Spekulationen um eigenen Dell-Store

Dell baut auf die Cloud

14.12.2010 von Uli Ries
Dell steigt im großen Stil ins Cloud Computing ein. Im CW-Gespräch heizt der Gründer und CEO zudem Spekulationen um einen deutlich erweiterten App-Store an.
Michael Dell im Gespräch: "Noch steckt Cloud Computing in den Kinderschuhen."
Foto: Uli Ries

Dell errichtet derzeit weltweit Rechenzentren für neue Cloud-Angebote. Zielgruppe für neue, noch nicht näher beschriebene Services sollen kleine und mittlere Unternehmen sein. Diese Firmen, betonte Firmengründer und -chef Michael Dell in einem Gespräch mit der COMPUTERWOCHE, zeigten sich derzeit noch zurückhaltend, wenn es um die Migration von Daten in die Wolke gehe. Das wird sich ändern, denn Cloud Computing und Virtualisierung sind nach Dells Ansicht Lösungen, die vor allem jungen Firmen ein deutlich schnelleres Wachstum erlauben, als es ihm seinerzeit möglich war. "Es ist eine sehr spannende Zeit, um ein schnell wachsendes Geschäft zu betreiben", freut sich Dell.

Doch zurzeit beurteilt der Unternehmenslenker die Angebote noch zurückhaltend. Die Cloud-Technik stecke noch "in den Kinderschuhen", bremst der Manager die Euphorie. Vor allem die noch nicht ausgereifte Integrationsfähigkeit der Cloud-Dienste mit vorhandenen IT-Installationen sei für Unternehmen derzeit der größte Hemmschuh. Virtualisierung sei zwar schon seit zehn Jahren Thema und somit deutlich weiter verbreitet als Cloud Computing. Vom massenhaften Einsatz könne aber keine Rede sein, schränkte der Manager ein.

Michael Dell: Im kommenden Jahr wird es neue Tablet-Modelle von Dell geben.
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Neben der Datenwolke setzt Dell große Hoffnungen in neue Handy-Entwicklungen: Von den knapp fünf Milliarden weltweit verkauften Mobiltelefonen seien lediglich 200 Millionen Smartphones. Da die verfügbare Bandbreite rasant schnell ansteige, würden neue Business-Modelle für die mobilen Computing-Plattformen möglich. Doch sein Unternehmen ist ein relativ neuer Spieler im Feld der Smartphones. Von Dell gibt es bisher lediglich die Modelle "Aero", "Venue Pro" und das auch hier zulande vertriebene "Streak". Doch die Geräte können dem Erfolg von Blackberry, iPhone & Co kaum Paroli bieten.

Umbau Richtung Services geht weiter

Das Social-Media-Center hält via sozialer Netze Kontakt zu den Kunden.
Foto: Dell

Im von Apples iPad beherrschten Markt der Tablets will Dell ebenfalls nicht locker lassen. So soll es dem CEO zufolge im kommenden Jahr neue Tablet-Modelle geben. Über genauere Ausstattungsdetails und Preise verriet er indes nichts. Man werde aber weiterhin an Googles Mobile-Betriebssystem Android festhalten, zugleich aber das Potential von Windows Phone 7 ausschöpfen. Außerdem stehe man in Verhandlungen mit Anbietern von Inhalten für mobile Endgeräte und Herstellern von Mobil-Apps. Offenbar will Dell den eigenen, im Sommer gestarteten App-Store weiter ausbauen.

Aber auch im angestammt Geschäft erwartet der Firmengründer noch Innovationsschübe: "Es gibt sowohl in der Hardware als auch in Software und Services reichlich Raum für Neuerungen. Insbesondere im Mobile Computing und im Entwickeln energiesparender Komponenten sehe ich noch viel Potential", zeigt sich der Manager zuversichtlich.

