modernen, weltweiten Content Delivery Network zum schnellen Ausliefern von bandbreitenintensiven Medieninhalten wie Video oder Audio noch vor zwei Jahren selbst für mittelgroße Unternehmen kaum bezahlbar. Heute bieten Dienste wie Amazon CloudFront oder Rackspace CloudFiles diese Funktion mit rein nutzungsabhängigen Tarifen (ohne feste monatliche Gebühren) zu Kampfpreisen an, so dass selbst kleine Firmen sich diese Services leisten können.

Zieht ein Unternehmen in Betracht, die Dienstleistung eines Cloud-Hosting-Anbieters zu nutzen, so sollte es einige Punkte beachten. Im ersten Schritt kann für den Entscheidungsprozess unter anderem die Internet-Seite http://www.cloudclimate.com/ sehr hilfreich sein. Sie präsentiert kostenlos detaillierte Monitoring-Ergebnisse der "Cloud-Hosting”-Angebote von Amazon, GoGrid, Rackspace und Newservers.com in übersichtlichen und leicht verständlichen Grafiken. Dazu werden verschiedene Leistungen der jeweiligen Systeme gemessen und die Ping-Zeiten für die einzelnen Server ermittelt. Auf diesem Weg sind Interessierte in der Lage, die unabhängig ermittelten Daten der einzelnen Anbieter zu vergleichen. Die Startseite des Portals ermöglicht einen ersten schnellen Überblick über die Leistungsdaten der letzten 48 Stunden. Über die Graphen stehen sofort die Detailinformationen zur Verfügung.

Cloud-Leistung messen mit Performance-Barometer

Wolkig oder eher nebulös - der Nutzer weiß oft nicht wo die Cloud-Dienste erbracht werden.

Die Darstellungen konzentrieren sich auf drei wesentliche Aspekte, die, über einen längeren Zeitraum gesehen, aussagekräftige Werte zur Leistungsfähigkeit der Plattform eines Hosting-Anbieters liefern. Für den IT-Verantwortlichen und Entscheider sind diese Informationen neben dem Preis und den Vorteilen hinsichtlich der Einsparpotenziale wichtige Kriterien. Zur Messung der System-Performance der virtuellen Server erfolgen alle fünf Minuten drei Load-Tests (CPU, Speicher und Platte). Damit wird ein klarer Trend erkennbar, wie zuverlässig die Laufzeit des Service wirklich ist. Darüber hinaus erfolgt eine Messung der Performance der Internet-Netzwerkverbindungen der Cloud-Server, indem alle 30 Sekunden http-Anfragen zwischen den Systemen ausgelöst werden. Die Resultate sind in einem Diagramm ersichtlich, das die Zeiten für eingehende und ausgehende Requests darstellt. Auf Basis von Ping-Abfragen steht die Zuverlässigkeit der Internet-Netzwerkverbindung des Cloud-Hosting-Systems auf dem Prüfstand. Dafür werden alle 30 Sekunden 25 Pings ausgelöst sowie die durchschnittlichen Ping-Zeiten erfasst und grafisch dargestellt. Dieser Test wird im Wechselspiel zwischen den Cloud-Hosting-Servern und einer Auswahl von weltweit verteilten Servern vorgenommen.

Dirk Paessler, Vorstand der Paessler AG, erklärt: "Cloudclimate.com ist eine nützliche Orientierungshilfe für alle, die sich in der Planungsphase einer entsprechenden Hosting-Lösung befinden beziehungsweise aktiv nach einer geeigneten Plattform suchen." Paessler kennt die Probleme dabei aus eigener Anschauung, denn das Unternehmen setzt in Teilbereichen auf Cloud-Hosting-Lösungen. Diese Erfahrungen flossen in die Entwicklung der Seite ein. Dementsprechend sollen die Auswertungen einen schnellen Überblick über kurz- und längerfristigere Leistungsdaten etablierter Cloud-Hosting-Anbieter bieten.

Die Zukunft

Lässt man den aktuellen Hype um das Thema außen vor, dann ist Cloud Computing heute noch ein Randbereich der IT. Trotzdem gehen Fachleute und Analysten von einem starken Wachstum im Bereich Cloud Computing aus. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werden diese Möglichkeiten rasch zu nutzen wissen, denn es ist überaus attraktiv, jederzeit über nahezu frei skalierbare, hochverfügbare und verteilte Systeme verfügen zu können, ohne die langfristigen Kosten dafür tragen zu müssen. Gerade für KMU ermöglicht das streng leistungsbezogene Abrechnungsmodell die Nutzung von Server-Diensten in Groß-IT-Qualität auf einem Kostenniveau, das man mit eigenem Hosting kaum erreichen könnte. Cloud Computing ist kein Ersatz für bestehende Hosting-Ansätze, es ist eine Ergänzung, die in bestimmten Bereichen unschlagbare Vorteile bietet, wenn Leistung und Performance im Verhältnis zu den Kosten kontrolliert werden.

Die Herausforderung für den Dienstleister ist es, zukünftig die Leistungen den Marktbedürfnissen anzupassen und stabile Plattformen mit entsprechenden Applikationen anzubieten. Auf der Nutzerseite gilt es, die Angebote genau unter die Lupe zu nehmen und sich Klarheit über die individuellen Anforderungen zu verschaffen.

Weltweites Monitoring - ein Praxisbeispiel

Bereits seit 18 Monaten setzt die Paessler AG selbst auf das Cloud-Hosting-Modell. So werden verschiedene Public Clouds als Messpunkte für ein global verteiltes Monitoring-Netzwerk genutzt, mit dem die eigene weltweite IT-Infrastruktur überwacht wird. So genannte Remote-Probes überwachen die Homepages der Firma von verschiedenen Standorten aus (darunter San Francisco, London, Frankfurt am Main, Panama und Singapur). Die so gewonnenen Daten werden an die zentrale Installation der eigenen Netzwerk-Management-Software PRTG in Nürnberg geliefert. Auf diese Weise erhält das Unternehmen einen globalen Blick auf die Performance seiner Web-Seite, wobei die Hosting-Kosten unter 200 Dollar pro Monat liegen. So ist man jederzeit darüber im Bilde, wie schnell die Websites aus Europa, Asien und den USA erreicht werden können. Außerdem lassen sich die Informationen gezielt zur Verbesserung der Performance heranziehen.