Kündigung in der Führungsetage

Den Chef rauswerfen? Gar nicht so einfach ...

26.01.2010 von Renate Oettinger
Will sich eine GmbH von einem Geschäftsführer trennen, müssen zahlreiche arbeits- und gesellschaftsrechtliche Besonderheiten beachten werden. Christian Lentföhr stellt sie vor.

Christian Lentföhr ist Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V

(Foto: Fotolia.com/Bilderbox)
Foto: Fotolia, Bilderbox

Häufig kommt es zu dramatischen Szenen, etwa wenn ein Geschäftsführer morgens die Bürotür verschlossen und das Türschloss ausgetauscht vorfindet. Doch nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich treten Belastungen auf - auch die rechtlichen Beziehungen werden strapaziert.

Die Rechtsbeziehungen zwischen einer GmbH und ihrem Geschäftsführer sind komplex: Zu unterscheiden ist zunächst die Organstellung des Geschäftsführers von dem zugrunde liegenden Dienstverhältnis. Sieht man von einigen steuerrechtlichen Implikationen ab, kann eine Organstellung als Geschäftsführer nicht nur aufgrund eines Anstellungsvertrages, sondern auch mit einem externen freien Unternehmensberater oder einem ehrenamtlichern Geschäftsführer ausgeübt werden.

In der Regel wird ein Geschäftsführeranstellungsvertrag als Dienstvertrag vorliegen. Daneben kann - auch nach jüngster Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts - noch ein Arbeitsverhältnis ruhen, wenn die Parteien dies ausdrücklich so vereinbart haben. Von der Figur eines konkludenten Arbeitsverhältnisses ist das BAG im Jahr 2003 abgerückt. Und schließlich kann der Geschäftsführer eine Gesellschafterstellung innehaben.

Beendigen diverser Rechtsverhältnisse

All diese Rechtsverhältnisse müssen einzeln und wirksam beendet werden. Die Anforderungen sind unterschiedlich und ergeben sich aus der Satzung wie aus dem Gesetz. Dabei ist die Abberufung als Organ vergleichsweise unkompliziert, wenn die Gesellschafterversammlung richtig eingeladen wird und die nötigen Mehrheiten bestehen. Einer frühzeitigen Aussperrung des Geschäftsführers ohne formellen Gesellschafterbeschluss kann hingegen mit einer einstweiligen Verfügung entgegengetreten werden, sodass von diesem Mittel besser kein Gebrauch zu machen ist.

Die Abberufung als Organ rechtfertigt für sich allein noch nicht die Beendigung des Dienstvertrages. Besteht daneben ein Arbeitsverhältnis, ist auch dieses gesondert zu kündigen - und die arbeitsrechtlichen Anforderungen sind zu beachten.

Ein Geschäftsführer-Anstellungsvertrag kann, wie jedes Dauerschuldverhältnis nach § 626 BGB außerordentlich gekündigt werden, wenn der Gesellschaft die Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Bei einem Zerwürfnis unter mehreren Geschäftsführern ist die Abberufung und Entlassung jedes Geschäftsführers möglich, der durch sein Verhalten zu den Zerwürfnis beigetragen hat, wenn eine gedeihliche Zusammenarbeit der Geschäftsführer nicht mehr zu erwarten ist.

"Wichtiger Grund" ist Voraussetzung

Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist immer eine Frage des Einzelfalls und kann nur unter Würdigung aller Umstände festgestellt werden.

Als wichtige Gründe zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung des Dienstvertrages ist in der Rechtsprechung unter anderem anerkannt worden:

- fehlende Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat und/oder weiteren Geschäftsführern, beharrliche Missachtung von Ressortzuständigkeit in innerhalb der Geschäftsführung

- illoyales Verhalten gegenüber dem Alleingesellschafter

- Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot, dass sich neben dem Dienstvertrag auch aus einer Gesellschafterstellung ergeben kann

- strafbares Verhalten gegenüber Mitgeschäftsführern oder Mitgesellschaftern

- Beleidigungen gegenüber Mitgeschäftsführern oder Mitgesellschaftern

Wie ist bei Beleidigungen zu verfahren?

Gerade der letzte Punkt einer Beleidigung wirft bei der Einzelfallabwägung erhebliche Probleme auf: Ein schnell dahingesprochenes Wort, in besseren Zeiten als flapsiger Umgangston verstanden, wird häufig als Beleidigung aufgefasst, wenn die Luft ohnehin aufgeladen ist.

Grobe Beleidigungen sind geeignet, eine fristlose Kündigung zu begründen (Bundesarbeitsgericht, DB 1978, 1038) selbst wenn sie im einzelnen Fall nicht verschuldet sind (Bundesarbeitsgericht NZA 1999,863). Zwar sind damit nur besonders schwere, bewusste und gewollte Kränkungen aus gehässigen Motiven gemeint (Bundesarbeitsgericht, DB 1957,800). Dabei kommt es nicht auf die strafrechtliche Bewertung, sondern allein darauf an, ob dem Dienstgeber nach dem gesamten Sachverhalt zuzumuten ist, dass das Dienstverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen ist.

Keine Abmahnung erforderlich

Wichtig: Die fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses eines Geschäftsführers hat keine Abmahnung zur Voraussetzung.

Wegen der Sachnähe zur Abberufung als Organ wird die Kündigung des Dienstverhältnisses eines Geschäftsführers der Kompetenz der Gesellschafterversammlung zugeordnet, dies heißt, die Gesellschafterversammlung kann die Kündigung aussprechen.

Frist

Die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist des § 626 BGB ausgesprochen werden. Diese Frist beginnt praxisgerecht jedoch in dem Zeitpunkt, in dem das für die Abberufung zuständige Organ (Gesellschafterversammlung) in seiner Eigenschaft als kollegial Organkenntnis von den die Kündigung begründenden Umständen hat, die Kenntniserlangung aller oder einzelner Mitglieder des Organs außerhalb der Gesellschafterversammlung löst den Fristlauf nicht aus. Die Zwei-Wochen-Frist beginnt also mit dem Zusammentritt der Gesellschafterversammlung.

Allerdings steht es nicht im Belieben der Gesellschafterversammlung, wann sie Zusammentritt und über die fristlose Kündigung des Geschäftsführers beschließt. Will eine GmbH den Anstellungsvertrag außerordentlich fristlos kündigen, hat sie nach Schöpfung des Anfangsverdachts einer schweren Pflichtverletzung die Aufklärung des Sachverhaltes zügig und ohne Unterbrechungen voranzutreiben. Hinzukommen kann, dass eine Verzögerung bei der Sachverhaltsaufklärung oder eine Verzögerung bei der Einberufung der Gesellschafterversammlung dahingehend ausgelegt werden kann, dass der angegebene Kündigungsgrund kein für einen wichtigen Grund hinreichendes Gewicht hatte.

Sodann ist die Gesellschafterversammlung schnellstmöglich einzuberufen. (oe)

Der Autor Christian Lentföhr ist Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. (www.mittelstands-anwaelte.de)

Kontakt:

Rechtsanwälte Schuster, Lentföhr & Zeh, Josephinenstr. 11-13, 40212 Düsseldorf, Tel.: 0211 658810 Fax: 0211 8369287, E-Mail lentföhr@wsp.de, Internet: www.mittelstandsanwaelte.de und www.wsp.de