Dell wird weiterhin ein breites Portfolio pflegen. Den begonnen Umbau des Unternehmens von einem Hardwareherstelller hin zum Anbieter von IT-Lösungen und Dienstleistungen will der Firmenchef weiter vorantreiben. Hier fügt sich auch die zuletzt übermäßige Gewichtung des Storage-Angebots etwa in der Akquisitionsstrategie ein: "Vor fünf Jahren haben wir einzelne Komponenten wie Notebooks, Desktop-PCs und Server verkauft. Heute bieten wir komplette Lösungen für Unternehmen jeder Größe an. Daher müssen wir mehr Zutaten im Angebot haben, darunter auch Storage-Systeme", erläutert Dell das Vorhaben.

Die Betonung der Zielgruppe der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) hat einen einfachen Hintergrund. In dieser Klientel vermutet Dell das größte Wachstumspotential, immerhin gebe es in diesem Markt sehr viel mehr Abnehmer als im Großkundengeschäft. Zurzeit steuert dieser Bereich ein Drittel der Umsätze aus dem Geschäftskundensegment bei. Damit nimmt Dell mit KMUs genauso viel ein, wie mit Großkunden sowie mit Anwendern aus dem Segment öffentliche Verwaltung und Gesundheit.

Intensiver Kundenkontakt via Social Media

Pro Tag schlagen 22.000 Dell-relevante Beiträge in sozialen Netzen auf. Sie werden automatisch analysiert.
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Um die Bedürfnisse der Kunden frühzeitig verfolgen zu können, legt Dell großen Wert auf die Kommunikation via Social Media. Der Anbieter leistet schon seit Jahren technischen Support über Soziale Netzwerke. Anfang Dezember wurde darüber hinaus das Social Media Listening Command Center im Hauptquartier in Austin, Texas eröffnet. Hier werden die Sozialen Netzwerke - allen voran Twitter - zentral auf Dell-relevanten Content abgehorcht, um frühzeitig über Stimmungen informiert zu werden.

Unternehmensangaben zufolge schlagen täglich 22.000 Beiträge über Dell oder hauseigene Produkte in den Netzwerken auf. Analysiert werden die Quellen mit Hilfe der Software "Radian6", wobei eine Mitarbeiterin des Command Centers einräumte, dass in einzelnen Märkten wie Deutschland andere Tools getestet werden sollen, um den lokalen Eigenheiten besser zu entsprechen. Insgesamt hat das Unternehmen 5000 Mitarbeiter speziell im Umgang mit Sozialen Netzwerken geschult. Firmengründer Dell sieht in der Kommunikation per Social Media gerade für kleinere und mittlere Unternehmen einen "großartigen Weg, um mit Kunden in Kontakt zu kommen und die eigene Reputation zu pflegen." Außerdem sei es ein sehr kostengünstiger Weg, um gleichzeitig mit einer großen Zahl bestehender und potentieller Kunden zu kommunizieren.

Dell bleibt an der Börse

Das Unternehmen Dell, so betonte der Firmengründer, bleibt an der Börse. Privatisierungs-Gerüchten erteilte er eine Absage.
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Dell kündigte in dem Gespräch auch Firmenakquisitionen an. Wenige Tage später meldete der Hersteller bereits Vollzug, als er am vergangenen Montag die Übernahme des Speicherspezialisten Compellent bekannt gab (siehe Dell wagt Übernahme von nächster Speicherfirma). Man werde auch weiterhin gezielt Firmen mit Know-how für die Mittelstandsmarkt zukaufen, hatte Dell zuvor betont. So seien auch die Akquisitionen von Boomi (Cloud-Integrationssoftware), EqualLogic (Storage-Systeme) und Kace (Appliances zum Verwalten der IT-Infrastruktur) erfolgt, um besser auf die KMU-Bedürfnisse einzugehen.

Sein eigenes Unternehmen sieht er im Übrigen an der Börse gut aufgehoben. Es gebe entgegen anders lautender Gerüchte keine Pläne, Dell zu privatisieren. Auch dem Aufbau eigener Ladengeschäfte erteilte er eine Absage. Man sei zufrieden mit den momentan vorhandenen Absatzkanälen. (jha)